Im Energiewendewunderland – von den Wunderwaffen zur Geheimwaffe
Staatssekretär Patrick Graichen aus dem Habeckministerium fantasierte bis 2030 mal eben 15 Millionen Elektroautos herbei, die als Stromspeicher bei Dunkelflaute fungieren. Der Mann qualifiziert sich damit zum neuesten Wunderheiler der deutschen Energiepolitik.
von Manfred Haferburg
Wunderwaffen, welche die Energieewende zum endgültigen Endsieg führen, wurden schon viele vorgestellt. Da war die stromerzeugende Knisterfassade, die Glaskugel zum Mondlichteinfangen, der stromerzeugende Fahrradweg, zuletzt der stromerzeugende Fernsehapparat. Sie haben alle eines gemeinsam – sie sind physikalischer Unfug. Staatssekretär Patrick Graichen aus dem Habeckministerium fantasierte bis 2030 mal eben 15 Millionen Elektroautos herbei, die als Stromspeicher bei Dunkelflaute fungieren (ab Min. 39:40). Derzeit gibt es ca. 650.000 Elektroautos, fehlen also nur noch etwas mehr als 14 Millionen, die bis 2030 verkauft werden müssen.
Was Graichen nicht sagt: woher der Strom für die Ladung von 15 Millionen Elektroautos kommen soll. Und was er offenbar nicht weiß: Die Ladestationen der Elektroautos sind nicht rückladefähig. Das heißt, es muss ein komplett neues rückladefähiges Lade-Netz aufgebaut werden, welches den Strom der Batterien der Autos zurück ins Netz speisen kann, um so als Strom-Speicher zu dienen. Und die 15 Millionen Autobesitzer müssen noch davon überzeugt werden, dass sie bei stundenhaften Mangelsituationen (Habeck) eben stundenhaft nicht fahren können, weil ihr Wagen stundenhaft als Stromspeicher gebraucht wird.
Wie ist aber der Stand der Technik zur Realisierung der Vision des Politologen, Volkswirtes und Staatssekretärs Dr. Graichen? Es ist ja nicht so, dass nicht an dem Problem gearbeitet würde. FOCUS-Online titelt: „Geheim-Waffe gegen Blackouts: Deutscher Energieriese testet E-Auto als Puffer“. Unter Geheimwaffe macht man es nicht.
FOCUS-Online dichtet fast poetisch: „Hyundai, LG und Next Kraftwerke setzten eine neue Funktion von E-Autos ein, um das Stromnetz zu stützen. Sie konnten mit den Testfahrzeugen Regelenergie im Stromnetz bereitstellen, ohne die Nutzbarkeit der Fahrzeuge zu beeinträchtigen“.
Das ist physikalisch ungefähr so richtig, wie der Fernsehapparat, der Strom produziert. Wenn die Auto-Batterien ihre Kapazität als Regelenergie bereitstellen, dann sind sie doch nicht mehr vollgeladen – oder? Und wenn die Batterien nicht vollgeladen sind, dann ist doch die Nutzbarkeit der Fahrzeuge beeinträchtigt – oder? Oder besteht die Nutzbarkeit eines Elektrofahrzeuges darin, an der Ladesäule angeschlossen zu sein und als Stromspeicher zu fungieren? Fragen über Fragen.
Für Staatssekretär Graichen in einfacher Sprache
Der Versuch wurde mit acht PKW der Firma Hyundai Ioniq5 (Kaufpreis etwa 56.000 Euro) und speziellen Ladesäulen gemacht. Bei voller Entladung wurden also theoretisch dem Netz etwa 500 Kilowattstunden zur Verfügung gestellt. Das entspricht ungefähr dem dreimonatigen Stromverbrauch eines Ein- Personen-Haushaltes. Ein Kernkraftwerk versorgt 10 Millionen Haushalte.
Im Pressebericht von „NEXT“ steht:
„Wir haben in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern eine Fahrzeugflotte der Hyundai Motor Group für die Sekundärregelleistung präqualifiziert, welche die technisch höchsten Anforderungen aller Regelenergieprodukte besitzt. Es wurde nachgewiesen, dass eine Regelenergieerbringung aus E-Fahrzeugen möglich ist, ohne die Nutzbarkeit des Fahrzeugs einzuschränken… Damit konnte gezeigt werden, dass E-Autos sich auch für die Bereitstellung von Regelenergie eignen. Regelenergie stellt eine Art Reserve im Stromnetz dar, die stets aufrechterhalten werden muss, um in Falle von Ausfällen dennoch Stabilität des Netzes zu gewährleisten. Es wird dabei unterschieden zwischen Primärreserve (Ausgleich innerhalb von Sekunden), Sekundärreserve (innerhalb fünf Minuten) und Minutenreserve (innerhalb von 15 Minuten).“ Von tagelangen Dunkelflauten steht da nichts.
Für Staatssekretär Graichen in einfacher Sprache, was so alles in den nächsten sieben Jahren geschehen muss, um seine Vision von den E-Mobilen als Stromspeicher in Realität umzusetzen:
- Die Auto- und Stromfirmen haben in einem Test herausgefunden, dass acht elektrische Autos ein bisschen Strom von ihren Batterien ins Stromnetz schicken konnten.
- Sie sind dabei nicht kaputt gegangen.
- Dazu mussten sie vorher gut geladen und an bestimmte Ladesäulen mit Steckern angestöpselt sein.
- Das soll jetzt überall gemacht werden, um die Energiewende zu retten.
- Vor der Rettung müssen die Leute noch 14 Millionen Elektroautos kaufen, das sind zwei Millionen pro Jahr oder 5.000 pro Tag.
- Es müssen vor der Rettung auch noch 15 Millionen neue Ladesäulen eingebaut und mit Stromdraht verkabelt werden – weil nur ein Auto, was in der Steckdose eingestöpselt ist, Strom zurückspeisen kann. Das sind auch zwei Millionen Ladesäulen pro Jahr oder 5.000 pro Tag.
- Mit diesem Strom können dann 60.000 Haushalte in der Küche Kaffee kochen oder im Bad Haare föhnen.
Wunderwaffe, Geheimwaffe? Hatten wir Deutsche das nicht schon alles einmal? Die Geheimwaffen und die Wunderwaffen werden für den Endsieg der Energiewende in Stellung gebracht. Alles kommt zurück: Überholen ohne Einzuholen.
Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier