All jene Prophezeiungen bzgl. eines sich erwärmenden Klimas haben plötzlich ein großes neues Problem!
Das IPCC sagt, dass die ECS wahrscheinlich zwischen 1,5 und 4,5 Grad Celsius liegt, aber genauer kann es die ECS nicht angeben. Das ist zu schade, denn von ihrem Wert hängt ein enormer Teil der öffentlichen Politik ab. Leute, die die Auswirkungen der globalen Erwärmung untersuchen, haben herausgefunden, dass bei niedriger ECS – sagen wir weniger als zwei – die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf die Wirtschaft meist gering und vielerorts leicht vorteilhaft sein werden. Wenn sie sehr gering sind, zum Beispiel um eins, dann bedeutet das, dass die Treibhausgas-Emissionen es einfach nicht wert sind, etwas dagegen zu unternehmen. Ist die ECS jedoch hoch – sagen wir um vier Grad oder mehr – dann ist der Klimawandel wahrscheinlich ein großes Problem. Wir sind vielleicht nicht in der Lage, ihn aufzuhalten, aber wir sollten uns besser darauf vorbereiten, uns an ihn anzupassen.
Also sollte irgendjemand mit irgendetwas die ECS genau messen. Zwar haben schon viele Leute genau das versucht, aber was dabei herauskam, hat enorme politische Implikationen.
Um zu verstehen, warum, müssen wir uns zunächst ein wenig mit der Methodik beschäftigen. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Wissenschaftler versuchen, die ECS zu schätzen. Die erste besteht darin, ein Klimamodell zu verwenden, die modellierte CO2-Konzentration gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu verdoppeln und so lange laufen zu lassen, bis sich die Temperaturen einige hundert Jahre in der Zukunft stabilisieren. Dieser Ansatz, der als modellbasierte Methode bezeichnet wird, hängt in seiner Genauigkeit von der Gültigkeit des Klimamodells ab, und da sich die Modelle recht stark voneinander unterscheiden, ergibt sich daraus ein breites Spektrum möglicher Antworten. Eine bekannte statistische Verteilung, die aus Modellstudien abgeleitet wurde, fasst die Unsicherheiten dieser Methode zusammen. Sie zeigt, dass die ECS wahrscheinlich zwischen zwei und 4,5 Grad liegt, möglicherweise sogar nur 1,5, aber nicht weniger, und möglicherweise sogar bis zu neun Grad. Dieser Bereich der potentiellen Erwärmung ist sehr einflussreich für ökonomische Analysen der Kosten des Klimawandels.
Die zweite Methode besteht darin, langfristige historische Daten über Temperaturen, Sonnenaktivität, Kohlendioxidemissionen und Atmosphärenchemie zu verwenden, um die ECS mit Hilfe eines einfachen statistischen Modells zu schätzen, das durch Anwendung des Energieerhaltungssatzes auf die planetarische Atmosphäre abgeleitet wurde. Dies wird als Energiebilanzmethode bezeichnet. Sie stützt sich auf eine gewisse Extrapolation, um die Definition der ECS zu erfüllen, hat aber den Vorteil, dass sie die verfügbaren Daten berücksichtigt, die zeigen, wie sich die reale Atmosphäre während der letzten 150 Jahre verhalten hat.
Das Überraschende ist, dass die Schätzungen der Energiebilanz im Vergleich zu modellbasierten Schätzungen sehr niedrig sind. Die nebenstehende Graphik* vergleicht den modellbasierten Bereich mit den ECS-Schätzungen aus einem Dutzend Energiebilanzstudien des vergangenen Jahrzehnts. Es ist klar, dass diese beiden verfahren unterschiedliche Antworten geben, und die Frage, welche der beiden Verfahren genauer ist, ist von entscheidender Bedeutung.
Klimamodellierer haben zwei Erklärungen für die Diskrepanz angeführt. Die eine wird als „Emerging Constraint“-Ansatz bezeichnet. Dahinter steht der Gedanke, dass die Modelle eine Reihe von ECS-Werten liefern, und während wir die ECS nicht direkt messen können, liefern die Modelle auch Schätzungen für viele andere Dinge, die wir messen können (z.B. das Reflexionsvermögen von Wolkenoberflächen), so dass wir diese anderen Maße mit den Daten vergleichen können. Wenn wir das tun, liefern die Modelle mit hohen ECS-Werten manchmal auch Maße für sekundäre Dinge, die besser zu den Daten passen als Modelle mit niedrigen ECS-Werten.
Dieses Argument hat sich schwer verkauft, da die Korrelationen oft schwach sind, und es erklärt nicht, warum die Ergebnisse der Energiebilanz so niedrig sind.
Der zweite Ansatz basiert auf den so genannten „forcierten Effizienzen“, d.h. dem Konzept, dass Klimaforcings wie Treibhausgase und Aerosolschadstoffe sich in ihrer zeitlichen und räumlichen Wirksamkeit unterscheiden, und wenn diese Schwankungen berücksichtigt werden, können die Schätzungen der Energiebilanz-Sensitivität höher ausfallen. Auch dies ist ein kontroverser Vorschlag gewesen.
Eine kürzlich von Nicholas Lewis und Judith Curry im Journal of Climate veröffentlichte ECS-Schätzung der Energiebilanz weist mehrere Merkmale auf, welche ihre Studie besonders wertvoll machen. Erstens stützen sie sich auf die IPCC-Schätzungen der Treibhausgase, die solaren Veränderungen und andere Klimafaktoren, so dass man ihnen nicht vorwerfen kann, durch die Wahl ihrer Daten eine Verzerrung einzubringen. Zweitens berücksichtigen sie die Frage der Wirksamkeit und diskutieren sie ausführlich. Sie berücksichtigen auch die jüngsten Debatten darüber, wie Oberflächentemperaturen gemessen werden sollten oder nicht, und wie mit Gebieten wie der Arktis umzugehen ist, in denen die Daten spärlich sind. Drittens berechnen sie ihre Schätzungen über eine Vielzahl von Start- und Enddaten, um zu überprüfen, ob ihre ECS-Schätzung nicht von dem relativen Erwärmungs-Stillstand der letzten zwei Jahrzehnte abhängig ist.
Es sieht so aus, als müssten die Klimamodelle, die wir seit Jahrzehnten verwenden, überarbeitet werden.
Ihre ECS-Schätzung beträgt 1,5 Grad, mit einem Wahrscheinlichkeitsbereich zwischen 1,05 und 2,45 Grad. Wenn die Studie ein einmaliger Ausreißer wäre, könnten wir sie vielleicht ignorieren. Aber sie ist Teil einer langen Liste von Studien unabhängiger Teams (wie diese interaktive Graphik zeigt), die eine Vielzahl von verfahren durchführen, die kritische Herausforderungen berücksichtigen, und die allesamt zu dem Schluss kommen, dass Klimamodelle eine zu hohe Sensitivität gegenüber Treibhausgasen aufweisen.
Jetzt müssen die politischen Entscheidungsträger sehr aufmerksam sein, weil diese Debatte direkt die Diskussion um eine Kohlenstoff-Steuer beeinflusst.
Die Umweltschutzbehörde [Environmental Protection Agency] verwendet soziale Kosten von Kohlenstoffmodellen, die sich auf die modellbasierten ECS-Schätzungen stützen. Letztes Jahr veröffentlichten zwei Kollegen und ich eine Studie, in der wir eine frühere ECS-Schätzung von Lewis und Curry verwendeten und diese in zwei dieser Modelle einfließen ließen. Das Ergebnis war, dass die geschätzten wirtschaftlichen Schäden durch Treibhausgasemissionen um 40 bis 80 Prozent zurückgingen, und im Falle eines Modells waren die Schäden mit 40-prozentiger Wahrscheinlichkeit für die nächsten Jahrzehnte negativ – d.h. es wären vorteilhafte Veränderungen. Die neue ECS-Schätzung von Lewis und Curry ist sogar noch niedriger als ihre alte, so dass wir, wenn wir die gleiche Studie erneut durchführen würden, noch niedrigere soziale Kosten von Kohlenstoff feststellen würden.
Wenn die ECS so niedrig ist, wie die Energiebilanz-Literatur suggeriert, bedeutet dies, dass die Klimamodelle, die wir seit Jahrzehnten verwenden, zu heiß laufen und überarbeitet werden müssen. Es bedeutet auch, dass die Treibhausgasemissionen nicht so große Auswirkungen auf das Klima haben, wie behauptet wurde, und dass die Argumente für kostspielige politische Maßnahmen zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen viel schwächer sind, als uns die Regierungen mitgeteilt haben. Für eine Wissenschaft, die angeblich bereits Anfang der 1990er Jahre „settled“ war, haben wir sicherlich noch viel zu lernen.
Dieser Artikel war zuerst bei financialpost.com erschienen.
Übersetzt von Chris Frey EIKE