Wie Greta Thunberg unser Denken prägt
In den ehemaligen Qualitätsmedien finden sich heuer kaum noch aufbereitete Fakten, sondern überwiegend „Haltung“ und Gefühle. Der Spiegel-Journalist Stefan Schultz berichtete kürzlich in einem ganzen Artikel über seine Emotionen, die er im Smog von Delhi verspürte, als er darüber sinnierte, wie sehr wir Menschen doch unsere Natur zerstörten.
Dabei habe er auf „einer tiefen, existenziellen Ebene gespürt, wie wir unseren Planeten zugrunde richten“. Dabei ist Schultz durchaus selbstkritisch, wenn er zugibt, daß er viel fliegt (auch wenn dies angeblich der „Toleranz“ und der „Freiheit“ diene). Natürlich vergißt er nicht, wie in solchen Fällen üblich, zu erwähnen, daß das Klima nur durch eine „systemische Lösung“ gerettet werden könne.
Der Autor schreibt seine tiefen Gefühle Greta Thunbergs Aktionismus und den Freitags-Demonstrationen zu. Er meint, daß das „rationale Konzept“ der Klimarettung durch die 16jährige Schwedin ein wirksames emotionales Narrativ (also eine Erzählung) erhalten habe, das die Massen mobilisiere.
Daß dies wahrscheinlich nicht stimmt, zeigt der rasante Anstieg unserer Zugriffszahlen seit Beginn der Gretamanie. Die Klimaaktivistin prägt also nicht das Denken der Allgemeinheit, sondern nur das des wohlhabenden Juste Milieus, das seine eigenen Märchen immer mehr selber glaubt.
Zum Ende liefert Schultz noch eine schöne Steilvorlage, als er meint, man solle die Marktwirtschaft nicht abschaffen, um das Klima zu retten (was ja löblich ist). Allerdings schlägt er sogleich Habeck-ähnlich vor, sich an der chinesischen Lösung zu orientieren, da die Produzenten im Reich der Mitte mit Ökotechnologie Gewinn machten. Solange der Westen dafür aufkommt, vergißt er zu erwähnen; denn „klimaschonenden“ Nippes kauft in China selbst nur eine kleine Schicht, die auf soziale Distinktion aus ist. Ansonsten verbrennen die Chinesen Kohle, was das Zeug hält.
Ein solcher Artikel läßt einen als Kritiker ratlos zurück. Wenn Schultz ein Zyniker wäre, der leidenschaftslos das heruntertippte, was gewünscht ist, würde der Text anders klingen. Es ist ja nicht jeder ein Relotius. Nein, der Artikel zeigt eindeutig, daß die kulturelle Elite unseres Landes tatsächlich an Selbsterfundenes glaubt. Eine Rückkehr zur Vernunft ist von diesen Leuten nicht zu erwarten.