Fehlstart in den Frühling: Kalte, windarme erste Märzwoche 2022 in Deutschland – die Energiekrise spitzt sich weiter zu
Stefan Kämpfe
Wer nach dem sehr milden Winter auf einen zeitigen Lenz hoffte, wurde vorerst enttäuscht. Die tagsüber regional fleißige Märzensonne konnte die Kälte nicht vertreiben; nachts herrschte fast überall leichter, gebietsweise mäßiger Frost. Und wer angesichts der Ukraine-Krise nun populistisch Importstopps für russisches Öl und Gas fordert, sollte sich lieber mal die deutsche Stromerzeugung in der ersten, sehr windschwachen Märzwoche kritisch ansehen.
Als ob Hyper-Inflation, Corona-, Energie- und Ukraine-Krise nicht schon schlimm genug wären, vergällte uns nun auch noch der März den Start in den Frühling. Meteorologisch gesehen ist dieser so genannt „Märzwinter“ nicht ungewöhnlich. Viele werden denken, die Kälte stamme aus dem hohen Norden oder aus dem ferneren Osteuropa. Aber dem ist nicht so – sie entstand quasi vor Ort, als nach dem Zusammenbruch der im Februar dominanten Westlagen ein Hochdruckgebiet über dem nördlichen Mitteleuropa und Südskandinavien entstand – „Winter aus Versehen“, sozusagen. Die in dieser Jahreszeit recht milde subpolare Meeresluft (mP) geriet unter den Einfluss dieses Hochs und alterte vor Ort, was wieder einmal zeigt: Nicht das CO2 bestimmt das Temperaturniveau, sondern die Großwetterlage. Fehlt der kräftige, wärmende Westwind vom Atlantik, so kühlt es selbst im Vorfrühling bei einem Sonnenstand wie um den 10. Oktober noch merklich ab – selbst ganz ohne Schneedecke oder Eis auf der Ostsee.
So ähnlich setzte sich das mit leichten Variationen im gesamten ersten Märzviertel fort, und nach dem milden Winter zeigte sich nun ein ganz anderes Bild der Temperaturabweichungen:
Aber wer etwa glaubt, wegen der „immer schlimmeren Klimaerwärmung“ sei das bloß ein Ausrutscher, der wird bei einem Blick auf den Temperatur-Märztrend der letzten 35 Jahre eines Besseren belehrt.
Ein dringender Appell an den FDP-Generalsekretär: Herr Lindner, bitte schauen Sie sich die Ergebnisse der deutschen Stromerzeugung in der ersten Märzwoche an!
Herr Lindner, der offenbar dem unguten Beispiel von Frau Merkel folgen und die Grünen links überholen will, machte anlässlich der Sondersitzung des Bundestags zum Krieg in der Ukraine am 28.02.2022 folgende Aussage: „Erneuerbare Energien leisten nämlich nicht nur einen Beitrag zur Energiesicherheit und -versorgung. Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien.“ Näheres dazu hier. Nun, da hatte er offenbar entweder keine guten Berater, oder aber bewusst gelogen. Denn gerade die „Erneuerbaren“, besonders Wind- und Sonnenenergie, liefern derart wenig und derart unzuverlässig, dass sie uns erst in die Abhängigkeit vom russischen Gas getrieben haben. Und selbst der forcierte Ausbau von Wind- und Solarenergie, wie er im Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 angekündigt wurde, löst das Problem der Volatilität der Erneuerbaren Energieerzeugung nicht. Im Jahr 2021 trug Erdgas 26,7 % zum deutschen Primärenergiebedarf bei, davon bezog Deutschland 55 % aus Russland. Die Windenergie mit ihren über 30.000 Windrädern trug lächerliche 3,5 % zum Primärenergiebedarf bei – und das mit hoher Fluktuation. Das heißt konkret: Selbst eine Verzehnfachung (!) der Anzahl der Windräder, bei der dann auf nahezu jedem Quadratkilometer Deutschlands ein Windrad stehen müsste, würde nicht einmal annähernd unseren Energiebedarf decken können. Es kommt aber noch schlimmer: Zunehmend häufen sich Wetterlagen, bei denen wenig oder gar kein Wind weht; die Windräder selbst geraten immer mehr in Verdacht, diese Flauten zu erzeugen; Näheres dazu hier und hier. Der letzte, wirklich ergiebige Windtag in Deutschland war der 25. Februar, seitdem wehte der Wind nur in homöopathischen Dosen. Ein Blick auf die Stromerzeugung in der ersten Märzwoche zeigt das eindrucksvoll:
Doch wer nun meint, das Heil liege im weiteren, massiven Ausbau der Solarenergie, dem sei folgende alte Bauernregel mit auf den Weg gegeben: „Märzensonne, nur kurze Wonne, Märzenschein lässt nicht viel gedeih’n“. Zumal alle „Erneuerbaren“ nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand gespeichert werden können – da bietet auch die von Lindners scheingrüner FDP propagierte Wasserstofftechnologie keine Lösung, weil sie Energieverluste von 70 bis 85% erzeugt. Und die Sonne schien im Dezember 2021 sowie im Januar 2022 fast überhaupt nicht.
Weitere Aussichten: Eher windschwach, aber wärmer und zeitweise sonnig?
Zuerst die schlechte Nachricht: Richtig viel Wind scheint es auch in den kommenden Wochen nicht zu geben. Aber dafür zaghaft steigende Tagestemperaturen bei relativ viel Sonnenschein; leider oft noch kalte Nächte. Diesmal könnten wir also noch mal von Blackouts oder Heizungsausfällen verschont bleiben, aber bis zum nächsten Winter müssen energiepolitische Nägel mit Köpfen gemacht werden. Dazu gehören möglicherweise auch eine Laufzeitverlängerung der letzten Kernkraftwerke sowie eine Sicherung der heimischen Braunkohle weit über das Jahr 2030 hinaus. Und zähneknirschend wird man wohl auch russisches Erdgas als Energieträger akzeptieren müssen.
Stefan Kämpfe, unabhängiger Natur- und Klimaforscher