Michael Moore als Energiewende-Kritiker: Der falsche Freund
Mit „wenn sogar der schon sagt, dass…“ fangen dann die Meldungen an und der „Überläufer“ wird zum Kronzeugen erklärt. Wenn also der linke Filmemacher und Aktivist Michael Moore anlässlich des „EarthDay“ seinen neuesten Dokumentarfilm über die angeblich so heilsame „Erneuerbare Energie” kostenlos ins Netz stellt, hat das Gewicht.
Der Film ist ein typisch Moore’sches Stück, in dem der Zuschauer keine Sekunde darüber im Zweifel bleibt, welche Seite die des Filmemachers (also die richtige) und welche die falsche ist. Moores neuester Film „Planet oft the Humans“ stellt in starken – oder genauer gesagt „gestärkten“ – Bildern eine Generalabrechnung mit der weltweiten „Energiewende“ am Beispiel der USA dar. Moore desillusioniert sein grün-weltretterisch angehauchtes Publikum, indem er hinter die Kulissen von Solar-, Wind- und Biomasse-Industrie blickt und die ökologischen Folgen des Hypes um die „renewable energy“ aufzeigt. Überall Scheinheiligkeit, egal wohin Moore in dieser Branche schaut.
Der Film enthält im Grunde jedoch keine einzige Information, über welche die Kritiker der „Energiewende“ nicht schon seit Jahren vergeblich sprechen. Die Herolde und Kobolde der Energiewende sind lauter, besser vernetzt und finanziell so gut ausgestattet, dass Kritiker mühelos aus dem Diskurs gedrängt werden. Doch Moore ist eben nicht irgendein Kritiker, er hat die Seiten gewechselt und ist vom Saulus zum Paulus geworden – so scheint es. Jedoch nur auf den ersten Blick.
Der Film ist wirklich unterhaltsam, und auch wenn Moore, wie üblich, zur Dramatisierung und verkürzter Darstellung neigt, sollten Sie sich den Film unbedingt ansehen, um sich selbst ein Urteil bilden zu können. Aber wie Sie sich natürlich denken können, kann ich mir einige Bemerkungen mal wieder nicht verkneifen.
Die Metamorphose grüner Ideen
So, wie man den Anblick der Weite erst genießen kann, wenn der Gipfel des Berges erklommen ist, konnte auch die Ökobewegung erst in einem Umfeld ökonomischer Sicherheiten, also „auf dem Gipfel“ einer prosperierenden Gesellschaft entstehen. Die Grünen waren, so betrachtet, nie die Revolutionäre, für die sie sich gern halten, sondern leiteten eher evolutionäre Veränderungen und (oft) Verbesserungen ein. Beispiel: Das Auto war eine technische Revolution, während der Katalysator – so nützlich diese Neuerung auch war – lediglich eine Evolution darstellte. Dass man bewährte Prozesse optimieren kann und die Effizienz steigert, ist aber in Industriegesellschaften eine Binsenweisheit.
Doch in vielen Grünen steckt heute eben auch ein linker Revolutionsführer, der raus will, um Politik zu „gestalten“. So kommt es, dass grüne, eher evolutionäre Positionen sich immer mehr linken, revolutionären Positionen annähern. Öko-Bewegungen werden mit der Zeit stets kompromissloser, radikaler, extremistischer. Was als F4F-Eisbär-Rettung beginnt, endet zuverlässig im Nihilismus wie bei „Extinction Rebellion“ und damit in Fundamentalkritik an der Gesellschaft, der Wirtschaft und dem Menschen an sich. Der grünen Bewegung wohnt also eine Tendenz zur Inhumanität inne, weil der vermeintliche Wissensvorsprung einer „eingeweihten“ Elite, die sich im Besitz einer Wahrheit wähnt, die unwissende und unwillige Masse zu ihrem Glück zwingen muss. Nicht anders sieht das Selbstverständnis vieler Linken aus, die sich im Besitz einer perfekten „wissenschaftlichen Theorie” wähnen, an die es die Praxis anzupassen gilt.
Michael Moore stellt die CO2-Molekül-Zählerei nicht grundsätzlich infrage und befasst sich auch nicht mit technologischen Erwägungen, Wirkungsgraden und Kosten. Die unmittelbaren Schäden, welche die Natur durch den Ökostrom-Wahn nimmt, stellt er zwar treffend dar, doch macht er dafür nicht den ideologischen Blindflug verantwortlich, in welchem sich Aktivismus und Politik befinden. Der Linke Moore beschuldigt den Kapitalismus, was sich ideologisch perfekt mit dem deckt, was die grünen Extremisten von Extinction Rebellion antreibt. Der Sammelbegriff „links-grün” trifft also in der Endkonsequenz zu.
Die Kapitalismuskritik des Michael Moore
Für die im Film gezeigte ökologische Katastrophe infolge des Einsatzes von Sonne, Wind und Biomasse macht Moore Kapitalismus und Gewinnstreben skrupelloser Konzerne verantwortlich. Doch unter wirklich marktwirtschaftlichen Bedingungen würden weder Solar- noch Windenergie in der heutigen Form gedeihen. Jenseits von einigen Spezialanwendungen und Off-Grid-Insellösungen bedarf es vielmehr massiver politischer Einflussnahme, damit sich die Wirtschaft auf derlei unattraktives Gelände begibt.
Die Huhn-oder-Ei-Frage ist, was war zuerst da: die Subvention oder die Idee, wie man das Gold der Steuerzahler und Verbraucher mittels Ökostrom zu Stroh spinnen kann? Mangelnde Effizienz und Zuverlässigkeit, großer Flächenverbrauch und hohe Wartungskosten, schlechte Recyclingfähigkeit der eingesetzten Materialien… nur wenig spricht für den massenhaften Einsatz von Solar- und Windkraftanlagen als Ersatz konventioneller Kraftwerke und deren Weiterentwicklung. Doch wo ein politischer Wille ist und Geld winkt, findet die Wirtschaft natürlich einen Weg, es einzustreichen. Die Ineffizienz der „Green Energy“ steht deren Ausbau nur deshalb nicht im Weg, weil die Politik alle Einwände beiseite wischt und Medien, Aktivisten die Profiteure ihr nach Kräften dabei helfen.
Je weiter ein Wirtschaftszweig von der Politik entfernt ist, umso näher ist er den Prinzipien der Marktwirtschaft. Die Branche der Erneuerbaren ist der Politik jedoch sogar noch näher als die Rüstungsindustrie der nationalen Sicherheit. Waffen kann man überall kaufen. Aber ohne politisches Patronat und im echten Wettbewerb kann die „Grüne Energie” nirgends auf der Welt überleben. Was das für wirtschaftliche Folgen hat, begreifen wir erst allmählich – in Deutschland zum Beispiel beim Blick auf die Stromkosten. Michael Moore begriff es, als er sah, wer profitiert und wie die gepriesenen Projekte sich entwickeln.
Blind für die Rolle von Politik, Medien und Aktivisten
Die ökologischen Folgen der „Grünen Energie“ macht Moore in seinem Film insgesamt sehr gut sichtbar. Doch er ist blind für die Rolle von Politik, Medien und Aktivisten, und alle seine Vorwürfe laufen am Ende darauf hinaus, dass der Mensch selbst durch Hemmungslosigkeit (Überbevölkerung) und Gier (Kapitalismus) das eigentliche Problem sei. Doch glaubt im Ernst jemand, die „grüne Revolution“ könnte ein Erfolg sein, wenn sie nur nicht in die Hände „gieriger Kapitalisten“ geriete, die sie „pervertieren“?
Die tendenzielle Überbevölkerung der Erde halte ich – anders als Moore – auch nur für eine temporäre Episode, die durch Bildung, Marktwirtschaft und infolgedessen durch politische Stabilität und akkumulierten Wohlstand überwunden werden kann. Wann eine Gesellschaft den Punkt überschritten hat, ab dem die Bevölkerungszahl nicht weiter wächst und sogar zurückgeht, kann man in der demographischen Entwicklung Europas erkennen. Dass unsere Politiker den einsetzenden Rückgang der Bevölkerung als Problem betrachten, statt hierin eine Chance zur Konsolidierung zu sehen, zeugt meiner Meinung nach leider von Unkenntnis.
Der Film lässt offen, wie sich die Autoren die Lösung des Problems der Überbevölkerung konkret vorstellen und ob der ganze Green-Energy-Schwindel beendet werden kann, bevor die Menschheit den trügerischen Verheißungen noch bis über die Klippe folgt. Sozialistische „Abkürzungen“ durch (andere) staatlicher Eingriffe unter der Ägide einer (anderen) Wissenselite, wie sie vielleicht jenen vorschweben, die den „grünen Weg” verlassen und lieber gleich einen sozialistischen einschlagen möchten, führen aber mit Sicherheit in eine (andere) Katastrophe. Im Film tauchte bei 1:16:00 das Logo von „Extinction Rebellion“ auf, was sicher kein Zufall war.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs BlogUnbesorgt.