Stefan Kämpfe

Mehrere Rekorde, eine verschärfte deutsche Energiekrise und ideale Studienbedingungen für WärmeinseI-Effekte; Beitrag in 2 Teilen

Über den Rekord-Sonnenschein und die extrem beständige Hochdruckwitterung wurde hier schon vor Ablauf des Monats aus Aktualitätsgründen berichtet. Doch dieser März war so bemerkenswert, dass es sich lohnt, ihn nach dem Vorliegen aller Daten genauer zu beleuchten. Dabei wird Folgendes deutlich: Ohne Bewölkung oder wesentliche Luftfeuchtigkeit und trotz fehlender Kaltluftzufuhr gab es selbst an vielen Flachland-Stationen zwischen 15 und 25 Frostnächte, und die Wärmeinseleffekte waren sehr ausgeprägt. Außerdem war dieser März der windärmste seit mindestens drei Jahrzehnten.

Teil 1: Rekorde, Fast-Rekorde und fallende Monatsminima seit März 1988

Neuer Rekord der monatlichen Sonnenscheindauer in Deutschland im März 2022, aber keine Rekord-Wärme, weitere Rekorde und beinahe-Rekorde

Nun ist es amtlich: Dieser März 2022 hat mit 235 Sonnenstunden den alten Rekordhalter, 1953 mit 194,2 Sonnenstunden, um Längen überflügelt. Auch in Potsdam, wo die Sonnenscheindauer schon seit 1893 gemessen wird, schaffte es der 2022er März mit hochsommertauglichen 255 Stunden auf Platz eins. Doch sehr viel Sonne bedeutet im März, anders als von April bis September, nicht zwangsläufig viel Wärme. Denn astronomisch sind erst so etwa elfeinhalb Sonnenstunden möglich – mit freilich im Monatsverlauf stark steigender Zeit. Nicht nur die noch langen Nächte, auch der noch tiefe Sonnenstand, lassen bloß eine mäßige Erwärmung zu – es sei denn, eine sehr warme Luftmasse aus dem Süden und ein kräftiger Wind helfen der Erwärmung nach. Doch Beides fehlte in diesem Rekord-Sonnen-März 2022 meist, der mit 5,1°C im DWD-Mittel bei weitem nicht zu den 30 wärmsten Märzen seit 1881 zählte.

Abbildung 1: Verlauf des Märzmittels im Deutschland-Mittel seit 1988. Der 2022er März war nur etwas zu warm. Zum Vergleich: Der „alte“ Rekordhalter hinsichtlich der Besonnung, 1953, war mit 4,8°C nur unwesentlich kühler.

Gerade die Nächte zeigten, wie bedeutungslos das Spurengas CO2 für den Wärmehaushalt ist: Wolkenarmut und geringe Luftfeuchtigkeit hatten eine überdurchschnittliche Anzahl von Frostnächten zur Folge; an der im Verhalten recht gut dem Deutschland-Mittel entsprechenden DWD-Station Erfurt/Weimar wurden 21 Frosttage und damit überdurchschnittlich viele gezählt; an vielen anderen Flachland-Stationen traten verbreitet 15 bis 25 Frostnächte auf. Näheres zur Problematik der Kälte und Dürre im Frühling hier und hier. Man erkennt sehr schön, wie die länger und kräftiger scheinende Märzensonne vor allem die Tagesmaxima der Temperatur nach oben trieb, während die Minima oft frostig blieben.

Abbildung 2: Verlauf der täglichen Minima und Maxima in 2 Metern Höhe an der DWD-Station Erfurt/Weimar. Bis fast zur Monatsmitte gab es in jeder Nacht Frost, vereinzelt unter minus 5°C. Auch danach blieben viele Nächte frostig, während tagsüber die Temperaturen oft schon denen im April oder Mai ähnelten. Die zeitweise enorm wasserdampfarmen, wolkenfreien Luftmassen ermöglichten diese starken täglichen Temperaturschwankungen; eine Erwärmungswirkung durch Kohlendioxid (CO2) ist nicht erkennbar.

Betrachtet man die Entwicklung der Sonnenscheindauer im Deutschland-Mittel, so zeigt sich folgendes Bild:

Abbildung 3: Sonnenscheindauer seit 1951 im März. Man achte auf die hohen Sonnenscheinwerte am Anfang und Ende der Reihe (Polynom-Trend zweiten Grades). Speziell in den 1980ern verlief der März sehr sonnenarm; seitdem haben Luftreinhaltung, AMO-Warmphase und eine Häufung trockener Hochdruckwetterlagen die Besonnung stark erhöht.

Abbildung 4: Anhand der Langzeit-Reihe von Potsdam wird die Ausnahmestellung des 2022er März noch deutlicher. Sehr sonnige Märzen dominierten zur Mitte des 20. Jahrhunderts und gegenwärtig. Hier ist die Besonnung in Stunden pro Märztag, bezogen auf alle jeweiligen 31 Tage, dargestellt.

Einen Negativrekord gibt es bei der Anzahl der Westwetterlagen zu vermelden. Noch nie seit der Einführung der Objektiven Wetterlagenklassifikation beim DWD im Jahre 1979/80 wurde eine nur einstellige Zahl der Tage mit westlichem Strömungsanteil registriert. Hingegen konnte die Rekordanzahl von 26 Tagen mit Trockenen Wetterlagen (Troposphäre in 950 und 500 hPa trocken) aus dem vergangenen Jahr nicht ganz erreicht werden.

Abbildung 5: Deutlich mehr Märztage mit trockener Luft (T-Lagen) und deutlich weniger mit westlichem Strömungsanteil seit 1980. Nie zuvor wurden nur 5 Tage mit Westanteil registriert!

Bei der Niederschlagsmenge verfehlte dieser März mit etwa 15mm im DWD-Flächenmittel einen Spitzenplatz knapp, denn 1929 und 1953 verliefen noch trockener; 2012 etwa genauso trocken. Zwei Negativ-Rekorde gibt es bei der Relativen Luftfeuchte zu vermelden: Mit 67,8% (1000 hPa-Niveau) und 46,2% (500-hPa-Niveau) war diese so gering wie nie seit 1948; bei der Absoluten Feuchte wurden aber keine Negativ-Rekorde erreicht.

Abbildung 6: Mittel der Relativen Luftfeuchte nach den NOAA-Daten (seit 1948 vorliegend). Noch nie war diese so gering, wie im März 2022.

Endlos-Serie von Hochdruckgebieten: Die Flaute im März 2022 verschärfte die deutsche Energiekrise

Mit dem jähen Zusammenbruch der Westwind-Zirkulation (mögliche Ursachen: Zeitiger Zusammenbruch des winterlichen Polarwirbels über der Arktis, QBO-Ostwindphase) bestimmten ab Ende Februar fast durchweg überwiegend windschwache Hochdruckwetterlagen mit zeitweise knochentrockener Festlandsluft das Wettergeschehen. Sehr schön zeigt sich das am Verlauf des Tagesmittels der Luftdruckwerte in Potsdam:

Abbildung 7: Verlauf der Tagesmittelwerte des Luftdrucks an der DWD-Station Potsdam im März 2022. Diese lagen bis zum 28. März, übrigens auch schon seit dem 26. Februar, deutlich über dem Langjährigen Mittel, was über volle 4 Wochen sehr selten zu beobachten ist. Das Monatsmittel betrug 1014,6 hPa. Man beachte die fehlende Reduzierung auf Meereshöhe, mit dieser wären die Werte aufgrund der Stationshöhe um noch etwa 10 hPa höher. Der Rekord von 1953 (1015,1 hPa) wurde knapp verfehlt.

Leider bietet der DWD kein Luftdruck-Monatsmittel für Deutschland an, aber beim US-Wetterdienst (NOAA) kann man die auf Meeresniveau reduzierten Werte für ein Rasterfeld, das in etwa ganz Deutschland abdeckt, bis 1948 zurück finden. Hier schaffte es dieser März nicht unter die drei Spitzenreiter.

Abbildung 8: Luftdruckmonatsmittel, hier korrekt reduziert, für Deutschland im März seit 1948. Das gewählte „Planquadrat“ zwischen 55 und 47,5°N sowie 5 und 15°E deckt praktisch ganz Deutschland ab. Hier behielt 1953 „seinen“ Rekord mit 1027,4 hPa, auch 1948 und 2012 war der Luftdruck höher – bleibt für 2022 nur der „undankbare“ vierte Platz.

Für die so ambitionierte deutsche Energiewende, deren wichtigstes Standbein die Windstromerzeugung ist, hatten diese vielen Hochdrucklagen häufige Flauten und damit eine sehr magere Windstromerzeugung zur Folge. Auf die politischen, wirtschaftlichen und technischen Konsequenzen der deutschen Energiewende soll hier nicht eingegangen werden; aber wenn kein oder nur ein schwacher Wind weht, so sind die Windstromerträge dementsprechend gering; und der reichliche Sonnenschein für Solarstrom steht nur tagsüber zur Verfügung. Vielleicht sollte sich Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Energie sowie neuerdings engagierter Gasableser der arabischen Scheichs, einmal die folgende Grafik genau ansehen:

Abbildung 9: Verlauf der deutschen Stromerzeugung nach Energieträgern im März 2022. Von den benötigten 50 bis 70 GW (Last, schwarze Linie) konnten die über 30.000 Windräder oft nur lächerliche 0,3 bis 15 GW beisteuern; meist deutlich unter 10 GW (hell blau-grünliche Fläche); nur an wenigen Tagen 20 bis 30 GW. Die ausnahmsweise extrem fleißige Märzensonne stand nur für eine kurze Mittagszeit zur Verfügung; nicht aber in den laststarken Morgen- und Abendstunden; nachts sowieso gar nicht (keine Grundlastfähigkeit). Summa summarum leisteten Braun- und Steinkohle, Kernenergie und das politisch momentan sehr unbeliebte Erdgas stets 30 bis 90% der Stromproduktion! Biomasse (grün) und Wasserkraft (dunkelblau) sind praktisch nicht mehr ausbaufähig. Und zum Monatsende schwächelte dann auch die Märzensonne. Deutschland, einst ein zuverlässiger Stromexporteur, wird zunehmend von Stromimporten abhängig (weiße Flächen unter der schwarzen Lastlinie) und muss seine Überschüsse (gelbe Spitzen über der Lastlinie) meist billig verschleudern. Zur Beachtung: Es handelt sich nur um die Stromproduktion; bei der Primärenergie (Heizen, Verkehr, Industrie) schnitten die „Erneuerbaren“ noch viel, viel schlechter ab. Bildquelle energy-charts.info, ergänzt.

Doch wer nun meint, das Heil liege im weiteren, massiven Ausbau der Solarenergie, dem sei folgende alte Bauernregel mit auf den Weg gegeben: „Märzensonne, nur kurze Wonne, Märzenschein lässt nicht viel gedeih’n“. Zumal alle „Erneuerbaren“ nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand bei großen Verlusten gespeichert werden können.

Zurück zu den meteorologischen Besonderheiten – könnten sich windschwache Hochdruckwetterlagen im März häufen? Eine Möglichkeit zur Überprüfung bietet die so genannte Objektive Wetterlagenklassifikation des DWD, welche aber leider erst seit 1980 vollständig vorliegt; Näheres zu dieser Methode hier. Als generell windschwach erweisen sich alle Lagen mit unbestimmter Anströmrichtung (Kürzel XX); egal, ob sie völlig, teilweise oder gar nicht antizyklonal sind. Für die Frage, ob sich Hochdruckwetterlagen häufen, sind alle AA, AZ- und ZA-Lagen zu betrachten. Allerdings können auch andere Wetterlagen, in diesem März besonders die mit nordöstlicher und südöstlicher Anströmrichtung, sehr windschwach sein.

Abbildung 10: Leichte, aber nicht signifikante Häufung aller Lagen mit unbestimmter Anströmrichtung (XX, grau) und aller völlig (AA), oder in der unteren oder der mittleren Troposphäre antizyklonalen Wetterlagen (AZ, ZA) im März.

Die Ursachen dieser leichten Häufung, welche, besonders bei den XX-Lagen, auch in vielen anderen Monaten zu beobachten ist, können hier nicht näher erläutert werden. Neben der allgemeinen, leichten Erwärmung der letzten Jahrzehnte kommen hierfür auch die seit den 2000er Jahren stark nachlassende Sonnenaktivität und die Übernutzung der Windenergie in Betracht; Letztere entzieht der Atmosphäre kinetische Energie; Näheres dazu hier.

Abbildung 11: Tendenziell abnehmende Windstärke im März seit 3 Jahrzehnten über Norddeutschland (in Ermangelung eines DWD-Flächenmittels wurde ein Mittelwert aus 25 norddeutschen Stationen gebildet; Daten leider nur in Beaufort verfügbar). Seit mindestens 31 Jahren war kein März so windschwach; auch langfristig, wo leider Winddaten meist fehlen, dürfte dieser März zu den windschwächsten zählen. Nach den NOAA-Daten war er nicht ganz so windschwach; aber auch einer der flauesten seit 1948.

Fallende Monatsminima im März – Menetekel der Abkühlung?

In einem längeren, zweiteiligen Beitrag hier und hier hatte sich der Autor näher mit der Problematik der Minima befasst, so dass hier nur die Grafik für den Monat März gezeigt wird. Offenbar scheint die angeblich so besorgniserregende Erwärmung nicht überall stattzufinden.

Abbildung 12: Verlauf der Mittleren März-Minima an 25 seit 1988 ortsfesten oder nur unwesentlich verlagerten Wetterstationen. Auch wenn diese nicht repräsentativ sind, so rüttelt der Negativ-Trend doch gewaltig an der Glaubwürdigkeit der angeblich immer schlimmeren Klimaerwärmung. Und der 2022er Wert bot durchaus eine Überraschung – denn es sind in dem Mittel viele WI-belastete Stationen wie Berlin (2) oder Jena sowie viele Bergstationen enthalten, welche bei den häufigen Inversionslagen eher warm waren. Aber trotzdem fiel der Wert gegenüber dem Mittel von 1988 bis 2021 (-0,12°C) deutlich zu kalt aus.

Folgt dem sonnigen, dürren März ein nasser Sommer?

Alle Zusammenhänge zwischen der Sonnenscheindauer und/oder der Niederschlagsmenge im März zu denen der restlichen Monaten des Jahres liegen unterhalb der Signifikanz-Schwellen; lediglich beim April gibt es eine gewisse Tendenz zu mehr Niederschlägen nach sonnigeren Märzen; auch der November und der Januar des Folge-Jahres fielen in solchen Fällen tendenziell feuchter aus, der Juli eher trockener. Betrachtet man alle herausragend sonnigen Märzen seit 1951 (Abb. 3), so war nach diesen (1953, 72, 76, 2003, 07, 11, 12, 14 und 20) nur der Sommer 2003 herausragend und durchgängig zu warm sowie sehr trocken, der von 1976 im Juni/Juli; der von 2020 zwar im Juni/Aug. sehr warm, aber feucht, alle übrigen sehr durchwachsen und nur mäßig warm. Es sind also keine sicheren Prognosen möglich; allenfalls kann man einen recht feuchten, eher kühlen bis normalen April/Mai und einen wechselhaften, aber nicht unfreundlichen Sommer schemenhaft vermuten.

Abbildung 13: Unfreundliches Blau. Nach den freilich sehr unsicheren NOAA-Prognosen soll der April 2022 zu kalt verlaufen – ob er aber ein ähnlicher Totalversager wird, wie der von 2021, bleibt noch abzuwarten. Bildquelle: NOAA

Im Teil 2 werden die Wärmeinseleffekte (WI), für welche dieser wolkenarme, windschwache März ideale Bedingungen bot, näher untersucht.

Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher

 

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