Der Sonntagsfahrer: Die Größenwahnsinnigen
Die Gebetsmühle erinnert die Buddhisten an das Ingangsetzen „des Rades der Lehre“, und der abgespulte Text soll auch Leseunkundigen Möglichkeiten zum Erwerb von positivem Karma eröffnen, nicht unbedingt in diesem Leben, es kann auch bis zum nächsten dauern. Ausgehend von Tibet hat sich das Konzept der Gebetsmühle seit dem 4. Jahrhundert bewährt und findet heute vielfach auch in unserer Politik Anwendung. Die Gebetsmühle ist ein wichtiges Handwerkzeug der Bundesregierung auf dem Pfad der Erleuchtung der Bevölkerung, etwa in Form des Merkel-Mantras. Aber auch, wenn es um Altmaiers Lobpreisungen der Windenergie geht, deren höhere Weisheit wir möglicherweise auch nicht sofort erfahren, sondern später, irgendwann.
Es trifft sich dabei gut, dass frühe Gebetsmühlen ebenfalls vom Wind angetrieben wurden, allerdings hatten sie eine vertikale Achse die von aufgespannten Tüchern gedreht wurde. Sie erinnern ein bisschen an kreisende Wäscheständer. Diese fortschrittliche spätantike Technologie wurde in Deutschland konsequent weiterentwickelt und ersetzt nun die rückschrittlichen Kernkraftwerke.
Der fromme Glaube wird dabei mit dem Streben nach Größe und Ewigkeit kombiniert, die traditionellen Bestandteile des deutschen Weges zum Karma. In Abwandlung der Bestimmung buddhistischer Gebetsmühlen, die ich hier auf Wikipedia fand, könnte man die Essenz deutscher Windmühlen so beschreiben: „Eine Motivation dieser Technik besteht darin, bei der Drehung der Windmühle zu visualisieren (geistig zu projizieren), dass alle darin enthaltenen Mantras während des Drehens Licht zu allen fühlenden Wesen ausstrahlen (Disco Effekt), deren Leid beseitigen und schlechtes Karma auflösen“.
Kurz gesagt, ebenfalls in Wiki-Abwandlung: „Eine fortgeschrittene, sich der höchsten Sichtweise der deutschen Politik annähernde Praxis des Drehens einer Windmühle liegt darin, während des Drehens der Windmühle sich darauf zu konzentrieren, dass sowohl der Drehende als auch die Handlung des Drehens und die sich drehende Windmühle, samt den darin enthaltenen Mantras und Gebeten, nicht völlig schwindelig machen“.
Spätantiker Technologiesprung
Zu – im wahrsten Sinne des Wortes – ganz großer Form läuft jetzt beispielsweise Markus Tacke, Chef von „Siemens Gamesa Renewable Energy“ auf. „Mit großer Leistung geht ein großer Nutzen einher“, bewirbt er sein neues Riesenwindrad, das vor der Küste im Meer so hoch aufragen soll wie der Eiffelturm. „SG 14-222 DD ist ein globales Produkt, das uns allen hilft, einen großen Schritt vorwärts zum Schutz und Erhalt unseres Planeten zu machen“, segelt er weiter zum rettenden Karma. „Das neue Windrad von Siemens Gamesa sprengt alles bisher Vorstellbare“, schreibt auch DIE WELT ganz richtig, es katapultiere die Windkraft „in eine neue Dimension“.
Der spätantike Technologiesprung besteht in einer Leistung von bis zu 15 Megawatt pro Windrad. Zum Vergleich hier die Leistung des vor zwei Wochen gesprengten Kernkraftwerkes im badischen Philippsburg. Die Leistung der beiden Blöcke dieses bis dahin voll funktionstüchtigen und mit Restwert von 3 Milliarden Euro veranschlagten Kraftwerkes betrug rund 2.400 Megawatt. Um das rückschrittliche KKW zu ersetzen, das gerade mal soviel Platz beansprucht wie ein mittleres Parkhaus, müssen also rund 160 spätantike Eiffeltürme auf hoher See aufgestellt werden, wobei Einstein ins Spiel kommt, dem folgendes Zitat gerne in die Schuhe geschoben wird: „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Dazu passt eine Aussage von Andreas Nauen, Chef der „Offshore-Business Unit“ von Siemens Gamesa. Seit 1991 arbeite der Konzern daran, „die Leistung zu steigern, technologische Risiken zu minimieren und die Energiegestehungskosten konstant zu senken“. Der Erfolg dieser Bemühungen lässt sich so beschreiben: Die Stromkosten für die Deutschen sind schon deutlich höher als der Eiffelturm und nähern sich dem Shanghai Tower (642 Meter), der Offshore-Versorger „Njord Forseti“ rammte gerade eine Windkraftanlage vor der deutschen Küste, die von den Rotoren bestrichenen Flächen sind Todeszonen für Seevögel, eine einzige so groß wie fünf Fußballfelder.
Zäh wie die Windhunde
Um so verzweifelter die Lage, desto größer werden in Deutschland die Projekte, das zeigten schon die „Reichskrafttürme“ des deutschen Erfinders Hermann Honnef, diese sollten bis zu 500 m hoch gebaut werden und drei gegenläufige Windrotoren von 160 Meter Durchmesser tragen. Bevor sie den Planeten retten konnten, unterzeichnete Deutschland allerdings die Kapitulation. In Sachen der aussichtlosen Energiewende geben sich die Beteiligten noch zäh wie die Windhunde. In einem Prozess zur „Marinen Raumordnung“ unter Federführung des Bundesumweltministeriums und des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) werden bereits Pläne diskutiert, wie man bis zum Jahre 2050 Windkraftanlagen mit einer Leistung von 40 bis 50 Gigawatt in Nord- und Ostsee platzieren könnte. Allerdings fehlt nach wie vor eine Erleuchtung darüber, wo dieser Strom denn gespeichert werden könnte, damit die Lichter weiter brennen, wenn Flaute herrscht.
Ähnlich verhält es sich mit einem Plan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das nun ausgerechnet im afrikanischen Niger, einer Region mithin, die auch ohne deutsche Technologie-Partnerschaft genügend Probleme hat, mit Solarstrom Wasserstoff zur Deckung des deutschen Energiebedarfes produzieren will. Die dafür erforderliche Fläche würde schlappe 40.000 Quadratkilometer umfassen, also in etwa die Fläche Baden Württembergs. Für den Transport des Wasserstoffes in heimische Gefilde könnte man vielleicht den Groß-Zeppelin „Cargo-Lifter“ reanimieren, dessen gigantische Pleite auf Achgut.com wiederholt thematisiert wurde.
Über solche Petitessen räsonieren aber allenfalls Miesmacher und Defätisten – Menschen mit einem vorbildlichen Karma spucken stattdessen in die Hände, bis das Land so richtig durchstartet.
Ein sehr schönes historisches Beispiel dafür war die „ME 321 Gigant“, der größte Lastensegler aller Zeiten. Im Rahmen des Unternehmens „Seelöwe“, dahinter verbarg sich ein Offshoreprojekt zur Rettung der Welt vor den Engländern, sollten deutsche Truppen im zweiten Weltkrieg zum Albion hinübergeschickt werden. Aber die Sache hatte von Anfang an keinen guten Lauf. So hatte die deutsche Luftwaffe vergessen, ein Schleppflugzeug zu entwickeln, das die Riesendinger zuverlässig in die Luft hätte bringen können.
Von Frankfurt nach Köln zum Rosenmontagszug
Ein wenig suboptimal lief auch die Sache mit der „Maus“, einem von Ferdinand Porsche entwickelten Riesen-„Panzerkraftwagen“, der den Zweiten Weltkrieg ebenfalls mit deutscher Größe wenden sollte. Der Weg zum Sieg wurde leider dadurch vereitelt, dass das gute Stück 190 Tonnen wog und deshalb über keine Brücke fahren konnte, um einen Feind aufzusuchen. Inzwischen fand die „Maus“ einen zeitgemäßen Nachfolger in Gestalt des Mercedes EQC, einem 2,5 Tonnen schweren Elektropanzerwagen, der es mit einer Batterieladung von Frankfurt nach Köln zum Rosenmontagszug, nicht aber zurück schafft.
Geradezu legendär ist die „Dicke Bertha“, ein Mörser mit 42-Zentimeter-Kaliber, der 1914 als ultimative Waffe gegen Bunker gebaut wurde. Um das Ding in die Nähe der Front zu bugsieren, brauchte man ein Dutzend Eisenbahnwaggons und außerdem ein Beton-Fundament, damit die „Wunderwaffe“ beim Einsatz vor Frankreich nicht vom Rückstoß bis an die holländische Grenze retourniert wurde. Beim ersten Versuchseinsatz hätte das 150-Tonnen-Ding mangels Zielgenauigkeit übrigens fast den Generalstab umgebracht. Das verheißt nichts Gutes für Europas Karma, denn Mario Draghi und Friends haben den Namen „Dicke Bertha“ für ihre Billionenschuldentürme adoptiert.
Bei klarem Wetter kann man übrigens vom 185 Meter hohen EZB-Turm im Osten von Frankfurt herüber zum Senkenbergmuseum im Westend schauen, eine der berühmtesten Naturkundesammlungen der Welt. Den Eingangsbereich dominieren Tyrannosaurus, Triceratops und Co. Der Kopf eines Diplodocus überragt die Ausstellung so ähnlich wie die Chefetage der EZB die Stadt, deshalb ist die Leitung so lange wie die Eisenbahnroute von Moskau nach Wladiwostok. Wenn man unten schon mit allen Vieren im Dreck steckt, spricht sich dies oben noch lange nicht herum.
Nur unter den optimalen Verhältnissen eines Schlaraffenlandes konnten die Dinosaurier so prächtig gedeihen. Doch als sich vor 65 Millionen Jahren die Umweltbedingungen drastisch wandelten, traf es die Giganten völlig unvorbereitet. Beim Großen Preis der Evolution machen immer wieder die Kleinen, Genügsamen und Anpassungsfähigen das Rennen. Die Großen bleiben viel eher auf der Strecke. Das hat etwas Tröstliches: Das Skelett eines Sauriers kann als Denkgerüst dafür gelten, wie sich die Dinge auf Erden immer wieder brechen und die mit den dicken Hosen und aufgeblasenen Backen dahinraffen. Bei den Dinosauriern hat es noch 150 Millionen Jahre gedauert, in jüngster Zeit gehts viel schneller.
Anmerkung der EIKE-Redaktion:
Der Artikel erschien zum ersten Mal in ACHGUT am 31.Mai 2020. Wir danken Herrn Maxeiner ganz herzlich für seine Genehmigung, seinen Beitrag in die EIKE-News zu übernehmen.