Gedanken zur Krise: Unzeitgemäßes zu Corona

Gäbe es noch winzige Zweifel, dass wir im postheroischen Zeitalter leben, wären sie durch die Eindrücke der letzten Wochen restlos beseitigt worden. Denn mit der heutigen panischen Grundhaltung zu einer medizinischen Krise hätten die Menschen im Zweiten Weltkrieg seelisch keine zwei Wochen Bombenalarm ausgehalten. Und 1917 wären die Kämpfe wohl um Monate vertagt, wenn nicht umgehend beendigt worden.
Darin mögen manche eine hoffnungsvolle alternativgeschichtliche Utopie erblicken. Nur sollte man nicht gleich ins Gegenteil verfallen und aus Angst vor dem Tode „kollektiven Selbstmord“ (Mikrobiologe Sucharit Bhakdi) begehen. Eben dies tun wir momentan, zwar nicht leiblich, aber was wir unserer Gesellschaft und Wirtschaft zumuten, bietet einen Vorgeschmack darauf. Und da wir bereits bei martialischen Vergleichen waren: Wenn Churchills England beanspruchte, durch Unerschrockenheit die Freiheit der Welt gerettet zu haben, könnte Boris Johnson durch eine (hierzulande medial unterbelichtete) Standhaftigkeit in dieser Frage der Welt einen vergleichbar couragierten gesundheitspolitischen Dienst leisten, sofern ihn öffentlicher Druck nicht noch zum gänzlichen Umfallen zwingt. Zumindest böte dies die singuläre, keineswegs zynisch ergriffene Chance, tatsächlich zu erfahren, wie hoch der Preis eines alternativen Umgangs mit derlei Seuchen tatsächlich ist.
Dabei verzichten wir besser auf ethische Fundamentalsätze, als da sind: Gegenüber dem unersetzbaren Wert eines Menschenlebens haben kommerzielle Argumente zurückzustehen. Denn erstens können wir nicht die Augen davor verschließen, dass bei diesem Krisenmanagement etliche Multimillionäre zu Lasten vieler ihre skrupellosen Profitinteressen einstreichen, und sollten daher genau beobachten, wer bei dieser gigantischen Vernichtung von Volksvermögen und dem Ruin zahlreicher kleiner und mittelständischer Existenzen gleichwohl verdient. Auch darf man sich jetzt schon auf die bösen Verteilungskämpfe „freuen“, die umgehend einsetzen, wenn im Rahmen von (mit hohen Steuern finanzierten) Wiederaufbauprogrammen Abermilliarden zunächst allen genommen und dann an die lautesten und potentesten Schreier umverteilt werden.
Noch wichtiger ist ein zweiter Punkt: Glaube man ja nicht, die jetzige Isolationspolitik koste keine Menschenleben! Hunderte von Millionen in aller Welt, darunter Kinder und Alte, werden auf einen Miniaturlebensraum beschränkt, seelisch über Monate durch Horrorbilder terrorisiert, als seien mittelalterliche Pestumzüge zurückgekehrt. Schüler erleiden erhebliche Bildungseinbußen. Neue Epidemie-Zuständigkeiten ohne Parlament und persönliche Zugriffsrechte werden vorbereitet. In Altersheimen und beim Betreuten Wohnen finden sich Menschen in den „Zellen“ ihrer Zimmer interniert, ohne Hofgang, wie er wenigstens Sträflingen noch zusteht. Welche seelisch belastende Freiheitsberaubung als Zwangsfürsorge!
Wird je ermittelt, welche Auswirkungen diese Zustände auf andere Gebrechen haben: Herz- und Kreislaufschwächen, in Krankenhäusern verhinderte (rechtzeitige) Behandlung weiterer Übel, die jetzt aus dem Fokus der Aufmerksamkeit geraten? Nahezu für jedes altersbedingte Gebrechen ist Bewegung das A und O täglicher Therapie. Was richten wir stattdessen an? Führen Immobilität und mediale Angstkampagnen rund um die Uhr nicht gleichfalls zumindest mittelbar zu zahlreichen durch diese Art „Prävention“ bedingten Toten? Fließt jemals in die Bilanz ein, was wir an gesundheitlichen Kollateralschäden billigend in Kauf nehmen, während wir fast sämtliche nationalen Energien auf einen einzigen Krankheitstyp konzentrieren?
Und welche Naivität, zu glauben, dass die Zerrüttung einer (Welt‑) Wirtschaft ein ausschließlich ökonomischer Faktor wäre! Wird durch solche vernichtete wirtschaftliche Substanz nicht auch das dringend reformbedürftige Gesundheitssystem essentiell gefährdet? Sind zusätzliche (gewaltsame) soziale Konflikte nicht dadurch schon vorprogrammiert? Und ahnen diejenigen, die sonst ständig die Solidarität mit der ganzen Menschheit im Munde führen, nicht, wie sich Wirtschaftskrisen insbesondere für die Dritte Welt auswirken? Vermutlich mit sechs- bis siebenstelligen Letalitätsziffern.
In der gegenwärtigen Kontroverse um das richtige Vorgehen streiten als exemplarische Protagonisten die Virologen Christian Drosten und Alexander Kekulé gegen den Lungenfacharzt Wolfgang Wodarg und den Hygienespezialisten Sucharit Bhakdi, wobei Erstere den Staat und die Blockmedien hinter sich haben, Letztere das alternative Internet und zum Beispiel den Psychologen Franz Ruppert, der das Ganze für eine Massenhysterie hält. Wir Nicht-Experten sollten also gänzlich schweigen. Aber manchmal lassen sich gerade aus der Distanz Plausibilitäten beurteilen oder anmahnen, dass die täglichen Schreckensbilanzen nicht allzu viel ausblenden. Bedacht sei zumindest dreierlei:
Erstens: Alle genannten Todeszahlen müssen sich vor dem Hintergrund der gut 25.000 Influenza-Opfer betrachten und relativieren lassen, die im Winter 2017/18 ohne öffentliches Getöse quasi abgehakt wurden. Die Menschen starben übrigens trotz partieller Impfung, adäquater Medikation und einer gewissen Teilimmunität.
Zweitens: Haben wir überhaupt valide Opferzahlen? Angelo Borrelli, Leiter der Zivilschutzbehörde Italiens, sagte immerhin (laut „Tagesschau“ vom 21.03.2020), dass sie bei der Bilanz „nicht unterscheiden zwischen Corona-Infizierten, die gestorben sind, und denen, die wegen des Coronavirus gestorben sind“. Das aber reduziert die Aussagekraft erheblich.In Deutschland sterben übrigens seit Jahren ohnehin rund 2.500 Menschen pro Tag. Welche Steigerung der Infektions- und Letalitätszahlen ergibt sich andererseits allein daraus, dass man nun plötzlich (Tote) vermehrt auf dieses Virus testet? Selbst bereits palliativ behandelte Tumorpatienten zählen als Corona-Tote, so sie einen positiven Abstrich haben. Die Infiziertenzahl allein sagt wenig aus. Wurden bei den ungewöhnlich hohen Sterbeziffern in Wuhan und Bergamo Spezifika berücksichtigt (Umweltbedingungen; Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems; spezifische Hygienebedingungen)?
Drittens: Welche Mortalitätsrate ergibt sich dadurch, dass die geschürte Panik eine (strukturelle) Überbelastung der Krankenhäuser zusätzlich fördert, die ihrerseits böse Folgen hat? Von (mittelfristigen) psychosozialen Schäden ganz abgesehen. Und so weiter, und so fort.
Das Generationenproblem
Man verkauft uns die jetzige Katastrophenpolitik als besondere Solidarität mit den Alten, wofür man sie jedoch fraglos neben den momentan zunächst betroffenen Jungen noch gebührend zur Kasse bitten wird. Wäre das der Fall – und ich sage es als Angehöriger des zur Risikogruppe gehörenden Jahrgangs 1946 –‍, kämen wir in Grenzbereiche, in denen man derartig hohe wirtschaftliche Opfer nicht mehr ohne weiteres annehmen, geschweige denn fordern darf. Zumindest nicht, wo ein Volk noch tatsächlich Gemeinschaft lebt. Wenn sich das erhöhte Altersrisiko bei solchen Epidemien also nur dadurch mindern lässt, dass man jeweils eine Wirtschaft verheert, stellt sich die Frage der (auch moralischen) Güterabwägung.
Die Form, in der sich unsere öffentlich-rechtlichen Hintertreppen-„Satiriker“ des Funkformats „Bohemian Browser Ballett“ dazu äußerten (die 65-plus-Generation könne ruhig dezimiert werden, da sie schließlich unseren Planeten „in den letzten 50 Jahren voll an die Wand gefahren“ habe), ist zwar schlicht peinlich. Viel berechtigter hätten sich diese staatsfinanzierten Schnösel, auf deren Empfehlung wir sonst leichten Herzens Billionen Euros für vermeintliche Klima-„Rettung“ verfeuern, einmal der gänzlich zerrütteten Demographie dieses Landes zuwenden sollen: das heißt der trendsetzenden Lebensführung ihrer eigenen Altersgruppe, die den Generationenvertrag unter Versorgungsgesichtspunkten längst gekündigt hat. Nur deshalb ist der Anteil der Alten in unserem Land so groß geworden, dass sich offenbar Politiker nicht mehr trauen, gegen deren Ängste eine der Gesamtheit dienende Politik zu machen. Dabei ist es (angesichts verbreiteter Hysterien gerade bei den weniger gefährdeten Jüngeren) nicht einmal ausgemacht, dass die regierungsgesteuerte Panik überwiegend aus den Reihen der Alten stammt. Als Folge sind jedenfalls jetzt schon bestimmte ungute Töne in Richtung der Alten vernehmbar.
Es hilft nichts. Wir müssen endlich wieder in der Realität ankommen und uns von Gaukeleien verabschieden, es gäbe für fast jede Krise Absicherungen und Sicherheit. Und sollte die Seuche tatsächlich so ansteckend sein, müssen wir da durch, und das Erreichen einer relativen „Herdenimmunität“ ist auf Dauer die einzig handhabbare Wirklichkeit, da wir schließlich mit ständig sich wandelnden Krankheitserregern konfrontiert sind. Das Hinausstrecken mag kurzfristig Krankenhausengpässe beseitigen, und nur das rechtfertigt partiell und äußerst kurzfristig exorbitante Maßnahmen für besonders Gefährdete. Aber gerade da, wo wir mit zweiten oder dritten Grippewellen rechnen, führt das zu Zeiträumen, die schlechterdings untragbar sind. Schließlich stellt Covid-19 ja nur eine Form potentieller Virenmutationen dar. Wir werden auch künftig mit vergleichbaren Attacken auf unsere Gesundheit zu kämpfen haben. Denn der totale Sieg über Epidemien ist eine Illusion wie diejenige vom ewigen Leben. Wollen wir also alle zehn Jahre aufs Neue die Weltwirtschaft ruinieren, bis jeweils aktualisierte Impfstoffe hergestellt sind?
Die Quarantänegesellschaft
So, wie die jetzigen Medien agieren, darf man sich totalitäre Kriegspropaganda vorstellen, das heißt Trommeln von morgens bis abends. In den Fernsehstudios der Talkshows geben Experten und bloß Prominente (wie kurioserweise der „Fernsehdoktor“) einander die (hoffentlich desinfizierten) Klinken in die Hand. Medizinische Medienstars werden geboren, denen eine Macht zuwächst wie früher nur Militärgouverneuren. Immerhin fällt auf, dass all diejenigen, die stets behaupteten, Angst sei ein schlechter Ratgeber, oder die Ängste von Alternativen geradezu für politkriminell oder unmoralisch hielten, plötzlich 24 Stunden am Tag Alarmsirenen schrillen lassen. Oder gilt wieder die Devise: „Was zugelassene Angst ist, bestimme ich“?
Kurios ist, dass auch in dieser Situation nicht auf die üblichen Agitationsmuster verzichtet wird. So hatte etwa der böse Trump zunächst alles falsch gemacht, als er die Grenzen des Landes sperrte. Anschließend lerne ich von der „Qualitätspresse“, dass die EU alles richtig macht, wenn sie etwas später das Gleiche tut. Solche feinen Differenzen hätte ich früher nicht begriffen, zumal ich noch in der von der Bundesregierung verkündeten Überzeugung lebte, dass sich Grenzen grundsätzlich nicht schließen lassen, ein Prinzip, nach dem man aktuell übrigens in bestimmten Migrantenfällen immer noch verfährt.
Der hiesige Virusalarm charakterisiert unsere politmediale Klasse im Kern, wobei die (soeben auf arg strapazierter Rechtsgrundlage etablierte) medizinische Notstandsdiktatur für eine Technokratie eigentlich den Idealzustand bildet. Wir haben eine atomisierte Gesellschaft, die sich nicht mal mehr in Kleingruppen versammeln darf und fast alternativlos der politmedialen Allmacht einer sogenannten Elite ausgesetzt ist. Die wieder verhängt Ausgangssperren oder überwacht per Handychecks deren Einhaltung. Furchtgesteuerte Massen wiederum folgen wie Lemminge, solange ihre Führungsfiguren als Retter erscheinen. Das Ganze löst sogar frühere parteipolitische Akzeptanzprobleme, insofern sich eigentlich längst diskreditierte Regierende (nach dem Muster Helmut Schmidts bei der Hamburger Flut) nun als Großheiler präsentieren können.
Und natürlich lassen sich auf diese Weise nicht nur medizinische Viren bekämpfen, sondern bei anderer Gelegenheit auch allerorten zu isolierende „Klimaleugner“ oder „Rechtsextremisten“, vor denen die Gesellschaft geschützt werden muss. Wer könnte sich im Zuge des großen Einigungsappells schließlich der Überzeugung widersetzen, dass jetzt ein Maximum an Prävention geboten sei? Man gewöhnt sich schnell an ein Quarantäne-Herrschaftsmodell: mit „Mutti“ am Krankenbett der Nation, Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang samt Einbläser‍(innen) als Gesinnungsvirologen sowie Papa Habeck in edler Sorge vor geistig Infektiösen, die seiner Klimareligion misstrauen. Und siehe da, für den unermüdlichen Kampf gegen rechts bleibt in unseren Blättern wenigstens als Thema Nummer zwei noch Platz. So erfährt man etwa von ausgewiesenen Politlinguisten, was ich früher für fast schon klinisch abstrus gehalten hätte, dass das Verb „ausschwitzen“ etymologisch von Auschwitz herrührt.
Äußerst praktisch ist natürlich auch, was bei solchem Nachrichtenfokus alles unter den Teppich gekehrt werden kann. Die Schuldenbremse ist Schnee von gestern. Für die zuvor bereits schwächelnde Wirtschaft entfällt die Verantwortung; das schluckt alles das Kausalitätsmonster Corona. Auch lässt sich unter dem Radar der Aufmerksamkeit etliches schnellstens erledigen: die Erhöhung der Rundfunkgebühr, die Diskreditierung des Bargelds wie ein paar weitere meinungsstrangulierende Verordnungen oder Verbotsmaßnahmen.
Zudem beruhigt, dass Horst Seehofer dem deutschen Volk jüngst versicherte, selbst im Zeichen von Corona bleibe der Kampf gegen Rechtsextremismus in seinem Visier. Auch der „Verfassungsschutz“ war nicht müßig, seinen Regierungsauftrag zur Zerstörung der einzig nennenswerten parlamentarischen Opposition zu leisten. Wie in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, mit dem ja jetzt so vieles verglichen wird, arbeiten unsere Bürokraten selbst in solchen Tagen noch bienenfleißig daran, sogenannte Staatsfeinde auszumachen. Gelobt sei die Kontinuität einer unermüdlichen Bürokratie!
Nun, Meinungsfreiheit beziehungsweise offen-selbstkritische Medien werden demnächst wohl ohnehin nicht allzu groß geschrieben. Wer solche Verluste an Volksvermögen und ‑chancen zu verantworten hat, kann sich keine wirklich freie Ursachendiskussion leisten. Und wir dürfen uns in künftigen Debatten schon mal darauf einrichten, mit dem zumindest moralischen Straftatbestand der „Corona-Leugnung“ konfrontiert zu werden. Bereits jetzt unterscheiden unsere Mainstreammedien per Framing ja zwischen „seriösen Wissenschaftlern“ Marke Drosten und Verbreitern „wirrer Behauptungen“ à la Wodarg – ganz wie es das durchgespielte Szenario einer amerikanischen Pandemie-Übung zur Diskreditierung von Kritik empfahl.
Nach der Katastrophe
Einmal muss der ausgerufene Pandemie-Alarm, wenn nicht alles zu Scherben gehen soll, offiziell abgeblasen werden. Dann kommt die Stunde der Wahrheit einer schonungslosen Bilanz, für die wir uns weder ideologisch noch moralistisch verhärten sollten. Wer sich dann – und sei es besten Gewissens – Übertreibung oder Verharmlosung anlasten muss, wird an diesem Vorwurf ohnehin noch lange tragen. Schlimmer jedoch wäre eine unsauber-apologetische Aufarbeitung der Krise, sei es um eine Niederlage dieser Größenordnung nicht einzugestehen, sei es aus Furcht, von heute auf morgen vom medialen Volksfreund zum Volksfeind zu schrumpfen, sei es aus psychischer Unfähigkeit im Stimmungsorkan Befangener, die ja zuvor meist nur trieben, weil sie sich selbst getrieben fühlten.
Unser Volk hat jedoch ein Anrecht darauf, zu erfahren, ob diese administrative Vollbremsung unerlässlich war, die nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft böse zur Ader ließ, sondern zudem etliche Reserven verbrauchte, die man gerade für ein ohnehin überstrapaziertes wie reformbedürftiges Renten- und Gesundheitssystem hätte aufwenden müssen. Wir haben Anspruch auf ungeschönte Bilanzen, in denen alle relevanten Faktoren berücksichtigt sind, vor allem die Frage, ob in den Letalitätsziffern Corona Hauptursache oder nur Begleiterscheinung war. Wir werden Verlaufskurven und Hochrechnungen prüfen müssen unter Berücksichtigung von Gegenzählungen diverser Erkrankungen infolge der Quarantäne. Wo immer zu eruieren, sind Vergleichszahlen bei alternativem Krisenmanagement einzuholen. Und vieles mehr.
Es ist klar, welcher ungeheure psychische Druck auf Ärzten lastet, die mehrheitlich gewiss in bester Überzeugung warnten. Wie viele von ihnen werden der Versuchung entgehen, einen möglicherweise glimpflicheren als vorhergesagten Ausgang lieber als Präventionserfolg denn als Fehlprognose zu deuten, zumal wo hässliche Debatten und Wahlkämpfe drohen? Wer in Forschung und Gesundheitspolitik wird mit allen Konsequenzen bereit sein, wie Ödipus auch gegen sich selbst zu ermitteln, wenn schmerzliche Ergebnisse drohen?
Aber selbst wenn die Gesundheitspolitiker mit Grund ein positives Fazit ziehen dürfen: Wird man sich zur analytischen Klarheit durchringen, dass in absehbarer Zeit eine solche Schocktherapie den Völkern nicht nochmals auferlegt werden darf, ohne dass es in den ohnehin zerklüfteten Gesellschaften Europas zu blutigen Konflikten kommt? Ein Modell für künftiges Handeln kann dies jedenfalls nicht sein. Und für politisches Verhalten schon gar nicht, so groß die Versuchung sein mag, sich in der Krise den Part als „Lebensretter“ zu geben.
Gerade für Deutsche, bei denen es allzu oft scheint, sie hätten sich mehrheitlich das fürs Freiheitsbewusstsein zuständige Organ herausoperieren lassen, heißt es künftig, die durch Kollektivzwang geförderte Corona-Gesinnung schnell wieder aus den Köpfen zu bringen. Bis hin zu den makabren Praktiken, dass Todgeweihte nun aus Hygieneschutz ihre letzten Tage ohne adäquate Familienbegleitung verbringen müssen. „Das Leben ist der Güter höchstes nicht“, formulierte Schiller, was Brecht glaubte in ein „Das Leben ist der Güter höchstes“ korrigieren zu müssen: Dem muss man nicht folgen.
 
Anmerkung der EIKE-Redaktion:
Wir danken Herrn Prof. Günter Scholdt, em. Professor für Germanistik an der Universität des Saarlandes und Leiter des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Esass, für die freundliche Genehmigung, seinen Aufsatz in den EIKE-News übernehmen zu dürfen. Er erschien zuerst in „Eigentümlich frei“ am 30.März 2020. Für nähere Infos zu G. Scholdt (hier) seine Homepage. Seine jüngste Buchveröffentlichung erschien soeben in der Basilisken-Presse, Marburg an der Lahn, unter dem Titel „Populismus. Demagogisches Gespenst oder berechtigter Protest“.
Anlässlich einiger Leserkommentare, welche sich nur auf Grund von Missverständnissen erklären lassen, bittet die EIKE-Readktion, folgendes sorgfältig zu beachten:

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