Die Erwärmung der letzten 20 Jahre hat seine wesentliche Ursache in der Veränderung der Wolken
Hans-Rolf Dübal und Fritz Vahrenholt haben in einer peer – reviewed Publikation in “ Atmosphere” die Strahlungsbilanz der Erde in den letzten 20 Jahren untersucht. Der Nettostrahlungsfluss, also die Differenz zwischen solarer Einstrahlung und lang- und kurzwelliger Abstrahlung, bestimmt die Veränderung des Energieinhaltes des Klimasystems. Ist er positiv, so heizt sich die Erde auf, ist er negativ, so bedeutet das eine Abkühlung. Das von der NASA betriebene satellitengestützte CERES-Projekt liefert nun seit zwei Jahrzehnten solche Strahlungsdaten, sowie Daten zur Entwicklung der Bewölkung in zeitlicher und räumlicher Auflösung. Diese Daten werden sowohl bezogen auf eine Höhe von ca. 20 km (TOA = „Top of Atmosphere“), also auch bezogen auf die Erdoberfläche bestimmt.
Die in dieser Woche erfolgte Veröffentlichung “Radiative Energy flux variation from 2001 – 2020” ( https://www.mdpi.com/2073-4433/12/10/1297; Dübal, H.‐R.; Vahrenholt, F. Radiative Energy Flux Variation from 2001–2020. Atmosphere 2021, 12, 1297. https://doi.org/10.3390/ atmos12101297) hat ein für die Klimawissenschaft überraschendes Ergebnis zu Tage gefördert: die Erwärmung der Erde in den letzten 20 Jahren ist im Wesentlichen auf eine höhere Durchlässigkeit der Wolken für die kurzwellige Sonneneinstrahlung zurückzuführen. Die kurzwellige Abstrahlung ist in diesem Zeitraum stark zurückgegangen (siehe Abbildung) und zwar gleichermaßen auf der Nord- und Südhalbkugel (NH und SH). Das bedeutet bei nahezu konstanter Sonneneinstrahlung, dass mehr kurzwellige Strahlung die Erdoberfläche erreicht hat und damit zur Erwärmung beitrug. Die langwellige Rückstrahlung (der sog. Treibhauseffekt) trug nur zu einem geringeren Teil zur Erwärmung bei. Er wurde sogar weitgehend kompensiert durch die ebenfalls ansteigende Durchlässigkeit der Wolken für von der Erde ausgehende langwellige Strahlung. Zu diesem eindeutigen Ergebnis kommen die Autoren nach der Auswertung der CERES-Daten Strahlung.
Schon die NASA-Forscher um Norman Loeb (https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1029/2021GL093047), sowie der finnische Forscher Antero Ollila (https://www.journalpsij.com/index.php/PSIJ/article/view/30174) hatten kürzlich bereits darauf hingewiesen, dass die kurzwellige Sonneneinstrahlung auf Grund der Abnahme niederer Wolken von 2005 bis 2019 zugenommen hat. Dübal und Vahrenholt untersuchten nun für den gesamten Zeitraum TOA- und bodennahe Strahlungsflüsse und setzten diese in Bezug zu Veränderungen der Bewölkung. Der Nettoenergiezufluss war im gesamten Zeitraum positiv und ist von 2001 bis 2020 von 0.6 W/m² auf 0.75 W/m² angestiegen.
Im 20-jährigen Mittel betrug er 0,8 W/m². In dem Brückenchart sind die Triebkräfte dieser Veränderung dargestellt und diese liegen eindeutig im Bereich der kurzwelligen Strahlung in den bewölkten Gebieten, die etwa 2/3 der Erdoberfläche ausmachen (SW Cloudy Area, +1.27 W/m²). Dies steht im Kontrast zu der vom IPCc noch in seinem jüngsten Bericht dargestellten Annahme, dass die Erwärmung durch die Zunahme der langwelligen Rückstrahlung allein auf Grund des anthropogenen Treibhauseffektes erfolgte. Der IPCC schreibt diesem Effekt 100 % der Erwärmung zu und begründet dies mit Modellrechnungen. Die Analyse der Messdaten durch Dübal und Vahrenholt zeigen aber, dass die Erwärmung durch den Rückgang von 1,4 W/m² kurzwelliger Abstrahlung sowie die um 1,1 W/m² erhöhte langwellige Abstrahlung überwiegend dem Wolkeneffekt zuzuschreiben ist.
Die Autoren betrachteten auch die Auswirkung dieses Strahlungsüberschusses auf den Wärmeinhalt des Klimasystems für einen längeren Zeitraum seit 1750. Dabei bedeutet die „Enthalpie“ die Summe von Wärme, Arbeit und der latenten Wärme, also Verdampfungswärme von Wasser, Schmelzwärme von Eis, energetische Veränderung der Biosphäre (Pflanzenwachstum) usw. Da etwa 90% dieser Enthalpie als Wärme in den Ozeanen verbleibt, können durch eine Betrachtung der langfristigen ozeanischen Wärmeaufnahme (Ocean Heat Content, OHC) ebenfalls Rückschlüsse auf die Enthalpieentwicklung gezogen werden.
Es wurde für den Zeitraum 2001-2020 eine gute Übereinstimmung dieser beiden unabhängigen Datensätze festgestellt und für frühere, längere Zeiträume die vorhandenen OHC-Daten ausgewertet, um ein Gesamtbild zu erhalten. Dieses zeigt, dass die Erwärmung seit 1750 nicht kontinuierlich, sondern in Heizschüben erfolgte, bezeichnet als A, B und C, bei denen jeweils 20-30 Jahre lang ein hoher Nettostrahlungsfluss (0.7 bis 0.8 W/m²) wirkte, unterbrochen von milderen Phasen. Der Beginn dieser Heizschübe fiel mit dem Vorzeichenwechsel eines weiteren bekannten natürlichen Klimafaktors, der AMO (Atlantische Multidekadische Oszillation) zusammen. Die entscheidende Frage, ob die jetzige Heizphase C bald ein Ende finden wird wie in den Fällen A und B, oder ob sie sich fortsetzt, kann nur anhand längerer Beobachtungen entschieden werden und muss daher offenbleiben.
Um den Beginn dier Phase C um das Jahr 2000 zu untersuchen, wurden weitere Datensätze herangezogen, vor allem die Bewölkungsmessungen von EUMETSAT, eines europäischen Satellitenprojektes. Hier zeigt sich, dass der Beginn der Phase C mit einer Abnahme der Bewölkung einhergeht, zeitgleich mit dem oben erwähnten Vorzeichenwechsel der AMO. Aus den Strahlungsmessungen kann abgeleitet werden, dass 2% weniger Bewölkung etwa 0.5 W/m² mehr Nettostrahlungsfluss bedeuten, was den größten Anteil der oben erwähnten 0.8 W/m² erklären könnte.
Dies wird auch durch die Analyse der oberflächennahen Strahlungsbilanz erhärtet. Hier wird zwar eine Zunahme des Treibhauseffektes gefunden, der gut mit dem Anstieg der Treibhausgase Wasserdampf und CO2 korreliert, allerdings lediglich für die wolkenlosen Flächen („Clear Sky“) Diese Korrelation gilt jedoch nicht für die wolkenbedeckten Flächen, die immerhin etwa 2/3 der Erde ausmachen.
Interessant ist die Feststellung zum Treibhauseffekt. Hans-Rolf Dübal: ”Wir konnten den erhöhten Treibhauseffekt der Summe aller Treibhausgase (Wasserdampf, CO2 usw.) unter „Clear Sky“- Bedingungen mit 1,2 W/m² Zunahme in den letzten 20 Jahren nachweisen. Allerdings wird diese Zunahme flächengewichtet überkompensiert durch die zunehmende Abstrahlung der langwelligen Strahlung in den bewölkten Zonen („Cloudy Areas”) in Höhe von -1,48 W/m².“
Die Zeitspanne von 20 Jahren ist noch zu kurz, um abschließend entscheiden zu können, ob die jetzige Heizphase eine temporäre oder permanente Entwicklung ist. Im ersteren Fall müssen die Klimaprognosen grundlegend überarbeitet werden. Der physikalische Mechanismus, der zu der Wolkenverdünnung geführt hat, wird in der Literatur unterschiedlich diskutiert. Vahrenholt: “Die Wolkenveränderungen können durch Rückgang der Aerosole, durch Erwärmung der Atmosphäre auf Grund natürlicher Ursachen (z.B. der AMO oder der PDO), durch anthropogene Erwärmung durch CO2 oder einer Kombination dieser einzelnen Faktoren ausgelöst werden. Eines kann allerdings schon jetzt festgehalten werden: die Erwärmung der letzten 20 Jahre wurde stärker durch Veränderung in den Wolken als durch den klassischen Treibhauseffekt verursacht.”.
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überarbeitete Fassung, 9.10.2021, 12:50 Uhr.
Der Beitrag erschien zuerst bei Die kalte Sonne hier