Weltweite Bewegungen entstehen nicht einfach von selbst, sie müssen konzipiert, organisiert und mit ausreichenden Finanzmitteln versehen werden. All das braucht eine hochprofessionelle Führung, ohne diese kommt nichts zustande.

So geben die Leute von XR in Großbritannien völlig unbekümmert bekannt, dass sie freiwillige Helfer suchen, sogenannte XR volunteers, denen sie pro Mann und Woche 400 Pfund gegen das Versprechen bieten, dass sich diese den Prinzipien von XR unterordnen. Je mehr jemand ansonsten dem Staat auf der Tasche liegt und sonst nichts zu tun hat, umso leichter wird er das Angebot annehmen.

Auf anderer Bühne, mit eigenen Mimen, aber mit demselben Stück agiert die Bundesregierung. Sie hat dem Publikum das sogenannte Klimapaket vorgelegt, Applaus heischend und unter erheblicher Eigenwerbung. Große Dinge waren dabei nicht zu erwarten und sind auch nicht drin. Eines aber beinhaltet das Konvolut, das ebenso bemerkenswert als wenig beachtet ist.

Das Klimapaket begründet Vorschriften, von denen einige bis tief in den privaten Bereich der Bürger hineinwirken. Das betrifft vor allem das Heizen und die Beweglichkeit, sei es nun mit dem Auto oder dem Flugzeug. All das, zusammen mit weiteren Punkten, soll einmal jährlich geprüft werden. Da stellt sich die Frage, ob dann ein Kommissar in der Tür steht und von einem Hausbesitzer Auskunft darüber verlangt, warum er im Winter seine Räume auf 22 Grad geheizt und sich nicht mit 18 Grad begnügt hat. Mit anderen Worten: Kontrollen dieser Art sind nur von einem Staat durchzuführen, der einen totalitären Charakter angenommen hat.

Das alles ist den Grünen und ihren Kumpanen im Geiste allzu wenig. Sie fordern einen stetig steigenden Kohlendioxidpreis, Ölheizungen werden, falls es nach ihnen geht, bald nicht mehr erlaubt, ebenso Autos mit Verbrennungsmotor. Das Fliegen soll deutlich teurer werden. Geplant sind auch Druckmittel, die den Menschen den Fleischkonsum erschweren, wenn nicht verbieten, dafür wird die vegetarische und vegane Ernährung gefördert.

Auch hier gilt: Ein Staat oder eine Partei, die sich anmaßt, den Bürgern vorzuschreiben, was und wie viel sie essen sollen, trägt totalitären Charakter. Und auch hier stellt sich die Frage nach der Kontrolle. Diese verlangt immer nach einem Eingriffsrecht. Wenn sich ein solches auf die persönlichste Lebensgestaltung erstreckt, so ist es endgültig aus mit der Freiheit.

Natürlich kann derzeit noch niemand, der sich dagegen wehrt, in Strafhaft genommen werden, noch nicht. Doch es gibt andere Wege. In der Ausgabe 3/10 des „Psychotherapeutenjournals“ („PTJ“) wird die „Klimaleugnung“ als psychische Krankheit beschrieben, die in ihrer schlimmsten Form so aussieht: Es ist die „Überkompensation“, die zum „Kreuzrittertum gegen den Klimaschutz“ und zur „aggressiven Leugnung der existenziellen Bedrohung“ führen könne. Diese Gruppe versuche, ihrer Todesangst aus dem Weg zu gehen, indem sie eine „symbolische Unsterblichkeit“ erreichen wolle und was sich die Seelenklempner noch so einfallen lassen. Die Rede ist auch von einer „akuten Eigen- oder Fremdgefährdung“. Diese entbindet den Therapeuten von der ärztlichen Schweigepflicht und reicht als Grund aus für eine zwangsweise Verabfolgung von Medikamenten und die Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung.

Wer sich nun damit trösten will, dass dies die Auffassung irgendeines Spinners sei, dem sei gesagt, dass das „PTJ“ das Organ der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten ist, der jeder Psychotherapeut zwangsweise angehört und die in ihrem Bereich hoheitliche Aufgaben ausführt. Alles ist vorbereitet für die Möglichkeit, jeden in ein Narrenhaus zu sperren, der die offizielle Theorie in Sachen Klimawandel anzweifelt. Die Öko-Diktatur nimmt Gestalt an.

Überraschen kann die Verbindung von Klima-Diskussion und Totalitarismus keineswegs. Beide brauchen für ihr Funktionieren die Angst. Vorgeblich gilt es, die Menschheit vor der Vernichtung zu bewahren. Diesem Ziel wäre natürlich alles andere unterzuordnen – Wünsche der privaten Lebensgestaltung, die gesellschaftliche Gliederung, die politische Ordnung, kulturelle Eigenheiten und Vorlieben, endlich Weltanschauung und Freiheit.

Die klassische Alternative der bisherigen Ideologien bestand darin, dass man eine gute Welt versprach anstelle der vorgefundenen schlechten. Heute reicht das nicht mehr aus. Die Alternative heißt jetzt: unsere Welt oder gar keine. Dies ist der gedankliche Hintergrund, wenn ein Herr Grönemeyer während eines Konzerts emphatisch plärrt, er und seinesgleichen würden „diktieren“, wie die Gesellschaft auszusehen habe.

In einem politischen Milieu, in dem der Widerspruch auch nur als störend und endlich als schädliche Krankheit empfunden wird – sei es von der volonté générale (allgemeiner Wille) des Jean-Jacques Rousseau, sei es durch die politische Korrektheit – gilt er alsbald als strafbar. Abweichende Meinungen werden systematisch unterdrückt. Es regiert die Behauptung, der Sachstand sei unbestritten und die Wissenschaft einer Meinung. Abweichende Darstellungen sind aus Presse und elektronischen Medien weitestgehend verbannt, und das Publikum hat das hinzunehmen.

Wo es darum geht, die Freiheit einzuschränken und auf längere Sicht abzuschaffen, darf natürlich Brüssel nicht fehlen. Von dort kommen in diesem Kontext Tagesbefehle in reicher Zahl, vom Verbot der herkömmlichen Glühbirne über zahllose Effizienz-Vorgaben für Produkte aller Art bis hin zu genormten Wasserhähnen und Vorschriften für eine bessere Isolierung von Türen und Fenstern, als wüsste man nicht, dass derlei Schimmelbildung in den Räumen hervorruft.

Der niederländische Ökonom und Publizist Hans Labohm, jahrelang ständiger Vertreter der Niederlande bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und dort Mitglied des Ausschusses für Entwick-lungshilfe, prognostiziert die möglichen Folgen der Klimadebatte: „Wir werden mit einer schleichenden Kollektivierung unserer Gesellschaften rechnen müssen – sofern die Klimapolitik fortgesetzt wird, die praktisch alle politischen Parteien vertreten, die derzeit an der Macht sind. Rechnen wir die gegenwärtige Entwicklung hoch, werden wir letztlich bei einer Art Öko-Plan- und Kommando-Wirtschaft landen.

Da aber eine derartige Wirtschaftsform mit einer politischen Kommando-Ordnung einhergeht, führt dieser Weg unabweichlich zur Unfreiheit.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung; 18. Oktober 2019, S.8;  EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie dem Autor Wolfgang Stumfall  für die Gestattung der ungekürzten Übernahme : https://www.preussische-allgemeine.de/

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