Sind bürgerliche Klimaschützer Selbstbetrüger?
Das Jahr 2019 war ein Rekordjahr für Flugreisen und SUV-Zulassungen. Man könnte nun verschwörerisch annehmen, daß alle AfD-Wähler sich absichtlich einen SUV gekauft und eine Flugreise zusätzlich gebucht hätten, um Greta und Luisa zu ärgern. Das wäre allerdings schon aus pekuniären Gründen nicht ganz stichhaltig, da zum Großauto-Kauf und zur Flugreisenbuchung ein hohes Einkommen gehört, das man am häufigsten unter den bürgerlichen Grünwählern findet. Schon seit den 90er/Nuller Jahren sind die Grünen die Partei mit den reichsten Anhängern, und nicht mehr die FDP.
Das erkannte auch der Umweltexperte Rainer Grießhammer, der im Interview mit der FR einen „Selbstbetrug der Bürger“ konstatiert, der „immer absurder“ würde. Allerdings entlastet er seine Klientel gleich im ersten Satz, als er meint, daß es viele Veränderungen geben müsse –
„im Wertesystem, im Verhalten der Konsumenten, bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen, im Markt, ebenso bei den Infrastrukturen und der Technologieentwicklung.“
Was soll man dazu sagen? Das „Wertesystem“ der Bürger ist ja schon seit den 80ern auf Öko getrimmt, in Ost wie West, wobei West gleichbedeutend mit BRD, Österreich und Schweiz ist. Das Verhalten der Konsumenten ist ebenfalls preußisch-gründlich, bzw. alemannisch-sparsam-ordentlich durchökologisiert. Wobei man einschränken muß: Das Verhalten der einfachen Bürger; die tatsächlich ihren Müll penibel trennen, energetisch sanieren, nur einmal im Jahr nur nach Mallorca fliegen und ein sparsames Auto fahren. Die sich als Weltbürger begreifende klimaschützende Klasse hingegen fliegt schon nach dem Abitur wie Luisa Neubauer mehrfach um den Planeten, weil das zum guten Ton gehört.
Dann nennt Grießhammer das Gesetz, den Markt und die Infrastrukturen. Nun, das Gesetz wurde ja geändert, EEG-Umlage etc., und das hat den Strompreis verdoppelt und die Taschen von Profiteuren gefüllt. Im „Klima“ hat sich nichts geändert. Der Markt hingegen wird kommandowirtschaftlich ausgehebelt, weil die Klimaschutz-Industrie ohne staatliche Protektion und Zwangsabgaben ebenso wenig existieren könnte wie ARD und ZDF.
Ähnlich sieht es mit der Infrastruktur aus – ein dichtes Wasserstoff-Tankstellennetz zum Beispiel wird es rein marktwirtschaftlich niemals geben, da die Kosten im Vergleich zu Fossilkraftstoff exorbitant wären; einer der Gründe, warum die H2-Brennzelle schon in den 90ern beerdigt wurde.
Und wenn doch einmal jemand harte Einschnitte fordert, die vor allem das ökologische Milieu treffen, wird er sofort zurückgepfiffen und kaltgestellt. Man denke an den grünen Bundestagsabgeordneten, der in der ARD von seinem Plan erzählte, jedem Bürger eine Art Flugreisenkonto einzurichten, nach dem ihm nur eine bestimmte Anzahl Meilen per annum zur Verfügung stehen. Wer überschreitet, zahlt ordentlich. Eine schöne Idee, wie ich finde, weil dann die Erste-Klasse-Manager und die grünen Globetrotter großzügig zur Kasse gebeten würden, und nicht der einfache Werktätige. Mit den satten Erlösen könnte man zum Beispiel den Pflegenotstand oder ein anderes echtes Problem lösen helfen. Genau deswegen widersprach Annalena Baerbock ihrem Parteifreund und verpaßte ihm mutmaßlich einen Maulkorb. Von dem Mann hört man nichts mehr.
All diese Verhältnisse sorgen dafür, daß die Bürger sich für ökobewußt hielten, obwohl sich kaum etwas ändere, so Prof. Grießhammer.
„Die meisten halten sich schon für Umweltschützer, weil sie den Müll trennen, ein paar Energiesparlampen oder LED eingeschraubt haben und gelegentlich im Bioladen einkaufen.“
Und dann geht es in medias res:
„Richtig ins Gewicht fallen aber die zu große Wohnung, das zu große Auto, die mehrfachen Ferienflüge und der zu hohe Fleischkonsum.“
Der Professor sagt nicht, wer gemeint ist, aber die Besitztümer reichen als Hinweis auf das Ökomilieu. Einzig der Fleischkonsum darf als allgemeingültig angesehen werden, da die Vegetarierquote, obschon überall niedrig, bei den Wohlhabendsten am höchsten ist.
Seine Thesen aus dem Interview hat Grießhammer in einem Buch vorgelegt, „Jetzt Politik und Leben ändern“. Wird es gekauft werden? Viele Werke mit moralisch „richtigen“ Forderungen verkaufen sich ganz gut. Wenn aber der Leser sich zu sehr gedrängt fühlt, will er es nicht lesen; schon ganz emotional. In der Tat meint der Umweltexperte, daß man durch bewußteren Konsum seinen CO2-Ausstoß um die Hälfte reduzieren könnte, und das ganz ohne Komfort-Einbußen. Nehmen wir an, daß das stimmt, wieso macht es keiner? Ganz einfach: Die Konsumumstellung an sich ist eine Komforteinbuße. Der Klimaschützer will unterm Strich profitieren. So geht man bei mildem Wetter gerne zur FFF-Demo, weil es Spaß macht. Muß man mehr tun, zum Beispiel in der Kälte bibbern, ist das Saldo schon wieder negativ. Also läßt man es.
Ist der Aufwand zu groß oder wird es zu teuer, macht man nicht mehr mit. Grießhammer meint zum Beispiel, daß die „CO2-Kompensation“ für einen Neuseelandflug um die 2.000 Euro (!) liegen müßte. Damit würde die Flugreise auch für jemanden wie Luisa Neubauer zum einzigen Reise-Erlebnis im Jahr, wenn überhaupt.
Neben diesen im Rahmen des Weltuntergangsnarrativs vernünftigen Ansichten äußert Grießhammer paradoxerweise aber auch eher „gewöhnliche“ Ansichten wie die, nach dem die Industrieländer das Problem angehen müßten. Heißt, „der Klimaschutz muß also schon Made in Germany“ sein. Kohleausstieg, Gebäudesanierung, Tempolimit. Seltsam, da einem kühlen Rechner wie ihm die CO2-Werte von China und Indien im Vergleich zum mittlerweile winzigen Deutschland bekannt sein müßten. Merkels Republik emittiert gerade noch 2kommanochwas der Weltemissionen, wohingegen China und Indien es auf deutlich zweistellige Werte bringen. Nun denn, deutsche, Schweizer und österreichische Klimaschützer, strengt Euch an.