In einem fundamental lebensfähigen Bereich der Energieerzeugung könnten derartige Meldungen als Störung untergeordneter Art betrachtet werden, aber in einem Bereich, der seit Jahrzehnten von Subventionen und anderer Unterstützung abseits von Märkten abhängig ist, zeigt sich dadurch eine tief sitzende strukturelle und physikalische Schwäche.
Der deutsche Windturbinen-Hersteller Senvion S.A., der zuvor unter dem Firmennamen RePower gehandelt hatte, steckt derzeit in finanziellen Schwierigkeiten. Diese in Hamburg ansässige Firma, welche allein in UK über 1000 Windturbinen errichtet hatte, hat Mitte April in diesem Jahr Insolvenz angemeldet. Sie wird gegenwärtig erhalten durch einen 100-Millionen-Euro-Deal mit Kreditgebern und Anteilseignern (hier). Senvion ist in Verzug sowohl mit seiner Jahreshauptversammlung, welche für den 23. Mai geplant ist, und auch mit der Veröffentlichung seiner jüngsten Finanzen. Zum Zeitpunkt des Erstellens dieses Beitrags hat die Firma noch nicht einmal einen Zeitplan bekannt gegeben.
Etwa 8 Jahre lang, nämlich von 2007 bis 2015, gehörte Senvion dem indischen Windturbinen-Hersteller Suzlon und ist jetzt Eigentum einer privaten Kapitalgesellschaft, Centerbridge Partners. In der Presse gibt es derzeit Gerüchte, dass Centerbridge jetzt davon überzeugt ist, seine Verluste zu begrenzen mittels eines verzweifelten Verkaufs an asiatische, vermutlich chinesische Unternehmen. Diese trachten nämlich danach, eine Fuß in den europäischen Markt bzgl. Windenergie zu setzen. Man glaubt, dass westliche Unternehmen einem solchen Kauf abgeneigt sind, was vollkommen verständlich ist: Ed Hoskyns belegt in einem Beitrag für die GWPF mittels Daten von EurObservER, dass sich die jährlichen Raten der Installation von Wind und Solar in den EU28 seit 2010 halbiert haben (hier). Senvion könnte das erste große Unternehmen sein, das die Auswirkungen dieser Kehrtwende zu spüren bekommt, und es ist mit Sicherheit ausreichend groß, dass dessen Schwierigkeiten verbreitete Auswirkungen haben wird, wobei zwei seiner zuarbeitenden Firmen, nämlich FrancEole, die Masten herstellt, und das die Rotorblätter herstellende US-Unternehmen TPI Composites, beide durch zurückgehende Erlöse geschädigt werden. Tatsächlich befand sich FrancEole schon zuvor in schwierigem Fahrwasser und soll jetzt dem Vernehmen nach an der Schwelle zur Liquidierung stehen.
Auch von Senvion unterstützte Projekte sind betroffen, wobei die Errichtung eines der Windparks, nämlich Borkum West 2.2 mit 200 MW, mitten in der Konstruktion unterbrochen wurde, weil Komponenten von Senvion nicht rechtzeitig geliefert werden konnten. Diese Verzögerung, welche es auf die Titelseiten bestimmter Nachrichten-Medien schaffte, muss beim Entwickler von Borkum West, der Trianel GmbH, massive Kopfschmerzen ausgelöst haben. Man versucht jetzt, direkte Verbindungen mit Senvion zu knüpfen, so dass das Projekt vollendet werden kann.
Anderswo im Universum von Offshore-Wind befinden sich zwei große und relativ neue Projekte mitten in kostspieligen Reparaturen, was außerdem zu bedeutenden Ausfallzeiten führt. Nach der Genehmigung seitens der Behörden ist der dänische Mega-Entwickler Orsted dabei, alle 234 Rotorblätter des 108 Turbinen umfassenden Windparks Duddon Sands im UK-Gewässer der Irischen See zu entfernen und zu renovieren – ein Jahr, nachdem die ersten Probleme aufgetaucht waren. Die Maschinen vom Typ Siemens 3.6-120 waren Gegenstand massiver Korrosion – ein Problem, von dem vielleicht rund 500 Turbinen in Europa betroffen sind (siehe hier) und welches das Aufbringen eines die Korrosion verhindernden Materials auf jedes Rotorblatt erfordert.
Man liest kaum etwas über die Reparaturen am gigantischen, von der EU finanzierten Windpark Bard Offshore 1. Eigentümer ist die Ocean Breeze Energy GmbH & Co. KG. Das Projekt, umgesetzt im Jahre 2013, verfügt über 5 MW-Windturbinen mit einer Gesamt-Kapazität von 400 MW. Bard hat bereits unter einer bekannten Reihe von Kabelbrüchen gelitten, und es stellte sich heraus, dass sowohl die Motorgehäuse als auch die Rotorblätter seit zwei Jahren Stück für Stück ausgewechselt werden – obwohl sich Ocean Breeze weigert zu sagen, wie viele Turbinen betroffen sind. Auf der Website des Unternehmens konnte ich weder auf Deutsch noch auf Englisch irgendwelche Angaben dazu finden.
Es scheint also viel Arbeit zu geben hinsichtlich der Wartung von Offshore-Wind-Intallationen, aber das war nicht genug, um zu verhindern, dass die Firme Offshore Marine Management Ltd (OMM), ein in UK ansässiges Offshore-Wind-Unternehmen, nach Jahren mit Verlusten Insolvenz anmeldete (hier). Interessanterweise führte OMM, ein relativ kleines, wenn auch prominentes Unternehmen in UK, die „Natur des Wettbewerbs“ in dem Bereich an als einen das Scheitern unterstreichenden Faktor, und es ist wahrscheinlich, dass das Unternehmen nicht in der Lage war, die Bemühungen der Entwickler zu überleben, um sowohl Kapital- als auch Betriebs- und Wartungskosten zu reduzieren. Die geringen Erlöse können teure lokale Anbieter einfach aus dem Markt gedrängt haben, unabhängig von ihren anderen Leistungen. Damit in Beziehung stehende weitere Beweise für dieses Phänomen, das eindeutig globaler Natur ist, bedeutet die Tatsache, dass der dänische Mega-Entwickler Orsted jetzt darüber jammert, dass die taiwanesische Regierung auf einer hohen lokalen Beteiligung besteht an seinen projizierten Offshore-Windparks Changua 1 & 2 (900 MW), was die Kapitalkosten von etwa 1,6 Millionen Pfund pro MW auf etwa 3 Millionen Pfund pro MW steigern wird.
Man fragt sich, ob diese zugrunde liegende Realität auf der jüngsten und offenbar tief gehenden Konferenz zwischen der schottischen Regierung und der Offshore-Windindustrie zur Sprache gekommen ist. Dieses Treffen war einberufen worden, weil die schottische Stahl-Firma BiFab nicht beauftragt worden ist, die Ausrüstung für den 950 MW-Windpark Moray East zu liefern. Dieser Windpark besitzt einen der so hoch gejubelten Contracts for Difference zu 57,50 Pfund pro MWh. Dieser Auftrag ging stattdessen an das in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Unternehmen Lamprell (hier). Der schottische Energieminister Paul Wheelhouse brachte auf dem Treffen seine „tiefe Frustration“ zum Ausdruck, dass lokale Firmen bislang in nur so geringem Ausmaß beteiligt sind, trotz gegenteiliger Versprechungen. Hat Benji Sykes vom Offshore Wind Industry Council, der an dem Treffen teilgenommen hatte, den Fall Taiwan zur Sprache gebracht und Mr. Wheelhouse erklärt, dass sehr Ähnliches auch für Schottland gelten würde, und dass falls man auf dem lokalen Anteil bestehen würde die Konstruktionskosten substantiell steigen würden und die Subventionen ebenfalls? Hat er erklärt, dass es massive Zweifel gibt, ob Moray East überhaupt lebensfähig ist bei Kosten von 57,50 Pfund pro MWh, selbst unter Beteiligung billigerer internationaler Anbieter und dass die Beteiligung lokaler Firmen die Lage sicher nicht verbessern wird? Anscheinend nicht. Allerdings versprach er, „eng“ mit der schottischen Regierung zusammenzuarbeiten um „sicherzustellen, dass Gemeinden im ganzen Land die ökonomischen Vorteile einheimst, welche die Offshore-Winderzeugung bietet“. Wahrscheinlich hat Mr. Wheelhouse das früher schon einmal gehört. Wie lange noch wird er das glauben?
Soviel zu den Vorgängen im Vordergrund. Im Hintergrund sieht es genauso traurig aus. Crown Estate, welche praktisch die Entwicklung von Offshore-Wind in den Territorialgewässern von UK kontrolliert, hat die Genehmigung für Round 4-Projekte bis zum Herbst 2019 verschoben (hier), und das deutsche Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie BSH (hier) hat die Entwickler enttäuscht, indem die BSH keine neuen geforderten Errichtungszonen ausgewiesen hat. In der Verzögerung liegt Gefahr, und die Offshore-Windindustrie allgemein dürfte sich massiv Sorgen machen hinsichtlich dieses Verlustes an Dynamik, welcher sich aufgrund dieser Entscheidungen abzeichnet.
Der Windenergie auf dem Festland geht es nicht besser. Die jüngste Auktion für Wind-Verträge in Deutschland fand im Februar statt und war radikal unterbewertet [undersubscribed] mit nur 476 MW von möglichen 700 MW (hier). Gründe dafür waren dem Vernehmen nach weniger günstige Planungs-Vorschriften und weniger großzügige Preisnachlässe. Senvion selbst wird in einigen Berichten beschrieben als eines der Opfer in der Versorgungskette, zusammen mit dem deutschen Hersteller von Masten und Fundamenten Ambau GmbH, welcher bereits Bankrott angemeldet hat (hier).
Man fragt sich, warum diese Unternehmen nicht besser vorbereitet waren. Reduktionen der Subventionen in Deutschland waren unvermeidlich, und die Straffung von Planungsvorschriften ist schon lange überfällig und kommt keineswegs überraschend. Tatsächlich ist bemerkenswert, dass die deutsche Öffentlichkeit so lange die intensive Installation in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnungen toleriert hat. Allerdings überlegen sich einige deutsche Bundesländer einen Mindestabstand von 1 km von Häusern, was immer noch extrem nahe ist für über 100 m hohe Gebilde ist. Inzwischen strebt man Ungetüme mit einer Höhe über 200 m an. Die deutsche Bevölkerung war geduldig, aber die Stimmung kippt eindeutig. Tatsächlich ist der primäre Hersteller und Entwickler Enercon kürzlich gerichtlich verurteilt worden, die Errichtung des 30 Turbinen umfassenden Windparks Wülfershausen auszusetzen, weil offensichtlich die Vorschriften lokaler Behörden verletzt worden waren, die Entfernung von zehnmal die Höhe zu unterschreiten (hier).
Diese wenig begünstigende Atmosphäre trägt zu dem allgemeinen Gefühl bei, dass bestehende Festlands-Windparks am Ende ihrer Lebensdauer nicht in großer Zahl erneuert [repowered] werden. Etwa 15 GW von Festlands-Windkraft in Deutschland sind jetzt über 15 Jahre lang in Betrieb (hier), und das Ende der ökonomischen Lebensdauer zeichnet sich ab. Aber Quellen aus der Industrie zufolge wird weniger als ein Drittel hiervon tatsächlich erneuert, also viel weniger als noch vor ein paar Jahren erwartet. Zu den Gründen für diese plötzliche Verschlechterung der Aussichten gehören schwindende öffentliche Akzeptanz, welche sich in strafferen Planungs-Vorschriften spiegelt, und rückläufige Subventionen.
Inzwischen hat die in Schweden ansässige Firma Statkraft, der größte Erzeuger erneuerbarer Energie in Europa, in Norwegen und seinem Heimatland die Errichtung weiterer Festlands-Windparks ausgesetzt (hier), weil es eine „sehr große Herausforderung“ sei, profitable Projekte in diesen Gebieten zu errichten. Man konzentriert sich auf andere, weniger widerstandsfähige Märkte wie etwa in UK, wo ein 250 MW-Portfolio an Projekten von Element Power beantragt worden ist (hier).
Aber wie das so geht, in UK scheint sich alles als genauso wenig versprechend herauszustellen. Es dämmert der Windindustrie gerade, dass die Regierung tatsächlich an der Eckpunkte-Rede von Amber Rudd im November 2015 – damals war er Minister für Energie & Klimawandel – zur Energie-Zurückstellung arbeitet (hier). In jener Rede sagte Rudd u. A.: „we also want intermittent generators to be responsible for the pressures they add to the system“*. Das war natürlich nur zu richtig, aber vielleicht hoffte die Industrie, dass sich die Absicht niemals materialisieren würde. Falls das wirklich die Erwartung war, haben sie einen gravierenden Fehler gemacht. Aurora Energy Research hat jetzt eine Analyse des Gesetzgebers veröffentlicht (hier). Man glaubt, dass die vorgeschlagenen Änderungen „subventionsfreie Erneuerbare um bis zu fünf Jahre zurückwerfen könnten“ (hier). Dies bedeutet tatsächlich, dass falls der Gesetzgeber die versteckten Subventionen verhinderter Systemkosten entfernt, die wahren Kosten von Erneuerbaren auf dem Markt öffentlich werden, was die Bereitschaft noch so grün gewaschener Organisationen verringert dürfte, langfristige extravagante Verträge mit einem Wind- oder Solar-Park abzuschließen. Damit enthüllt sich, dass die Reformen von Ofgem die Behauptungen bzgl. Subventionsfreiheit entlarven und zeigen, dass es sich dabei niemals um mehr als leere PR gehandelt hat.
[*Für diese Phrase lässt sich keine sinnvolle Übersetzung finden. Oder es ist ein Druckfehler im Original. Anm. d. Übers.]
Trotz all dem ist es aber zweifellos noch zu früh, um zu sagen, dass das Spiel bzgl. Erneuerbarer aus ist. Die betroffenen Industrien werden zurückschlagen und um weitere direkte und indirekte öffentliche Assistenz buhlen, während sie gleichzeitig Politikern und Beamten die Verfehlung der Klimaziele vorhalten, falls jene Unterstützung nicht kommt. Aller Voraussicht nach werden sie damit bis zu einem gewissen Grad Erfolg haben. Aber das wird das Unvermeidliche lediglich hinauszögern. Wie die deprimierenden Nachrichten insgesamt zeigen, gibt es nach Jahrzehnten öffentlicher Unterstützung immer noch fundamentale Schwächen in der Erneuerbaren-Industrie, die weit über beißende Schwierigkeiten und Scheitern des lokalen Managements hinausgehen. Eine Erklärung, und meiner Ansicht nach die einzige notwendige Erklärung lautet, dass die Physik gegen diese Industrie steht und dass die Physik langsam die Oberhand gewinnt.
Link: https://www.thegwpf.com/is-the-long-renewables-honeymoon-over/
Übersetzt von Chris Frey EIKE