Steigende Blackoutgefahr in Deutschland ? Gibt´s nicht sagt die Bundesregierung, und wenn doch, sind die Netzbetreiber schuld!

In Kroatien erfolgte die automatische Abschaltung einer Umspannanlage, worauf der Strom sich andere Wege suchte und weitere Leitungen zur Vermeidung von Überlastung automatisch abgeschaltet wurden. Binnen Sekunden ergab sich daraufhin auch im europäischen Nordwestnetz eine Einspeiseunterdeckung von ca. 6,3 GW, was der Leistung von sechs Großkraftwerken entspricht. Das drückte die Netzfrequenz auf unter 49,8 Hz. Zuvor hatten schon die französischen Versorger einige ihrer Kernkraftwerke wegen notwendiger Wartung vom Netz genommen.

Die Lage war also äußerst kritisch, doch nach rd. einer Stunde hatten die Netzbetreiber mit Hilfe der Versorger, mittels Trennen der Netze und dem Hochfahren bzw. Anpassen regelbarer Kraftwerke, die Lage wieder im Griff.

Doch die Unterschreitung der Grenze von 49,8 Hz ist ein absolutes NoGo. Da läuten sämtliche Alarmglocken. Denn bis dahin läuft die Stromversorgung durch Nachregelung regelbarer Kraftwerke sozusagen noch im normalen Bereich. Ab und unter 49,8 Hz wird es eng. Und mit jedem weiteren 1/10 Herz weniger exponentiell noch enger. Plötzlich fehlte die Leistung von 6 Kraftwerken und musste schnellstens durch Hochfahren noch intakter Kapazitäten in Sekundenschnelle wieder ausgeglichen werden. Denn sänke die Frequenz weiter unter 49 Hz bspw. durch eine weitere Störung, würden die Automaten sukzessive Last abwerfen, um zu vermeiden, dass die Frequenz als Primärsignal weiter sinkt. Bei nur noch 47,5 Hz müssten dann die Kraftwerke vom Netz genommen werden, ein flächendeckender Blackout wäre da. Bevor das passiert sind die Netzbetreiber aber verpflichtet sog. Brownouts zu erzeugen (gemäß §13 (2) EnWG), in dem sie große Verbraucher, aber auch ganze Stadtviertel gezielt abwerfen. Betreiber von virtuellen Kraftwerken Next schreibt dazu auf seiner Website:

„Dieser gezielte Lastabwurf markiert die letztmögliche Maßnahme zur Systemstabilisierung, wenn das Stromnetz überlastet ist. Im Idealfall kommunizieren die Übertragungsnetzbetreiber den Stromausfall den betroffenen Stromverbrauchern vor Beginn des Brownouts.“

 

Eine Kleine Anfrage (KA) wird groß beantwortet

Diese gefährliche Situation nahm die AfD Fraktion im Deutschen Bundestag zum Anlass die Bundesregierung mal wieder zu ihrer Einschätzung der Versorgungssicherheit zu befragen. In 17, tlw. sehr detailliert ausgeführten Fragen, wurden die Bundesregierung dazu zur Stellungnahme aufgefordert. Die Antwort kam innerhalb der vorgeschriebenen Zeit und war ebenfalls sehr ausführlich (hier). Wie es üblich ist, wiederholt das antwortende Ministerium – in diesem Fall das zuständige Wirtschaftsministerium – die Fragen in kleinerer Schrifttype und beantwortet sie darunter.

Auf insgesamt 10 Seiten wurde darin wortreich und mit vielen Quellenangaben belegt, verkündet, dass zur Sorge vor der Zunahme einer Blackoutgefahr überhaupt kein Anlass, bestehe, aber wenn doch, sei dies allein die Schuld der Netzbetreiber, denn die hätten nun mal dafür zu sorgen, dass das Stromnetz stabil bliebe, unabhängig von den ständigen Eingriffen der Laienspieler in Parlament und Regierung ist man versucht hinzuzufügen.

Aus der Fülle der Informationen der Antwort mit Verweisen auf viele „Studien“ bekannter Marktteilnehmer, mit tlw. über 350 Seiten Umfang, will ich hier nur einige wenige herausgreifen, die wortgewaltig, aber fast immer ausweichend, oder auf Modellrechnungen für die Zukunft verweisend, das Lied der Zuversicht verbreiten:

„Sorgt Euch nicht, wir haben alles im Griff“.

 

Doch das ist Pfeifen im Walde, denn es hält einer sorgfältigen Analyse der Antworten, vor allem aber nach Durchsicht der benannten Quellen, nicht stand.

Im Gegenteil! So gut wie alle Verantwortlichen in den benannten Quellen äußern ihre Sorge vor zunehmender Netzinstabilität und damit vor der Gefahr eines Brownouts, ggf. sogar eines Blackouts. Das wird natürlich nur verschleiert vorgetragen, denn niemand will es sich mit den mächtigen Leuten in Berlin verderben. Doch wer gelernt hat zwischen den Zeilen zu lesen findet die große Besorgnis wieder, die ehrliche Fachleute über dieses Großexperiment empfinden. Wie zum Beispiel in den Texten des als maßgeblich zitierten (Verein Deutscher Elektroingenieure) VDE mit seiner Untergruppe Forum Netztechnik und Netzbetrieb (FNN). Dort findet man zu den Grafiken, den sie auf ihrer Webseite zeigt die folgenden Hinweise der VDE FNN Verantwortlichen. Sie sprechen Bände: (Quelle: https://www.vde.com/de/fnn/arbeitsgebiete/versorgungsqualitaet/versorgungszuverlaessigkeit/versorgungszuverlaessigkeit2019) Man findet dort:

„1. Netzbetreiber leisten einen enormen Aufwand, um die Netze in den zulässigen Grenzen von Frequenz, Spannung und Leitungsbelastung zu betreiben. Die Anforderungen dabei steigen durch den Umbau auf erneuerbare Energien und u. a. dem dadurch notwendigen Stromtransport über weite Strecken. Die Netzauslastung steigt und wird zunehmend dynamisch. Gleichzeitig verzögert sich der Netzausbau. So entstehen vermehrt Engpässe im Netzbetrieb, die die Netzbetreiber beheben müssen.

2. Um alle Kunden sicher und zuverlässig mit Strom zu versorgen und dabei vorrangig erneuerbare Energien einzuspeisen, müssen die Netzbetreiber korrigierend eingreifen. Die Aufwendungen dafür sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Dadurch konnten die Netzbetreiber rund 3,5 Prozent des Jahresbruttoinlandstromverbrauchs nicht wie geplant einspeisen lassen.

3. Für die Anpassung von konventionellen Kraftwerken haben Netzbetreiber 2018 803 Mio. Euro an Entschädigungen gezahlt (2017: 901 Mio. Euro). Die Entschädigungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen schlugen 2018 mit 635 Mio. Euro zu Buche (2017: 610 Mio. Euro). Dieser hohe Aufwand ist notwendig, um die hohe Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu sichern.

4. Es gibt eine zunehmende Differenz zwischen der installierten Leistung gemäß Erneuerbaren-Energien-Gesetz (installierte EEG-Leistung) und Jahreshöchstlast. Wegen der EEG-Vorrangeinspeisung nehmen damit auch die möglichen Betriebsfälle zu, in denen steuernd eingegriffen werden muss, um das System stabil zu halten. Dies äußert sich u. a. in den zunehmend erforderlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit.“

Oder der Prof. em. Dr. H. Freiesleben zur Frage „Wie sicher ist die Stromversorgung in Deutschland?“ in den et – Energiewirtschaftliche Tagesfragen, 9. Oktober 2020.

Er schreibt dort u. a.: 

Die geplante Substitution der elektrischen Energie, die durch Abschalten der Kernkraftwerke mit Ende des Jahres 2022 und dem Zurückfahren der Kohleverstromung in den Jahren 2020 bis 2030 nötig wird, ist durch EE (Anmerkugn des Verfassers: „Erneuerbare“ Energien) nicht möglich – die Energieversorgung ist auf dieser Basis nicht sicher.“

Und als Fazit:

„Die Versorgung mit elektrischer Energie im gegenwärtigen Umfang kann bis zum Jahr 2030 durch massiven Einsatz von Gaskraftwerken gesichert werden – diese tragen jedoch zu CO2-Emissionen bei; die angestrebten Klimaschutzziele werden dadurch verfehlt. Der Einsatz erneuerbarer Energien in einem noch größeren Umfang für Elektromobilität und Wasserstoffwirtschaft ist für den Zeitraum bis 2030 unrealistisch – es sei denn, das Speicherproblem würde eher gelöst.“

All das wird niemand bestreiten, doch die Bundesregierung zieht daraus nicht etwa die Konsequenz wenigstens einmal innezuhalten und dann die weitere Entwicklung zu beobachten, sondern setzt sogar noch einen drauf, wenn sie auf Seite 4 zwar vordergründig korrekt feststellt: „Anforderungen an den Transportbedarf und damit an Redispatch ergeben sich aus einer zunehmenden räumlichen Trennung von Last und Erzeugung bei gleichzeitig verzögertem Netzausbau“  und damit bei der Verteidigung der gewaltigen Zunahme netzstabilitätssichernder Maßnahmen, das Verursacher Prinzip einfach umkehrt.

Denn sie schreibt natürlich nicht, dass die „räumliche Trennung von Last und Erzeugung“ nur deshalb notwendig wurde, weil sie politisch gewollt war. Hätte man die völlig ausreichend vorhandene Versorgung mit konventionellen Kraftwerken – nach allen technischen, ökonomischen wie auch ökologischen Gesichtspunkten optimal aufgestellt- so belassen wie sie einmal war, dann würde niemand von der „räumlichen Trennung von Last und Erzeugung“ betroffen sein. Es gäbe sie nicht. Und weil sie nun schon mal so schön beim Fabulieren ist, und fast schon erheiternd, ist auch die Behauptung der Bundesregierung, dass die Netzbetreiber davon ausgingen, dass die „redispatchten“ 20,2 Terawattstunden (immerhin fast 3.5 % des deutschen Verbrauches) im Jahre 2019 sich  auf „nur noch“ 10,6 TWh im Jahre 2025 halbieren werden. Um gleich weiter unten die Vorbehalt einzubauen, „Von zentraler Bedeutung ist hier, dass die Maßnahmen, insbesondere auch die Leitungsbauprojekte, wie geplant umgesetzt werden können!“

Und wenn nicht, muss man fragen? Wir alle wissen, dass die extrem teure Netzerweiterung ins Stocken geraten ist, so überflüssig wie sie von Anfang an war.

Daher kann aus diesen Erkenntnissen und eigentlich allen Antworten zu dieser Kleinen Anfrage nicht der Schluss gezogen werden, wir hatten nicht nur alles im Griff, und wir werden auch in Zukunft alles im Griff haben, wie es die Bundesregierung tut, sondern man muss eindeutig feststellen, dass die bisherige Beherrschung der Lage keineswegs erlaubt zu folgern, dass dies auch in Zukunft so sein wird, denn sämtliche Weichen sind auf den weiteren Ausbau der alternativen – fälschlich erneuerbare genannte – Energieerzeugung gestellt. Auch deshalb nicht, weil gleichzeitig in Deutschland bis 2030 planmäßig 30 GW an kontinuierlicher Erzeugerkapazität abgeschaltet werden. Die Lage spitzt sich also mit jedem Wind- und Solarerzeuger und dem Wegfall jedes kontinuierlich arbeitenden Kraftwerkes weiter zu. Ein einziger Tropfen kann ein Fass zum Überlaufen bringen, sagt ein weises altes Sprichwort und unsere Regierung setzt alles daran das zu realisieren.

Hinzu kommt noch das exponentiell anwachsende Verteilproblem in allen Teilnetzen. Viele dezentrale Einspeiser verlangen ein adäquate Leitungsanbindung, deren Bereitstellung nicht nur extrem teuer ist, sondern auch gewaltig hinter den Bedarfen hinterherhinkt. Und mit der politisch gewollten „Sektorkopplung“ insbesondere bei der Totgeburt „E-Mobilität“ wird sich dieses Problem noch deutlich verschärfen.

Umso dreister mutet die Feststellung der Regierung an (S 6), dass bspw. „es grenzüberschreitende Ausgleichs- oder Vergleichmäßigungseffekte beispielsweise bei der Einspeisung aus erneuerbaren Energien, dem Stromverbrauch und der Verfügbarkeit von Kraftwerken“ gäbe, die sich auf 50 bis 60 GW bis 2030 addieren würden, um dann triumphierend zu folgern: „Wenn jedes Land in Europa für sich alleine sein Stromsystem aufbauen und betreiben würde, müssten folglich mehr als 50 bis 60 Gigawatt an Kraftwerken oder Speichern zusätzlich errichtet werden – mit den entsprechenden höheren Kosten für die Stromverbraucher“.
Das ist Irreführung im Quadrat, denn wenn dieselbe Regierung nicht zuvor dafür gesorgt hätte, dass 30 GW an zu günstigen Preisen kontinuierlich erzeugbarer Leistung aus Kern- und Kohlekraft einfach abgeschaltet werden, würde dieser Bedarf überhaupt nicht entstehen. So jubelt sie über den teuren EE Strom und „vergisst“ dabei außerdem, dass die Großwetterlagen in Europa fast immer dieselben Flauten, Dunkel- oder auch Starkwindzustände herbeiführen, wie in Deutschland allein. Da ist nix mit Ausgleich. Nada, niente, zero.

Leistungseinspeisung Europa; Quelle ENSOE, Grafik Ralf Schuster

Aus der obigen Grafik geht ganz klar hervor, dass dann, wenn in Deutschland der Wind nicht weht, auch in den Nachbarländern dieselben Versorgungslücken auftreten. Es gibt also keinen „Vergleichmäßigungseffekt“, auf den auch von den Baerbock-Kobold- Grünen so gern hingewiesen wird!

Daher gilt, und so hätte eine ehrliche Antwort aussehen müssen: Schaffte man von heute auf morgen die gesamten alternativen Energieerzeuger – weil ein rein parasitäres Doppelsystem- ab, gäbe es keinen zusätzlichen Netzausbau und die Zahl der und vor allem Kosten des Redispatch würden schlagartig auf das Niveau von vor 2010 sinken. Daher beantwortet sie die Frage „Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die große Menge an Kosten – und verschleißintensiven sogenannten Redispatch-Maßnahmen auf die Zahlen früherer Jahrzehnte zurückzuführen, die – ohne große Mengen an volatiler Stromeinspeisung – im Bereich von kleiner zehn bis 20 pro Jahr lagen, während aktuell knapp 20 pro Tag zu verzeichnen sind, bei gleichzeitiger Sicherung der Netzstabilität (Quelle: Netztransparenz.de https:// www.netztransparenz.de/EnWG/Redispatch)?“ irreführend und damit falsch.

In diesem Tenor sind die gesamten Antworten aufgebaut. Bei jeder einzelnen wird tunlichst vermieden, die Ursache all der Mängel und Verteuerungen zu benennen, die dem ganzen zugrunde liegen, nämlich der Errichtung eines zweiten, völlig parasitären Erzeuger- und Verteilsystems, dass niemand braucht, welches aber aus rein ideologischen Gründen mit aller Macht vorangetrieben wird. Weil das aber mit jedem weiteren Schritt immer unsicherer und immer teurer wird, lassen sich die schlauen Beamten der Regierung immer dasselbe Hintertürchen offen. Im Zweifel, wenn das Ganze nicht so klappt, wie in den Modell-Kristallkugeln gesehen, oder in grünen Zirkeln beschlossen, dann sind die Netzbetreiber schuld.

Denn immer wieder finden wir die folgenden Sätze:

„…Grundsätzlich liegt die Verantwortung für einen sicheren Netzbetrieb bei den Übertragungsnetzbetreibern… , sind die Betreiber der Übertragungsnetze dementsprechend berechtigt und verpflichtet, die Gefährdung oder Störung zu beseitigen durch netz- und marktbezogene Maßnahmen sowie zusätzliche Reserven (§ 13 Absatz 1 EnWG)….Grundsätzlich sind gemäß § 13 Absatz 1 und 2 EnWG die Übertragungsnetzbetreiber für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems verantwortlich.“….

Bleibt noch nachzutragen, dass die Bundesregierung wiederum zigfach treuherzig behauptet, die Lage immer wieder sorgfältig beobachten zu wollen. Sie nennt es Monitoring. Klingt gut und ist richtig nett,  es  ersetzt aber keine frei verfügbare Kraftwerksleistung. Auch „netz- und marktbezogene sowie zusätzliche Reserven“ (welche?) genügen nicht, um die mehr oder weniger oft auftretenden Versorgungslücken infolge volatiler Erzeugung zu kompensieren. (siehe Antwort zu Frage 7)

Und es stellt sich sofort die Frage, wozu das nötig ist, wenn alles so toll funktioniert.