Luftmassen und Klimaerwärmung – eine Bestandsaufnahme
Teil 1 – Was zeichnet die Luftmassen Europas aus, wie erkennt man sie?
Als Trajektorie (Luftbahn) bezeichnet man die Bahn, die ein einzeln betrachtetes Luftpartikel in einem gewissen Zeitraum durchläuft. Das bedeutet, dass die Trajektorie alle Orte verbindet, die ein Teilchen während seiner Bewegung einmal berührt hat. Durch die Berechnung von Trajektorien lässt sich u.a. die Herkunft und die weitere Verfrachtung von Luftverunreinigungen bestimmen. Schematisch sei das an zwei Grafiken für die typischen Wege warmer und kalter Luftmassen nach Mitteleuropa gezeigt:

Abbildungen 1a und 1b: In der oberen Abbildung (1a) erkennt man die Herkunftsgebiete der in Europa vorkommenden warmen Luftmassen sowie deren typische Wege und Umwandlungen im Herbst. In 1b (unten) Selbiges für kalte Luftmassen im Winter. Die Nomenklatur der Luftmassen wird an späterer Stelle in einer Tabelle erläutert. Es können nur typische Fälle gezeigt werden; Einzelfälle verlaufen mitunter anders. So kann mP auch aus Nordosten über die Ostsee nach Deutschland gelangen, und cS kann bei starkem Föhn auch am Alpennordrand oder bei sehr starkem Absinken in einem Hochdruckgebiet mitunter sogar über Norddeutschland entstehen. Bildquelle beider Abbildungen (1)
Wesentliche Luftmasseneigenschaften sind Temperatur, Wasserdampfgehalt, Verunreinigungen (Staub, Pollen, Salzkristalle, Schwefel- und Stickoxide), Durchsichtigkeit, Wolkenbild, Intensität des Himmelsblaus, Niederschlagsverhalten und vertikale Schichtung. In der Bioklimatologie ist die Schwüle, eine Kombination aus hoher Lufttemperatur und hohem Wasserdampfgehalt, ein gängiger Begriff:

Abbildung 2: Als ein Grenzwert, ab dem Schwüle beginnt, wird ein Taupunkt von 16 °C angenommen, was unter Normalbedingungen einer absoluten Luftfeuchtigkeit von 13,5 g Wasserdampf pro Kubikmeter Luft entspricht. Bedeutsam ist die Schwüle in unseren Breiten etwa von April bis Oktober. Bildquelle hr-Fernsehen.de, Sendung vom 20.07.2020
Abbildung 3: Tabelle zur Luftmassenbestimmung im 850-hPa-Niveau (Radiosonde) für das Winterhalbjahr. Schwarz Lufttemperatur in dieser Höhe, darunter blau die pseudopotentielle Temperatur. Fett markiert sind die Mittelwerte des Intervalls für die jeweilige Luftmasse. Je südlicher die Herkunft der Luftmasse, desto höher sind die Werte. Bildquelle (1)
Auch der Staubgehalt variiert je nach Luftmasse stark:

Abbildung 4: Staubgehalte einiger Luftmassen in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. 1 Mikrogramm (μg) = 1 Millionstel Gramm = 10−6 g. Nach PELZ, Bildquelle (2)
Seit den 1980er Jahren nahm die Staubbelastung der Luft stark ab, was mit einer zunehmenden Sichtweite einherging:

Abbildungen 5a und 5b: Nach dem Höhepunkt der Staubbelastung um 1970 nahm diese in Berlin-Dahlem stark ab; Jahresmittel in Mikrogramm je m³ Luft (oben, 5a). Nach 1970 stieg am selben Ort die Sichtweite in Km (Jahresmittel) stark an; besonders ab dem Ende der 1980er Jahre (unten, 5b). Leider enden diese Beobachtungen in den 1990er Jahren; doch dürften seitdem der Staubgehalt noch weiter ab- und die Sichtweite weiter zugenommen haben. Bildquellen (3)
Abbildung 6: Am Spätwintermorgen des 27. Februars 1948 herrschten in Thüringen enorme, höhenbedingte Temperaturunterschiede durch Inversion. Mit „+“ sind alle Gebiete über minus 6, mit „–„ solche unter minus 12°C gekennzeichnet. Während auf dem Rennsteig (Oberhof) nur etwa minus 4°C gemessen wurden, waren es in der Senke bei Arnstadt unter minus 20°C – das ist eine Temperaturdifferenz von mehr als 16 Kelvin auf kaum mehr als 600 Meter Höhendifferenz; räumlich sind beide Orte kaum 20 Km Luftlinie voneinander entfernt. Das Temperaturminimum von unter minus 20°C würde der Luftmasse cA entsprechen – aber es entstand nur durch nächtliche Ausstrahlung bei klarem Himmel in einer kontinentalen Subpolarluft und wurde bald von der Vorfrühlingssonne weggeheizt – nachmittags herrschte in Arnstadt leichtes Tauwetter. Bildquelle (4), ergänzt.