Helden-Doku im Ersten: ein Jahr mit FFF-Aktivisten
Am 18. November, spät im Anschluß an den Film „Ökozid“ und die zugehörige ‚Maischberger‘-Rederunde mit nur einem Alibi-Kritiker sendete das erste eine Fridays-for-future-FFF-Doku über Aktivisten vor allem aus der Hauptstadt. Luisa Neubauer war natürlich häufiger auch zu sehen, der Focus lag aber auf jüngeren Gesichtern wie Clara Meyer. Clara hatte, Sie erinnern sich vielleicht, mit einem Rundzopf auf dem Kopf 2019 eine feurige Rede auf einem Aktionärstreffen gehalten bzw. vorgelesen.
Die Abiturientin ist im Film mit einem Freund zu sehen, wie sie in einer öffentlichen Diskussion in Frankfurt (O) dem FDP-Chef Christian Lindner Vorwürfe – nun ja – vorliest und sich dann schnell aus dem Staub machen will. Der konsternierte Politiker wäscht den beiden Teens sogleich den Kopf und mahnt eine demokratische Diskussion an, woraufhin Clara ihm zugleich hilflos und herablassend bedeutet, er solle bei irgendeinem Demonstriertag von FFF vorbeischauen und sich rechtfertigen. Die Zuschauer im Saal quittieren das kindische Verhalten der beiden mit Buhrufen. Clara und ihr Mitstreiter versuchen indes draußen vor dem Saal ihre Blamage mit triumphalen Gesten zu überspielen. Die Pointe: Zuvor, auf der Hinfahrt nach Frankfurt (im Zug natürlich), machen sich die beiden darüber lustig, daß Politiker wie Lindner FFF-Kindern aufgrund ihres Alters und fehlender Bildung die Kompetenz absprechen, beim Klima mitreden zu können. Nun ja, offenbar nicht ganz zu Unrecht, wie die beiden bewiesen.
Diese Szene war in der ganzen Sendung eine der wenigen, die die wahren Motive der Fridays-for-no-future-Bewegung offenbart. Zumindest ausdrücklich. Unterschwellig bekommt man im Film durchaus noch mehr Wahrheit mit, wenn man genau hinsieht. Trotz daß Deutschland, wie ein aktueller Edeka—Weihnachtsspot gerade betont, eine bunte Gesellschaft besitzt, sieht man im Film mit der Ausnahme eines Asiaten nur deutsche Bürgerkinder bei FFF. Der Kleidungsstil der Frauen (z.B. C.M.) und die Attitüden der Protagonisten lassen fast durchweg auf das obere Viertel der Gesellschaft schließen. Ein junger Mann mit blonden Haaren, der als Fotograf für die FFF-Demos in Berlin fungiert, kündigt beispielsweise an, sich aus der Bewegung zurückzuziehen und nun eine Weltreise anzutreten. Im Hintergrund sieht man eine riesige Weltkarte an der Wand, die teilweise mit Fotos verziert ist. Die Position der Schnappschüsse auf den Kontinenten läßt darauf schließen, daß der junge Fotograf dort schon war und –ähnlich wie Luisa Neubauer auf Instagram – mit seiner Globetrotterei ein wenig angeben will. Typisch für das Milieu der Großbürgerkinder: Reisen kann jeder HartzIV-Empfänger; aber die Elite fliegt laufend und Langstrecke.
Am Ende der Dokumentation kommt wieder etwas expliziter schlechte Stimmung auf, als die Protagonisten von ihrer Corona-Depression (gerne denglisch Depreschen ausgesprochen – man ist schließlich Weltbürger*in) erzählen, die auch daher rührt, daß mit der Viruspanik seitens der Regierung und der Medien die Klimapanik deutlich zurückgefahren wurde und die kameraaffinen Aktivisten wie Luisa N., die sich auch deutlich verärgert zeigt, nicht mehr die gewohnte Aufmerksamkeit erhalten.
Ein Junge, der erst 15 Jahre ist, zeigt in einer Aussage eine erstaunliche Reife, als er meint, durch seinen Aktivismus habe er andere Menschen nur noch als Klimaschädlinge wahrgenommen, und nun, in der Depressionsphase, habe er gemerkt, daß er damit etwas tat, was er eigentlich ablehne.
Ein weiterer Lichtblick am Ende des Films: Aktivistin Clara macht im Krankenhaus ein Praktikum als Hilfsschwester in der Intensivstation. Wenn es lange genug geht, kann ihr das nur guttun, wenn sie die Realität des Lebens außerhalb ihres behüteten wohlhabenden Elternhauses kennenlernt. Wer weiß, vielleicht studiert sie ja Medizin, oder noch besser: Sie macht eine Ausbildung zur Krankenschwester.