Woher kommt der Strom? Fast wieder ein Preisrekord
von Rüdiger Stobbe
Abbildung) kassierte Deutschland die 421,87 € für 438 MWh und erzielte knapp 185.000 € für den Strom, den es am 29.11.2021 um 17:00 Uhr exportierte. Das ist zwar nicht annähernd so viel, wie der deutsche Stromkunde am 7.10.2021 um 19:00 Uhr für 8.269 MWh Importstrom musste. Da waren es knapp 3,7 Mio €. Aber immerhin. Mit massivem Pumpspeicherkraftwerkseinsatz nahezu über den ganzen Tag schafften es die konventionellen Stromerzeuger (Abbildung 1) den 29.11.2021 zu einem kompletten Stromexport-Tag zu machen. Bis auf eine Strom-Versorgungslücke am 4.12.2021 exportierte Deutschland die ganze 48. Woche Strom und nahm hierfür 231,57 Mio € ein. Wie in den vergangenen Wochen musste auch Strom hinzugekauft werden. Der kostete 89,50 Mio €, so dass unter dem Strich 142,07 € in den Kassen der Stromerzeuger klingelten.
Die Länder, die in erster Linie Strom nach Deutschland exportierten waren Dänemark (Einnahmen in KW 48: 34,04 Mio. €), Norwegen (7,45 Mio. €), Polen (7,49 Mio. €), Schweden (5,53 Mio. €) und Tschechin (4,58 Mio. €) (Abbildung 2). Der mittlere Strompreis für eine MWh Strom lag bei 168, 54 €, der höchste Preis bei bereits besagten 421,87 €, der niedrigste Preis bei schlappen 28,72 € (Abbildung 3). Die Preisentwicklung war ebenso volatil wie die Windstromerzeugung. PV-Strom wurde nur in sehr geringem Umfang erzeugt. Der Anteil der regenerativen Stromerzeugung gesamt lag in KW 48 bei 41,4% und damit gut 1% höher als der bisherige Jahresdurchschnitt von 40,3%. Die Belege für alle oben angegebenen Werte und viel mehr kann hier aufgerufen werden.
Website der Energy-Charts ganz unten ausführlich erläutert wird. Der höchst empfehlenswerte virtuelle Energiewende-Rechner (Wie viele Windkraft- und PV-Anlagen braucht es, um Kohle- und/oder Kernkraftstrom zu ersetzen? Zumindest im Jahresdurchschnitt.) ist unter Abbildung 5 zu finden. Ebenso wie der bewährte Energierechner.
Die Charts mit den Jahres- und Wochenexportzahlen liegen unter Abbildung 6 ab. Abbildung 7 beinhaltet die Charts, welche eine angenommene Verdopplung und Verdreifachung der Wind- und Solarstromversorgung visualisieren. Bitte unbedingt anschauen. Vor allem die Verdopplung. Abbildung 8 weist auf einen Artikel hin, der sich mit der regenerativen Stromerzeugung über einen Monatszeitraum befasst. Abbildung 9 zeigt einen Vortrag von Professor Brasseur von der TU Graz. Der Mann folgt nicht der Wissenschaft. Er betreibt Wissenschaft.
Beachten Sie bitte unbedingt die Stromdateninfo-Tagesvergleiche ab 2016 in den Tagesanalysen. Dort finden Sie die Belege für die im Analyse-Text angegebenen Durchschnittswerte und vieles mehr. Der Vergleich beinhaltet einen Schatz an Erkenntnismöglichkeiten. Überhaupt ist das Analysetool stromdaten.info ein sehr mächtiges Instrument, welches nochmals erweitert wurde:
- Strom-Import/Export: Die Charts
- Produktion als Anteil der installierten Leistung
- Anteil der erneuerbaren und konventionellen Erzeugung am Bedarf
- Niedrigster, höchster und mittlerer Strompreis im ausgewählten Zeitraum
Tabellen. Schauen Sie mal rein und analysieren Sie mit wenigen Klicks. Die Ergebnisse sind sehr erhellend.
An dieser Stelle möchte ich Michael Weinberger danken, der für die Programmierung aller Analysetools der Infoseite stromdaten.info verantwortlich zeichnet. Eine große Leistung.
Abbildung 10 bringt einen Artikel der Schweizer WELTWOCHE, der sich mit dem Strombedarf der Schweiz befasst. Nach dem Lesen versteht man, warum die Schweiz seit einigen Wochen teuren Strom aus Deutschland importiert. Wir danken der WELTWOCHE und empfehlen sie ausdrücklich.
Tagesanalysen
Montag, 29.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 27,62 Prozent, davon Windstrom 16,98 Prozent, PV-Strom 1,47 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,18 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Ab 20:00 Uhr legt die bis dahin schwache Windstromerzeugung zu. Die konventionellen Stromerzeuger fahren ihre Produktion massiv herunter. Der nächste Tag wird viel Windstrom bringen. Zum Vorabend springt der Preis von 17:00 bis 18:00 Uhr über 400€/MWh. Der Handelstag.
Dienstag, 30.11.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 58,15 Prozent, davon Windstrom 49,49 Prozent, PV-Strom 0,50 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 7,80 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Der Dienstag bringt den ersten Windbuckel der Woche. Die Konventionellen reagieren zügig. Dennoch bleibt zu viel Strom im Markt. Das Preisniveau fällt enorm. Der mittlere Strompreis fällt auf 123,84€/MWh. Der Handelstag.
Mittwoch, 1.12.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 64,03 Prozent, davon Windstrom 54,90 Prozent, PV-Strom 1,19 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 7,94 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
In der Nacht zum Mittwoch gab es eine Windstromdelle, die mit reichlich Pumpspeicherstrom geschlossen wurde. Über Tag dann ein weiterer Windbuckel, der sich bis in den Nachmittag des Donnerstags zieht. Die Konventionellen reduzieren die Produktion entsprechend. Aber auch heute wieder eine gewisse Überproduktion mit entsprechend geringeren Preisen. Der mittlere Preis fällt auf 91€/MWh. Der Handelstag.
Donnerstag, 2.12.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 43,51 Prozent, davon Windstrom 31,94 Prozent, PV-Strom 2,25 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 9,32 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Der zweite Windbuckel nimmt ab. Die Konventionellen führen nahezu optimal nach. Das Preisniveau steigt. Der mittlere Preis verdoppelt sich auf 195€/MWh gegenüber gestern. Der Handelstag.
Freitag, 3.12.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 55,07 Prozent, davon Windstrom 44,28 Prozent, PV-Strom 2,27 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 8,52 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Der dritte Windbuckel dieser Woche. Wieder etwas zu viel Strom im Markt. Die Konventionellen können/wollen die Produktion nicht stark genug drosseln. Auch im Hinblick auf die nächste Delle. Folge: Das Preisniveau fällt wieder. Der mittlere Preis liegt heute bei 147,49€/MWh.
Samstag, 4.12.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 34,79 Prozent, davon Windstrom 22,45 Prozent, PV-Strom 1,02 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,32 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Besagte Winddelle ist da. Die oben bereits erwähnte Strom-Versorgungslücke auch. Die Konventionellen können/wollen die massiven regenerativen Erzeugungsunterschiede nicht bewältigen. Deshalb ist Importstrom notwendig. Das Preisniveau steigt wieder auf fast 200€/MWh.
Sonntag, 5.12.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 37,22 Prozent, davon Windstrom 23,46 Prozent, PV-Strom 2,29 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 11,47 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.
Der Sonntag bringt insgesamt nur wenig regenerativen Strom. Das passt. Die Konventionellen führen gut nach. Sogar der Vorabend-Lückenschluss gelingt mit viel Pumpspeicherstrom. Das Preisniveau fällt etwas. Zum Vorabend wird aber richtig Kasse gemacht. Der mittlere Strompreis dieses Sonntags liegt bei 157,71 €/MWh. Der Handelstag.
Peter Hager aus Lauf/Pegnitz liefert wieder mal nützliche Hinweise zum Netzausbau und die aktuellen Zulassungszahlen E-Autos November 2021. Auch dafür herzlichen Dank.
Stromnetzausbau soll bis 2030 rund 100 Milliarden Euro kosten
Die Energiewende erfordert auch einen massiven Aus- und Umbau der Strominfrastruktur und laut dem BDEW (Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft) müssen bis 2030 allein in die Stromnetze an Land mehr als 100 Milliarden Euro investiert werden. Für die Übertragungsnetze werden 55 Milliarden und für die Verteilnetze 47 Milliarden Euro geschätzt. Bedingt durch den Umstieg auf eine strombasierte Mobilität oder Wärmeversorgung sind damit auch bei den Verteilnetzen beträchtliche Investitionen erforderlich.
Eines ist damit sicher: die Netzentgelte für die Stromverbraucher werden weiter steigen.
Auch im November 2021 setzte sich die Schwächephase im PKW-Neuwagenmarkt fort. Mit 198.258 PKW-Neuzulassungen lagen diese um -31,7 % unter dem Vorjahresmonat. Bei PKW mit Benzinmotor lag der Rückgang bei 43,6 % (Zulassungsanteil 33,3 %) und bei PKW mit Dieselmotor bei 55,7 % (Zulassungsanteil 15,8 %).
Lediglich die PKW mit reinem Elektroantrieb konnten mit einem Zuwachs gegenüber November 2020 aufwarten.
Hybrid (incl. Plug-in): 59.251 (ggü. 11/2020: -17,6 % / Zulassungsanteil: 29,9 %)
darunter Hybrid mit Benzinmotor: 47.404
darunter Hybrid mit Dieselmotor: 11.847
Plug-in-Hybrid: 27.899 (ggü. 11/2020: -8,9 % / Zulassungsanteil: 14,1 %)
darunter mit Benzinmotor: 25.672
darunter mit Dieselmotor: 2.227
Quelle
Top 5 nach Herstellern
Hybrid-PKW (ohne Plug-in): 392.953 (01-11/2021)
Audi (mit 10 Modellen): 18,5%
BMW (mit 12 Modellen): 16,3%
Toyota (mit 9 Modellen): 10,6%
Hyundai (mit 7 Modellen): 8,2%
Ford (mit 8 Modellen): 6,9%
Hybrid-PKW (mit Plug-in): 292.697 (01-11/2021)
Mercedes (mit 10 Modellen): 19,6%
BMW (mit 9 Modellen): 12,6%
VW (mit 5 Modellen): 11,7%
Audi (mit 8 Modellen): 11,1%
Seat (mit 3 Modellen): 7,8%
Elektro-PKW: 307.525 (01-11/2021)
VW (mit 6 Modellen): 20,8%
Tesla (mit 4 Modellen): 10,7%
Renault (mit 2 Modellen): 8,5%
Hyundai (mit 3 Modellen): 7,8%
Smart (mit 2 Modellen): 7,1%
Die beliebtesten zehn E-Modelle in 11/2021 (Gesamt: 40.270)
Renault ZOE: 4.200 (Kleinwagen)
Tesla Model 3: 3.825 (Mittelklasse)
VW up: 2.477 (Minis)
Smart ForTwo: 1.808 (Minis)
Tesla Model Y: 1.787 (SUV)
VW ID3: 1.517 (Kompaktklasse)
Hyundai Ioniq5: 1.456 (SUV)
Skoda Enyaq: 1.417 (SUV)
Hyundai Kona: 1.381 (SUV)
Mini: 1.349 (Kleinwagen)
Der Renault Zoe konnte seinen ersten Platz verteidigen. Deutliche Sprünge nach oben machten Teslas Model 3 und Model Y sowie der VW up. Nach längerer Zeit kam der elektrische Mini wieder unter die zehn meistzugelassenen BEV-Modelle.
Die Subventionen für Ladestationen gehen in die nächste Runde:
Neues Ladesäulen-Programm für Kommunen und Firmen
Für neue Ladestationen von kommunal und gewerblich genutzten Elektro-Fahrzeugen wurde noch von der alten Bundesregierung ein Programm in Höhe von 350 Millionen Euro aufgelegt. Kommunen und Firmen können einen Zuschuss von maximal 900,00 Euro je Ladepunkt über die KfW-Bank beantragen. Weitere Bedingungen sind unter anderem eine Ladeleistung bis max. 22 kW sowie die Nutzung von 100% Ökostrom.
Förderprogramm für private Ladestationen ausgeschöpft
Das im November 2020 aufgelegte und mehrmals auf insgesamt 800 Millionen Euro erhöhte Förderprogramm wurde vor einigen Wochen von der KfW beendet. Nach einer Zwischenbilanz der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur sind von den rund 900.000 geförderten Ladepunkten bisher 200.000 in Betrieb. Von diesen wurden ca. 70% bei Einfamilienhäusern, ca. 15% bei Reihenhäusern und Doppelhaushälften sowie ca. 15% bei Mehrparteienhäusern errichtet. Bei rund 34% war eine Ertüchtigung des Stromanschlusses erforderlich und fast 40% speisen Strom der eigenen PV-Anlage mit in die Ladestation ein.
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Rüdiger Stobbe betreibt seit über fünf Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.