August 2021 in Deutschland – als der Sommer verloren ging

Stefan Kämpfe

Der Ernting probte schon mal den Herbst. Noch vage Hoffnungen auf den Spätsommer?

Nach einem sehr wechselhaften, aber noch mäßig warmen Juli schaltete der August zwei weitere Gänge zurück: Sonne und Wärme nur in homöopathischen Dosen, häufige Schauer, Gewitter und Landregenfälle sowie oft schon septembertypische Temperaturen; mit etwa 16,4°C im DWD-Deutschlandmittel gehörte er zu den kühlsten der letzten drei Jahrzehnte; auf der Zugspitze zog im letzten Monatsdrittel schon der Winter ein.

Auch 2021 galt: Der Witterungstrend zum Monatswechsel Juli/August setzt sich oft fort

Ähnlich der Siebenschläfer-Regel gibt wegen der Erhaltungsneigung der Hochsommerwitterung auch der Monatswechsel Juli/August grobe Hinweise auf den Witterungsverlauf der kommenden Wochen. Das bestätigte sich diesmal besonders eindrucksvoll:

Abbildung 1: Europa-Wetterkarte vom 31. Juli 2021, Mittags. Ein umfangreiches Tief über Skandinavien sorgte für windiges Wetter in Deutschland mit Schauern und Regenfällen bei kühlen Temperaturen und zeigte schon mal, was uns der August bringen würde. Bildquelle: wetterzentrale.de

Damit ähnelte dieser August, wenngleich nur in sehr groben Zügen, denen von 2014, 2010, 2007, 2006, 2005, 1998, 1996 und 1993. Anders, als im Juli, welcher wenigstens dem Nordosten Deutschlands oft Sommerwetter und positive Temperaturabweichungen bescherte, musste diesmal ganz Deutschland mehr oder weniger deutlich negative Temperaturabweichungen ertragen:

Abbildung 2: Mittelwerte der Lufttemperaturen einiger DWD-Stationen vom 1. bis zum 27. August 2021. Überall bestimmen dicke Minuszeichen das Bild; nirgends war es zu warm. Bildquelle: bernd-hussing.de

 

Das langfristige Temperaturverhalten – der August wurde wärmer

Wie die meisten Monate, erwärmte sich der August bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts, dann folgte die typische, leichte Abkühlungsphase und ab 1988 eine erneute Erwärmung. Seit Aufzeichnungsbeginn (1881) betrug die Erwärmung knapp 2,2 Kelvin (°C). Aber die DWD-Daten auch noch wärmeinselbelastet, und die DWD-Reihe beginnt in der letzten Phase der „Kleinen Eiszeit“ – um 1881 war es besonders kühl. August-Monate mit mindestens 20°C gab es bislang nur zweimal, 2003 (Rekordhalter) und 2020.

Abbildung 3: Verlauf der Augusttemperaturen im Deutschland-Mittel seit 1881 mit drei Entwicklungsphasen. Einer langen, bis 1944 dauernden Erwärmung folgte eine geringe Abkühlung bis in die späten 1980er Jahre, ab etwa 1988 wieder Erwärmung. In den gesamten 141 Jahren der Reihe betrug der Temperaturanstieg knapp 2,2 Kelvin (°C) – bei enorm steigenden CO2-Konzentrationen. Mit WI-Bereinigung hätte es eine geringere August-Erwärmung unter 2 Kelvin gegeben. Zur Beachtung: Die Grafik zeigt KEINE Klimasensitivität der CO2-Konzentration; sie verdeutlicht lediglich, dass die von etwa 290 auf etwa 417 ppm steigende CO2-Konzentration über lange Zeiträume nicht gut zur Temperaturentwicklung passt.

Noch erstaunlicher ist die Entwicklung der August-Temperaturen in Zentralengland (Midlands), für das eine über 360-jährige Messreihe vorliegt; sie erfasst damit auch den Höhepunkt der „Kleinen Eiszeit“, das so genannte Maunder-Minimum als vermutlich kälteste Epoche in den mindestens letzten 2.000 Jahren. Seitdem sollte es doch eine kräftige Erwärmung um viel mehr als ein Grad gegeben haben – aber die Realität sieht ganz anders aus:

Abbildung 4: Mit knapp 0,6 Kelvin nur ein sehr geringer August-Temperaturanstieg seit über 360 Jahren in Zentralengland; das sind weniger als 0,2 K pro Jahrhundert. Anders, als in Deutschland, liegt dort der heißeste August (1995) schon gute zweieinhalb Jahrzehnte zurück, und der zweitwärmste war 1997. Andere, fast genauso warme liegen noch viel weiter zurück und sind gekennzeichnet; 2021 wird dort mit etwa 16,6°C nicht herausragend warm ausfallen. Und der Verlauf des 15-jährigen, gleitenden Mittelwertes zeigt schon seit anderthalb Jahrzehnten wieder eine fallende Temperaturtendenz; momentan sind die Augustmonate Zentralenglands nicht wärmer, als um 1800.

Augustwärme oder nicht – je nach Großwetterlage!

Ein nicht unerheblicher Teil der August-Erwärmung ist den geänderten Häufigkeitsverhältnissen der Großwetterlagen geschuldet – die besonders kühlend wirkenden zyklonalen West- Nordwest- und Nordlagen wurden deutlich seltener.

Abbildung 5: Die Häufigkeitsabnahme der kühlend wirkenden zyklonalen West-, Nordwest- und Nordwetterlagen trug wesentlich zur August-Erwärmung in Deutschland bei; Daten für Aug. 2021 liegen noch nicht vor.

Erstmals seit 2014, zeichnete sich der 2021er August wieder durch eine größere Häufung kühler Großwetterlagen aus; speziell zum Monatsanfang und in der letzten Dekade. Ein gutes Beispiel ist die Situation am 26. August 2021.

Abbildung 6: Vorhersagekarte des GFS für den 26.08.2021. Zwischen hohem Luftdruck, der von Großbritannien zum Nordmeer reichte, und einem Ostsee-Tief strömte feucht-kalte, wolkenreiche Polarluft nach Mitteleuropa, die danach für mehrere Tage das Wetter bestimmte. Bildquelle: wetterzentrale.de

Größere Eisfläche auf dem Arktischen Ozean – begünstigte das die August-Kühle in Deutschland?

Mit geschätzten 5,7 bis 5,8 Millionen Km² wird das Meereis der Arktis in diesem August eine merklich größere Fläche als in den sechs vorherigen Augusten einnehmen (Quelle: NSIDC), die aktuelle Situation hier. Die Eisausdehnung korreliert leicht negativ mit den Deutschland-Temperaturen aller Sommermonate; eine große Eisfläche bedeutet tendenziell also auch kühlere Auguste. Für sichere Aussagen sind diese Zusammenhänge zwar zu schwach, aber vielleicht kündigt sich da schon das Ende der aktuellen AMO-Warmphase an.

Fallende August-Minima – Menetekel der Abkühlung?

Der Autor untersucht seit längerem Wärmeinseleffekte. Mittlerweile liegen die Werte der sehr ländlichen DWD-Station Dachwig im Thüringer Becken bis in die 1980er Jahre lückenlos vor; diese wurde seitdem nicht verlagert, befand sich also stets am selben Ort. Bei flüchtiger Betrachtung zeigt sich hier seit den späten 1980er Jahren das typische Bild einer merklichen August-Erwärmung. Aber die erfolgte auf Kosten rasant steigender Tagesmaxima – die Minima verweigern sich hier der Erwärmung, was ein weiteres Indiz gegen eine CO2-dominierte Klimaerwärmung ist.

Abbildung 7: In Dachwig/Thür. Becken erwärmte sich der August auf Kosten der stark steigenden Maxima leicht, was auf stärkere Bodenaustrocknung und Besonnung hindeutet. Die (meist) etwa zum Sonnenaufgang eintretenden Minima kühlten etwas ab (kein signifikanter Trend). Werte für 2021 liegen noch nicht vor.

Dieses Verhalten blieb in Dachwig nicht auf den August beschränkt; noch deutlich stärker war die Minima-Abkühlung von Januar bis Mai und im September, im Jahresmittel betrug sie gut 0,4 K. Doch bei weitem nicht alle DWD-Stationen zeigen diesen Trend; es bedarf weiterer Untersuchungen, welche aber durch die häufigen Stationsverlagerungen stark erschwert werden.

Die Sonnenscheindauer als wesentlicher Treiber der August-Temperaturen

Wie wir schon anhand der Abbildung 3 sahen, können die stark steigenden CO2-Konzentrationen die Entwicklung der August-Temperaturen nicht befriedigend erklären. Wie in allen anderen Sommerhalbjahres-Monaten, übt außer den Großwetterlagen die Sonnenscheindauer einen signifikanten Temperatureinfluss aus. In Deutschland ist das Flächenmittel dafür leider erst seit 1951 verfügbar:

Abbildung 8: August-Erwärmung in Deutschland seit 1951 auch dank höherer Besonnung (etwa 50 % der Temperaturvariabilität werden von der Sonnenscheindauer bestimmt). Die Zunahme der Sonnenscheindauer hatte verschiedenste Ursachen, unter anderem die stark abnehmende Konzentration der Luftschadstoffe (SO2, Staub) und die Austrocknung Deutschlands durch Bebauung, Versiegelung und Meliorationen. Möglicherweise fördert auch die übertriebene Nutzung der Wind- und Solarenergie eine Bewölkungs- und Nebelabnahme, was mehr Besonnung nach sich zieht. Werte für Aug. 2021 konservativ geschätzt.

Im August 2021 stürzte die Sonnenscheindauer auf weit unter 190 Stunden ab, das ist voraussichtlich der geringste Wert seit mindestens 2014, folglich konnte er nicht richtig warm werden. Und die zeitweilige, großräumige Kaltluftzufuhr tat ein Übriges.

Nachlassende Sonnenaktivität, die Noch-AMO-Warmphase und warme August-Monate in Deutschland

Die aktuell nachlassende Sonnenaktivität wird stets mit Abkühlung in Verbindung gebracht; doch das könnte unter bestimmten Umständen voreilig sein. Erstens wirkt diese mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten – aktuell ist sie noch nicht voll bei uns angekommen. Zweitens fördert eine geringe Sonnenaktivität so genannte Meridionallagen, bei denen der Luftmassentransport überwiegend entlang der Längengrade erfolgt (Nord- oder Südlagen; in Europa auch der Sonderfall der Ostwetterlagen). Insgesamt schwächt sich die Zirkulation ab und verlagert sich südwärts. Süd- und Ostlagen sowie zirkulationsschwache fallen aber, anders als im Winter, im August fast stets mehr oder weniger zu warm aus. Und drittens gibt es das Phänomen der so genannten Koronalen Löcher, welche trotz geringer Sonnenaktivität längere, sehr warme Schönwetterperioden auslösten, wie wir das seit 2018 häufig erlebten. Näheres dazu hier. Möglicherweise ist auch der Wolkenreichtum ein wichtiges Indiz für eine beginnende Abkühlung, denn in solchen Perioden liefert die zunehmende Kosmische Strahlung mehr Kondensationskeime und fördert die Gewitterbildung (SVENSMARK-EFFEKT). Und viertens wirkt momentan noch die AMO-Warmphase der solar bedingten Abkühlung entgegen:

Abbildung 9: Merkliche zeitliche Übereinstimmung der AMO und der August-Temperaturen in Deutschland. In AMO-Warmphasen, wie zur Mitte des 20. Jh. und aktuell, sind die Augusttemperaturen tendenziell höher. Ähnliches gilt für den gesamten Sommer und den Herbst. Die AMO-Augustwerte für 2021 liegen noch nicht vor.

Sollten, was in naher Zukunft durchaus zu erwarten ist, eine AMO-Kaltphase und die geringe Sonnenaktivität zusammenfallen, so wird es mit den schönen, warmen Augustmonaten endgültig vorbei sein. Im Frühling/Sommer 2021 deuteten sich schon fallende AMO-Werte an; ob damit schon das Ende der Warmphase eingeläutet wurde, bleibt abzuwarten.

Vegetationsverlauf im August: Noch Verspätung und am Ende erste Ansätze zur Laubverfärbung

Anders als in den Vorjahren, schleppte sich die Getreideernte um Weimar bis zum Monatsende hin; vereinzelt konnte Winterweizen nicht mehr gemäht werden, was vor allem der oft feuchten Witterung geschuldet war. Der phänologische Frühherbst startete mit der einsetzenden Reife des Schwarzen Holunders Anfang August merklich verspätet.

Abbildung 10: Noch geringe, aber nicht signifikante Verfrühung der Holunderreife in Weimar seit 1990. Im Jahr 2021 begann diese erst am 2. August – das ist der viertspäteste Termin der Beobachtungsreihe.

In den letzten Augusttagen zeigten manche Linden und Spitzahorne schon erste verfärbte Blätter; deutlich intensiver war dieses Phänomen aber Ende August 1993.

Kühler August – aber noch mal zeitweise Sommer im September?

Betrachtet man den statistischen Zusammenhang zwischen den August- und den Septembertemperaturen (jeweils Deutsches Flächenmittel) seit 1881, so ist dieser mit einem Korrelationskoeffizienten r=0,328 positv und sogar signifikant, allerdings nicht besonders eng. Das könnte schon ein erster Hinweis auf einen eher verhaltenen September sein; sichere Vorhersagen sind damit aber nicht möglich. Und manchmal folgen sehr kühlen August-Monaten auch sehr warme September (1999, 2006). Ähnlich, wie in den Vormonaten, gibt wegen der Erhaltungsneigung der Witterung im Spätsommer auch der Monatswechsel bessere Hinweise auf den Witterungsverlauf der kommenden Wochen. Die Regel „Auf den Ägidientag (1. September) gib‘ acht – er sagt Dir, was der Monat macht“ ist brauchbar, wenn man nicht nur diesen einen Tag, sondern den Witterungstrend um den Monatswechsel betrachtet. Ist oder wird es im Zeitraum vom etwa 30. August bis zum 5. September warm und freundlich, so herrscht diese Witterung oft noch zwei bis vier Wochen vor; für feucht-kühle Bedingungen gilt das ebenfalls. Nach den Modellrechnungen verlagert sich das Nordmeer-Großbritannien-Hoch in den ersten Septembertagen nur zögernd südostwärts und setzt sich anschließend in Mitteleuropa fest; zumindest vorübergehend deutet sich also trocken-warmes Spätsommerwetter an. Manche Modell-Läufe sehen gar um den 10.September Hochsommerwetter, doch sind sie noch sehr unsicher, und Vorhersagen im Herbst gelten als besonders schwierig. Daher scheint ein leicht wechselhafter, aber keinesfalls unfreundlicher September 2021 mit sommerlichen und schon kühlen Phasen momentan am wahrscheinlichsten zu sein. Zeit- und gebietsweise lebt also noch die Hoffnung auf reichlich Spät- und Altweibersommer. Aber insgesamt dürfte sich der Trend zu einem deutlich kühleren Jahr 2021 weiter manifestieren.