Mäßig warmer, sehr wechselhafter Juli 2021 in Deutschland – ein typischer Hochsommermonat
Weitere Aussichten für die zweite Jahreshälfte: Oft wechselhaft und meist nur verhaltene Temperaturen
Stefan Kämpfe
Nachdem in einer bei enormen Temperaturschwankungen insgesamt verhaltenen ersten Jahreshälfte nur der Juni viel Wärme brachte, zeigte sich auch der Juli sehr wechselhaft und gemäßigt. Nach der neuen Vergleichsperiode (1991 bis 2020), die freilich die Messlatte sehr hoch legt, fiel er, bei insgesamt deutlich höheren Werten im Nordosten und zu tiefen im Südwesten, fast temperaturnormal und trotz der gebietsweisen Unwetter nur moderat zu feucht aus. Der Höhepunkt der Juli-Erwärmung in Deutschland scheint ohnehin überschritten. Und für den August 2021 deutet sich, wie wohl für den gesamten Jahresrest, zumindest zeitweise wechselhafte, teils auch kühle Witterung an.
Auch 2021 eine sichere Bank – Die Siebenschläfer-Regel, warmer Nordosten, kühler Südwesten
Die schon oft erklärte Siebenschläfer-Regel, nach welcher sich aus dem Witterungstrend Ende Juni/Anfang Juli grobe Rückschlüsse für die kommenden Wochen ziehen lassen, traf auch diesmal zu. Der Blick in die Wetterkarten zeigte neben kurzen Phasen mit Zwischenhoch-Einfluss im ersten Monatsdrittel immer wieder kleinräumige Tiefs, welche, von Westeuropa kommend, sehr langsam über Deutschland zogen. Aber tiefer Luftdruck bedeutet im Hochsommer nur dann sehr kühles Wetter, wenn Kaltluft vom Nordatlantik, dem Nordmeer oder der Arktis angezapft wird. Für die dafür erforderliche, großräumige Nordwest- bis Nordströmung waren diese Tiefs jedoch zu klein, sie brachten auf ihren Vorderseiten feuchte, warm-gemäßigte oder subtropische, auf den Rückseiten meist nur erwärmte, feuchte Meeresluft mit. Als Beispiel sei die Wetterkarte vom 6. Juli 2021 gezeigt:
Damit ähnelte dieser Juli, wenngleich nur in sehr groben Zügen, denen von 2014, 2007, 2002 und 1997. Das Temperaturgefälle zwischen dem warmen Nordosten und dem eher kühlen Südwesten blieb dann praktisch bis zum Monatsende erhalten.
Das langfristige Temperaturverhalten – der Juli tanzt aus der Reihe und hat (vermutlich) die wärmsten Zeiten schon hinter sich
Anders, als die meisten Monate und die Jahreszeiten, erwärmte sich der Juli bis etwa 1980 kaum; ihm fehlt vor allem die markante Erwärmungsphase von 1881 bis ins Anfangsdrittel oder bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts, was nicht gut zur schon damals steigenden CO2-Konzentration passt. Ab 1982 und damit sehr früh, setzte mit den zwei sehr warmen Monaten 1982 und 1983 die neuzeitliche, der stark zunehmenden Besonnung und der Häufung erwärmender Wetterlagen geschuldete Erwärmung ein. Seit Aufzeichnungsbeginn (1881) betrug die Erwärmung mäßige knapp 1,5 Kelvin (°C). Dabei sind die DWD-Daten auch noch wärmeinselbelastet, und die DWD-Reihe startet in der letzten Phase der „Kleinen Eiszeit“ – um 1881 war es besonders kühl. Nur seit den 1980ern gab es in jedem Jahrzehnt mit mehr als 20°C mindestens einen extrem warmen Juli, der letzte (2010er Jahre) war aber davon der kühlste (2018 mit 20,3°C). Der herausragend warme Juli 2006 mit 22,0°C im Flächenmittel liegt nun schon anderthalb Jahrzehnte zurück, und das Jahrzehnt von 2001 bis 2010 war auch das bislang einzige mit zwei Juli-Monaten über 20°C.
Noch erstaunlicher ist die Entwicklung der Juli-Temperaturen in Zentralengland (Midlands), für das eine über 360ig-jährige Messreihe vorliegt- Sie erfasst damit auch den Höhepunkt der „Kleinen Eiszeit“, das so genannte Maunder-Minimum als vermutlich kälteste Epoche in den mindestens letzten 2.000 Jahren. Seitdem sollte es doch eine kräftige Erwärmung um viel mehr als ein Grad gegeben haben – aber die Realität sieht ganz anders aus:
Stagnierende Juli-Minima – Menetekel der Abkühlung?
Der Autor untersucht seit längerem Wärmeinseleffekte. Mittlerweile liegen die Werte der sehr ländlichen DWD-Station Dachwig im Thüringer Becken bis in die 1980er Jahre lückenlos vor; diese wurde seitdem nicht verlagert, befand sich also stets am selben Ort. Bei flüchtiger Betrachtung zeigt sich hier seit den späten 1980er Jahren das typische Bild einer merklichen Juli-Erwärmung. Aber die erfolgte auf Kosten rasant steigender Tagesmaxima – die Minima verweigern sich hier der Erwärmung, was ein weiteres Indiz gegen eine CO2-dominierte Klimaerwärmung ist.
Dieses Verhalten blieb in Dachwig nicht auf den Juli beschränkt; noch deutlich stärker war die Minima-Abkühlung von Januar bis Mai und im September, im Jahresmittel betrug sie gut 0,4 K. Doch bei weitem nicht alle DWD-Stationen zeigen diesen Trend; es bedarf weiterer Untersuchungen, welche aber durch die häufigen Stationsverlagerungen stark erschwert werden.
Die Sonnenscheindauer als wesentlicher Treiber der Juli-Temperatur
Wie wir schon anhand der Abbildung 3 gesehen hatten, können die stark steigenden CO2-Konzentrationen nicht ursächlich für die Entwicklung der Juli-Temperaturen gewesen sein. Wie in allen anderen Sommerhalbjahres-Monaten, übt außer den Großwetterlagen die Sonnenscheindauer einen signifikanten Temperatureinfluss aus, der im Juli am größten ist. In Deutschland ist das Flächenmittel dafür leider erst seit 1951 verfügbar:
Im Juli 2021 stürzte die Sonnenscheindauer auf knapp unter 200 Stunden ab, das ist voraussichtlich der geringste Wert seit 2011; folglich konnte er nicht herausragend warm ausfallen. Aber die fehlende, großräumige Kaltluftzufuhr verhinderte Schlimmeres; frieren musste man, von ganz wenigen Tagen abgesehen, zumindest im Tiefland nicht. Und anders, als uns das die Dauer-Berichterstattung über das Hochwasser suggerierte, war der Juli im Flächenmittel auch nicht extrem nass, er wird es bei weitem nicht unter die zehn regenreichsten Monate seit 1881 schaffen; die regionalen Hochwasser-Ereignisse wurden durch örtlich begrenzte Starkregen ausgelöst sowie durch Bausünden und Behörden-Schlamperei verstärkt.
Nachlassende Sonnenaktivität, die Noch-AMO-Warmphase und warme Juli-Monate in Deutschland
Die aktuell nachlassende Sonnenaktivität wird stets mit Abkühlung in Verbindung gebracht; doch das könnte unter bestimmten Umständen voreilig sein. Erstens wirkt diese mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten – aktuell ist sie noch nicht voll bei uns angekommen. Zweitens fördert eine geringe Sonnenaktivität so genannte Meridionallagen, bei denen der Luftmassentransport überwiegend entlang der Längengrade erfolgt (Nord- oder Südlagen; in Europa auch der Sonderfall der Ostwetterlagen). Insgesamt schwächt sich die Zirkulation ab und verlagert sich südwärts. Süd- und Ostlagen sowie zirkulationsschwache fallen aber, anders als im Winter, im Juli fast stets mehr oder weniger zu warm aus. Und drittens gibt es das Phänomen der so genannten Koronalen Löcher, welche trotz geringer Sonnenaktivität längere, sehr warme Schönwetterperioden auslösten, wie wir das seit 2018 häufig erlebten. Näheres dazu hier. Möglicherweise sind auch die Hochwasser-Ereignisse ein Vorbote der beginnenden Abkühlungsphase, denn in solchen Perioden verursacht die zunehmende Kosmische Strahlung eine verstärkte Wolken- und Gewitterbildung. Dieses Phänomen könnte auch die einzelnen, dem Charakter der „Kleinen Eiszeit“ widersprechenden Hitzewellen erklären, so den Sommer 1666 (historischer großer Stadtbrand in London), oder den enorm heißen Sommer 1540. Und viertens wirkt (momentan) noch die AMO-Warmphase der solar bedingten Abkühlung entgegen:
Sollte, was in naher Zukunft durchaus zu erwarten ist, eine AMO-Kaltphase mit der geringen Sonnenaktivität zusammenfallen, so wird es mit den schönen, warmen Julimonaten vorbei sein.
Vegetationsverlauf im Juli: Der Rückstand des kalten Frühlings wurde nicht ganz kompensiert
Anders als in den Vorjahren, startete die Getreideernte in Weimar erst um den 15. Juli und damit vergleichsweise spät, was nicht nur der oft feuchten Witterung, sondern auch dem kalten Frühjahr geschuldet war. Und während der Autor sonst meist im letzten Julidrittel den Beginn der Reife des Schwarzen Holunders beobachten konnte, wird diese nun erst für Anfang August erwartet.
Unbequeme Juli-Erkenntnisse: Wind und Sonne liefern zu wenig Strom
Die gebetsmühlenartigen Phrasen von der Sonne, die uns keine Rechnung schickt, und dem Wind, der immer irgendwo weht, scheitert an der Juli-Realität. Und nachts, wenn auch Strom benötigt wird, scheint selbst im Juli keine Sonne, und der Wind kann auch auf dem Meer oft einschlafen. Anders, als im Juli 2020, brachten die kleinräumigen Juli-Tiefs, von schweren Gewitterböen einmal abgesehen, oft nur ein laues Lüftchen mit, und die vielen Wolken dämpften die Produktionsergebnisse der Solaranlagen merklich. Ein Vergleich beider Monate verdeutlicht das schlechte Abschneiden des 2021er Julis:
Durchwachsener August und verhaltener Jahresrest?
Ähnlich wie bei der Siebenschläferregel gibt wegen der Erhaltungsneigung der Hochsommerwitterung auch der Monatswechsel Juli/August grobe Hinweise auf den Witterungsverlauf der kommenden Wochen. In den vergangenen Jahren zeigte sich diese „zweite Siebenschläferregel“ recht zuverlässig. Besonders spannend waren dabei die Verläufe 2006, 2010 und 2014: Nach dem jeweils sehr warmen Juli folgte mit dem Umschwung zum Monatswechsel ein sehr kühler, nasser August. Aber der für dieses Jahr in Frage kommende Vergleichsfall (Fortbestand oder gar Verstärkung der wechselhaften, teils kühlen Witterung) ist besonders häufig (1993, 1996, 1998, 2002, 2005, 2007, 2008, 2017). Alle Mittelfrist-Modelle sagen eine sehr wechselhafte, aber nicht durchgehend unfreundliche oder zu kühle erste August-Dekade vorher:
Die Witterung im August könnte also (bei gewisser Unsicherheit) öfters kühle Phasen beinhalten; besonders in Norddeutschland. Mit häufigeren Niederschlägen ist zu rechnen; erstmals in diesem sehr zirkulationsschwachen Jahr könnten westliche Luftströmungen eine größere Rolle spielen. Aber sicher sind auch warme Schönwetterphasen mit von der Partie. Noch gibt es für Sommerfans einen schwachen Hoffnungsschimmer: Dem wechselhaften Juli und August-Beginn 2016 folgte ab der letzten August-Dekade enorme Hitze bis weit in den September – aber so etwas wiederholt sich nur selten. Vorhersagen für den Herbst und Frühwinter verbieten sich zwar zum jetzigen Zeitpunkt, doch scheint auch da ein eher gedämpftes Temperaturniveau vorzuherrschen, was schon der höhenkalte Januar angedeutet hatte; Näheres zur Jahresprognose 2021 hier. Das wegen seines experimentellen Charakters nicht besonders zuverlässige CFSv2-Modell des NOAA sieht folgende Entwicklung: