Sehr warmer Juni 2021 in Deutschland – doch CO2 ist nicht der Verursacher

Ein warmer, dank kräftiger Gewitterschauer stellenweise fruchtbarer Juni 2021 entschädigte für die Frühjahreskälte. Foto: Stefan Kämpfe

Stefan Kämpfe

Der Juni zeigt schon seit über drei Jahrzehnten eine starke Erwärmungstendenz Dank stärkerer Besonnung und häufigerer Südlagen – wird auch der Juli recht warm verlaufen?

Nach der harschen Kälte im April/Mai konnten sich Sommerfans über einen sehr warmen Juni freuen, den auch der Autor dieses Beitrages, freilich nur sehr vorsichtig, angekündigt hatte. Die enorme Hitze der Junimonate 2003 und vor allem 2019 wurde jedoch nicht erreicht, und eitel Sonnenschein über längere Zeit blieb wegen häufiger Gewitterschauer aus. Regional sprießte die Vegetation so üppig, wie seit Jahren nicht mehr. Leider beglückte der Regen nicht alle Regionen – die „Streusandbüchse“ Deutschlands (Land Brandenburg) bekam nur wenig ab, und dort war es auch am wärmsten und sonnigsten. Bei aller Skepsis gegenüber Langfristprognosen – im Juli könnte es noch eine ganze Weile so weitergehen.

Viele unbestimmbare (XX) und südliche Wetterlagen bringen oft Juni-Wärme und gefährden Deutschlands Stromversorgung

Seit dem Beginn der Erfassung der Objektiven Wetterlagen beim DWD (zweite Jahreshälfte 1979) gab es nur selten mehr Juni-Tage ohne eindeutig bestimmbare Anströmrichtung über Deutschland, als 2021 (der bisherige Rekord datiert aus dem Vorjahr mit 13 Tagen).

Abbildung 1: Die Häufigkeit der im Juni unbestimmten Lagen (keine eindeutige Anströmrichtung im 700-hPa-Niveau, entspricht etwa 3.000 Metern Höhe) nahm merklich zu. Bis zum 26. Juni 2021 hatte es schon 11 Tage mit XX-Lagen gegeben; der Beitrag wurde aus Aktualitätsgründen vor dem Monatsende vollendet.

Diese XX-Lagen gehen fast stets mit mehr oder weniger deutlichen Flauten auch in den bodennahen Luftschichten einher; Niederschlagsgebiete ziehen oft nur sehr langsam und fallen daher lokal besonders ergiebig aus; die stagnierende Luft kann sich außerdem unter den Bedingungen der sehr langen Frühsommertage stark erwärmen. Und das häufige Vorhandensein potentiell instabiler Luftmassen (mPs, xSp, xS) begünstigte die Entstehung von Gewitterschauern. Ähnlich wie schon im Vorjahr, hatte das auch an den übrigen Juni-Tagen meist schwachwindige Juni-Wetter sehr negative Auswirkungen auf die Windstromproduktion.

Abbildung 2: Stromproduktion Deutschlands von 1. bis zum 26. Juni 2021. Der Windstromanteil lag über weite Strecken bei lächerlichen 1 bis 15 %, und das bei gut 30.000 Windkraftanlagen! Strom kann nach wie vor NICHT in größeren Mengen gespeichert werden – man achte auf den nur tagsüber mitunter reichlich vorhandenen Solarstrom, welcher die Last (Stromverbrauch, schwarze Linie) tagsüber nicht selten überschritt und verschleudert werden musste. Bildquelle energy-charts.info, ergänzt.

Der Juni galt stets als ein Monat mit vielen Nordlagen; vielen Lesern ist sicher noch die berüchtigte „Schafskälte“ in Erinnerung. Doch mittlerweile nahm die Häufigkeit der Großwettertypen Süd und Südwest stark zu und holte die Häufigkeit der Großwettertypen Nord und Nordwest ein, was die enorme Juni-Erwärmung der letzten Jahrzehnte ebenfalls erklärt:

Abbildung 3: Starke Häufigkeitsabnahme der nördlichen und nordwestlichen (blau) zugunsten der südlichen und südwestlichen (rot) Großwettertypen 1881 bis 2020; Daten für 2021 liegen noch nicht vor. Dieses Häufigkeitsverhalten der Großwetterlagen trug wesentlich zur Juni-Erwärmung bei.

Das langfristige Verhalten der Juni-Temperaturen in Deutschland

Im Gegensatz zu den meisten anderen Monaten, erwärmte sich der Juni bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts kaum. Ab da bis zum Beginn der 1990er Jahre zeigte er aber die fast allen Monaten eigene Abkühlungsphase trotz steigender CO2-Werte, um sich ab etwa 1990 so kräftig zu erwärmen, wie es nur noch der April und der November schafften. Seit Aufzeichnungsbeginn (1881) betrug die Erwärmung mäßige 1,2 Kelvin (°C). Dabei sind die DWD-Daten auch noch wärmeinselbelastet, und die DWD-Reihe startet in der letzten Phase der „Kleinen Eiszeit“ – um 1881 war es besonders kühl.

Abbildung 4: Verlauf der Junitemperaturen im Deutschland-Mittel seit 1881 mit drei Entwicklungsphasen. Einer langen, bis etwa 1947 dauernden Stagnationsphase folgte eine Abkühlungsphase bis 1991, in welcher sehr warme Juni-Monate fehlten. Beginnend mit 1992 und gipfelnd im Rekord-Juni 2019, kam es zu einer sehr starken Erwärmung. In den gesamten 141 Jahren der Reihe betrug der Temperaturanstieg nur mäßige 1,2 Kelvin (°C) – bei enorm steigenden CO2-Konzentrationen. Mit WI-Bereinigung hätte es eine geringere Juni-Erwärmung unter 1 Kelvin gegeben. Zur Beachtung: Die Grafik zeigt KEINE Klimasensitivität der CO2-Konzentration; sie verdeutlicht lediglich, dass die von etwa 290 auf 418 ppm steigende CO2-Konzentration über lange Zeiträume nicht zur Temperaturentwicklung passt.

Noch erstaunlicher ist die Entwicklung der Juni-Temperaturen in Zentralengland, für das eine über 360ig-jährige Messreihe vorliegt; sie erfasst damit auch den Höhepunkt der „Kleinen Eiszeit“, das so genannte Maunder-Minimum als vermutlich kälteste Epoche in den mindestens letzten 2.000 Jahren. Seitdem sollte es doch eine kräftige Erwärmung um viel mehr als ein Grad gegeben haben – aber die Realität sieht ganz anders aus:

Abbildung 5: Mit kaum 0,2 Kelvin praktisch kein Juni-Temperaturanstieg seit über 360 Jahren in Zentralengland. Die wärmsten Juni-Monate liegen weit zurück und sind gekennzeichnet; in der Neuzeit war dort nur der Juni 1976 sehr warm; 2021 wird mit knapp unter 16°C dort ein nur mäßig warmer Juni.

Eine Betrachtung seit 1930 belegt ebenfalls die fast völlig fehlende Juni-Erwärmung in Zentralengland, während es in Deutschland wärmer wurde – sollte etwa das CO2 nur in Deutschland gewirkt haben? Das ist wohl nicht plausibel.

Abbildung 6: Während sich der Juni seit 1930 in Deutschland angenehm erwärmte, blieb er in Zentralengland so kühl, wie immer.

Die Sonnenscheindauer als wesentliche Treiber der Juni-Temperaturen

Wie wir schon anhand der Abbildungen 4 bis 6 gesehen hatten, können die stark steigenden CO2-Konzentrationen nicht ursächlich für die Entwicklung der Juni-Temperaturen gewesen sein. Wie in allen anderen Sommerhalbjahres-Monaten, übt außer den Großwetterlagen die Sonnenscheindauer einen signifikanten Temperatureinfluss aus. In Deutschland ist das Flächenmittel dafür leider erst seit 1951 verfügbar:

Abbildung 7: Jun-Erwärmung in Deutschland seit auch dank höherer Besonnung (etwa 55% der Temperaturvariabilität werden von der Sonnenscheindauer bestimmt). Die Zunahme der Sonnenscheindauer hatte verschiedenste Ursachen, unter anderem die stark abnehmende Konzentration der Luftschadstoffe (SO2, Staub) und die Austrocknung Deutschlands durch Bebauung, Versiegelung und Meliorationen. Möglicherweise fördert auch die übertriebene Nutzung der Wind- und Solarenergie eine Bewölkungs- und Nebelabnahme, was mehr Besonnung nach sich zieht. Umrechnung beider Größen in Indexwerte, um sie anschaulicher mit den Lufttemperaturen in einer Grafik zu zeigen.

Der Juni 2021 zählte nicht zu den sonnenscheinreichsten, aber er war überdurchschnittlich besonnt. Man achte auch in der Grafik 7 auf den bis gegen Ende der 1980er Jahre anhaltenden Temperaturrückgang, welcher mit abnehmender Besonnung einherging.

Nachlassende Sonnenaktivität, die Noch-AMO-Warmphase und warme Juni-Monate in Deutschland

Die aktuell nachlassende Sonnenaktivität wird stets mit Abkühlung in Verbindung gebracht; doch das könnte unter bestimmten Umständen voreilig sein. Denn erstens wirkt diese mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten – aktuell ist sie noch nicht voll bei uns angekommen. Zweitens fördert eine geringe Sonnenaktivität so genannte Meridionallagen, bei denen der Luftmassentransport überwiegend entlang der Längengrade erfolgt (Nord- oder Südlagen; in Europa auch der Sonderfall der Ostwetterlagen). Süd- und Ostlagen fallen aber, anders als im Winter, im Juni fast stets mehr oder weniger zu warm aus. Und drittens gibt es das Phänomen der so genannten Koronalen Löcher, welche trotz geringer Sonnenaktivität längere, sehr warme Schönwetterperioden auslösten, wie wir das seit 2018 häufig erlebten. Näheres dazu hier. Dieses Phänomen könnte auch die einzelnen, dem Charakter der „Kleinen Eiszeit“ widersprechenden Hitzewellen erklären, so den Sommer 1666 .(historischer großer Stadtbrand in London), oder den in England enorm heißen Juni 1676. Und viertens wirkt (momentan) noch die AMO-Warmphase der solar bedingten Abkühlung entgegen:

Abbildung 8: Merkliche zeitliche Übereinstimmung der AMO und der Juni-Temperaturen in Deutschland. In AMO-Warmphasen, wie zur Mitte des 20. Jh. und aktuell, sind die Junitemperaturen tendenziell höher. Ähnliches gilt für den gesamten Sommer und den Herbst. Die AMO-Juniwerte für 2021 liegen noch nicht vor.

Sollte, was in naher Zukunft durchaus zu erwarten ist, eine AMO-Kaltphase mit der geringen Sonnenaktivität zusammenfallen, so wird es mit den schönen, warmen Junimonaten vorbei sein.

Vegetationsverlauf im Juni: Der Rückstand des kalten Frühlings wurde nicht ganz kompensiert

Der Autor beobachtet zur Festlegung des phänologischen Hochsommerbeginns den Start der Winterlindenblüte in Weimar; leider erst seit 1998.

Abbildung 9: Fast keine Verfrühung der Winterlindenblüte in Weimar seit 1998. Die Juni-Erwärmung konnte, zumindest phänologisch, die leichte Mai-Abkühlung nicht überkompensieren.

Warmer Juli 2021?

Die Siebenschläferregel stellt auf den Witterungstrend Ende Juni/Anfang Juli ab, weil sich die kurz nach dem Sonnenhöchststand einstellende Großwetterlage (Jet-Stream, langwellige Höhen-Rücken oder Höhentröge) meist für einige, keinesfalls aber genau 7 Wochen, stabilisiert. Sie ist für Süddeutschland verlässlicher, als für das Norddeutsche Tiefland und sollte vorrangig nur zur groben Abschätzung der Juli-Witterung dienen. In den Ensemble-Prognosen für den 7. Juli erkennt man einen langwelligen Höhenrücken über Europa, der sich bis nach Nordskandinavien ausdehnt:

Abbildung 10: Vorhersage der Höhenlage der 500-hPa-Fläche der Nordhalbkugel für den 7. Juli. Über Europa (violetter Pfeil) erkennt man eine erhöhte Lage, was (meist) mit Hochdruckwetterlagen und Warmluft in diesem Gebiet einhergeht. Bildquelle: NOAA

hier.