von Rüdiger Stobbe 

Die dritte Woche (Abbildung) beginnt mit starker regenerativer Erzeugung mit der Folge, dass der Strompreis auf 10,09€/MWh (Abbildung 1), die die deutschen Stromerzeuger für ihren Exportstrom erzielen, fällt. Dann fällt die Windstromerzeugung abrupt, von 48 auf 11 GW innerhalb weniger Stunden, in sich zusammen. Eine hochpreisig zu schließende Strom-Versorgungslücke entsteht. So kommt es, dass, um 8:00 Uhr am 18.1.2022 für den zu importierenden Strom aus dem benachbarten Ausland 294€/MWh bezahlt werden müssen. Länder (Abbildung 2), die wenige Stunden zuvor den Strom billig eingekauft haben, erzielen jetzt annähernd 300€/MWh für insgesamt 2,644 GW. Es fallen dafür gut 777.000 € an, die Deutschland bezahlen muss. Etwas früher, am 17.1.2022 um 3:00 Uhr wurden für 8 GW knapp 81.000 € von Deutschland erzielt. Kein gutes Geschäft. Jedenfalls nicht für die deutschen Stromkunden, die am Ende des Tages immer bezahlen.

Insgesamt verkaufte Deutschland allerdings viel mehr überschüssigen Strom als das Land importieren musste. 1,531 TWh Exportstrom stehen in der dritten Woche insgesamt nur 600 GWh Importstrom gegenüber. Unter dem Strich bringen die 930,7 GWh Exportstrom 133,28 Mio. €.  Das sind 160€/MWh. Die Länder, die Strom nach Deutschland exportieren, erhalten im Schnitt knapp 187€/MWh. Etwa 17% mehr, als Deutschland erzielt. Alle Belege für die erwähnten Zahlen und Werte mit zahlreichen weiteren Auswertungsmöglichkeiten.

Ab Dienstagmittag baut sich stark regenerative Stromerzeugung auf. Erst Freitagmittag lässt sie wieder nach. Dass es innerhalb des regenerativ starken Zeitraums leichte Erzeugungswellen gibt, ist selbstverständlich. Das macht die Nachführung der regenerativen Stromerzeugung (Ergänzen der regenerativen Erzeugung zwecks Deckung des Strom-Bedarfs) durch die Konventionellen (Abbildung 3) nicht einfacher. Das Preisniveau jedenfalls sinkt bis zum Beginn des Wochenendes. Ab Samstag ist nicht mehr so viel Strom im Markt wie zuvor. Sogar eine Minilücke muss am Sonntag geschlossen werden, so dass noch mal ein Preishoch gegenüber den drei Tagen zuvor erreicht wird.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart liegen unter Abbildung 4. Es handelt sich um Werte der Nettostromerzeugung, den „Strom, der aus der Steckdose kommt“, wie auf der Website der Energy-Charts ganz unten ausführlich erläutert wird. Der höchst empfehlenswerte virtuelle Energiewende-Rechner (Wie viele Windkraft- und PV-Anlagen braucht es, um Kohle- und/oder Kernkraftstrom zu ersetzen? Zumindest im Jahresdurchschnitt.) ist unter Abbildung 5 zu finden. Ebenso wie der bewährte Energierechner.

Die Charts mit den Jahres- und Wochenexportzahlen liegen unter Abbildung 6Abbildung 7 beinhaltet die Charts, welche eine angenommene Verdopplung und Verdreifachung der Wind- und Solarstromversorgung visualisieren. Bitte unbedingt anschauen. Vor allem die Verdopplung.

Abbildung 8 zeigt einen Vortrag von Professor Brasseur von der TU Graz. Der Mann folgt nicht der Wissenschaft. Er betreibt Wissenschaft.

Unter Abbildung 9 ist ein Vorgang dokumentiert, der Unverfrorenheit und Leichtfertigkeit eines Weltkonzerns – hier Volkswagen (VW) – in Sachen Greenwashing aufzeigt. Es werden in einer Pressemitteilung Absichten in Sachen Stromerzeugung mit Angaben unterfüttert, die sachlich unkorrekt, weil maßlos über- (Strommenge) und untertrieben (Kosten) sind. Ich habe mit einem Anruf und einer E-Mail an den zuständigen Mitarbeiter freundlich auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht. Die E-Mail und die Antwort einer Mitarbeiterin finden Sie unter Abbildung 9. Die Antwort ist ein Dokument jeglicher Ahnungslosigkeit und/oder Verdummungstaktik. Auf meine Bitte, den Sachverhalt erneut zu recherchieren und zu korrigieren – ebenfalls unter Abbildung 9 abgelegt –, erhielt ich keine Antwort. Deshalb hier und heute die Veröffentlichung des Vorgangs.

Beachten Sie bitte unbedingt die Stromdateninfo-Tagesvergleiche ab 2016 in den Tagesanalysen. Dort finden Sie die Belege für die im Analyse-Text angegebenen Durchschnittswerte und vieles mehr. Der Vergleich beinhaltet einen Schatz an Erkenntnismöglichkeiten. Überhaupt ist das Analysetool stromdaten.info ein sehr mächtiges Instrument, welches nochmals erweitert wurde:

  • Strom-Import/Export: Die Charts
  • Produktion als Anteil der installierten Leistung
  • Anteil der erneuerbaren und konventionellen Erzeugung am Bedarf
  • Niedrigster, höchster und mittlerer Strompreis im ausgewählten Zeitraum

sind Bestandteil der Tools „Stromerzeugung und Bedarf„, „Zeitraumanalyse“ sowie der Im- und ExportanalyseCharts & Tabellen. Schauen Sie mal rein und analysieren Sie mit wenigen Klicks. Die Ergebnisse sind sehr erhellend.

Ein sehr erhellender Artikel zur Konsequenz der Abschaltungen der drei Kernkraft- und vier Braunkohleblöcke zum Beginn des Jahres 2022.

Tagesanalysen

Montag, 17.1.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 56,44 Prozent, davon Windstrom 45,99 Prozent, PV-Strom 1,34 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,11 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Am Montag in der Früh ist bezogen auf den Bedarf viel zu viel Strom im Markt. Um 3:00 Uhr fällt der Preis auf gut 10€/MWh. Aus Gründen der Netzstabilität fahren die Konventionellen ihre Erzeugung nicht weiter herunter. Ab Mittag fällt die regenerative Stromerzeugung rapide ab.  Der Handelstag. 

Dienstag, 18.1.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 28,87 Prozentdavon Windstrom 15,89 Prozent, PV-Strom 2,23 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,75 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute ist der Flautentag der Woche. Obwohl die Konventionellen kräftig bullern, kommt es zur bereit oben erwähnten Strom-Versorgungslücke. Der Preis schnellt in die Höhe. Der Handelstag. Schauen Sie sich hier an, welche Länder gestern günstig Strom eingekauft haben, welche heute teuer verkaufen.

Mittwoch, 19.1.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,22 Prozent, davon Windstrom 37,96 Prozent, PV-Strom 3,08 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,19 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die regenerative Stromerzeugung mittels Windkraft zieht heute wieder an. Die Konventionellen führen gut nach, so dass der Strompreis mit durchschnittlich  172€/MWh insgesamt auf mittlerem Niveau liegt. Der Handelstag.

Donnerstag, 20.1.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 59,74 Prozent, davon Windstrom 48,78 Prozent, PV-Strom 2,34 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 8,61 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Eine annähernd gleichbleibende regenerative Stromerzeugung kennzeichnet den heutigen Tag. Die Konventionellen führen gut nach. Der Preis fällt im Durchschnitt auf 117€/MWh. Der Handelstag.

Freitag, 21.1.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 50,40 Prozent, davon Windstrom 38,66 Prozent, PV-Strom 2,74 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,00 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der letzte einigermaßen zufriedenstellende Tag für unsere Windmüller, bevor die Stromerzeugung per Windkraft zum Wochenende in die Knie geht. Die konventionelle Stromerzeugung führt wieder gut nach. Der Preis bleibt unter dem Strich moderat. Natürlich nur im Verhältnis aktuell. Im Vergleich zu den Vorjahren ist er massiv gestiegen. Der Handelstag.

Samstag, 22.1.2022: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 39,30 Prozent, davon Windstrom 27,05 Prozent, PV-Strom 1,55 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 10,7 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung geht in den Keller. Wegen des Wochenendes ist der Bedarf ebenfalls gering. So müssen die Konventionellen nicht zu viel hinzu erzeugen. Die Preise steigen leicht. Der mittlere liegt bei 175€/MWh.  Der Handelstag.

Sonntag, 23.1.2022: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 26,5 Prozent, davon Windstrom 12,55 Prozent, PV-Strom 2,08 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,87 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der zweite Flautentag der vierten Analysewoche. Eine Mini-Stromversorgungslücke entsteht wegen des etwas steigenden Bedarfs am Vorabend, auf den die Konventionellen nicht reagieren wollen oder können. Der Preis zieht insgesamt noch mal auf knapp 200€/MWh im Mittel an. Der Handelstag.

*Alle Werte ohne Nachkommastellen gerundet

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe und Peter Hager nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

Rüdiger Stobbe betreibt seit über fünf Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.

 

 

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