Forsythie: Der Erstfrühlings­zeiger des Deutschen Wetter­dienstes in Hamburg verspätet sich seit über 35 Jahren – wo bleibt die Besorgnis erregende Klima­erwärmung?

Angeblich käme der Frühling immer früher. Und das wäre ein eindeutiger Beweis der Klimaerwärmung, die wiederum ausschließlich CO2-bedingt wäre. Dem unbedarften Leser soll suggeriert werden, dass die Forsythien vor 40 bis 50 Jahren viel später geblüht hätten und jetzt rücke der Termin von Jahr zu Jahr weiter vor. Als Beweis wird dann oftmals nicht die Grafik des Blühbeginns gezeigt, sondern die Grafik des CO2-Anstieges, eines Anstiegs also, den niemand bezweifelt. Derzeit: 418 ppm.

Wir sind der Sache nachgegangen und fragen uns: Blühen die Forsythien wirklich früher? Hält der Lenz tatsächlich immer einen früheren Einzug in Deutschland? Zu 2021: Für dieses Jahr legte der Phänologe Jens Iska Holtz den Referenzbusch an der Hamburger Lombardsbrücke mit dem Blütenbeginn 25. März fest. Das sind 84 Tage seit Jahresbeginn.

Wie verhalten sich die Blühtermine im Vergleich zu früher?

Anfang der 80-er Jahre war der Wiederaufbau der Innenstadt Hamburg weitgehend abgeschlossen, so dass zusätzliche anthropogene Wärmeinseleffekte wohl nur noch gering auf die Temperaturen einwirken. Gemeint ist, seit den 80-er Jahren dürfte die vom Menschen erzeugte Zusatzwärme durch Heizungen und Änderungen der Strahlungsbilanz in der Innenstadt annähernd gleich geblieben sein. Interessant wäre aber ein Temperaturverlauf der Alster, denn der Strauch steht direkt am Ufer und die Wassertemperatur und andere Parameter bestimmen den Blütentermin ebenfalls mit. Eine Zunahme warmer Abwässer infolge des gestiegenen Lebensstandards seit 1980 hätten selbstverständlich Auswirkungen auf die Erstblüte, aber genauso auch eine Nitrat-Zunahme des Gewässers und natürlich auch die CO2-Zunahme der erdnahen Luft. Beide wirken wie ein zusätzlicher Dünger und damit günstig auf die Vegetation.

Doch nun zur Grafik: Vor allem Laien und Medienvertreter bitte beachten: In der folgenden Grafik sind auf der y-Achse die Blühtermine der Forsythie als Tage nach Neujahr aufgetragen, ein Ausschlag nach oben bedeutet somit einen späteren Blühtermin.

Abbildung 1: Vorsicht, nicht verwechseln, die violette Trendlinie steigt seit 36 Jahren, das bedeutet Verspätung. Auf der linken senkrechten y-Achse sind nicht die Temperaturen aufgetragen, sondern die Kalendertage seit Jahresbeginn. Je mehr Kalendertage, desto später der Forsythien-Blütenbeginn.

Ergebnis: Der CO2-Gehalt der Luft steigt, aber die Forsythienblüte verspätet sich.

Wir stellen nur fest: Obwohl die Beobachtungsreihe mitten in der großen Wärmeinsel Hamburg aufgenommen wurde, und damit gar nicht die Bedingungen einer objektiven Beobachtung erfüllt, ist der Blütenbeginn des DWD Vergleichsbusches an der Lombardsbrücke seit 1986 Jahren eindeutig verspätet. Genau das Gegenteil behaupten aber der Deutsche Wetterdienst und die Medien.

Es gibt andere Gründe für die leichte Verspätung der letzten 36 Jahre, und die überwiegen. Allen voran: Die Temperaturen von Januar bis März sind etwas gesunken, wobei der Januar wohl nur noch sehr wenig den Blühtermin entscheidet. Wichtiger ist die Wärme der beiden Monate Februar und März, sowie die Besonnung der letzten Woche vor Blühbeginn.

Der Monat Februar, Wetterstation am Flughafen Hamburg:

Die DWD-Wetterstation liegt 7 km nördlich der Innenstadt.

Abbildung 2: Der Februar wurde etwas kälter in Hamburg. Man beachte den kalten Februar 2018 und den verspäteten Blütenbeginn 2018 am 4.April.

Der März in Hamburg

Noch mehr als der Monat Februar beeinflussen die Märztemperaturen den Blühtermin der Forsythie an der Hamburger Lombardsbrücke, insbesondere die letzten Tage vor dem Aufblühen. Und die erste Märzhälfte war in Hamburg sogar leicht unter dem Februar-Gesamtschnitt, was den Blütenbeginn 2021 wohl doch um einige Tage verzögerte.

Beide Monate zusammen bezeichnen wir als Vorfrühling, hier die Grafik dazu:

Abb.3: Februar und März bezeichnen wir als Vorfrühling. Der Temperaturverlauf beider Monate zusammen ist auch in Hamburg leicht fallend.

Wir stellen vollkommen in Einklang mit unseren Erwartungen fest:

Die Temperaturen des Monates Februar und März bestimmen im Wesentlichen den Blütenbeginn des Forsythienstrauches in der Innenstadt von Hamburg. Neben den Temperaturen gibt es auch noch andere Gründe, wie im weiteren Artikel genannt.

Längere Betrachtungszeiträume:

Wie wir aus diversen Artikeln nicht nur der Autoren Kämpfe/Kowatsch wissen, lagen die Temperaturen Deutschlands seit etwa 1940 bis 1987 in einer Depression. Zum einen wegen der Umstellung der Großwetterlagen, das sind natürlich Gründe, aber auch wegen der fehlenden Wärmeinseleffekte bei den Wetterstationen, speziell Hamburg: Weil die Städte ausgebombt waren und das Überleben auf Sparflamme kochte und Eistage auch in den Häusern wahrgenommen wurden. Der steigende Wohlstand, die rege Bautätigkeit und die Beheizung aller Räume nebst steigendem Warmwasserverbrauch im Haus, sowie die zunehmende Industrialisierung brachten wieder Wärme in Deutschlands Städte. Diese positive Nachkriegsentwicklung begünstigte zunächst den früheren Frühlingsbeginn in einer Stadt, er folgte dem Wohlstand, aber auch zu mehr Innenstadtwärme. Ein Vorgang, der in den 80-er Jahren in Hamburg wohl sein Ende gefunden hat. In der Innenstadt Hamburgs scheint der anthropogene Wärmeinseleffekt zwar auf hohem Niveau, aber ausgereizt zu sein. Das zeigt uns auch die nächste Grafik

Abb.4: Seit 1972, also seit 50 Jahren stagniert der Blühbeginn des Hamburger Forsythienstrauches bei etwa 79 Tagen nach Neujahr.

Die wilde Stachelbeere

Ähnlich wie die Forsythie verhält es sich mit dem etwas früheren Laubaustrieb der Wilden Stachelbeere, welcher ebenfalls seit der Deutschen Einheit in der Stadt Weimar stagniert. Wegen eines tendenziell etwas wärmeren Aprils hat sich jedoch der Einzug des Vollfrühlings (Beginn der Apfelblüte) leicht verfrüht. Aus der Differenz beider Eintrittstermine ergibt sich die Dauer des Erstfrühlings. Bei der Analyse der Forsythie- Daten käme man zu ähnlichen Ergebnissen mit insgesamt geringeren Tageszahlen der Erstfrühlingsdauer:

Abbildung.5: Kein Trend beim Austrieb der Wildstachelbeere an einem festen Standort im Weimarer Ilmpark. Daraus darf nicht auf künftige Entwicklungen geschlossen werden. Im letzten Jahr 2020 trieb die Stachelbeere in Weimar schon am 12. Februar aus; in 2021 erst am 13. März. Mit einer eher mittelspäten Apfelblüte 2021 wird gerechnet.

Blühbeginn und Laubaustrieb der Wildstachelbeere werden hauptsächlich durch das Temperaturverhalten der Monate Januar bis März bestimmt – je milder dieser Zeitraum ist, desto früher treten sie ein (1990, 2007, 2020). Aber schon seit 1988 gibt es in diesem Zeitraum in Deutschland keinerlei Erwärmung mehr:

Abbildung 6: Seit 1988, das sind nunmehr schon stattliche 34 Jahre, hat es sich im Zeitraum von Januar bis März in Deutschland nicht mehr erwärmt – folglich war auch keine Verfrühung des Erstfrühlingsbeginns in diesem Zeitraum zu beobachten.

Bitte beachten: Die DWD-Daten sind nicht wärmeinselbereinigt. Die Mehrzahl der DWD-Wetterstationen steht in Wärmeinseln. Für wärmeinselarme Stationen ist die Temperatur-Trendlinie der ersten drei Monate deutlicher fallend, siehe Amtsberg, Zeitz, Neugersdorf, usw…)

Abbildung 7: Die Wetterwarte Zeitz steht am Stadtrand von Zeitz, die Temperaturen der ersten drei Monate zeigen seit 34 Jahren eine deutlichere Abkühlung als das DWD-Mittel für Deutschland.in Abbildung 6

Neben dem Hauptfaktor Wärme sind noch andere Gründe für Erstblüte und Laubaustrieb mitbestimmend: Tageslänge, die Sonnenscheindauer und der UV- Anteil im Sonnenlicht, Feuchtigkeit und Nachtfröste, die Bodentemperatur am Standort sowie Düngefaktoren im weitesten Sinne. Bekanntlich hat der Nitratgehalt im Fließ- und Grundwasser zugenommen, was das Pflanzenwachstum beeinflusst.

Zusammenfassung:

Wir leben keinesfalls mittendrin in einer gefährlichen Erwärmung. Kohlendioxid ist ein sauberes Gas, das mit dem Klima wenig zu tun hat. Kohlendioxid ist neben Sauerstoff und Wasser die Grundbedingung des Lebens auf der Erde. Die Erde braucht mehr und nicht weniger Kohlendioxid. Das Klima wandelt sich immer, und das aus vielerlei Gründen, aber Kohlendioxid hat keine oder kaum eine Erwärmungswirkung. Nur der steigende Wohlstandsfaktor, der Wärmeinseleffekt, forciert durch mehr Sonnenstunden auch wegen den Luftreinhaltemaßnahmen, ist zumindest in Deutschland der immer noch zunehmende Wärmeinseleffekt der wesentliche anthropogene Einflussfaktor auf die Temperaturen. Seitdem dieser in Hamburg ausgereizt ist, also Ende der 80er Jahre, seitdem fallen die Temperaturen der ersten drei Monate leicht, und das auch in der Innenstadt von Hamburg.

Der Forsythienstrauch in Hamburg-Stadtmitte zeigt sich vom Klimaklamauk völlig unbeeindruckt. Schade, dass der Forsythienstrauch den Artikel nicht selbst schreiben kann.

Noch eine Anmerkung an die Ortskundigen: Falls sich die Umgebung des Hamburger Strauches geändert haben sollte, bitte ich um ein aktuelles Foto, am besten vom selben Standort aus wie in den Grafiken.