Ein Plädoyer für die heimische konventionelle Landwirtschaft – angesichts der aktuellen Krisen brauchen wir sie dringend
Stefan Kämpfe
Konventionelle Landwirtschaft – das war in den vergangenen Jahren neben Kohle und Kernenergie eines der Hassobjekte der grünen Ideologie. Landwirte wurden als Giftspritzer und Umweltvergifter diffamiert sowie für das angebliche „Bienen- und Insektensterben“ verantwortlich gemacht. Gegen alles Unheil dieser Welt wurden hingegen der Bio-Landbau, Bio-Energien und die Energiewende allgemein angepriesen. Dabei unterlag die konventionelle Agrarproduktion schon immer strengen Umweltauflagen, und ihre Produkte dürfen nur sehr geringe Pestizid-Rückstände enthalten, welche weit, weit unter den gesundheitsschädlichen Mengen liegen. Doch nun herrscht eine neue Lage: Die Ukraine-Krise konfrontiert uns auch mit einer möglichen Nahrungsknappheit, denn Russland und die Ukraine zählen zu den größten Getreideproduzenten weltweit.
Während in den ersten Tagen des Ukraine-Krieges zunächst über die energetischen Konsequenzen für Deutschland diskutiert wurde, rücken nun Befürchtungen über eine mögliche Nahrungsmittelverknappung ins Blickfeld. Deutschland, welches sich energiepolitisch mit dem Kernkraft- und Kohleausstieg selbst amputiert und von russischem Gas und Öl abhängig machte, ist auch bei der Landwirtschaft auf dem besten Wege, seine zumindest teilweise vorhandene Autarkie bei wesentlichen Grundnahrungsmitteln (Kartoffeln, Getreide) leichtfertig zu verspielen. Schon vor Kriegsbeginn haben sich nahezu alle Grundnahrungsmittel wie Backwaren, Butter, Eier und Fleisch, stark verteuert, was den grünen Besserverdienern egal ist, aber für die einkommensschwachen Bevölkerungsteile eine enorme Belastung bedeutet. Die Gründe sind vielfältig:
Leichtfertiger Umgang mit dem nicht vermehrbaren Produktionsmittel Boden. Trotz all der vollmundigen Phrasen unserer Politiker zur ökologischen Wende und zum Klimaschutz werden in Deutschland jeden Tag noch immer etwa 58 Hektar, das sind stattliche 580.000 Quadratmeter (die Fläche von fast 1.500 Kleingärten) versiegelt; dort kann dann keine Nahrungsmittelproduktion mehr stattfinden.
Der zunehmende Anbau von Rohstoffen für Bio-Energien wie Rapsöl und Mais für Bio-Gas, findet auf Flächen statt, wo vorher Nahrungsmittel erzeugt wurden. Dabei ist die Energieausbeute derartiger „Bio-Kraftstoffe“ äußerst bescheiden – der Energieverbrauch für ihre Produktion liegt meist bei 70 bis 90% des Energieertrages. Damit lässt sich keine Unabhängigkeit von Öl- oder Gasimporten erreichen.
Landwirtschaft ist sehr energieintensiv (Transport, Düngemittel, Weiterverarbeitung…). Die steigenden Energiepreise wirken als Kostentreiber.
Die Energiewende entzieht der Landwirtschaft ebenfalls immer mehr Flächen (Wind- und Solarparks).
Bio-Landbau, der sich in den letzten Jahrzehnten ausdehnte, erwirtschaftet in etwa nur die Hälfte der konventionellen Ernteerträge.
Die im Bereich der Landwirtschaft besonders üppige EU-Bürokratie und immer strengere Umweltauflagen behindern die Arbeit der Landwirte und verteuern die Produktion.
Aber müssen sich konventionelle Nahrungsmittelproduktion mit weiter steigenden Erträgen und Umweltschutz grundsätzlich ausschließen? Gerade die weitere Technisierung und Digitalisierung sowie neue Verfahren der bodenschonenden Bearbeitung bieten die Möglichkeit, Düngemittel oder Pestizide sparsamer und bedarfsgerechter einzusetzen und die ohnehin schon stark gesunkenen Umweltbelastungen weiter zu reduzieren. Doch momentan muss unsere ganze Aufmerksamkeit einer möglichst hohen, preiswerten Nahrungsmittelproduktion im eigenen Land gelten. Deutschland bietet mit teils sehr fruchtbaren Böden (besonders die Lössböden am Nordrand der Gebirge) sowie ausreichenden Niederschlägen günstige landwirtschaftliche Voraussetzungen. Und paradoxerweise hilft dabei auch das als „Klimagas“ verteufelte CO2 – es wirkt als essentieller Grundstoff zur Fotosynthese ertragssteigernd.
Die politisch Verantwortlichen wären also gut beraten, alles für eine leistungsfähige konventionelle Landwirtschaft zu tun. Denn sollten sich Nahrungsmittel weiterhin exorbitant verteuern oder gar verknappen, so könnte das den sozialen Frieden in Deutschland ernsthaft gefährden.
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher