Wechselhafter, zeitweise winterlicher Dezember 2022 in Deutschland – was erwartet uns im Hochwinter 2023?

Stefan Kämpfe

Die erste Dezemberhälfte 2022 verlief überwiegend winterlich und legte mit einer gut dreiwöchigen Flaute bei wenig Sonne und teils frostigen Temperaturen die Schwächen der Deutschen Energiewende schonungslos offen. Es war nur ein Warnschuss – doch werden daraus auch die richtigen Lehren gezogen? Im letzten Monatsdrittel herrschte dann sehr mildes, teils auch windiges Westwetter – das erwartete, typische Weihnachtstauwetter. Für den bevorstehenden Hochwinter 2023 kann vermutlich Entwarnung gegeben werden. Einzelne Kältewellen sind zwar nicht ausgeschlossen, doch deutet sich ein insgesamt sehr milder Hochwinter an.

Die langfristige Entwicklung der Dezembertemperaturen in Deutschland

Abbildung 1: Der Dezember zeigt zwar ein etwas undeutlicheres Temperaturverhalten, als die meisten Monate, bei denen ab etwa 1988 eine sprunghafte Erwärmung einsetzte. Das grobe Muster „Zuerst bis fast zur Mitte des 20. Jahrhunderts merkliche Erwärmung, dann eine längere Stagnationsphase oder gar leichte Abkühlung, am Ende starke Erwärmung“, zeigt er aber dennoch. Diese letzte Erwärmung begann schon mit dem extrem milden Dezember 1974 und scheint sich nun dem Ende zu nähern. Diese Grafik zeigt keine Klimasensitivität des CO₂, sie verdeutlicht lediglich, dass die Temperaturentwicklung einiger Zeitabschnitte, besonders der Stagnationsphase zur Mitte des 20. Jahrhunderts, nicht zur zunehmenden CO₂-Konzentration passte.

Die meteorologischen Hintergründe der Frühwinterkälte 2022 – zeitweise Blockierung der Westdrift

Abbildung 2: Reichlich Schnee im sonst so dürren Weimar am 2. Dezember 2022. Ein Höhentief und Nordoststau sorgten für diese weiße Advents-Überraschung.

Abbildung 4: Am 8. Dezember strömte zwischen einem extrem kräftigen Grönland-Hoch und einem Tief über Skandinavien in der Höhe sehr kalte Luft nach West- und Mitteleuropa; wegen des wärmenden Einflusses der Meere blieb es in den unteren Luftschichten aber noch mild. Bildquelle: wetterzentrale.de

Die schnellere Auswirkung des Kaltlufteinbruches in der Höhe, die anschließende Bildung einer bodennahen Inversion und der die Kältewelle beendende Warmluftvorstoß nach Mitte Dezember zeigten sich beispielsweise sehr formschön am Verhalten der Stundenwerte der Lufttemperaturen zu einem bestimmten, immer gleichen Zeitpunkt an einer Flachland- und einer nicht weit entfernten Bergstation:

Abbildung 5: Frühere und stärkere Temperaturabnahme an der Bergstation Brocken wegen eines markanten Einbruches höhenkalter Luft nach dem 7. Dezember 2022. Während es auf dem Brocken nach dem 7. Dezember kontinuierlich abkühlte, blieb es in Magdeburg bis zum 8. Dezember noch mild und der nachfolgende Temperaturrückgang verlief langsamer, weil die Luftmasse in den untersten Luftschichten durch den Meereseinfluss erwärmt wurde. Danach bildete sich durch bodennahe Auskühlung die typische, winterliche Inversion; in Magdeburg war es zeitweise kälter. Auch der zuerst in der Höhe beginnende Warmluftvorstoß ist gut zu erkennen; erst in der erwärmten Meeresluft ganz am Ende stellte sich wieder die normale Luftschichtung ein.

Abbildung 6: Zwischen einem mit höhenkalter Luft gefüllten Tief über dem Baltikum und einem auf sehr südlicher Bahn aufziehenden Atlantik-Tief lag Deutschland am 12. Dezember 2022 im Bereich geringer Luftdruckgegensätze, der Wind flaute ab (keine Isobaren über Deutschland), und die hier lagernden Luftmassen (mA, xA und cP) kühlten in der gebietsweise klaren Nacht auf den 13. Dezember bodennah stark aus. Der Jet-Stream verlief weit südlich durch das Mittelmeer-Gebiet und konnte so der Witterung in Deutschland keine Dynamik verleihen – ruhiges, kaltes Winterwetter stellte sich ein. Bildquelle: wetterzentrale.de

Aber nach dem 17. Dezember kündigte sich das so häufige Weihnachtstauwetter an. Die Blockierung der Westdrift endete, und mit gefrierendem Regen vollzog sich am 19. Dezember der Wetterwechsel vom kalten Frühwinter zum sehr milden Südwestwetter.

Gut drei Wochen Flaute und Kälte – schlecht für die Deutsche Energiewende

Abbildungen 7a und 7b: Kaum Wind- und Solarenergie über mehr als drei Wochen: Hier ist oben (7a) der komplette November und unten (7b) der Zeitraum vom 1. bis zum 23. Dezember 2022 dargestellt; die eigentliche Kalamität begann schon am 28. November und dauerte bis zum 18. Dezember, aber auch davor und danach waren die „Erneuerbaren“ nicht sehr produktiv. Nur Anfang November und ab dem 19. Dezember wehte mehr Wind – aber auch da reichte er nicht immer aus. Und die Solarenergie erbrachte fast Nichts. Selbst eine Verzehnfachung der Wind- und Solaranlagen hätte zeitweise nicht genügend Strom geliefert. Man achte auf den hohen Anteil des verstromten, teuren Erdgases; aber auch die importierte Steinkohle verteuerte sich erheblich – für die Strompreise in Deutschland lässt das nichts Gutes erahnen. Ohne ausreichende Energiespeicher bleiben die fossilen Energieträger jedoch unverzichtbar; die oft gepriesene Wasserstofftechnologie ist hinsichtlich ihres Wirkungsgrades ineffizient, kurzfristig nicht in großem Umfang realisierbar und viel zu teuer! Alle „Erneuerbaren“ leisteten trotz ihres weit fortgeschrittenen Ausbaugrades zeitweise nur 15 bis 40% der Gesamtstromerzeugung, also mussten 60 bis 85% konventionell erzeugt werden! Man beachte, dass der Primärenergiebedarf in Deutschland viel höher als die hier dargestellte Stromerzeugung ist – legt man diesen Primärenergieverbrauch zugrunde, decken die „Erneuerbaren“ Energien trotz ihres enormen Ausbaugrades nur knappe 16% im witterungsmäßig viel günstigeren Jahresmittel ab (Stand: 2021). Bildquellen: energy-charts.info, ergänzt.

hier und hier. Wichtige, ernste Hinweise für die Begrenztheit und die schon jetzige Übernutzung der Ressource Wind sind die Häufigkeitszunahme der windschwachen, Unbestimmten XX-Wetterlagen sowie die tendenzielle Abnahme der Windstärke in Norddeutschland:

Abbildungen 8a und 8b: Oben (8a) die merkliche Häufigkeitszunahme der Unbestimmten Wetterlagen ohne Anströmrichtung (XX-Lagen) im Jahresmittel; Werte für 2022 bis zum 25. Dezember vorliegend; mit 81 Tagen gab es auch 2022 überdurchschnittlich viele XX-Lagen. Näheres zur erst seit Juli 1979 vorliegenden Objektiven Wetterlagen-Klassifizierung hier. Unten die Entwicklung der Windgeschwindigkeit in Norddeutschland seit 1992 (Mittel aus 25 DWD-Stationen, leider nur in Beaufort vorliegend). Werte für 2022 optimistisch geschätzt.

Ausführlicher werden die meteorologischen Hintergründe der Energiewende hier behandelt. Eine gute Seite hatte das Winterwetter aber doch: In Deutschland, dem Land des Missmanagements, der Fehlplanungen, der Gender-Toiletten, der überbordenden Bürokratie, des Bildungsnotstandes, der verlotternden Infrastruktur und der überteuerten Mieten und Preise, ging wenigstens für ein paar Tage mal alles glatt!

Weitere Aussichten: Milder Hochwinter 2023 ist wahrscheinlich

Abbildungen 9a und 9b: Das CFSv2-Modell kündigt einen sehr milden Januar (oben) und Februar 2023 an – Irrtümer sind aber nicht ausgeschlossen und zumindest einzelne Kältewellen noch möglich. Bildquellen: NOAA

Abbildung 10: Für den 10. Januar 2023 sehen die Ensemble-Prognosen hohen Luftdruck über Südosteuropa und tiefen bei Island vor – denkbar ungünstige Voraussetzungen für Winterwetter in Deutschland. Bildquelle: NOAA

Abbildung 11: Für den Dreikönigstag 2023 (6. Januar) wird ein kräftiger, kalter, nur leicht gestörter Polarwirbel erwartet – auch das spricht gegen anhaltendes Winterwetter in Mitteleuropa. Bildquelle: meteociel.fr

Stefan Kämpfe, Diplom-Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher