Klimawandel: vom Weltall aus betrachtet
von Hans Hofmann-Reinecke
Eine außerirdische Zivilisation ist bei der Suche nach intelligentem Leben im Universum auf einen Planeten gestoßen, der ihre Aufmerksamkeit weckt. Man kann die digitale Kommunikation der dortigen Lebewesen mit Hilfe hochentwickelter Antennen und Elektronik problemlos nachverfolgen. Dabei wird offensichtlich, dass dort viel über eine mögliche Erwärmung, über eine „Klimaveränderung“ kommuniziert wird, und daß in dem Zusammenhang häufig der Begriff „Greta“ fällt. Daher gibt man diesem galaktischen Objekt den Namen „Planet G“.
Knapp daneben
Die außerirdischen (extraterrestrischen, ET-) Wissenschaftler untersuchen nun, wie die Temperatur dort überhaupt zustande kommt. Sie berechnen die Strahlung, die Planet G von der Sonne empfängt, und wieviel der Planet seinerseits, dank der eigenen Temperatur, wieder abstrahlt.
Die Sonne liefert dem Planeten G aus 150 Millionen Kilometern Entfernung die Leistung von 1,4 Kilowatt pro Quadratmeter. Das sind 180 x 10^15 Watt für den ganzen Planeten. Im Laufe der Jahrtausende hat der Planet nun diejenige Temperatur T angenommen, bei der er seinerseits genau die besagte Leistung von 180 x 10^15 Watt in Form von infraroter Wärmestrahlung wieder in das Weltall abgibt.
Nun suchen die ETs mit Hilfe der berühmten „Stefan-Boltzmann Gleichung“ nach der Temperatur von Planet G:
180 x 10^15 Watt = 5,67 x 10^-8 ×T^4 × 4 × R^2 × 3,14 Watt
(R ist der Erdradius und 4 × R^2 × 3,14 ist die Erdoberfläche). Wenn man jetzt für T = 280 einsetzt, dann stimmt die Gleichung, dann ist die vom Planeten abgestrahlte Leistung gleich der von der Sonne empfangenen. Die Gleichgewichtstemperatur ist also 280 Kelvin, das ist dasselbe wie 7 °Celsius.
Durch Abhören der Wetterberichte haben die ET-Experten jedoch erfahren, dass die Temperatur tatsächlich 15°Celsius beträgt. „Was haben wir bei unserer Rechnung nur falsch gemacht?“ fragt der ET-Forschungsleiter in die Runde seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter, warum liegen wir um 8 Grad daneben?
Hitzige Diskussion der ET-Forscher
Es gibt eine Krisensitzung der Forscher und ein junger, vorwitziger ET stößt dazu.
Er fragt „woher wisst ihr überhaupt, dass Planet G existiert?“, „Man kann ihn ganz deutlich im Teleskop sehen!“ ist die Antwort. „Dann haben wir den ersten Fehler schon gefunden“, sagt der Grünschnabel. Seine Erklärung geht dann folgendermaßen:
Wenn man etwas sehen kann, dann sendet das Licht aus. Woher soll das Licht von Planet G kommen? Es ist Reflexion des Sonnenlichts. Würde er nichts reflektieren, dann wäre er total schwarz und man könnte ihn vom dunklen Hintergrund des Weltalls nicht unterscheiden. Planet G absorbiert also nicht 100% der Sonnenstrahlen, sondern reflektiert einen Teil, und davon fällt ein winziger Bruchteil dann in unsere Teleskope und wir sehen ihn. Tatsächlich wirft der Planet insgesamt 30% der einfallenden Strahlung zurück ins Weltall. Die ET Forscher nannten diesen Faktor A = „Albedo“. A = 1 wäre ein perfekt weißes Objekt. Für Planet G ist A = 0,3. Also absorbiert der Planet keine 1,4 kW pro Quadratmeter wire angenommen, sondern nur 70% davon, also ≈ 1 kW/m^2.
„Wenn wir jetzt diese 1,0 kW in die Gleichung einsetzen, dann wird die Temperatur von Planet G aber noch niedriger, und nicht etwa höher. Unser Ergebnis ist ja schon um 8 Grad zu niedrig“ entgegnet einer der Forscher.
Und wieder hat der kleine ET-Einstein Rat: „Ihr habt noch einen zweiten Fehler gemacht, und zwar bei der Berechnung der abgestrahlten Leistung.“
„Willst du etwa sagen, die berühmte Stefan-Boltzmann Gleichung sei falsch? Die abgestrahlte Leistung ist doch proportional zu T hoch 4!“
Die Zahnlücken im Spektrum
Die weitere Diskussion zwischen den ET Experten gebe ich nun, etwas verkürzt, in eigenen Worten wieder.
Die Gleichung von Stefan-Boltzmann gilt tatsächlich nur für Körper, deren Oberfläche eine besondere Beschaffenheit hat. Und das müssen wir uns genauer anschauen.
Ein warmer Körper sendet infrarote Strahlung aus, wobei die Wellenlänge λ = 2.900 μm / T am stärksten vertreten ist. Angesichts der Temperatur von rund T = 15°C = 288 K auf Planet G liegt dieses λ bei 2.900/288 µm ≈ 10 µm, das ist auch ein Hundertstel Millimeter. Das ist aber nicht die einzige Wellenlänge mit der dieser Körper strahlt. Es gibt da noch ein ganzes Spektrum kürzerer und längerer Wellen, die sich in sanfter Hügelgestalt um besagte 10 µm verteilen. Der berühmte Physiker Max Planck von Planet G hat sich die Mühe gemacht, auszurechnen, wie diese Verteilung aussieht und hat das sogar aufgemalt (Siehe Graphik, gestrichelte Kurve).
Jetzt mussten die ET-Forscher das Spektrum der Wärmestrahlung untersuchen, die vom Planeten kommt, und mit besagter gestrichelter Kurve vergleichen.
Die dunkle Seite von Planet G
Sie schickten eines ihrer Infrarot- Weltraumteleskope in die Nähe von G, stationierten es auf der sonnenabgewandten Seite des Planeten und analysierten das infrarote Spektrum. Und siehe da: Planet G war alles andere als ein idealer Strahler! (Siehe die zittrige Kurve in der Graphik). In der Kurve klaffen dramatische Zahnlücken.
Die Flächen unter den beiden Kurven geben die tatsächlich insgesamt abgestrahlte Leistung an. Dividiert man die Fläche unter der zitterigen Kurve nun durch die Fläche unter der idealen Planck-Kurve, dann bekommt man S = 0,63 = 63%. Planet G strahlt also nur 63% dessen, was ein idealer, schwarzer Strahler bei der gleichen Temperatur abgeben würde. Korrigieren wir also unsere Stefan-Boltzmann-Gleichung durch diesen S-Faktor auf der rechten Seite, und ergänzen die linke Seite durch die Albedo Korrektur (1-A) = 0,7, dann bekommen wir
180 x 10^15 Watt = 5,67 x 10^-8 ×T^4 × 4 × R^2 × 3,14 Watt × 0,63
Und damit ergibt sich dann auch die tatsächliche Temperatur von Planet G, nämlich 15°C = 288 K.
Dem ET-Forscher, der diese Erkenntnisse vortrug war nicht verborgen geblieben, dass sein Chef angesichts der großen und kleinen Zahlen hin und wieder überfordert war. Und so fasste er, für jeden verständlich. Alles noch einmal zusammen.
Es sind zwei Schrauben, an denen man drehen kann, um die Temperatur des Planeten einzustellen: Schraube A = Albedo und Schraube S = Schwarzheit. Beide können Werte zwischen 0 und 1 haben. Dreht man A hoch wird es kühler, weil mehr einfallendes Sonnenlicht reflektiert wird. Dreht man S hoch, so wird es auch kühler, weil mehr Infrarot abgestrahlt wird. Das ist alles, wovon die Temperatur abhängt, vorausgesetzt die liebe Sonne macht keime Zicken. Aktuell ist A = 30% und S = 63%.
Planet G hat eine Atmosphäre!
Mit dieser Erkenntnis aber wollten man sich nicht zufrieden geben. Man fragte: Warum waren da diese Lücken im Infrarot-Spektrum, das Planet G abstrahlt?
Der ET-Atomphysiker hatte die Antwort: Planet G hat eine Atmosphäre, in der es Moleküle gibt, welche die Strahlung bestimmter Wellenlängen daran hindern, ins Weltall zu entweichen. Und mit Kennerblick auf die Graphik identifizierte er rasch die üblichen Verdächtigen: Es waren die Moleküle von Methan, Wasser, Ozon und CO2. Die filtern gewisse infrarote Wellenlängen aus, so wie eine Sonnenbrille das mit sichtbaren Licht macht.
Und da erinnerten sich die Forscher wieder an Gespräche, die man auf Planet G abgehört hatte. Da war immer wieder von CO2 und dessen Anstieg und vom Ende der Welt die Rede. Und die Forscher erkannten in der Kurve des infraroten Spektrums ein Tal, das nach Ansicht des Atomphysikers von „CO2“ verursacht war.
„Das also macht den Bewohnern von Planet G so viel Kopfzerbrechen? Auch wenn dieses Tal noch tiefer würde, wäre das nicht das Ende der Welt! Sie schüttelten ungläubig den Kopf.“
„Auch wenn das CO2 weiter zunähme könnten nicht mehr als 100% der Strahlung in diesem schmalen infraroten Band absorbiert werden. Die gesamte Abstrahlung würde sich nur um diese winzige Fläche mit dem Label „Maximum possible damage“ verringern. Da würde es kaum ein Grad wärmer.“
Schließlich berichteten sie dem sehr anspruchsvollen und etwas ungeduldigen ET-Forschungsleiter von ihrer Arbeit.
Der fragte etwas verärgert:
„Kommen wir also zu Planet G. Konnten Sie denn dort diesen angeblichen Klimawandel bestätigen?“
„„„Das können wir ausschließen“.
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