Das Ende einer moralischen Wunschwelt
von Edgar L. Gärtner
Ich weiß nicht, ob Wladimir Putin ein Werkzeug der Vorsehung ist oder sich als solches empfindet. Jedenfalls hat er mit seinem nicht völlig überraschenden Angriff gegen das ehemalige russische Bruderland Ukraine gewisse in Wunschträumen gefangene Angehörige des westlichen polit-medialen Komplexes mit einem Schlag zurück in die harte Realität geschleudert. Im Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, ist es völlig offen, wem die vom Westen unter Führung der US-Regierung unter Joe Biden als Antwort gegen die Invasion der Ukraine verhängten wirtschaftlichen Sanktionen am meisten schaden werden. Klar ist hingegen, dass die auf Illusionen beruhende westliche Kultur des Hedonismus bald ein jähes Ende finden wird. Schon ist vom Anbruch eines neuen Zeitalters die Rede. Doch dahinter verbergen sich gleich neue Illusionen. Wie ist es überhaupt zum Realitätsverlust westlicher Eliten gekommen? Sicher gibt es dafür nicht die eine, sondern verschiedene Ursachen. Eine davon – und sicher nicht die unwichtigste – ist die Verdrängung der vorbehaltslosen Wahrheitssuche durch den subjektivistischen Konstruktivismus.
Man muss nicht Immanuel, Kant oder Karl R. Popper gelesen haben, um verstehen zu können, dass Konstruktivismus in jedem menschlichen Erkenntnisprozess eine Rolle spielt. Wir sehen die Natur nicht einfach wie sie ist. Vielmehr arbeiten Auge und Hirn beim Sehvorgang eng zusammen. Wer nicht weiß, was er sehen will, dem fällt zunächst wenig bis gar nichts auf. Man findet nur, was man sucht (was Zufallsfunde nicht ausschließt). Unsere Beobachtung ist von Emotionen und Theorien geleitet. Die Konstruktion der Bilder, an denen wir uns orientieren, sind Ergebnis von Denkprozessen, die genaugenommen sogar außerhalb des Körpers stattfinden.
Von Konstruktivismus reden wir, wenn der Prozess der gedanklichen Konstruktion von Wirklichkeit gegenüber der (naiven) Beschreibung des Vorgefundenen favorisiert wird. Das kann so weit gehen, den Menschen grundsätzlich die Fähigkeit zum Erkennen der objektiven, außermenschlichen Realität abzusprechen. Der gemäßigte Konstruktivismus der Erlanger oder Konstanzer Schule hat sich als Anwendung des philosophischen Nominalismus (nach Wilhelm von Ockham) demgegenüber in der wissenschaftlichen Forschung größtenteils als durchaus hilfreich erwiesen. (Im Gegensatz zum erkenntnistheoretischen Realismus nach Plato, Aristoteles und Thomas von Aquin hält der Nominalismus Allgemeinbegriffe lediglich für Bezeichnungen, denen keine realen Sachverhalte entsprechen müssen.) Zum Beispiel legt es der Nominalismus nahe, in einem Ökosystem keinen Überorganismus zu sehen, sondern ein aus einer zunächst unüberschaubaren Vielfalt im Hinblick auf konkrete wirtschaftliche Nutzungsinteressen oder politisch-ideologische Vorgaben ausgewähltes Beziehungsgeflecht zwischen verschiedenen Organismenarten: ein Ökosystem-Modell. Ändert sich das Naturnutzungsinteresse, ändert sich auch der Blickwinkel der Ökosystemforschung. Es gibt kaum einen anderen Weg, um in einer unüberschaubaren Vielfalt von Beziehungen zwischen Tausenden verschiedener Organismenarten eine Hierarchie ausmachen zu können.
Es geht bei diesem Vorgehen also nicht um die Frage nach dem Wesen der Dinge unabhängig von menschlichen Interessen und subjektiven Einflüssen, sondern zunächst ausschließlich um die Beantwortung von Wie-Fragen. Für ontologische Was-Fragen bleiben Theologie und Philosophie zuständig, sofern man diesen aus ideologischen Gründen nicht ohnehin das Existenzrecht abspricht. Mehr oder weniger radikale Konstruktivisten sind sich mit kritischen Rationalisten im Gefolge von Karl R. Popper einig in der Kritik des naiven Realismus: Wir Menschen sind nicht in der Lage, die Realität ohne Zuhilfenahme theoretischer Konstruktionen einfach abzubilden, wie es Primitiv-Versionen des dialektischen Materialismus annahmen. Das bedeutet aber nicht, dass der scholastische Universalienstreit des späten Mittelalters endgültig zugunsten des Nominalismus entschieden worden sei. Realismus und ontologische Herangehensweise, d.h. die Suche nach dem Wesen von Sachverhalten behalten m. E. ihre Berechtigung.
Immerhin gibt es eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Entdeckungen, die unabhängig von den Motiven der Forscher Bestand haben. Dazu gehören physikalische Naturkonstanten wie die Lichtgeschwindigkeit, das Planck’sche Wirkungsquantum und die Elementarladung oder auch geometrische Konstanten wie die Kreiszahl π oder die Proportion des Goldenen Schnitts. Bei diesen Konstanten handelt es sich offenkundig nicht um Konventionen, die diplomatisch ausgehandelt und im Konsens zwischen Wissenschaftlern und Bürokraten festgelegt werden. Auch die bekannte Einstein’sche Formel E=mc2 ist alles andere als ein gedankliches Konstrukt, auch wenn sie zunächst nur theoretisch hergeleitet und erst später experimentell geprüft werden konnte. M. E. ist „Entdeckung“ ein zu schwacher Begriff, um der Bedeutung der Formel E=mc2 gerecht zu werden. „Offenbarung“ fände ich treffender. Ich halte grundlegende Naturgesetze ohnehin für Offenbarungen. So etwas wie ewige Wahrheit existiert also und es gab diese schon lange bevor der erste Mensch auf Erden auftauchte. Es gibt allerdings keinen leichten Weg zum Verständnis komplexer Sachverhalte und Prozesse.
Bewährt hat sich m. E. die Forderung des kritischen Rationalismus nach Karl R. Popper, alle Schlussfolgerungen wissenschaftlicher Forschung als mehr oder weniger vorläufige Hypothesen zu betrachten. Diese Hypothesen sollten allerdings so klar formuliert werden, dass es möglich ist, Strategien zu ihrer Widerlegung zu entwickeln. Hypothesen, die nicht zumindest theoretisch widerlegbar sind, weil sie der formalen Logik widersprechen, gehören nicht in die Wissenschaft (was nicht heißt, dass sie falsch sein müssen). Solange eine Hypothese nicht in aller Form widerlegt ist, gilt sie als Wahrheit, allerdings nur provisorisch. Die Wissenschaft schreitet nach diesem Verständnis also in Form einer negativen Auslese voran.
Im Bereich der Naturwissenschaften werden Hypothesen heute vornehmlich in Gestalt formalisierter Modelle vorgestellt, deren Prognosefähigkeit in Form von Computersimulationen getestet werden können. Am aufschlussreichsten sind dabei Testläufe, die versuchen, bekannte Messreihen der Vergangenheit zu reproduzieren. Widerspricht die Simulation den bekannten Daten, ist das Modell eindeutig widerlegt. Kann das Modell die Daten mit ausreichender Präzision reproduzieren, ist seine Richtigkeit dadurch aber noch nicht bewiesen. Keines der in den bislang sechs in den offiziösen Berichten des „Weltklimarats“ IPCC berichtigten Klima-Modelle kann übrigens die bekannte Temperaturentwicklung der Vergangenheit und insbesondere die von Historikern nachgewiesene mittelalterliche Warmzeit reproduzieren!
Transzendente Wahrheit
Da es wie angedeutet, durchaus überzeitliche, wenn nicht ewige Wahrheiten und sogar die für uns Menschen vollständig nie ergründbare absolute Wahrheit im Sinne der Bibel und des Naturrechts gibt, d. h. die unverrückbare Wahrheit über die inhärente Würde der Schöpfung und die unwandelbare Natur des Menschen als freundliches, einfühlsames und transzendenzfähiges, aber auch sündiges Wesen, kann das nützliche Modell der negativen Wissensauslese keine universelle interdisziplinäre Gültigkeit beanspruchen. Papst Johannes-Paul II. hat in seiner Enzyklika „Veritatis splendor“ (August 1993) betont, dass nur die Anerkennung der transzendenten Wahrheit die menschlichen Gemeinschaften vor dem Abgleiten in den Totalitarismus schützen kann: „Wenn es keine transzendente Wahrheit gibt, in deren Gefolge der Mensch zu seiner vollen Identität gelangt, gibt es kein sicheres Prinzip, das gerechte Beziehungen zwischen den Menschen gewährleistet. Ihr Klasseninteresse, Gruppeninteresse und nationales Interesse bringt sie unweigerlich in Gegensatz zueinander.“
Leider stößt die naturrechtliche Argumentation, die immerhin zu den wesentlichen rechtsphilosophischen Begründungen des bundesdeutschen Grundgesetzes zählt, in den letzten Jahren im Westen auf zunehmendes Unverständnis. Der Auftritt Papst Benedikts XVI. im September 2011 vor dem Deutschen Bundestag dürfte für lange Zeit der letzte Versuch gewesen sein, an die Bedeutung des Naturrechts für die Begründung des modernen Rechtsstaates zu erinnern. Seither geht die Entwicklung mit Riesenschritten in die Gegenrichtung.
In der so genannten Covid-Pandemie haben die Kirchen in Deutschland so total versagt, dass der kleine Rest verbliebener Gläubiger sich fragen muss, ob sie sich jemals noch davon wird erholen könnten. Der Bündner Domherr Martin Grichting hat es in der NZZ vom 7. Januar 2022 auf den Punkt gebracht: „…Corona hat, zumindest in den westlichen Ländern, den letzten spirituellen Notnagel falsifiziert, nämlich den, dass Not beten lehre. Religion ist nicht einmal mehr der «Seufzer der bedrängten Kreatur», wie Karl Marx geunkt hat.“ Es ist die Abwesenheit von primitiver Todesangst, die gläubige Christen von den Heiden unterscheidet. Nach der „Pandemie“ ist leider kaum noch ein Unterschied zwischen beiden auszumachen. Die große Mehrheit der Taufschein-Christen hat vorschnell akzeptiert, mit Menschen gleichgestellt zu werden, denen gegenüber sie sich eines Vorsprungs von 2.000 Jahren gewiss sein sollten. Diese Kapitulation gegenüber dem Heidentum erklärt wohl zu einem großen Teil den sich im ehemaligen Westen ausbreitenden Selbsthass, der tendenziell alle Übel der Welt der Schuld des alten weißen Mannes zuschreibt. Ich halte Selbsthass für die gefährlichste Form des Hasses, weil dieser letzten Endes zur Vergiftung aller gesellschaftlichen Beziehungen führen kann.
Konsens statt Wahrheit
Die auf Thomas von Aquin zurückgehende Korrespondenz-Theorie der Wahrheit, d.h. Wahrheit als Entsprechung von Sachverhalt und Bewusstsein, gilt inzwischen als altmodisch. An ihre Stelle trat die Konsenstheorie der Wahrheit. Wahrheit gilt danach als Konvention, die bei der nicht unbedingt qualifizierten Bevölkerungsmehrheit auf Zustimmung trifft. Um zu einem einheitlichen Verständnis von Problemen in Natur und Gesellschaft zu gelangen, werden heute mit immer größerem Propaganda-Aufwand Erzählungen (Narrative) verbreitet, um die Bevölkerung geistig gleichzuschalten. Fakten, die dem offiziellen Narrativ widersprechen, werden mithilfe der Technik des „Framing“ diskret ausgeblendet oder ihre Erwähnung gar unter Strafandrohung gestellt. Sehr aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang der politische Missbrauch der psychisch behinderten schwedischen Schülerin Greta Thunberg. Ihre Parole „Hört auf die Wissenschaft!“ ist in Wirklichkeit eine Kampfansage an die wissenschaftliche Kultur des Vertrauens in die Vernünftigkeit des Schöpfers wie an die grundsätzliche Erkennbarkeit der Welt und gleichzeitig die Anerkennung der Berechtigung der Selbstkritik und des Zweifels an der Tragweite der menschlichen Erkenntnisfähigkeit, die den Aufstieg des christlichen Europa zum weltweit erfolgreichsten Wirtschaftsraum erst ermöglicht haben.
„Klimaschutz“ erscheint bei den Freitags die Schule schwänzenden Gören als Imperativ, der rational nicht hinterfragt werden darf. Es wird so getan, als sei „Klimaschutz“ lediglich die logische Fortsetzung des Umweltschutz-Anliegens. Doch während sich Umweltschutz-Anstrengungen mit konkreten Verbesserungen unserer natürlichen Lebensbedingungen beschäftigen, bezieht sich der Begriff „Klima“ auf ein Abstraktum, d.h. die Statistik des Wetters einer bestimmten Region über einen Zeitraum von 30 Jahren. Wie soll ein solches Abstraktum geschützt werden können, wo es doch qua Definition in der Vergangenheit liegt? Das gilt erst recht für das Konstrukt eines durch uns Menschen gewollt oder ungewollt manipulierbaren „Weltklimas“. Hätte dieser Begriff „Weltklima“ einen Realitätsgehalt, dann müssten am Äquator und in den Pol-Regionen der Erde die gleichen Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse herrschen. Einen Sinn bekäme der Begriff allenfalls beim Vergleich unseres Planeten mit seinem Trabanten, dem Mond. Auf seiner Sonnenseite empfängt der Mond etwa die gleiche Strahlungsenergie wie die der Sonne zugwandte Seite der Erde. Doch die Temperatur des Mondes steigt dabei bis auf fast 130°C, während auf der Erde selbst in Extremfällen höchstens ein halb so hoher Wert erreicht werden kann. Daraus geht hervor, dass die Erdatmosphäre unterm Strich kühlend wirkt. Die Erdatmosphäre funktioniert also, als Ganzes gesehen, nicht wie ein Glashaus. Über den Beitrag der einzelnen Gas-Komponenten der Atmosphäre (einschließlich der so genannten Spurengase) ist damit freilich noch nichts gesagt. Es könnte durchaus einen „Treibhauseffekt“ geben, der jedoch in der globalen Bilanz untergeht. Jedenfalls erscheinen die Warnungen vor einer Überhitzung der Atmosphäre durch den „Klimakiller“ CO2 als extrem übertrieben.
Es geht den „Klimaschützern“ in Wirklichkeit gar nicht darum, die Verhältnisse in der Erdatmosphäre detailliert zu analysieren. Es kommt ihnen in erster Linie auf die Propagierung eines wachstumsfeindlichen Weltbildes an. Auf der Suche nach Argumenten gegen die 10 Gebote der Bibel und gegen die freie Marktwirtschaft landeten sie bei der reaktionären Bevölkerungstheorie des englischen Landgeistlichen und Ökonomen Thomas Robert Malthus (1766 bis 1834). In seinem Essay on the Principle of Population von 1798 wollte Malthus demonstrieren, dass die Nahrungsmittelproduktion nur linear wachsen könne, während die Bevölkerungszunahme der Exponentialfunktion folge. Mit seiner Behauptung, es gehe gar nicht anders, als dass die Nahrungsmittelproduktion mit Naturnotwendigkeit hinter der Bevölkerungsentwicklung zurückbleibe, wurde Malthus zum Urheber einer ökonomischen Denkrichtung, die sich die Welt nur als geschlossenes System vorstellen kann. In einer solchen Welt ist kein Platz für das ergebnisoffene Wechselspiel von Angebot und Nachfrage, für freien Austausch zu beiderseitigem Vorteil und für Innovationen. Möglich sind nur Nullsummenspiele und die planwirtschaftliche Rationierung eines scheinbar ein für alle Mal gegebenen Ressourcenvorrats.
Die Hungersnöte, vor denen Malthus als Vertreter des gesellschaftlich absteigenden Landadels warnte, wurden in Wirklichkeit erst durch die Einführung hoher Getreidezölle im Interesse dieser Schicht durch das berüchtigte Corn Law und die dadurch verursachte Explosion des Brotpreises heraufbeschworen. Nach der Abschaffung des von den Manchester-Liberalen um Richard Cobden und John Bright bekämpften Corn Law im Jahr 1848 und dem damit verbundenen vorläufigen Sieg der Idee einer offenen Welt des Freihandels gab es in Europa zu Friedenszeiten keine Hungersnot mehr.
Seit Malthus wiederholt sich die Tendenz, auf „Problemlösungen“ in Modell-Welten zu setzen, die zwar real nicht funktionieren können, aber als moralisch geboten gelten, in verschiedenen Variationen immer wieder. In Amerika forderten Paul und Anne Ehrlich in ihrem 1968 erschienen Bestseller «Die Bevölkerungsbombe» die Reduktion der Weltbevölkerung auf anderthalb Milliarden Menschen. Der im Jahr 1972 erschienene Bericht des Club of Rome «Die Grenzen des Wachstums» war lediglich eine Fortschreibung dieser Weltsicht via Computersimulationen. Bekanntlich haben chinesische Machthaber damit ihre strenge Ein-Kind-Politik mithilfe von Zwangssterilisierungen und Kindestötungen gerechtfertigt.
Die Verdrängung des gesunden Menschenverstandes durch einen ebenso aggressiven wie dämlichen moralischen Diskurs unter Berufung auf erfundene Menschenrechte fordert in unseren Breiten schon länger Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Todesopfern in Form abgetriebener Babys. Dass die Anti-Corona-„Impfstoffe“ gleich welchen Fabrikats, zu denen uns die EU und ihre Mitgliedsstaaten zwingen wollen, mithilfe von Zell-Linien aus abgetriebenen Föten hergestellt werden, müsste wachen Christen gleich welcher Konfession eigentlich genügen, um diese „Impfung“ abzulehnen. Inzwischen sind Zehntausende von Europäern an den Folgen der Anti-Covid-19-„Impfungen“ gestorben, die offenbar vor nichts schützen außer eventuell vor einem schlechten moralischen Ruf. Im Januar 2022 trat der kroatische Europaabgeordnete Mislav Kolakusic dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, der das „Recht auf Abtreibung“ zu einem Grundpfeiler der europäischen Identität erklärte und stolz darauf hinwies, dass in Europa die Todesstrafe abgeschafft worden sei, im Plenum des Straßburger Europa-Parlamentes mit folgenden eindringlichen Worten entgegen: „Sie haben heute gesagt, dass Sie stolz darauf sind, dass es in Euro keine Todesstrafe gibt“, sagte Kolakusic. „Zehntausende von Bürgern sind an den Nebenwirkungen von Impfstoffen gestorben. Eine Impfpflicht bedeutet die Todesstrafe und wird zum Tod vieler Bürger führen“.
Schon in naher Zukunft könnte die vordergründig moralisch begründete Politik auch unabhängig vom Impf-Zwang zu einer wachsenden Zahl von Todesopfern unter Erwachsenen und Kindern führen, wenn die von den Klimaschützern gewollte Abschaltung unserer effektivsten Kraftwerke und deren „Ersatz“ durch wetterabhängige Solar- und Windkraftanlagen zum flächendeckenden Zusammenbruch unserer Elektrizitätsversorgung führt. Sollte der „Blackout“ während einer winterlichen Kälteperiode eintreten, käme es möglicherweise zu Hunderttausenden von Todesopfern durch Erfrieren oder durch Gewalteinwirkung marodierender Banden auf der Suche nach Resten von Ess- und Trinkbarem. Auch ohne „Blackout“ wäre eine Hungersnot zu befürchten, weil die Produktivität der von den Grünen allein seligmachend erklärten Öko-Landwirtschaft nur etwa halb so groß ist wie beim Nahrungspflanzen-Anbau mit Hilfe der Agrochemie.
Die Kultur des Narzissmus
Wie konnte es dazu kommen, dass im ehemals „aufgeklärten“ Westen die Realität durch infantile Wunschträume verdrängt werden konnte, in denen Jahrhunderte alte Wälder durch Windräder ersetzt werden, in denen sich in einem Wolkenkuckucksheim Einhörner, zahme Afghanen und vegetarische Wölfe tummeln? Die Antwort fand der amerikanische Historiker Christopher Lasch schon am Ende der 1970er Jahre in seinem Buch „The Culture of Narcissism, American Life in An Age of Diminishing Expectations“. Die (letztlich christlich geprägte) Kultur der Hoffnung und Dankbarkeit gegenüber historisch gewachsenen Institutionen wurde durch die mit der Jugendbewegung von 1968 aufgekommene dekadente Kultur des Narzissmus abgelöst, das heißt durch die Abwertung der Vergangenheit in einem oberflächlichen Progressismus, hinter dem sich blanke Hoffnungslosigkeit verbirgt.
Die Hauptursache der „Kultur des Narzissmus“ sah Christopher Lasch in der Ablösung des patriarchalischen durch den matriarchalischen Führungsstil in Politik und Wirtschaft und in der damit verbundenen Infantilisierung der Menschen durch eine ausufernde Sozialbürokratie. In den postmodernen westlichen Wohlstandsgesellschaften mit einer Kultur des hedonistischen Narzissmus ist eine Generation herangewachsen, die es für selbstverständlich hält, dass der Strom rund um die Uhr aus der Steckdose kommt und Nahrungsmittel in den Supermärkten jederzeit reichlich, frisch und preiswert zur Verfügung stehen. Sehr auf ihr leibliches Wohl bedacht, will diese verwöhnte Generation für sich immer nur das Beste. Der Strom soll aus sauberen „erneuerbaren“ Quellen kommen, die Nahrungsmittel möglichst aus kontrolliertem Bio-Landbau. Dafür bezahlt man auch (wenigstens im Prinzip) gerne etwas mehr, zumal man sich damit vom dumpfen Pack der Malocher abgrenzen kann, dem nichts billig genug sein kann.
Wir leben im ehemals christlich geprägten Westen aber tatsächlich längst im Anfangsstadium einer mehr oder weniger „sanften“ Diktatur, die ihren Namen nicht nennt. Die von George Orwell in seiner Dystopie „1984“ geschilderte Schreckensvision eines totalitären Polizeistaates wird durch neue Überwachungstechniken wie die automatische Gesichtserkennung, die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten, die mathematische Decodierung verschlüsselter Kommunikation und das automatische Erstellen von Bewegungsprofilen schon heute weit übertroffen. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit der Fernsteuerung des Rest-Privatlebens der Bevölkerung durch Gebäudedämm- und Heiz-Vorschriften mit Wärmepumpen und „erneuerbaren“ Energien, durch Smartmeter und Smartgrids bei der Stromversorgung sowie die die Verfolgung von Kontakt- und Bewegungs-Profilen mithilfe des geplanten Corona-Impfpasses und der elektronischen ID. Die von der Europäischen Zentralbank bereits vorbereitete Abschaffung des Bargeldes würde die Möglichkeiten totaler Kontrolle der Untertanen einer im Verborgenen operierenden Machtelite noch abrunden.
Orwells virtuellen „Big Brother“ darf man sich aber nicht als Patriarchen nach dem Vorbild eines ebenso autoritären wie weise vorsorgenden römischen Pater familias vorstellen. Es handelt sich dabei eher um eine herrschsüchtige, sich überall einmischende Matrone. Der ausufernde Wohlfahrtsstaat sei ein matriarchalisches Herrschaftssystem, behauptet der linke französische Philosoph Jean-Claude Michéa in seinem auch auf Deutsch erschienen Essay „Das Reich des kleineren Übels“ (im franz. Original 2007). Angela Merkels Versuche einer bemutternden Volkspädagogik mithilfe von „Nudging“ (Anstupsen) böten reichlich Belege für seine Behauptung. Paradebeispiel für die Verhaltenslenkung von Individuen durch „Nudging“ ist das Aufmalen einer Fliege in Urinalen, was Männer veranlasst, beim Pinkeln darauf zu zielen und dadurch weniger zu kleckern. Das ist allerdings nur der eher harmlose, wenn nicht lächerliche Teil des Ansinnens.
Viel bedenklicher sind emotionale Erpressungsmethoden, wie sie zurzeit vor allem in der Klima- und Coronapolitik üblich sind. Die Individuen sollen ihre persönlichen Wünsche aufgeben und sich dem fabrizierten Konsens über die Notwendigkeit der Bekämpfung der von dienstbaren „Experten“ als gefährlich erklärten „Pandemie“ der Corona-Grippe und der virtuellen „Klimakrise“ anschließen. Andernfalls droht ihnen soziale Ausgrenzung und wirtschaftlicher Ruin. Unter der heimtückischen matriarchalischen Kontrolle müsse das Subjekt sich fast unvermeidlich selbst die Schuld an seinem Undank und seiner moralischen Verkommenheit geben, schreibt Michéa. Der von der Matrone über eine masochistische, den Vater ausschließende Beziehung instrumentalisierte Selbsthass ist bekanntlich eine Ausdrucksform enttäuschter Selbstliebe. Der Narzissmus, eine durch elterliche Erziehungsfehler (zu viel Lob) verursachte Reifestörung, hat nach einem vor Jahren in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ erschienen Beitrag von Francesco Giammarco in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Wichtigster Indikator dafür sind ausgefallene Vornamen, die Eltern ihren Kindern geben.
Jean-Claude Michéa merkt übrigens an, dass inzwischen auch viele männliche Politiker und Manager den matriarchalischen Führungsstil beherrschen. Die unsichtbare Hand der matriarchalischen Kontrolle sei eben viel schwerer auszumachen als die sichtbare patriarchalische Unterdrückung. Deshalb habe sie sich durchgesetzt. „Es steht außer Frage“, schreibt Michéa, „dass die politische Kontrolle der totalitären Gesellschaften (im Unterschied zu der in klassischen Diktaturen) im Wesentlichen eine mütterliche ist.“
Der matriarchalische Führungsstil kennt keine festen Regeln. Er arbeitet, je nach Situation, wahlweise mit Verlockungen oder mit hinterlistiger beziehungsweise hinterfotziger Erpressung durch die Androhung von Liebesentzug. Worauf es ihm ankommt, ist das sture Verfolgen eines einmal von „Experten“ zum „Konsens“ erklärten illusionären politischen Ziels um des Machterhalts und des moralischen Images willen. Es kommt bei der Rekrutierung der heute regierenden Machtelite nicht mehr auf Kompetenz an. Den Inhabern von Machtpositionen geht es in erster Linie darum, die eigene Befindlichkeit zu optimieren. Deshalb dekretierten sie das utopische „1,5-Grad-Ziel“ und die vollständige „Dekarbonisierung“ der Wirtschaft in der Klimapolitik und das totalitäre „Zero-Covid“-Ziel in der Gesundheitspolitik. Im Ukrainekrieg kommt das Ziel hinzu, Russland zum westlichen Politik- und Lebensstil zu erziehen. Wer sich diesen Zielen nicht unterordnet und sich als „Skeptiker“ zu erkennen gibt, wird als moralisch verkommen angeprangert und gesellschaftlich isoliert.
Narzissten glauben im Grunde an nichts richtig. Sie richten ihre durch enttäuschte Selbstliebe entstandene Aggressivität in Form der obsessiven Beschäftigung mit Krankheit und Tod gegen sich selbst. Sie konzentrieren sich darauf, ihre innere Leere und vagabundierenden Ängste durch moralische Überheblichkeit gegenüber dem „Pack“, durch scheinbar gute Taten oder auch durch Genuss- und Ruhmsucht, durch die Kultivierung von Schuldkomplexen und deren Nutzung für die eigene Imagepflege zu überspielen. Die Klimapolitik verspricht der von innerer Leere geplagten Generation von Narzissten satte Gewinne und moralisches Ansehen durch angebliche Zukunftsinvestitionen in „erneuerbare“ Energien. Den Skeptikern hingegen droht der wirtschaftliche Ruin. Das scheint das Geheimnis des Medienerfolges der „Klimakanzlerin“ Angela Merkel gewesen zu sein. Sie konnte sich auf die Wirksamkeit dieses Führungsstils verlassen, weil Narzissmus als Geisteskrankheit nur in seltenen Ausnahmefällen als heilbar gilt.
Schließlich sollte man m. E nicht vergessen, dass das konstruktivistische Wunschdenken nach dem Motto „Kinder an die Macht!“ einen Zwillingsbruder hat, den Dekonstruktivismus französischer Prägung nach Georges Bataille, Michel Foucault, Jacques Derrida und anderen – eine kaum verhohlene „Kultur des Todes“. Beiden gemeinsam ist die Feindschaft zum gesunden Menschenverstand und damit zum Naturrecht, zu dem nicht nur der mehr oder weniger spontane Kosten-Nutzen-Vergleich, sondern auch die Abwägung zwischen mehr oder weniger großen Übeln um des Überlebens willen gehört.
Der Ukraine-Konflikt zeigt uns nun, dass es gar nicht des Dekonstruktivismus bedarf, um das Werk der Zerstörung in Gang zu setzen. Die Wortführer des Westens, die sich angesichts des russischen Einmarsches in die Ukraine als Tugendwächter aufspielen, haben sich seit Jahrzehnten in der Lüge eingerichtet. Es wird lange brauchen, um wieder zur Wahrheit zurückzufinden. So fahren sie fort, auch nach der Eskalation des Ukraine-Konfliktes in Richtung eines globalen Show Down auf die Weltrettung durch Windräder und Solarpaneele zu setzen. Wladimir Putin wird sich davon wohl nicht beeindrucken lassen.