Experimentelle Verifikation des Treibhauseffektes – 6. Mitteilung: Fourier und die falschen Klima-Propheten
1. Das Hoimar von Ditfurth Experiment
Man findet im Internet eine Reihe von einfachen Versuchen, die den CO2-Treibhauseffekt mit der Lufttemperatur verbinden. Danach soll sich CO2 wie eine Glasscheibe verhalten, die kurzwelliges Licht durchlässt, aber langwellige Wärmestrahlung absorbiert. Eine deutliche Erwärmung nach Zugabe von CO2 wurde als Beweis eines Treibhauseffektes erachtet. Die bekanntesten Versuche stammen von Al Gore und Hoimar von Ditfurth. Sie haben einen sehr ähnlichen Aufbau und lassen sich wie folgt charakterisieren:
1. Eine Glühlampe bestrahlt von außen ein Gefäß (Simulation der Sonnenstrahlung).
2. Das Gefäß wird wahlweise mit normaler oder CO2-haltiger Luft gefüllt (Erd-Atmosphäre).
3. Eine Bodenfläche oder ein kugelförmiger Körper simuliert die Erdoberfläche.
Das wohl spektakulärste Experiment wurde 1978 von dem Autor und Fernsehmoderator Dr. Hoimar von Ditfurth† durchgeführt. Diese Vorführung verdient einige Superlative: Neben spektakulär ist es das größte und gefährlichste Experiment, mit dem stärksten Temperatur-Anstieg und den meisten physikalischen Rätseln hier.
Der eigentliche Kern des Versuches waren zwei Bühnenscheinwerfer, die aus kürzester Entfernung von oben in die offenen Zylinder hineinstrahlten und damit erwärmten.
Am Ende wurde festgestellt, dass der CO2-gefüllte Zylinder 11,3 °C wärmer war als der Vergleichszylinder.
Das YouTube-Video, das noch immer im Internet zugänglich ist, vermittelt eine Botschaft, die wegen ihrer Einfachheit auch von der breiten Öffentlichkeit leicht zu verstehen ist: „Seht her, CO2 kann unsere Erde um 11 °C oder vielleicht noch höher erwärmen, wenn ihr nicht sofort handelt.“ Aber stimmt diese Prophezeiung?Die Versuche von Al Gore und Ditfurth sind reine Demonstrationen. Es fehlen detaillierte Beschreibungen, Angabe der CO2-Konzentrationen und Kontroll-Experimente. Zur Auswertung kommt lediglich eine Vorher-Nachher-Betrachtung. Diese Versäumnisse sollen durch eine gründliche Überprüfung nachgeholt werden.
2. Die Versuchsapparatur
Die Versuchsapparatur und erste Ergebnisse wurden bereits auf der alternativen 13. Klima-Konferenz (IKEK) in München November 2019 vorgestellt (hier).
In der Zwischenzeit wurde die Apparatur durch Einbau eines 7. Sensors „Tp. Boden“, der die Temperatur der Dom-Wand misst, erweitert. Dadurch lassen sich Luft- und Boden-Temperaturen miteinander vergleichen.

Die wichtigste Neuerung ist eine PE-Folie in Form von Blende 2 oberhalb der konischen Erweiterung der Röhre. PE hat den Vorteil, dass die Folie Wärmestrahlung durchlässt, aber den Versuchsraum gasdicht verschließt. Dadurch lassen sich vergleichende Experimente mit offener und geschlossener Apparatur durchführen.
2.1 Überprüfung des Ditfurth-Experimentes
Wie beim Ditfurth-Experiment wird die mit Luft gefüllte, offene Apparatur (Abb. 2, linkes Bild) mit einer 100 W Rotlicht-Reflektor-Lampe bestrahlt. Durch die Bestrahlung ist die Versuchs-Apparatur bis zu 10 °C wärmer als die Raum-Luft. Dabei entsteht eine ungewöhnliche Luftschichtung, mit warmer Luft unten und kälterer Luft oben (Abb. 3). Die Erklärung ist das Lambertsche Kosinusgesetz. Der Boden, obwohl am weitesten von der Lampe entfernt, erhält wegen seiner parallelen Ausrichtung zur Strahlungsquelle die größte Strahlungsdichte von der Rotlicht-Lampe. Alle anderen Flächen werden nur schräg angestrahlt und dadurch weniger erwärmt. Die Wärme breitet sich hauptsächlich durch Wärmeleitung aus, wie an der 4 °C Differenz zwischen Boden und Dom-Luft zu sehen ist (Abb. 3, Boden vs. Dom).
Nach einiger Zeit werden 23 L CO2 innerhalb von 15 Minuten von unten in die Apparatur eingeleitet. Die Temperaturen in der Apparatur reagieren sofort auf das CO2, allerdings sehr unterschiedlich. Während sich Boden und Dom-Luft sofort erwärmen, zeigen die anderen Sensoren zunächst eine Abkühlung, um nach einer gewissen Verzögerung ebenfalls einen Anstieg zu vermelden (Abb. 3).
Nach einer Beobachtungszeit von 180 Minuten (Ruhephase) werden die Gase durch das „Einleitungsrohr“ im Boden wieder abgepumpt. Das Abpumpen dient der Kontrolle, dass die Temperatur-Anstiege tatsächlich durch das eingeleitete CO2 verursacht wurden und alle Messwerte annähernd wieder Ausgangsniveau zeigen.
Eine Bestimmung der CO2-Menge beim Abpumpen ergab, dass nur noch wenig CO2 von den ursprünglichen 23 Litern vorhanden war. Das meiste CO2 w CO2 ährend des Versuches durch Diffusion unbemerkt in den Laborraum entwichen. Die Temperatur-Verläufe der Messpunkte Tp. R1 – R3 und der stetige Temperatur-Anstieg der Top-Position zeigen diese Diffusion. Demgegenüber waren die Temperaturen des Bodens und der Dom-Luft während der Ruhephase relativ konstant und veränderten sich erst beim Abpumpen.
2.2 Das Argon-Kontroll-Experiment
Auf den ersten Blick sieht das vorherige CO2-Experiment wie eine Bestätigung der Ditfurth-Hypothese aus. Aber Zweifel ist die Mutter aller Wissenschaften und so muss auch dieses Ergebnis überprüft werden. Als alternatives Kontroll-Gas bietet sich Argon an. Argon ist wie CO2 ein schweres Gas aber kein Treibhausgas und sollte beim Einleiten in die Röhre keine Temperatur-Änderung verursachen. Der Kontroll-Versuch ist jedoch eine faustdicke Überraschung: Das IR-inaktive Argon verursacht exakt die gleichen Temperatur-Anstiege wie das Treibhausgas CO2 (Abb. 4).
2.3 Schlussfolgerungen
Das Edelgas Argon ist ein IR-inaktives Gas, das weder Wärmestrahlung absorbieren noch emittieren kann. Wenn CO2 und Argon den gleichen Erwärmungs-Effekt zeigen, muss man die Ursache außerhalb der Wärmestrahlung suchen. Schwere Gase haben eine kleinere spezifische Wärmeleitfähigkeit λ als Luft (die Tabelle in Abb. 4). Werden diese Gase in die Röhre eingeleitet, verringern sie den Wärmestrom innerhalb der Apparatur. Die schweren Gase wirken wie eine Isolierschicht. Somit lässt sich feststellen:
Das Ditfurth-Experiment zeigt nicht den Treibhauseffekt, sondern ist ein Phänomen schwerer Gase.
Diese erste Erkenntnis bestätigt die Skepsis von Helmut Krebs und Anthony Watts, die an den Ditfurth- und Al Gore-Experimenten, als Beweis des CO2-Treibhauseffektes, gezweifelt hatten (hier, S. 91,98).
3. Experimente in der geschlossenen Apparatur
3.1 Überprüfung des Ditfurth-Experimentes in der geschlossenen Apparatur
Da bei der ersten Untersuchung CO2 entweichen konnte, wurde der Versuch von Kap. 2 mit einer geschlossenen Apparatur wiederholt. Hierzu wurde Blende 2 mit Silicon-Gummi oberhalb der konischen Erweiterung eingeklebt. Blende 2 ist mit einer durchsichtigen PE-Folie (Schichtdicke: 11 µm) bespannt, die Wärmestrahlung durchlässt, aber den Austritt von CO2 verhindert (Abb. 1, das Bild in der Mitte). Überraschenderweise gingen bei diesem Versuch die Temperaturen bereits nach zwei Stunden wieder auf die Ausgangswerte zurück, obwohl gar nicht abgepumpt wurde (Abb. 5).
Das abweichende Verhalten lässt sich durch einen unterschiedlichen Verlauf der CO2-Diffusion bei einer offenen und geschlossenen Apparatur erklären. Beim CO2-Einleiten durch das untere Einleitungsrohr bildet sich im Dom ein CO2–CO2“, vergleichbar mit einer Flüssigkeit, die in eine Schüssel gefüllt wird. Das CO2 breitet sich danach langsam durch Diffusion nach oben aus. Dabei nähert sich das CO2 der Rotlichtlampe und wird hier stärker erwärmt als in den unteren Schichten, was den Aufstieg beschleunigt. Bei der offenen Apparatur führt das zu einem Entweichen von CO2, bei der geschlossenen aber zu einer Vermischung, Homogenisierung mit der Innenluft.
Dieser Homogenisierungs-Prozess verändert das Verhältnis von CO2-Wärmeleitung und CO2-Wärmestrahlung.
Die Wärmeleitung einer CO2-haltigen Schicht hängt von ihrer Zusammensetzung und der CO2-Konzentration ab (hier). Den größten Isoliereffekt hat das reine CO2 beim Einleiten in den Dom, wodurch die oberen Schichten weniger Wärme von dem wärmeren Boden bekommen. Beim Vermischen mit Luft verringert sich der Isoliereffekt mit abnehmender CO2-Konzentration.
Im Gegensatz dazu ist das Strahlungsvermögen von CO2 nicht von seiner Konzentration, sondern von der Anzahl der CO2-Moleküle abhängig. Der Homogenisierungs-Prozess verringert die CO2-Konzentration aber nicht die Anzahl der CO2-Moleküle.
Dieser Zusammenhang führt zu der Erkenntnis, dass der anfänglich starke Temperatur-Anstieg von 1 – 2 °C hauptsächlich durch ein Konzentrations-Gefälle verursacht wird. Eine homogene CO2-Luft-Mischung führt dagegen nur zu einer geringen Erwärmung von 0,1 – 0,2 °C (Abb. 5).
3.2 CO2-Experiment mit beschleunigter Homogenisierung
Die These der internen Vermischung von CO2 und Luft ließ sich experimentell bestätigen. Nach Einleitung von CO2 wurde durch eine Aquarium-Pumpe das im Dom befindliche CO2 abgesaugt und in das obere Rohr wieder eingeleitet. Durch 30 minütiges Umpumpen wurde die Homogenisierung beschleunigt, wodurch die Temperaturen sofort wieder zurückgingen (Abb. 6 und Tab. 1).
3.3 Homogenisierungs-Versuche mit schweren Gasen
Weitere Homogenisierungs-Versuche mit unterschiedlichen Mengen CO2, Freon 134a und Argon ergaben immer die gleichen geringen Temperatur-Anstiege von 0,1 – 0,3 °C (Tab. 1). Auch ein CO2 Kontrollversuch mit einem farblosen 100 W Strahler (Abb. 2, rechtes Bild) führte zu keinem anderen Ergebnis.
3.4 Homogenisierungs-Experimente in Argon
In einer letzten Versuchsreihe wurde die Innenluft der Apparatur vor Zugabe von Treibhausgasen weitgehend durch Argon ausgetauscht. Durch diese Maßnahme sollte die Wärmeleitung des Versuchsraumes von vornherein vermindert werden. Tatsächlich verursachte jetzt die Einleitung von CO2 bzw. Freon 134a keine messbare Erwärmung der Dom-Luft, während es am Boden sogar zu einer Abkühlung kam (Tab. 2).
4. Fazit und Ursachensuche
Die Behauptungen von Al Gore und Ditfurth, den CO2-Treibhauseffekt durch eine Luft-Erwärmung nachgewiesen zu haben, sind falsch. Beseitigt man Sondereffekte, die durch die geringe spezifische Wärmeleitung schwerer Gase und durch einen Konzentrations-Gradienten entstehen, bleibt von der postulierten Erwärmung nichts mehr übrig.
Aber warum funktionieren solche Experimente mit einer Bestrahlung von außen nicht? Um das zu verstehen, muss man sich die Bestrahlungs-Lampen, als Quelle der Energiezufuhr, genauer ansehen. Die Glaskolben der farblosen und der Rotlicht-Lampe erreichen Temperaturen von 115 °C bzw. 125 °C und produzieren dadurch, neben ihrem sichtbaren Licht, eine erhebliche Wärmestrahlung. Entscheidend ist nun, dass dies Wärmestrahlung den gleichen Wellenlängen-Bereich λ = 3 – 30 µm umfasst, der auch von Treibhausgasen benutzt wird.
Um die Bedeutung von Wärmestrahlung und Gegenstrahlung zu verstehen, müssen wir zunächst abschweifen und die Frage beantworten, wie die Erde ihre Wärme abgibt:
Die Erde hat eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Wärme horizontal und vertikal zu transportieren, wobei der größte Teil in der Atmosphäre landet. Nur ein sehr kleiner Teil (40 W/m2) wird direkt von der Oberfläche an das Weltall abgegeben (hier). Tatsächlich ist es die Atmosphäre und nicht die Erde, die für die Kühlung des Systems Erde/Luft sorgt, und zwar ausschließlich durch Wärmestrahlung von rund 200 W/m2 in Richtung Weltall. Das mag paradox klingen, da eine Erde ohne Atmosphäre deutlich kälter wäre, aber das sind nun mal die realen Wärmeströme wenn man Kevin E. Trenberth Energieschema zugrunde legt.
Stickstoff, Sauerstoff und Argon, die Hauptbestandteile der Atmosphäre, sind IR-inaktiv, d.h. sie können zwar Wärme speichern und transportieren, aber keine Wärmestrahlung aussenden. Diese Funktion und Fähigkeit besitzen nur Wolken, Aerosole und Treibhausgase. Ohne diese kleinen Partikel und die IR-aktiven Spurengase würde sich die Atmosphäre langfristig erwärmen, und nur in Bodennähe gebe es noch einen gewissen Wärmeaustausch durch Wärmeleitung.
Nun wird die Wärmestrahlung dieser Stoffe aber in alle Richtungen gleichmäßig ausgestrahlt. Dadurch wird einerseits die Atmosphäre abgekühlt und andererseits die Erdoberfläche angestrahlt. Die Bestrahlung der Erde, auch Gegenstrahlung genannt, bewirkt, dass die Netto-Energieabgabe der Erdoberfläche vermindert wird. Dieser Strahlungs-Effekt führt zu einer gewissen Erd-Erwärmung, was fälschlicherweise als Treibhauseffekt bezeichnet wurde.
Doch nun zurück zu den Laborversuchen, hier überlagert die Wärmestrahlung der Lampen die Strahlung der Treibhausgase. So wird einerseits die nach unten gerichtete Gegenstrahlung durch die externe Lampe vergrößert und andererseits die nach oben gerichtete Wärmestrahlung der Apparatur durch die Treibhausgase erhöht. Die Laborversuche ergeben keine Erwärmung, weil bei diesen Experimenten offensichtlich beide Energieströme gleich groß und gegeneinander gerichtet sind.
Dass Treibhausgase tatsächlich die Wärmestrahlung einer Luftschicht vergrößern, konnte mit ganz anderen Experimenten nachgewiesen werden (Mitteilungen 1 – 5). Bei diesen Versuchen wurde die simulierte Erdoberfläche elektrisch beheizt und nur homogenisierte Gasmischungen untersucht. Dadurch wurde die Konkurrenz von externer und interner Wärmestrahlung vermieden und der Wärmeleitungs-Effekt unterdrückt. Bei diesen Experimenten erwärmte sich die simulierte Erde und nicht, wie von Fourier postuliert, der Gasraum. So konnte die Strahlungen verschiedener IR-aktiver Gase quantifiziert und bewertet werden. Dabei erwies sich CO2 als ein deutlich schwächerer IR-Strahler als andere Treibhausgase. Nur Methan, mit einem angeblich 28-mal größeren Treibhauspotential als CO2, war überraschenderweise ein noch schwächerer IR-Strahler (hier).
Meine einfachen Experimente können weder eine Erd-Erwärmung beziffern, noch sind sie 1:1 auf die Atmosphäre übertragbar, aber sie sollten selbsternannten Propheten eine Warnung sein. Es gibt Behauptungen, die sich überprüfen lassen, und apokalyptische Prophezeiungen erfüllen sich nur selten:
Plinius der Jüngere, 1. Jahrhundert: „Wir vergiften die Flüsse und die Grundbestandteile der Natur; und wir verwandeln gerade das, was unsere Lebensgrundlage ist, in Nägel für unseren Sarg.“
Doch es sollte anders kommen: Das Weströmische Reich erlebte noch das halbe Jahrtausend – – bis die Vandalen Rom zerstörten. Sollte sich diese Geschichte durch „Friday for Future“ und „Extinction Rebellion“ wiederholen?
Danksagung:
Ich danke Herrn Prof. Jörg Gloede für seine kritische Durchsicht und vielen wertvollen Hinweise.
20 Jahre EEG – Gaudi mit Claudi
Angesichts der Energiekosten im Land bei Kerzenschein und kalter Küche, aber natürlich mit zünftiger Torte. Und falls Sie sich fragen, wer wohl aus der Torte hüpft … für diese Rolle kommt natürlich nur Claudia Kemfert infrage, Konditorin und Kaltmamsell der Energiewende, die ohne das EEG so ganz ohne Aufgabe dastünde. Hoch lebe das EEG, dem Frau Kemfert ihren Job und ich meinen Galgenhumor verdanke. Wie üblich in Interviewform – für kritische Analysen muss man bei Kemfert immer Sekundärquellen bemühen – befragt Stefan Römermann für den Deutschlandfunk Kemfert nach den Anfängen des EEG.
„Warum war das Gesetz seinerzeit so umstritten?“
Ignorieren wir die Antwort, denn diese Gefälligkeitsfrage ist suggestiv und falsch formuliert. Umstritten war das Gesetz anfangs nämlich gerade nicht wegen der hohen Vergütungen, wie Kemfert behauptet, sondern höchstens deshalb, weil man sich fragte, wozu es überhaupt gut sei. Es gab im Jahr 2000 so wenige Solar- und Windfarmer, denen man feste Einspeisevergütungen garantierte … was sollte da schon schiefgehen! Also legte man im Jahr 2000 zwei Reiskörner aufs erste Feld des Schachbretts und sah mit wachsender Sorge Jahr für Jahr den Subventionsberg wachsen. Bei etwa einer halben Billion sind wir mittlerweile schon. Die Frage hätte also lauten müssen: War das Gesetz seinerzeit so umstritten wie heute?
Exportschlager EEG
Ich will hier aber gar nicht langweilen mit den immer und immer wieder gehörten Märchen vom sinkenden Preis der „Erneuerbaren“, wenn erst mal genug davon in der Landschaft rumstehen (die ersten werden längst wieder abgeräumt). Kemfert wird nicht müde, das zu behaupten, aber genau dafür wird sie ja schließlich bezahlt. Die Branche winselt den knapper werdenden Subventionen nach, und das ist leider schon die ganze Geschichte ihres Niedergangs. Gebt uns mehr Geld, damit wir euch billigen Strom geben können, so das Mantra. Man muss beim Einmaleins nicht mal bis zur Zweierreihe gekommen sein, um zu erkennen, dass dies ökonomischer Kokolores ist. Nein, mir geht es hier um eine andere Behauptung Kemferts, welche beim Verbraucher gleichfalls durch möglichst viele Wiederholungen in Wahrheit umgewandelt werden soll. Kemfert im DLF:
„Im Übrigen ist das deutsche EEG in über hundert Ländern der Welt kopiert worden. Es wurde fast überall angewendet, und das zeigt, dass es eine sehr erfolgreiche Förderung war. Heute ist man in einer Welt, wo die erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig sind, und das ist wirklich dank des EEG.“
Das deutsche EEG kopiert und fast überall angewendet. Diese Aussage ist in meinen Augen unmissverständlich und besagt, etwas poetischer, „am deutschen Energiewesen will die Welt genesen“. Schauen wir also mal genauer nach, wie sich das angeblich „copy & paste“ des EEG in mehr als der halben Welt (es gibt ja nur 194 Staaten) in der Realität darstellt.
Gesetze, nicht Länder
Fragen wir zunächst mal Google nach „Länder mit EEG“. Nicht Staaten, Länder. Denn Frau Kemfert benutzt dieses Wort ja auch. Die Seiten hinter der Mehrzahl der Treffer senden aus derselben politischen Bubble wie Kemfert, also klimaretter.info, windkraft-journal.de, erneuerbare-energien.de und andere Propagandaportale. Allerdings hätte ich doch gern sowas wie eine Liste dieser 100 Länder mitsamt einer nachvollziehbaren Erklärung oder Analyse, wie dort via „paste“ der deutsche Exportschlager EEG implementiert wurde. Stattdessen überall nur Jubelzahlen.
Je nachdem, wie weit man in der Zeit zurück geht, sind es 60, 70 oder eben auch 100 Länder, aber nirgends steht, was genau da passiert und wie diese Länder heißen. Ein Link zu klimaretter.info bringt uns schließlich dem Ziel näher. „Weltweit hundert Mal das EEG“ titelt man dort, Frau Kemfert muss scheinbar hier vorbeigeschaut haben. Im Text bei klimaretter.info heißt es weiter:
„Kein anderes deutsches Gesetz ist weltweit jemals so oft übernommen oder nachgeahmt worden, wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wie die Agentur Zukunft ermittelte, gab es Anfang 2013 weltweit schon insgesamt 99 Gesetze auf nationaler oder regionaler Ebene, die das deutsche EEG zum Vorbild genommen haben.“
Merken Sie auch, wie es bröckelt? Insgesamt 99, nicht 100. Gesetze, nicht Länder. Auf nationaler und regionaler Ebene – wie regional darf’s denn sein? Vorbild, nicht Kopie – was auch immer das am Ende genau bedeutet. Ermittelt wurde die Schwammzahl noch dazu von der „Agentur Zukunft“, einem nach eigenem Claim „Büro für Nachhaltigkeitsfragen“, das sich mit „Energie, Klimaproblematik, 2°-Grenze und kohlenstoffarmer Energiewirtschaft“ befasst. Hat da etwa jemand bei Dr. Marlboro gefragt, wie gesund Rauchen ist? Doch weiter im Text der Klimaretter:
„Diese Zahlen würde auch der international anerkannte Global Status Report Renewables 2013 bestätigen. Demnach haben 71 Länder und 28 Bundesstaaten oder Provinzen irgendeine Form von Einspeisungsvergütung.“
Von „Vorbild EEG“ kann keine Rede sein
71 plus 28 macht 99, daher also die „runden Hundert“ Länder aus Kemferts Geburtstagstorte. Es sind auch Bundesstaaten und Provinzen dabei, sofern sie nur „irgendeine” Form der Einspeisevergütung haben. Wäre Trump nicht solch ein störrischer Esel, man könnte die Erfolgszahl gleich um 50 erhöhen! Der Verdacht bestätigt sich, wenn man in den erwähnten und verlinkten Global Status Report schaut. Dort wird man auf Seite 14 fündig. In einer Tabelle für das Jahr 2012 unter „States/provinces/countries with feed-in policies“. Will heißen, dass es in 99 Ländern, Staaten oder Regionen politische Regeln für die Einspeisung erneuerbarer Energien in die jeweiligen Stromnetze gibt. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr.
Weltweit gibt es – außer in Deutschland – keine staatlichen Fördermilliarden, elf (demnächst zwölf) Sonderposten und Haftungsumlagen auf den Stromrechnungen, keine Garantiezahlungen für Investoren in Erneuerbare Energien. Wenn jemand den Strom, den seine Solaranlage oder sein Windrad produziert, in ein Netz einspeisen will, muss es dafür selbstverständlich Regeln geben. Das ist nicht EEG, sondern logisch, wie Moritz Neumeier vielleicht sagen würde. Die Idee, die Stromversorgung durch Regulierung welcher Art auch immer halbwegs stabil zu halten, haben sich eben gerade nicht deutsche Energiewendethinktanks ausgedacht. Von „Vorbild EEG“ oder gar „Exportschlager“ kann somit keine Rede sein.
Täuschung oder Taschenspielertrick
Kemfert spricht also im Jahr 2020 von „hundert Ländern“ und benutzt somit stark aufgehübschte Zahlen, die wir schon seit 2012 kennen. Warum ging der EEG-Exporterfolg denn seitdem nicht weiter? Müssten heute, acht Jahre später, nicht mindestens 300 „Länder“ der deutschen Energiewende verfallen sein? Schwer vorstellbar, dass Kemfert keine neueren Zahlen hat. Oder lassen sich diese einfach nicht noch schöner darstellen?
In Wahrheit geht kein Land oder Staat und keine Provinz auf dieser Welt wie Deutschland am Rande einer Klippe spazieren, wenn es um die Energieversorgung geht. Sucht man bei Google nach „EEG Staaten“, kommt man sehr schnell zu einem Wikipedia-Artikel, der die Bemühungen einzelner Staaten beschreibt, die „Energiewende“ zu schaffen. In dem Artikel ist mehr Luft als in zehn bäckerfrischen Windbeuteln. Viel „streben an“, „wollen erreichen“ oder „bis zum Jahr 2050 werden“, aber außer einem ellenlangen Abschnitt über das EEG-Musterland Deutschland nichts Substanzielles, auf das man ein Solarpanel nageln könnte.
Nein, Frau Kemfert, die Kerzen auf der Geburtstagstorte „20 Jahre EEG“ müssen Sie allein auspusten. Ein Exportschlager war dieser Murks nie. Das EEG wurde vielmehr niemals irgendwo adaptiert oder gar kopiert.
Doch ich habe eine Idee, wie Sie die Situation noch retten können. Da der Strom in Deutschland mittlerweile weltweit der teuerste* ist und die halbe Welt unser EEG angeblich erfolgreich „kopiert“ hat, schlage ich einen zügigen Re-Import vor. Sie bestimmen, aus welchem Land. Denn überall in der erfolgreichen Energiewende-Welt laufen ja noch die Kernkraftwerke, die Gasturbinen und die Kohlemeiler, deren Output Ihren Aussagen zufolge nur bei uns die Netze „verstopft“. Wenn also das EEG überall erfolgreich ist und nur bei uns die Energiekosten so astronomisch hoch sind, warum sollten wir mit der Umsetzung der Energiewende nicht besser externe Fachkräfte beauftragen, statt uns auch nach so vielen Jahren immer noch Kemfert’sche Durchhalteparolen vom „morgen wird’s billiger“ anzuhören?
* Nicht ganz. Auf den Bermuda Islands ist Strom noch etwas teurer. Bermuda steht in der Liste der Pro-Kopf-Einkommen allerdings auf Rang drei (nach Monaco und Liechtenstein und vor der Schweiz), während das „reiche Deutschland” auf Rang 19 herumdümpelt.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.
Zwangsbeglückt: Altersheim kürzt Rentnern Fleischrationen, um Klima zu retten
Sturm Yulia kostet Rekordsumme von 347 Mio € an ungenutztem Windstrom
Veröffentlichung im Spiegel am 24.Feb.2020:
Sturm „Yulia“ bläst Windstrom zu neuem Rekord
Nach Sturmtief „Sabine“ bricht nun „Yulia“ den Rekord: Am Wochenende war so viel Windstrom im Netz wie nie zuvor.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/sturm-yulia-blaest-windstrom-zu-neuem-rekord-a-14cff10f-fa1f-45e9-be17-4f167de04c06
Und das Ergebnis dieser „Rekordjagd“.Dies umfasst Onshore / Offshore / Solar:
Mit Dank an R. Schuster für diesen Hinweis.





