Die Falsch-Interpretation des wissenschaftlichen Konsens‘ bzgl. Klimawandel
Iain Aitken
Der IPCC, die „international anerkannte wissenschaftliche Autorität auf dem Gebiet des Klimawandels“, hat in seinem Fünften Sachstandsbericht seine Meinung dazu geäußert, inwieweit die jüngste globale Erwärmung durch menschliche Aktivitäten verursacht wurde: „Es ist sehr wahrscheinlich [mit 95-100%iger Sicherheit], dass mehr als die Hälfte des beobachteten Anstiegs der globalen mittleren Oberflächentemperatur von 1951 bis 2010 durch den anthropogenen [d.h. vom Menschen verursachten] Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen und andere anthropogene Einflüsse zusammen verursacht wurde“. In Anlehnung an diese Meinung stellt Wikipedia fest, dass der „wissenschaftliche Konsens zum Klimawandel“ darin besteht, dass „die Erde sich erwärmt und … diese Erwärmung hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten verursacht wird“. Es wird behauptet, dass 97 bis 100 % der aktiv publizierenden Klimawissenschaftler dieser Meinung zustimmen. In ähnlicher Weise behauptet die NASA: „Es besteht ein Konsens über den Klimawandel und seine menschliche Ursache… menschliche Aktivitäten sind die Hauptursache für den beobachteten Trend der Klimaerwärmung im letzten Jahrhundert“. Und in einem Interview in der CBS-Sendung 60 Minutes vom Oktober 2020 sagte der Klimatologe Dr. Michael Mann: „Über den vom Menschen verursachten Klimawandel gibt es ungefähr so viel wissenschaftlichen Konsens wie über die Schwerkraft“. Stimmt es also, dass 97 bis 100 % der Klimawissenschaftler diese Kernaussage des IPCC ausdrücklich oder stillschweigend unterstützen?
Obwohl die Wissenschaft nicht im Entferntesten demokratisch ist (es braucht nur einen Wissenschaftler, um zu beweisen, dass die „Konsensmeinung“ falsch ist, und sie ist falsch), bleibt die Tatsache bestehen, dass, wenn diese 97-100%ige Konsensbehauptung wahr ist, sie tatsächlich sehr mächtig ist. Wenn die „international anerkannte wissenschaftliche Autorität für den Klimawandel“ sagt, dass etwas mit ziemlicher Sicherheit wahr ist, und fast alle Klimawissenschaftler der Welt zustimmen, dann muss es mit ziemlicher Sicherheit wahr sein – nicht wahr? Auch wenn es zweifellos einen fast vollständigen wissenschaftlichen Konsens unter den wissenschaftlichen Behörden gibt (buchstäblich Dutzende von wissenschaftlichen Akademien aus der ganzen Welt unterstützen explizit oder implizit die Meinungen des IPCC), spiegelt dies nicht unbedingt die übereinstimmende Meinung der Klimawissenschaftler selbst wider. Worüber genau sind sich die Klimawissenschaftler also einig?
Das Konsensargument wird durch Barack Obamas Tweet aus dem Jahr 2013 verkörpert: „Siebenundneunzig Prozent der Wissenschaftler sind sich einig: Der Klimawandel ist real, menschengemacht und gefährlich“. Er twitterte dies unmittelbar nach der Veröffentlichung der berühmtesten Konsensstudie zum Klimawandel, Quantifying the consensus on man-made global warming in the scientific literature (John Cook et al, 2013), die von Skeptical Science durchgeführt wurde, einer kleinen Gruppe von Klimawandel-Aktivisten, die trotz ihres Namens genau das Gegenteil von Klimawandel-Skeptikern sind (ihr Slogan lautet „Getting skeptical about global warming skepticism“). Die Studie untersuchte die Abstracts von 11.944 klimawissenschaftlichen Artikeln, die in den zwanzig Jahren von 1991 bis 2011 veröffentlicht wurden. Sie kam zu dem Schluss, dass 97,1 % der Abstracts (die sich tatsächlich zu den Ursachen der globalen Erwärmung geäußert haben) die Ansicht unterstützen, dass vom Menschen verursachte Treibhausgasemissionen (oder zumindest Treibhausgase) die globale Erwärmung verursachen. Obwohl es sich um 97 % der Abstracts und nicht um 97 % der Klimawissenschaftler handelte, ist es nicht unvernünftig anzunehmen, dass auf der Grundlage dieser Umfrage etwa 97 % der Klimawissenschaftler die Ansicht vertreten, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen (oder zumindest die Treibhausgase) die globale Erwärmung verursachen. Die Umfrage sagt nichts darüber aus, wie viel Erwärmung diese Emissionen verursachen und ob diese Erwärmung „gefährlich“ ist oder nicht. Es ist wahrscheinlich, dass mindestens 99,9 % der Menschen, die sich als Klimawissenschaftler bezeichnen könnten (einschließlich derjenigen, die der Idee der Klimakrise am skeptischsten gegenüberstehen), die Ansicht vertreten, dass die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen (oder zumindest Treibhausgase) eine globale Erwärmung, d. h. eine gewisse globale Erwärmung, verursachen. Das ist nicht ernsthaft umstritten. Der Streit dreht sich darum, wie viel globale Erwärmung der Mensch verursacht und ob diese „gefährlich“ ist oder nicht. Die Studie hat also nichts ergeben, was nicht bereits bekannt und unumstritten war.
Skeptical Science fasste ihre Ergebnisse mit der Aussage zusammen: „97 % der Klima-Studien, die sich zur vom Menschen verursachten globalen Erwärmung äußern, sind sich einig: Die globale Erwärmung findet statt, und wir sind die Ursache“ – wobei „wir sind die Ursache“ eindeutig impliziert, dass wir die einzige Ursache sind, und nicht, was tatsächlich festgestellt wurde, nämlich dass wir die Ursache für einen Teil der globalen Erwärmung sind. Wäre die Studie in der Lage gewesen, überzeugend zu zeigen, dass 97 % der Klimawissenschaftler die Meinung des IPCC unterstützen, dass menschliche Aktivitäten die Hauptursache für die globale Erwärmung zwischen 1951 und 2010 sind, dann hätte dies sicherlich die Ansicht gestützt, dass es einen fast vollständigen wissenschaftlichen Konsens darüber gibt, dass der IPCC Recht hat. Aber von allen in dieser Studie untersuchten Abstracts haben nur 0,3 % diese zentrale IPCC-Meinung ausdrücklich unterstützt [1]. Sogar Mike Hulme (ehemaliger IPCC) hat festgestellt, dass die Studie von Cook et al. hoffnungslos verworren ist… an einer Stelle wird behauptet, dass die Studie „den Grad des wissenschaftlichen Konsenses darüber untersucht, dass menschliche Aktivitäten sehr wahrscheinlich den größten Teil der gegenwärtigen GW [Globalen Erwärmung] verursachen“, und doch basiert die Hauptschlussfolgerung auf der Bewertung von Abstracts danach, ob „Menschen die globale Erwärmung verursachen“. Dies sind zwei völlig unterschiedliche Urteile. In der kürzlich veröffentlichten Studie Greater than 99% consensus on human caused climate change in the peer-reviewed scientific literature (Lynas et al., 2021) wird behauptet, dass der Konsens um 2 % höher liegt – aber auch hier wird nur ein 99 %iger Konsens darüber festgestellt, dass der Mensch in gewissem Maße zum Klimawandel beiträgt [2]; tatsächlich haben etwa 99 % der in dieser Studie untersuchten Arbeiten das Ausmaß nicht ausdrücklich quantifiziert. Eine 2015 durchgeführte Umfrage [3] unter mehr als 1.800 Klimawissenschaftlern kam zu dem Ergebnis, dass nur 43 % von ihnen die IPCC-Meinung über unsere derzeitige vorherrschende Rolle bei der globalen Erwärmung unterstützen würden (und wie viele von ihnen stimmten in erster Linie aufgrund ihres Glaubens an den IPCC und/oder ihres Eigeninteresses daran zu, bei der Darstellung der Klimawandelkrise „auf dem Teppich zu bleiben“)?
Mike Hulme hat erklärt, dass „Behauptungen wie 2.500 der weltweit führenden Wissenschaftler sind sich einig, dass menschliche Aktivitäten einen signifikanten Einfluss auf das Klima haben“ unaufrichtig sind. Dieses spezielle Konsensurteil wird, wie viele andere in den IPCC-Berichten, von nur ein paar Dutzend Experten getroffen. Zur Untermauerung dieser Ansicht wurde in einer unabhängigen Studie [4] festgestellt, dass die vom IPCC geäußerten Ansichten der Konsens einer Führungsriege von nur 53 (etwa 2 %) von ihnen waren, von denen 44 beruflich sehr eng miteinander verbunden waren, da sie gemeinsam Studien verfasst hatten und daher sehr wahrscheinlich dieselben Ansichten teilten. Der Autor der Studie, John McLean (Analyst für Klimadaten bei der Australian Climate Science Coalition und Gutachter für den Fünften Sachstandsbericht des IPCC), kam zu dem Schluss, dass „die Regierungen naiv und unklugerweise die Behauptungen eines menschlichen Einflusses auf die globalen Temperaturen akzeptiert haben, die von einer engen Clique von ein paar Dutzend Wissenschaftlern aufgestellt wurden, von denen viele Klimamodellierer sind, als ob sie die Meinung der breiteren wissenschaftlichen Gemeinschaft repräsentieren würden“.
Eine der umfassendsten Übersichten [5], die jemals über den wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel erstellt wurde, kam zu dem Schluss:
● Die Artikel und Umfragen, die am häufigsten zitiert werden, um einen „wissenschaftlichen Konsens“ zugunsten der Hypothese einer katastrophalen, vom Menschen verursachten globalen Erwärmung zu belegen, sind ausnahmslos methodisch mangelhaft und oft absichtlich irreführend.
Es gibt keine Umfrage oder Studie, die einen „Konsens“ in den wichtigsten wissenschaftlichen Fragen der Klimawandel-Debatte belegt.
● Umfassende Umfragedaten zeigen, dass unter den Wissenschaftlern tiefe Meinungsverschiedenheiten über wissenschaftliche Fragen bestehen, die geklärt werden müssen, bevor die Hypothese der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung bestätigt werden kann.
● Viele prominente Experten und wahrscheinlich die meisten arbeitenden Wissenschaftler sind mit den Behauptungen des IPCC nicht einverstanden.
Wie lautet also der tatsächliche wissenschaftliche Konsens zum Klimawandel? Es besteht ein nahezu vollständiger wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre ansteigt, dass dieser Anstieg überwiegend auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen ist, dass sich das Klimasystem erwärmt, dass ein Klimawandel stattfindet und dass menschliche Aktivitäten in gewissem Umfang zur Erwärmung und zum Klimawandel beigetragen haben. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass skeptische Wissenschaftler wie Dr. Roy Spencer, Dr. Judith Curry und Dr. Richard Lindzen zu diesem „wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel“ gehören; die Vorstellung, dass sie die 3 % der Wissenschaftler darstellen, die den wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel nicht unterstützen, ist eine falsche Vorstellung, die den „wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel“ in Wirklichkeit falsch darstellt [6]. Diese Fehldarstellung soll das Narrativ der „Klimakrise“ untermauern und die skeptischen Wissenschaftler an den Rand drängen und neutralisieren, indem ihre Ansichten als weit außerhalb des überwältigenden Konsens stehend dargestellt werden, obwohl sie diesen Konsens eigentlich teilen. Im Grunde bricht der „Konsens“ an der Frage zusammen, ob der Mensch für die jüngste Erwärmung überwiegend verantwortlich ist oder nicht – und ob diese Erwärmung „gefährlich“ ist oder nicht. Die Macht der falschen „97%igen wissenschaftlichen Konsens‘, wonach menschliche Aktivitäten hauptsächlich für den Klimawandel verantwortlich sind“-Behauptung, das von Wikipedia, der NASA, Facebook (und vielen anderen) aufrechterhalten wird, besteht darin, dass es sehr effektiv eingesetzt werden kann, um jede Debatte über die Wissenschaft im Keim zu ersticken. Dr. Richard Lindzen hat es so ausgedrückt: „Die Behauptung soll den Nicht-Experten davon überzeugen, dass er oder sie die Wissenschaft nicht verstehen muss. Die bloße Zustimmung zu den 97 Prozent zeigt, dass man ein Befürworter der Wissenschaft ist und denjenigen überlegen ist, die die Katastrophe leugnen. Dies befriedigt tatsächlich ein psychologisches Bedürfnis vieler Menschen“.
Um noch einmal auf die Aussage von Dr. Michael Mann zurückzukommen: „Über den vom Menschen verursachten Klimawandel besteht ungefähr so viel wissenschaftlicher Konsens wie über die Schwerkraft“, so ist dies sehr unaufrichtig. Während es einen fast vollständigen wissenschaftlichen Konsens darüber gibt, dass der Klimawandel „real“ ist und stattfindet und dass es einen gewissen vom Menschen verursachten Einfluss gibt, gibt es keinen solchen wissenschaftlichen Konsens über das Ausmaß des vom Menschen verursachten Einflusses und darüber, ob er vernünftigerweise als „gefährlich“, geschweige denn als „Krise“, bezeichnet werden kann oder nicht.
References
[1] Legates et al. (2015), Science & Education and ‘Consensus? What Consensus?’, GWPF Note 5, thegwpf.org, September 2013 and ‘Richard Tol’s Excellent Summary of the Flaws in Cook et al. (2013) and ‘The Infamous 97% Consensus Paper’, wattsupwiththat.com, 26 March 2015 and ‘The Cook ‘97% consensus’ paper, exposed by new book for the fraud that it really is’, wattsupwiththat.com, 12 March 2016
[2] ‘Cooked Up Consensus: Lynas et al “Should Rather Be Classified As Propaganda, Bad Science”’, wattsupwiththat.com, 26 October 2021
[3] Bart Strengers, Bart Verheggen and Kees Vringer (2015), Climate Science Survey, Questions and Responses, PBL Netherlands Environmental Assessment Agency, pp 1 – 39
[4] ‘Prejudiced authors, prejudiced findings’, John McLean, (Science and Public Policy Institute), July 2008
[5] Why Scientists Disagree About Global Warming (2015) – Craig D. Idso, Robert M. Carter, S. Fred Singer
[6] ‘Study: 3% Contrarians Derailing the 97% Climate Consensus’, wattsupwiththat.com, 18 December 2021
[Note: This essay is abstracted from my eBook Myths: Widely Held But False Beliefs In The Climate Change Crisis, available on Amazon]
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE