Das Wochenblatt Die Zeit porträtiert den mächtigsten Klima-Lobbyisten der Welt – den medial völlig unbekannten Hal Harvey aus Colorado. Seine Hauptwaffe: Milliarden von Dollar aus Nachlässen philanthropischer Superreicher.

In sozialen Medien wird gerne von ominösen Weltenlenkern fabuliert, die nach 100 Jahre alten Plänen von Coudenhove-Kalergi und anderen Fantasten die Demokratien des Westens ethnisch und wirtschaftlich umbauen („transformieren“) wollten, und dazu von ihnen gedungenen Politikern wie Merkel, Putin, Biden oder Johnson Befehle gäben.

Solche Verschwörungstheorien sind heuer beliebt, aber nichts anderes als das Gegenstück zu den Erzählungen der kulturellen Elite, in denen es vor Rechtsradikalen, giftigem Kohlendioxid und Superviren nur so wimmelt.

Oder? Denkt man – tatsächlich lieferte aber ausgerechnet Die Zeit (Nr. 25, 15.6.22) aus Hamburg, eines der wichtigsten Haltungsjournale im deutschsprachigen Raum, ein Portrait von Hal Harvey, einer grauen Eminenz hinter dem weltweiten weitverzweigten Klima-Öko-NGO-Netzwerk, das selbst die EU nicht mehr durchschaut. 2016 hatte man in Brüssel tatsächlich einmal versucht, die verschachtelten finanziellen Beziehungen zwischen all den Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen, Hilfswerken und sonstigen angeblich sozialen und ökologischen Institutionen zu entflechten. Man gab irgendwann auf – so dicht ist das meist steuerfinanzierte NGO-Netz bereits.

Daß selbst die „seriösen“ Hilfswerke bis zu 40% der eingeworbenen Spenden und Steuergelder für ihre „Verwaltung“ (sprich: üppig dotierte Managerposten) verbrennen, ist noch bis vor einigen Jahren in den Massenmedien thematisiert worden. Heuer eher nicht mehr, da zum Beispiel der Spiegel und andere mittlerweile von ebensolchen NGOs per Spende finanziert werden (Gates etc.).

Hal Harvey geht nicht in Talkshows und besucht keine Demonstrationen, weswegen er in den Medien nicht bekannt ist. Dennoch ist er seit den Nuller Jahren einer wichtigsten Klima-Öko-Lobbyisten der Welt. Er studierte in Stanford/Kalifornien Energietechnik, Physik und Politik. Statt in der Industrie oder Forschung arbeitete er danach in NGOs, die sich gegen Atomwaffen einsetzen; Ende der 80er für die Rockefeller-Stiftung und den Pew Charity Trust, in deren Auftrag er die erste Klima-NGO gründete, den Energy Trust. 2002 wurde er der Chef des Umweltprogrammes der William-Flora-Hewlett-Stiftung – und das klingt nicht nur nach Hewlett-Packard. 2020 hatte diese Stiftung sagenhafte 13 Milliarden Dollar zur Verfügung. Wenig im Vergleich zum Haushalt westlicher Flächenstaaten wie Deutschland, Österreich oder Schweiz, denkt man vielleicht beim ersten Lesen. Denkste – in vielen Fällen reichen wenige Publikationen an genau der richtigen Stelle, um den Tenor der weltweiten Medien zu bestimmen, nicht nur der westlichen.

Beispiel gefällig? Die Corona-Krisenpolitik liefert ein besonders schönes: Die Erzählung von der „Zoonose“ des Corona-Sars2-Virus, der Herkunft aus der Urwald-Fledermaus, geht auf das mittlerweile berühmt-berüchtigte Treffen von Christan Drosten, Peter Daszak, Francis Collins und Anthony Fauci im Februar 2020 zurück. Man hatte sich auf die Zoonose-Geschichte geeinigt, um die Laborherkunft zu vertuschen, und publizierte dies in einem Offenen Brief in The Lancet.

Wenn so wenig reicht, um Narrative in sämtlichen Massenmedien des Planeten zu verbreiten, kann man sich vorstellen, zu was ein geschickter und erfahrener Lobbyist wie Hal Harvey in der Lage ist. Der Zeit-Artikel sagt es sogar ganz offen, schon in der Einleitung des Artikels:

„Der Amerikaner Hal Harvey verteilt weltweit Hunderte von Millionen an Organisationen, die Programme für Regierungen schreiben – und in Deutschland Staatssekretäre stellen.

(…) (Er) hat Organisationen aufgebaut, ohne die der Diesel-Skandal von Volkswagen 2015 nie bekannt geworden wäre*. Ohne Harvey rollten heute nicht mehr als 800.000 Elektroautos allein auf deutschen Straßen. Selbst als das Europaparlament vergangene Woche beschloß, daß in der EU von 2035 an keine Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden dürfen, hatte das mit Harvey zu tun.“

Als EIKianer sitzt man mit offenem Mund da, wenn man liest, wie ehrlich eine ausländische Einflußnahme an jeder demokratischen Legitimierung vorbei von einer etablierten Zeitung zugegeben wird. Bei der Gegenseite hingegen pocht man auf Einhaltung der Verfassung: In den USA wurde z.B. eine (erfundene) Geschichte 2016 breitgetreten, nach der Donald Trump Gelder aus Rußland erhalten habe. Und im Spiegel war einmal die Stilblüte zu lesen,

„(EIKEs) Partnerorganisation ist ein amerikanisches Institut, das wiederum Spenden eines Milliardärs bekommt, der als einer der größten Geldgeber von Donald Trump gilt.“

Indirekte Serien-Kontaktschuld sozusagen. Kein Nachweis von gar nichts, aber „Framing“, um uns in den Geruch ausländischer Fernsteuerung zu bringen. Die ferngesteuerte Zertrümmerung der deutschen Automobilindustrie durch einen amerikanischen NGO-Manager hingegen wird dreist zugegeben.

Auch wenn der gemeine Zeit-Leser es nicht wissen mag, der Diesel-Skandal von Volkswagen fußte auf den unrealistisch niedrigen Grenzwerten für Abgase, eingefädelt von der Deutschen Umwelthilfe, auf die die VW-Manager mit dem Software-Betrug reagierten statt mit Gegen-PR und Lobbyismus. Warum eigentlich? Hat der größte Autohersteller der Welt nicht selber Milliarden, die er für PR-Spezialisten ausgeben kann? Sicher, und so jemanden wie Harvey hätten sie wahrscheinlich auch einkaufen können. Die Autobauer sind meist aber technisch und rational denkende Menschen, die sich nicht vorstellen konnten, daß sich deutsche und europäische Politiker von gewissenlosen Planwirtschaftsfans aus Übersee dazu bringen lassen, ihre wichtigsten Arbeitsplatzbringer zu schlachten. Beziehungsweise, daß kindliche und wirklichkeitsentrückte deutsche Grünen-Politiker mit geschlossenen Augen Wirtschaft und Infrastruktur zerlegen – so einer wie Harvey mußte nur helfen, letzte Hürden beiseite zu räumen.

Deutschland ist laut Artikel wohl das Hauptziel der postdemokratischen Machenschaften des Großlobbyisten. Einer seiner Helfer und Geldempfänger ist Bernhard Lorentz, der die von den Metro-Erben gegründete Mercator-Stiftung leitet, die er nach dem Vorbild seines amerikanischen Pendants auf „Klima“ trimmte. Beide erdachten bei einem Treffen in Kalifornien die von ihnen später finanzierten deutschen Agora-NGOs (Energiewende 2012, Verkehrswende 2016), ohne die nach Auskunft eines Referatsleiters im Berliner Umweltministerium man „aufgeschmissen“ sei. Und Robert Habecks neuer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium ist der alte Agora-Chef. Im Klartext: Regierungsaufgaben werden in Deutschland höchst offiziell an nichtgewählte oder anderweitig legitimierte Privatorganisationen übertragen. Damit nicht genug: Agora erhält nicht nur Millionenbeträge von Harveys Klima-NGOs, sondern auch von den Bundesministerien. Warum wählen wir eigentlich noch alle vier Jahre, wenn aus- und inländische Aktivisten die wichtigsten Politikfelder bestimmen, und sich zudem am deutschen Steuergeld bedienen?

Man darf sich fragen, ob Harvey und seine Stiftungskollegen tatsächlich grüne Naturschützer sind. Zweifel, daß Harvey ein Idealist ist, nährt schon der Zeit-Artikel selbst, den der Autor wohl in Trance geschrieben hat – seine eigenen Zeilen hätten in ihm eigentlich einen Verdacht wecken müssen. Zwar schreibt er, daß Hal Harvey um 1980 bei seiner Musterung den Eindruck erhalten habe, US-Kriege seien nur der Jagd nach dem Öl geschuldet. Unfug – die USA standen damals noch unter dem Eindruck des verlorenen Vietnam-Krieges, der der Eindämmung des Kommunismus diente – nennenswerte Ölquellen gibt es nicht in Vietnam. Erst der zweite Golfkrieg 1991 diente eindeutig dem Schutz des kuweitischen Öls, aber da war Harvey längst Öko-PR-Profi. Daß er schon in den frühen 1980er Jahren während des Studiums ernsthaft geglaubt haben soll, der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sei der

„Schlüssel zu so vielem: Energiesicherheit, Luftverschmutzung, Klimawandel, nationaler Sicherheit“.

Den Wahrheitsgehalt dieses Satzes zweifelt immerhin auch der Autor des Zeit-Artikels an. Kein Wunder: „Energiesicherheit“ war in den 1970ern das große Thema, und es wurde vom Westen durch Kernkraft gelöst. „Klima“ war ebenfalls in den 70ern in den Medien, aber nur als „Eiszeit“. „Luftverschmutzung“ könnte man ihm halbwegs abkaufen, wobei die schmutzigste Industrie der USA längst abwanderte, und der Staat hatte auch schon für Luftreinhaltung gesorgt. „Nationale Sicherheit“ im Sinne von „Wirtschaftssicherheit“ – ja, das ist glaubhaft, denn er zerstört ja die dominante europäische Konkurrenz von GM oder Ford.

Daß Hal Harvey selber ein wohlhabender Profiteur der Industriezerstörung ist, deutet der Zeit-Artikel immerhin an: Der Redakteur traf den Lobbyisten in den Mandala Suites in Berlin – ein Apartement-Luxushotel, in dem Harvey wohl auch logiert. Und zu behaupten, daß ein Stiftungsmanager, der über die Zeit Milliarden Dollar bewegt, nicht selber Multimillionär ist, wäre naiv. Da haben wir auch schon den Grund für seine Berufswahl – als Elektroingenieur in der Industrie hätte der Lobbyist durchaus gut verdient, ein Häuschen in der Vorstadt, zwei Autos, die Kinder auf guten Colleges untergebracht. Aber etliche Millionen, und vor allem die politische Macht – das gab es nur mit dem „Philantropismus“, wie der Artikel Harveys Job beschreibt.

Die Studienwahl des jungen Harvey zeigte schon, was der Mann wollte (und was nicht) – welcher Ingenieurs- und Physik-Student belegt denn schon Politik als drittes Fach? In Stanford, wo man vor allem in MINT-Fächern richtig ackern muß? Da hatte jemand offenbar schon im Studium vor, sich nach dem Uni-Abschluß harter Ingenieursarbeit zu entziehen. Dieses Verhalten erinnert an die Strategie eines gewissen Gesundheitsministers, der pikanterweise auch an einer amerikanischen Spitzen-Uni masterierte.

* International Council on Clean Transportation ICCT

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