Klimawandel und Corona haben gemeinsame Wurzeln!
Wurde die „Klimakrise“ genauso wie die „Coronakrise“ quasi künstlich durch mathematische Modelle erzeugt oder zumindest verstärkt? Und wenn ja, welche fatale Wissenschaftstradition trägt dann die Verantwortung dafür? Der Geologe Marc Krecher blickt bis zum Beginn der Industrialisierung zurück, um darauf eine Antwort zu finden und fordert im Gespräch mit Manuscriptum, Naturwissenschaft neu zu denken, um nicht ständig in ähnliche Sackgassen zu rennen.
Manuscriptum: Herr Krecher, wie sind Sie als Geologe auf die Idee gekommen, ein Buch über Corona zu schreiben?
Marc Krecher: Als Geologe interessieren mich grundsätzlich naturwissenschaftliche Themen. Was ich aber darüber hinaus immer schon sehr spannend fand, ist der Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlichen Themen und gesellschaftlichen Prozessen. Natur und Kultur sollten nie isoliert betrachtet werden. In meinem Buch versuche ich unter anderem darzustellen, warum „Klimawandel“ nicht einfach nur Physik ist.
Wetter und Klima sind naturwissenschaftliche Phänomene, die schon immer auch gesellschaftliche Wechselwirkungen aufwiesen. Und so erleben wir nunmehr seit Jahrzehnten einen starken Druck, der mit dem Thema „Klimawandel“ auf die Gesellschaft ausgeübt wird. Wir haben aber auch schon mit dem „Großen Waldsterben“ gesellschaftliche Diskussionen erlebt, die anscheinend ihren Grund alleine in den physikalisch-chemischen Umweltprozessen hatten.
Tatsächlich aber lassen sich Muster in der Art und Weise der öffentlichen Diskussion und politischen Handhabe dieser Phänomene erkennen, die nun erneut beim Thema „Corona“ auftreten und die erneut deutlich machen, dass hier neben medizinisch-epidemiologischen Hintergründen vor allem auch gesellschaftspolitische Entwicklungen eine große Rolle spielen.
Meine These ist die, dass Waldsterben, Klimawandel und Corona gemeinsame Wurzeln haben und immer wieder auch gleiche gesellschaftspolitische Ziele aufweisen. Vielleicht hat mich die Geologie dazu gebracht, diese Phänomene gut zu beobachten und die größeren Zusammenhänge zu hinterfragen. Denn Geologie hat viel mit der direkten Beobachtung natürlicher Phänomene zu tun, während Physik und Chemie oft sehr viel stärker mathematisch zu fassen sind.
Als Klammer, die all diese Themen zusammenhält, nennen Sie „die Lösung des Problems Mensch“. Wie will denn die Politik Ihrer Meinung nach den Risikofaktor Mensch ausschalten? Und besteht hier nicht ein offensichtlicher Widerspruch, weil gerade Politiker „menschlich, allzumenschlich“ auftreten wollen?
Schon mit Beginn der Industrialisierung haben Wissenschaftler und Politiker die Ausbreitung des Menschen als Problem betrachtet. Die Angst galt zunächst der Übervölkerung durch das Prekariat und der damit einhergehenden Beschränkung, die dann auch dem Finanzadel oder dem „Tüchtigen“ auferlegt werden müsste.
Solche malthusianischen Ängste waren unter anderem die Grundlage rassentheoretischer Ansätze im 20. Jahrhundert, wie sie bei weitem nicht nur in Deutschland verfolgt wurden. Mit der Mehrung des Wohlstands nach dem Zweiten Weltkrieg, der natürlich auch Umweltprobleme im Schlepptau hatte, wurde der Mensch zunehmend gar als „Krebszelle“ gesehen, deren Wucherung das lebende Gewebe der Erde – die Biosphäre – gefährdet: Der Mensch als Risikofaktor im globalen Ökosystem. Mit Hilfe einer stark vereinfachenden Formel sollte dieser Wucherung Einhalt geboten werden: der IPAT-Formel, in welcher der Impakt auf die Umwelt aus dem Produkt von Bevölkerungzuwachs, Wirtschaftswachstum und einem technologisch-kulturellen Effizienzfaktor resultiert.
Seither schrauben diverse Forschungen und Personen wild an diesen Faktoren herum, mit dem Ziel der Populationskontrolle, der Nivellierung und Relativierung von Wirtschaftswachstum und der gesellschaftlichen Ausrichtung auf eine Form ökologischer Energieautarkie. Seit ca. 50 Jahren übernehmen dabei zunehmend auch systemdynamische Ansätze die Rolle des Angsttreibers. Mathematische Systembetrachtungen erzeugen darin quasi-exponentielle Umweltschäden, Klimaerwärmungen und heute geradezu apokalyptische Opferzahlen. Und hier spielt dann der „menschliche“ Politiker seine Rolle, indem er die mathematischen Schreckensvisionen pflichtbewusst in die Politik einbaut, ohne in der Lage zu sein, systemdynamische Ergebnisse mit der empirischen Evidenz abzugleichen.
Wissenschaft wird dadurch zu „die“ Wissenschaft, die einen Konsens heraufbeschwört, der in Wahrheit aber eine Art Mittelwertbildung unterschiedlichster, nicht selten sich widersprechender Resultate darstellt – Konsens und Nonsens nähern sich dabei gefährlich nah an. Die Politik wählt am Ende eines der Szenarien, die ihr aus der Science-Black-Box heraus angeboten werden. Der politische Vorteil darin hat sehr schnell aber gar nicht mehr unbedingt mit der Lösung des eigentlichen Problems zu tun. Gefährlich wird das, wenn die Ängste beim Bürger einen Grad erreichen, der uns erneut in einen Kollektivismus als Schutzhaltung hineinführt. Und genau dies ist heute wieder in der Gesellschaft zu erkennen.
Es beginnt mit dem „Leugner“, geht dann über ins „Wir, gemeinsam“ und endet im Unterwerfungsterror. Der Zustand unserer Welt sieht hingegen viel besser aus, als es uns tagtäglich entgegenschallt. Für mich als Geologen spielt der Faktor Zeit eine sehr große Rolle. Diese Zeit bringt eine Gelassenheit mit sich, in der die Naturgefahren stark relativiert werden und in der sich auch das aktuelle Geschehen den mittel- und langfristigen Prozessen unterordnet. Mein Buch versucht einen Beitrag dazu zu leisten, wieder mehr Gelassenheit möglich zu machen und mehr auf die Kraft einer schöpferischen Freiheit zu setzen, als auf das Kollektiv einer erzieherischen Suffizienzgesellschaft. Die Geschichte und die empirische Evidenz der Naturwissenschaft geben mir dabei Rückendeckung.
Mit ihrer Relativierung der Naturgefahren sprechen Sie einen interessanten Punkt an, der ein Indiz dafür ist, wie die Fronten in der Umwelt- und Klimadebatte durcheinandergeraten sind. Früher war es doch so, dass konservative Ernstfalldenker auf die „Übermacht der Natur“ hinwiesen und Demut einforderten. Linke und liberale Theoretiker verfielen hingegen schnell einem utopischen Machbarkeitswahn und vertrauten blind dem Fortschritt. Heute hingegen fällt die „Klimajugend“ samt ihrer Anhängerschaft mit apokalyptischen Warnungen vor der Übermacht der Natur auf und viele Politiker, die sich selbst als „konservativ“ bezeichnen, gefallen sich darin, eine unbegrenzte Konsumfreiheit zu fordern. Wo stehen Sie bei dieser allgegenwärtigen Auseinandersetzung? Voll auf der Seite der Freiheit? Oder sehen Sie auch einzelne plausible Gründe, die Freiheit einzuschränken, um Naturgefahren abzuwenden?
Die Naturgefahren, die uns im großen Maßstab gefährlich werden könnten, werden wir nicht abwenden. Aber geologisch gesehen unterliegt deren Eintreten zum Glück sehr geringen Wahrscheinlichkeiten. Auch Unwetter, wie kürzlich an der Ahr geschehen, treten vielleicht alle 100 Jahre in einer Region auf – das letzte Mal 1910: Da war es kühler auf der Erde. Dennoch muss sich der Staat besser darauf einstellen, wie wir sehen. Denn wer weiß heute noch, dass im Juli 1954 in Südtirol das gleiche passiert ist?
Auch die größten Waldbrände haben schon während der kleinen Eiszeit stattgefunden – vermutlich, weil es da trockener war. Zum Thema Corona als Naturgewalt äußere ich mich eingehend im Buch. Hier sollte zunächst einwandfrei geprüft werden, inwiefern es sich tatsächlich um eine Naturgewalt handelt. Aber mir scheint, dass es für diese wichtige Analyse bei uns nicht ausreichend Freiheit gibt.
Freiheit und Fortschritt sind für mich fundamentale Werte. Die Einschränkung des Grundgesetzes darf nie so weit gehen, dass der Charakter des „Grund“ verloren geht. Ohne Freiheit wird Forschung gelenkt oder erst gar nicht umgesetzt. Fortschritt wird damit von vornherein eingeschränkt und er droht damit, in einer Sackgasse zu enden. Die Geschichte hat deutlich gezeigt, dass der freiheitlich liberale Staat mehr Fortschritt zustande bringt, als der planwirtschaftlich organisierte autoritäre Staat.
Schöpferische Freiheit und Fortschritt hängen auch nicht von konservativ oder links ab. Es sind vielmehr immer die Extreme, die die Freiheit einschränken wollen und dafür immer schon irgendwelche besonderen Gründe anführten, um so die Masse lenken zu können. Aber ich bin kein Anarchist. Und ich weiß auch nicht, was „unbegrenzte Konsumfreiheit“ bedeuten soll. Das letzte Mal war ich 2009 auf einem Linienflug. Wie oft sind Frau Neubauer, Al Gore oder Herr Jaenicke in den letzten Jahren geflogen?
Jedenfalls hat uns der Konsum weitergebracht, während die DDR durch den Verzicht untergegangen ist. Denn am Ende bestimmt immer eine selbsternannte Elite darüber, was wir noch dürfen. Für wichtiger halte ich die Zurückdrängung der Oligarchie: einer ausartenden Finanzelite in Form einzelner Personen, deren Macht die des Staates zu übertreffen scheint und unsere Freiheit im Besonderen bedroht.
Stichwort: Fortschritt. Welche konkreten, greifbaren Möglichkeiten sehen Sie denn, dass uns die (Natur-)Wissenschaften bei der Bewältigung des Klimawandels bzw. bei Corona helfen? Der Physiker Prof. Dr. Gerd Ganteför sagt z.B., es bliebe uns „mittelfristig nichts anderes übrig (…), als das Klima technisch zu stabilisieren“. Sind solche Vorstellungen realistisch?
Gott behüte uns vor technischen Stabilisierungen des Klimas, wenn damit geotechnische Verfahren gemeint sein sollten. In meinen Augen wäre dies der Gipfel der Hybris.
Zunächst müsste vielmehr die Wissenschaft wieder auf Augenhöhe zum Volk herunterkommen und uns die Angst vor den vielen angeblichen Gefahren nehmen. Dafür gibt es ausreichend Gründe und Anlass. Es ist ja gerade die Aussage meines Buches, dass empirische Evidenz und unser Wissen über Naturprozesse der Klimawandelgefahr weit stärker widersprechen, als dies alltäglich durch eine – zum Teil politisch motivierte – Wissenschaftselite propagiert wird. Trotz des enormen Bevölkerungswachstums hat die Menschheit in den letzten 170 Jahren eine überwiegend gute Entwicklung erfahren. Vieles hat sich deutlich gebessert. Vor allem auch Medizin, Hygiene und saubere Nahrung, die uns ein immer längeres Leben ermöglichen.
Im weiteren Schritt müssen die positiven Seiten von Klimaerwärmung und CO2-Zunahme viel stärker in den Vordergrund bzw. der negativen Seite angemessen gegenübergestellt werden. Denn wenn irgendetwas öffentlich geleugnet wird, dann genau das.
Und nicht zuletzt sollten wir wieder zurückkehren zu einer objektiveren Wissenschaft, in der die Ergebnisse der Systemdynamik ausreichend abgeglichen werden mit denen der empirischen Analyse, bevor die Politik sich der regelmäßig überzogenen Resultate annimmt. Die Folgen des Nicht-Abgleichens sehen wir heute im Fall der Corona-Krise, in der die Lockdown-Maßnahmen auch mathematisch produziert wurden. Systemsimulationen projizieren die aus der Black-Box stammenden Szenarien auf relativ lange Zeiträume. Dabei geht die Falsifizierbarkeit wissenschaftlicher Annahmen verloren, mit der Folge, dass die zur Realität isomorphen Ergebnisse die groben Fehler verdecken, die sich darin verfangen.
Am Ende sind aber auch die Bürger und Bürgerinnen gefordert, sich immer wieder auf Bildung einzulassen. Denn die Demokratie wird sonst vor dem Hintergrund zunehmenden Wissens und einer explodierenden Datenmasse ganz automatisch verloren gehen. Hier liegt meines Erachtens nach seit langem schon eine der größten Aufgaben der Politik. Letztere ist dazu da, Freiheit und Fortschritt stetig im Hier und Jetzt zu sichern – nicht erst in 30 Jahren.
Vielen Dank für die interessanten Auskünfte!
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Corona, Klimawandel und „Great Reset“: diese drei Phänomene dominieren die politischen Debatten unserer Zeit. Aufgenommen hat diese Erzählstränge der Diplom-Geologe Marc Krecher. Nicht nur haben alle drei – als Spielarten einer post-modernen, post-faktischen und misanthropen Systemtheorie – die gleichen Wurzeln, sie alle weisen auch auf dasselbe Ziel: eine „bessere“ Welt. Sicherheit, Nachhaltigkeit, Solidarität heißen die neuen obersten Werte. Hygiene und CO2-Neutralität statt Freiheit und Demokratie? Virologen, Klimaforscher und Politiker schüren mit immer neuen, immer drastischeren Bedrohungsszenarien Angst vor der Zukunft und empfehlen nie dagewesene Eingriffe in unser aller Leben, um nichts weniger als die Welt zu retten – darunter macht man es heute nicht mehr.