EIKE, eine der wichtigsten Organi­sationen in der Szene der Klima­realisten

Es ist so leicht, „die Bösen“ zu erkennen

Da EIKE AGW-klimarealistisch publiziert, gehört der Verein selbstverständlich zu diesen ganz Bösen und zudem ist EIKE damit auch rechtsradikal. Denn das hat diese investigative Recherche eindeutig ergeben: Nur Rechtsradikale zweifeln an der AGW-Klimawandeldoktrin.
Um zu zeigen, wie schnell und konsequent man heute trotz Netzwerk-Durchsetzungsgesetz öffentlich an einen Pranger gestellt werden darf (sobald man die öffentlich zulässige Meinung kritisiert) und kann, anbei die wesentlichen Inhalte und der Tenor dieser von NGOs – wie einer Stiftung der IG-Metall – geförderten sogenannten investigativen, laut Artikelinformation „monatelangen“ Recherche anbei kurz aufbereitet.

„Klimaleugner“ sind meist Männer über 60 Jahren und sie sind rechtsextrem

Bild 1 Der zweiseitige SZ-Artikel [1]. Quelle: Screenshot [2]

Mit dieser Beschreibung charakterisiert die SZ im Wesentlichen die, welche sich mit dem „Wissenschaftlichen Konsens“ der menschengemachten Klimawandelhypothese kritisch auseinandersetzen. Und sie zeigt auch, warum man mit solchen Personen nicht diskutiert.
Kohle, Kohle, Kohle“ lautet die Überschrift in der SZ [1], darunter: „Nicht nur Präsidenten wie Trump und Bolsonaro wollen den Klimaschutz abschaffen, – auch in Europa arbeiten gut vernetzte Lobbys und Rechtspopulisten daran, das fossile Zeitalter ins 21. Jahrhundert auszudehnen. Und die Szene ist gerade im Aufwind“.
Diese „Szene“ hat die SZ dank zweier, besonders investigativer Journalistinnen mit aufgespürt und kann nun stolz darüber berichten:
SZ [1]: „In einer monatelangen Recherche hat die Süddeutsche Zeitung Klimaleugner aufgespürt, wo niemand sie vermutet hätte. Die Leugner beraten als Wissenschaftler den Bundestag, sie sitzen als konservative und und liberale Abgeordnete im EU-Parlament, sie führen neoliberale Wirtschaftsverbände und beeinflussen die Klimapolitik aller rechtsextremen Parteien in Europa. Ihre Gemeinsamkeit: Sie sind meist Männer über 60 Jahren. Sie sehnen sich nach einer Welt, in der niemand mit Klimagesetzen belästigt wird, sie widersprechen em wissenschaftlichen Konsens und plädieren für eine ungezügelte Wirtschaft … Der Klimawandel ist ein Thema, das Rechtsextreme in Europa zunehmend zusammen schmiedet ... „.

Beim Nachsehen lässt sich feststllen, dass der Artikel an einen ähnlichen der SZ von vor ca. acht Jahren anknüpft:
Süddeutsche Zeitung, 31. März 2010: [3] Klimaskeptiker „Wir brauchen keine Klimaforscher
Beim Vergleich könnte man meinen, der aktuelle Artikel wäre nur kopiert und etwas weiter ausgeschmückt worden. So viel zum Wert „investigativer“ SZ- Recherche. Anzunehmen ist, dass der SZ der Erfolg der letzten EIKE Klima- und Energiekonferenz [9] so „gegen den Strich“ ging, dass sie dagegen unbedingt „etwas ganz Großes“ entgegensetzen wollte.

Das Rechercheteam

Zum SZ-Artikel sind zum Artikel zwei Redakteurinnen gelistet.
Einmal Frau Susanne Götze (Studium: Politik und Geschichte), welche auf dem Portal „Klimareporter“ (früher „Klimaretter“ [4]) im Auftrag einer Politikberaterin (und in deren Hintergrund als Herausgeber Personen mit der beispielhaften Beschäftigung: wissenschaftlicher Chefberater des Nürnberger Mobilitätsanbieters Choice; Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE); Vorstand bei der Green City AG), über jede weltweit Klimawandel-positive Studie, Artikel, oder einfach nur Aussage, als Mitglied im Kern-Redaktionsteam berichtet.
Was auf diesem Portal als „Bericht“ verstanden wird, sollte man sich ruhig ansehen, es ist teils reine Agitation und hat oft die „Qualität“ reiner Propaganda:
Originalartikel: Klimareporter 07. Mai 2018Steigender Meeresspiegel „Früher war hier der Strand“
Rezension: EIKE 15.05.2018: Früher war hier der Strand …
EIKE 12. Juli 2017: Wenn für das Klima protestiert wird, muss man Gesetze und Anordnungen nicht so genau beachten, erzählt die „Infoplattform“ der Berliner Klimaberaterin
EIKE 23.07.2016: Der Unterschied in der Klimawandel-Berichterstattung

Herr Limburg (EIKE) konnte mit der ideologischen Verschlagenheit dieser Redakteurin bereits persönliche Erfahrung machen:
EIKE: Das Interview!

Erwähnt sei noch, dass der Chefredakteur der Klimareporter-Homepage, Herr Staudt, beim GutWetter-Verlag als Ansprechpartner der Seite „Klima-Lügendetektor[5] genannt ist, in welcher „Aussagen von Klimaleugnern“ und Verstöße gegen die Klimawandeldoktrin angeprangert werden.
Die zweite, verantwortliche Redakteurin ist eine Frau Annika Joeres. Darüber lässt sich nicht viel finden:
ZEIT ONLINE: Annika Joeres, Freie Journalistin
… Bis 2010 hat sie vier Jahre lang als NRW-Korrespondentin der Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung über gesellschaftliche und politische Ereignisse an Rhein und Ruhr berichtet. Derzeit lebt und arbeitet sie in Nizza …
außer, dass sie auch für die taz arbeitete und Artikel für „correctiv“ schreibt, einem NGO, welcher es mit der Wahrheit nicht genau nimmt, sofern diese ihrer Ideologie, beziehungsweise der ihrer Auftraggeber widerspricht, wie es der Autor herausfinden (und auf EIKE mehrmals berichten) konnte [6] [7]. Dabei schreckt dieses „investigative“ Wahrheits-Institut nicht einmal davor zurück, ein Ergebnis in zwei Versionen zu publizieren:
[7] … Darin hat der Autor detailliert und mit vielen Belegen gezeigt, dass die Darstellungen in dieser Studie zum Pegelanstieg bei den Philippinen falsch sind und die Recherche von Correktiv mit der alarmistischen Aussage zum Pegelanstieg bei Manila auf bewusstem Weglassen von Fakten beruht. Schlimmer noch, dass Correctiv dazu zwei Versionen – eine mit richtiger Darstellung (Manila versinkt, nicht der Meerespegel steigt) – und eine mit den klimaalarmistisch abgeleiteten Aussagen – veröffentlicht hat.

Laut der SZ wurde die Recherche von zwei Institutionen finanziell gesponsert:
International Press Institute (IPI), welches einen Fördertopf für investigativen Journalismus verwaltet [1], sowie die Otto-Brenner-Stiftung der Gewerkschaft IG Metall.
Anmerkung: Die Recherche ist auch beim Deutschlandfunk zu lesen, allerdings in einer erheblich gekürzten Fassung:
Deutschlandfunk: [8] Rechtspopulismus weltweit Gefahr für den Klimaschutz

Die Seite 1

behandelt vorwiegend die Szene in den USA und damit das Heartland Institute. Dieses Institut erdreistet sich, Vorträge zu halten mit dem Titel: [1] „Warum CO2 keine Klimakrise auslöst“ oder „Die Zukunft mit Kohle und Gas“. Sie scheinen in den USA Einfluss zu haben, denn der Artikel schreibt: [1] „Das Institut berät Trump und hat ihm sogar Argumente zum Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen geliefert – mit Erfolg“. Dazu hat das Institut eine Devise: [1] „Wir zerstören das Narrativ der Linken und der UN, dass die fossilen Energien die Welt zerstören – denn nur die fossilen Energien bringen der Welt Frieden“.
Für die SZ sind das eindeutig „Zerstörungsfantasien“. Und sie stört daran vor allem auch: [1] „Die Zerstörungsphantasien der Leugner reichen bis nach Europa … zwischen amerikanischen, australischen, kanadischen und europäischen Leugnern herrscht ein reger Austausch“.
Denn dadurch wird eine bisherige Harmonie gestört: [1] „Laut einer noch unveröffentlichten Studie des Berliner Thinkthanks Adelpi stimmt diese Gruppe systematisch gegen alle Gesetze, die klimaschädliche Emissionen reduzieren sollten. Sie wollen weder das Klimaabkommen der Vereinten Nationen, noch in diesem Juni CO2-Emissionen von Klein und Schwerstwagen begrenzen …
Frage: Wer ist dieser ThinkThank Adelphi? Eigentlich genau das, was im ganzen Artikel angeprangert wird. Nur ist Adelphi eben auf der Seite der Guten. In diesem Fall – das ist für die Redakteurinnen klar – ist alles gerade angeprangerte selbstverständlich notwendig und gut:
Adelphi ist eine unabhängige Denkfabrik und führende Beratungseinrichtung für Klima, Umwelt und Entwicklung … Unsere mehr als 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hochqualifizierte, interdisziplinäre Forschungsarbeit und bieten strategische Politikanalysen und –beratung …
Klima
Der Klimawandel gehört zu den größten globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Auf dem Weg zu kohlenstoffarmen und klimaresilienten Gesellschaften müssen jedoch noch große Anstrengungen unternommen werden. adelphi unterstützt seine Auftraggeber in den zentralen Bereichen der Klimapolitik: Wir untersuchen die Folgen des Klimawandels, bewerten klima- und energiepolitische Instrumente und entwickeln Handlungsstrategien und Entscheidungssysteme für Anpassungsprozesse. 

Und dann kommt EIKE ins Spiel. Es geht um die Finanzierung der Leugner – die gegenüber den Finanzsummen der AGW-Klimabefürworter zwar im Rauschen untergeht – der SZ aber trotzdem ein Dorn im Auge ist. Nach bewährter Sitte wird eine (banale) Information so formuliert, als ob dahinter konspirative Kenntnis stecken würde: „ … EIKE als gemeinnütziger Verein muss beispielsweise seine Finanzen nicht offenlegen … „

Dort will er herausgefunden haben, dass der Meeresspiegel gar nicht ansteigt

Damit ist das Hauptthema des zweiseitigen Artikels angerissen und es geht auf der Seite Zwei in die Vollen. Begonnen wird mit Infrage-Stellungen: [1] „Mörner ist ein schwedischer Meeresforscher, sein Thema der Meeresanstieg. „Als ich diese wundervollen Bilder von den Fidschi-Inseln gesehen habe, wollte ich sofort dorthin fahren und forschen“ sagte er in Porto. Dort will er herausgefunden haben, dass der Meeresspiegel gar nicht ansteigt. Seine Schriften stehen im Gegensatz zu Beiträgen zahlreicher Wissenschaftler …

Bild 2 SZ-Artikel [1]. Darstellung über das „Vergehen“ von Herrn Mörner, der Seepegelanalysen durchführt

Spätestens hier outen sich die Redakteurinnen und verfallen in den von „Klimaretter“ gewohnten Stil: Wenn Argumente fehlen, wird durch Vermutungen und geeignete – für die Leser nicht nachprüfbare, da nicht aufbereitete – Zitate ein Vergehen, mindestens Fehler in den Raum gestellt. Dass Herr Professor (emeritus) Mörner ein angesehener Wissenschaftler auf seinem Fachgebiet historischer Pegelanalysen ist und einfach eines konsequent macht: Vor Ort selbst nachsehen, was die Fakten sind, während die „zahlreichen Wissenschaftler“ in ihren warmen Kämmerchen vor ihren Computern sitzen und behaupten, die Fakten durch simulieren ermitteln zu können, interessiert die Damen nicht. Denn es stört sie gewaltig, weil die Ergebnisse nicht übereinstimmen und das deutlich zu Ungunsten ihrer Ideologie.

Schließlich stammen alle berichteten, übernatürlichen Pegelanstiege ausschließlich aus Simulationen oder (bewusst) falsch abgeleiteter Statistik. Dass dies so in „Beiträgen zahlreicher Wissenschaftler“ gemacht wird, ist für die SZ ein ausreichender Beleg des Gegenteils:
EIKE 16. November 2017: Nochmals Fidji, die eher aufsteigenden, als untergehenden Atolle
EIKE 20.12.2016: Der Klimawandel wird bildlich gesprochen immer schöner, die Daten darüber nicht
EIKE 13.08.2017: Manila versinkt durch Wasserentnahme im austrocknenden Untergrund. Der (reiche) Westen mit seinem CO2 soll daran schuld sein – und zahlen
Ruhrkultour: Die Entzauberung eines “Klimaexperten”
EIKE 17.07.2016: Wie man den Meerespegel-Verlauf in die richtige Richtung dreht Aus dem Lehrbuch für (Klima-)Statistikbetrug

Schlimm ist für die SZ, dass Institute offen auf EIKE hinweisen: [1] „Das Institut für unternehmerische Freiheit (IuF) … weist offen auf auf Veranstaltungen von EIKE hin ...
Im weiteren Artikel folgen nun viele Darstellungen, welche Personen in der Politik zu den „Guten“ als AGW-Befürworter und welche zu den „Bösen“ als Klimaleugner gehören. Das berichtete „Highligt“ des Bösen ist: [1] „ Nun steht in einem EU-Bericht, Menschen seien nicht an einer höheren CO2-Konzentration schuld. Vor allem die kosmische Strahlung beeinflusse das Klima, sie könne die Temperatur um bis zu 10 Grad verändern … und widerspreche damit Publikationen etwa des Bundesumweltamtes und der amerikanischen Umweltbehörde EPA.“

Zum Schluss wird etwas umgedreht: [1] „Der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling sieht sogar eine neue Strategie der Klimaleugner unter den Parlametariern: „Sie schicken Rechtsextreme vor, weil sie sich selbst mit ihrer Meinung nicht an die Öffentlichkeit trauen … „ und es endet mit einer verzerrenden Darstellung zur letzten EIKE-Konferenz [9]: „ ... kritische Fragen sind unerwünscht, Thuß verscheucht einen Reporter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks … neben Vertretern der Kohlelobby sind auch AFD-Abgeordnete unter den etwa 250 Gästen in München, der Konferenzraum ist voll …“

Bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe für Klimaleugnen und ein internationaler Gerichtshof

Der SZ-Artikel wurde auch auf der Seite „GWUP Die Skeptiker“ rezensiert [2]. Diese kam allerdings zu einer vollkommen gegensätzlichen Darstellung als der Autor, welche in einer Forderung gipfelt, die exemplarisch den Geisteszustand der Ökokirche präsentiert:

Bild 3 Screenshot [2]

So plakativ macht es die SZ (noch) nicht. Sie lässt es über ihre Leser sagen:
SZ vom 24.12.2018, Leserbrief: Gerichtshof für Klimasünder … früher oder später wird das Fehlen von globalen Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung von schwerwiegenden Folgen begleitet sein. Hunderte Millionen Menschen werden gezwungen sein, ihre Wohnstätten zu verlassen, und ebenso viele werden an den Folgen der Klimaerwärmung erkranken und sterben. Die Verantwortung für die erwähnten, chaotischen Zustände wird objektiv leicht zu definieren und die verantwortlichen Politiker, welche gegen den Klimaschutz auftreten werden leicht z benennen sein. In der Voraussicht einer solchen Entwicklung sollte schon heute ein internationaler Gerichtshof bestellt werden zur Verurteilung zur gegebenen Zeit der Politiker, die die Verantwortung tragen für die Folgen des Mangels an zeitgerechten und effizienten Maßnahmen … und gegen die Klimaerwärmung …
Dabei ist die SZ noch geradezu human eingestellt. Die „WELT“ war da schon viel rabiater. Sie fand es für angemessen, wenn der Grundgedanke der mittelalterlichen Inquisition wieder eingeführt würde, beziehungsweise dass „Vordenker“, oder jemand der sogenannten „Intelligenz“ schon einmal laut drüber nachdenkt:
Welt 09.12.2014:  [11] Wie wär’s mit der Todesstrafe für „Klimaleugner“?
Welt: … Ein Professor an der Grazer Universität hat vor zwei Jahren auf der Homepage der Hochschule einen Beitrag veröffentlicht, in dem er nicht mehr und nicht weniger als die Todesstrafe für Klimaleugner forderte. Der Klimawandel, so der Professor, werde Millionen von Menschen das Leben kosten, deswegen wäre es „prinzipiell in Ordnung, jemanden umzubringen, um eine Million andere Menschen zu retten“.

Einst war „Der Westen“ stolz auf die Errungenschaften des Humanismus und die Überwindung der Inquisition. Geschichte lässt sich jedoch jederzeit – und in kürzester Zeit – zurückdrehen. Auch das hat gerade unsere Geschichte schon gezeigt.

Bald ist es auch in Deutschland so weit

Wenn nächstes Jahr unsere Umweltministerin – um in der Welt als Vorbild dazustehen und auch um die Geldforderungen (nicht nur) der (nicht) untergehenden Inselstaaten vorbeugend zu erfüllen – (auf Weisung unserer großen Vorsitzenden) dafür sorgt, dass Klimaschutz in das Grundgesetz aufgenommen wird:
WELT 16.12.2018: … Dessen ungeachtet, formierte sich in Kattowitz schon mal eine informelle „High Ambition Coalition“ einiger Inselstaaten und westlicher Musterländer, der sich auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) anschloss … Schulze bestätigte in Kattowitz, dass die Bundesregierung im kommenden Jahr ein Klimaschutzgesetz erlassen werde, dass CO2-Ziele für die einzelnen volkswirtschaftlichen Sektoren beinhalten soll.
beginnt der Weg, dass gegen „Klimaleugner“ geklagt und Kritik dagegen unterdrückt werden kann. Die Niederlande haben es schon vorgemacht.
EIKE 24.05.2018: Das „natürliche“ Wetter einzuklagen, wird weltweit immer beliebter
… Das Landgericht Den Haag entschied im Fall der Bürgerbewegung Urgenda gegen den niederländischen Staat, dass dieser seine Klimapolitik an die vom Weltklimarat IPCC als wissenschaftlich gebotenen Grundsätze anzupassen habe. Das Gericht verurteilte die niederländische Regierung dazu, den Treibhausgasausstoß des Landes bis 2020 um mindestens 25 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken … Das Argument, dass die Niederlande als kleines Land mit ihrem Treibhausgasausstoß kaum beeinflussen könnten, wie sich die globale Erhitzung fortsetzt, ließen die Richter nicht gelten. Dahinter könne sich kein Land verstecken, heißt es in der Urteilsbegründung …

Man kennt das inzwischen auch bei uns: Von der Politik werden vollkommen unverbindliche Verträge unterschrieben, die „niemals angewendet“ werden müssen … bis Richter entscheiden, dass Unterschrift Unterschrift ist. Da kann die Politik aber selbstverständlich dann gar nichts dafür.

Eine Weihnachtsansprache

Unser Bundespräsident hat zu Weihnachten eine gewohnt salbungsvolle Rede gehalten:
TheEuropean: Wir müssen wieder lernen, zu streiten, ohne Schaum vorm Mund
Tichys Einblick: Der Spiegel an der Wand
Wenn er wirklich etwas dazu beitragen wollte, müsste er direkt in seiner eigenen, politischen Umgebung anfangen. Aber sicher hat er vorwiegend „das Pack“ gemeint, welches erzogen werden muss.
Die SZ jedenfalls unterstützt diese Meinung. Und die „Intelligenz“ macht ebenfalls wieder wie gewohnt mit.

Fazit

Ihrer Zusatzbezeichnung „Alpenprawda“ wird die SZ immer neu gerecht. Wenn Argumente fehlen, darf es ersatzweise auch einfach Diffamierung sein. Man weiß sich ja auf der Seite der Guten. Da darf schon wiederholend der „Heilige Zorn“ zu den Bösen hinüberschwappen.Frei nach der Devise des „Hexenhammer“: Lieber eine nicht-Hexe versehentlich verbrannt, als eine unentdeckt am Leben gelassen“. Vor allem, wenn man Journalistinnen gefunden hat, welche so zielsicher Klimaleugner und Räääächts erkennen können und dagegen (dank Förderbudgets) zu kämpfen bereit sind:
SZ, 10. September 2017, Susanne Götze: Klimawandel Braun-grüner Wählerfang der AfD
Kritik an der Energiewende entzündet sich oft am Bau neuer Windkraftanlagen. Manche Aktivisten nutzen das aus, um Zweifel am menschengemachten Klimawandel zu schüren.
Allerdings wird die SZ dabei nicht alleine gelassen:
DAS ERSTE, MONITOR vom 06.12.2018: Klimawandel durch kosmische Strahlung? Klimawandel-Leugner im parlamentarischen Alltag
Wer ist als Autorin darunter mit gelistet: An erster Stelle: Frau Susanne Götze

Quellen

[1] Süddeutsche Zeitung, Printausgabe 283, 8./9. Dezember: Kohle, Kohle, Kohle

[2] GWUP Die Skeptiker: „Kohle, Kohle, Kohle“: Sollte Klimawandelleugnung unter Strafe gestellt werden?

[3] Süddeutsche Zeitung, 31. März 2010: Klimaskeptiker „Wir brauchen keine Klimaforscher

[4] EIKE 23.01.2018: Rechtspopulisten, Marktradikale und Klimawandel-Leugnerzum Zweck der Förderung von Wissenschaft und Forschung.

[5] EIKE 08.09.2017: Die Generalsekretärin der FDP geriet in die Fänge des KLIMA-LÜGENDETEKTORS – anbei ein Rettungsversuch

[6] EIKE 08.08.2017: Meerespegelanstieg: Europa kann nicht alle (vor Klimawandel-Desinformation) schützen T2 (2)

[7] EIKE 30.12.2017: Ohne den Klimawandel hätte das gleiche Wetter nicht so schlimme Folgen…

[8] Deutschlandfunk: Rechtspopulismus weltweit Gefahr für den Klimaschutz

[9] EIKE: 12. Internationale Klima- und Energiekonferenz (IKEK 12) in München erfolgreich beendet!

[10] The European: Ein linksgrünes Wintermärchen

[11] Welt 09.12.2014: Wie wär’s mit der Todesstrafe für „Klimaleugner“?

[12] BILD: AFD-Abgeordneter aus Kino geworfen




COP24: Dem Paris-Abkommen wurden gefähr­liche Vor­schriften hinzu­gefügt

Damit ist das grüne Ziel gemeint, dass entwickelte Länder wie Amerika zahlen sollen für all die Schäden, die vermeintlich dem Klimawandel geschuldet sind, vor allem in den Entwicklungsländern. Angesichts des Umstandes, dass derzeit jegliches Schlechtwetter dem vom Menschen verursachten Klimawandel in die Schuhe geschoben wird, ist der potentielle Transfer von Wohlstand einfach erschütternd. In meinem Beitrag mit dem Titel Absurd “loss & damage” policy advances at UN’s Bonn climate summit habe ich mehr dazu geschrieben.

Die neu in Katowice hinzugefügten Bestimmungen verlangen zwar noch nicht eine solche Art der Kompensation, legen aber dafür den Grundstein, und zwar weil sie es den Entwicklungsländern erlauben, ihrer Phantasie detailliert freien Lauf zu lassen. Haftpflicht-Anwälte werden dies lieben.

Das steht zwar erst einmal alles nur auf dem Papier, aber wie ich schon in einem früheren Beitrag zum Katowice-Gipfel geschrieben hatte, haben Papiertiger Implikationen.

Zunächst einmal soll jährlich ein Bericht erstellt werden über Maßnahmen und Begebenheiten bzgl. Klimawandel. Ursprünglich war mit einem solchen Report beabsichtigt, die von jedem Land im Zuge des Paris-Abkommens geltend gemachten Bemühungen bzgl. Klimawandel zu verifizieren. Jedes Land muss National festgelegte Beiträge gegen Klimawandel leisten, und die Idee dahinter lautet, dass deren Fortschritt überwacht werden muss. Folglich nennt man die UN-Sprechweise für diesen jährlichen Report das Transparenz-Rahmenwerk, weil es dazu gedacht ist zu beobachten, was die Länder machen.

Ursprünglich war beabsichtigt, über CO2-Emissionen zu berichten, über Emissions-Reduktionen und Anpassungs-Projekte ebenso wie über finanzielle Transaktionen. Letztere sind eine große Sache, vor allem Zahlungen der entwickelten Länder an Entwicklungsländer.

Allerdings ist es jetzt so, dass Entwicklungsländer auch jährliche Reports über Verluste und Schäden durch Klimawandel einreichen können. Das werden sie mit Sicherheit tun, und sie haben jeden Anreiz, die Zahlen so hoch wie möglich zu schrauben. Ich kann mir vorstellen, dass diese Länder darum wetteifern, wer am stärksten betroffen ist. Sie alle hoffen schließlich darauf, bezahlt zu werden, und je größer die Zahlen, umso mehr Geld bekommen sie.

Länder können sogar projizierte Verluste und Schäden geltend machen (Schäden meint Dinge, die man abstellen kann, wenngleich zu horrenden Kosten. Verlust schließt Sachen ein wie Lebensweise und Ernten). Diese Projektionen öffnen wilden Spekulationen auf der Grundlage von Computermodellen Tür und Tor entsprechend den Leitlinien der jüngsten Berichte des IPCC und des National Climate Assessment.

Die zweite Regelung hat mit etwas zu tun, das man „globale Inventur“ nennt. Hierbei handelt es sich um eine alle fünf Jahre zu erstellende Abschätzung auf der Grundlage der kumulativen Reports im Zuge des Transparenz-Rahmenwerkes. Hier darf man getrost erwarten, wahrhaft gewaltige Zahlen zu sehen bzgl. globaler Verluste und Schäden. (Es bleibt abzuwarten, ob absurde Behauptungen innerhalb des UN-Verfahrens in Frage gestellt werden dürfen).

All dies ist künstlich erschaffen worden, um Druck auf Amerika und die anderen entwickelten Länder auszuüben zu zahlen. Die Zahlen können auch als Unterstützung von Behauptungen bzgl. Kompensationen vor Gericht herangezogen werden. Es gibt sogar Vorschläge zu erheblichen Steuern auf fossile Treibstoffe, deren Erlöse für Verluste und Schäden aufkommen sollen.

Die Befürworter einer solchen Monster-Steuer haben jüngst in einem 32 Seiten starken Report mit dem Titel [übersetzt] Die Klimaschäden-Steuer: Ein Leitfaden dazu, was das ist und wie es funktioniert festgelegt, was sie sich darunter vorstellen. Ominöserweise heißt es darin:

Ein Tag der Abrechnung kommt. Es gibt einen Preis für das Aufheizen des Planeten, und bis heute hat die Industrie fossiler Treibstoffe den Tisch verlassen, ohne die Rechnung zu bezahlen. Als Klimawandel den ärmsten Ländern und Gemeinden Zerstörung brachte, blieben sie auf den Kosten sitzen. Die in diesem Paper propagierte Klimaschäden-Steuer (CDT) kann helfen, diese Lage zu korrigieren, indem die Industrie fossiler Treibstoffe in die Pflicht zu zahlen genommen wird.

Es ist unfassbar, dass die entwickelten Länder dies in Katowice haben durchgehen lassen. Den UN-Regeln zufolge kann jedes Land gegen einen Beschluss sein Veto einlegen. Also hätten sich die Vetos der entwickelten Länder stapeln müssen – aber nichts dergleichen! Man beachte, dass die USA immer noch mit am Tisch sitzen; tatsächlich haben sie erfolgreich einen Antrag in Frage gestellt, den jüngsten Angsterzeugungs-Bericht des IPCC „willkommen“ zu heißen mit der Begründung, dass dieser falsche Behauptungen enthält.

Aber diese nette Geste ist nichts im Vergleich dazu, es den Entwicklungsländern zu gestatten, einfach so Behauptungen ohne jeden Beleg aufzustellen und Billionen Dollar als Ausgleich für Verluste und Schäden zu erhalten. Aber genau das sehen diese gefährlichen neuen Zusätze zum Paris-Abkommen vor. Und dann wird die Frage nach Kompensation mit Sicherheit voll durchschlagen.

Link: http://www.cfact.org/2018/12/20/cop-24-dangerous-rules-added-to-paris-climate-accord/

Übersetzt von Chris Frey EIKE




Aus der Synoptik: Warum stellt eigentlich niemand die richtigen Fragen?

In mehreren Beiträgen haben Kowatsch & Kämpfe (grundlegend hier) belegt, wie sehr das Temperaturniveau von bestimmten Wetterlagen-Typen abhängig ist. Eine stramme winterliche Südwestlage bringt mit Sicherheit auch während kältester Eiszeit-Zeiten mildes oder sehr mildes Winterwetter. Umgekehrt dürfte ein kontinentales Hochdruckgebiet mit einer östlichen Strömung auch zu wärmsten Warmzeiten immer kaltes Frostwetter zur Folge haben. Beide Extreme mögen in Warm-/Kaltzeiten ausgeprägter sein als in Kalt-/Warmzeiten, aber das ist nach Wissen des Autors noch nie untersucht worden.

Man könnte natürlich Statistiken über die Verhältnisse in den Ursprungsgebieten der zu uns strömenden Luftmassen errechnen, doch stößt das auf alle möglichen Probleme, die eine solche Untersuchung unmöglich machen, wie der Autor vor vielen Jahren bei einem solchen Versuch feststellen musste.

Aber ich schweife ab. Aus Obigem geht hervor, dass sich die Frage nach wärmer oder kälter (als was eigentlich?) anders stellt: Warum gibt es bei uns mehrere Jahre lang eine Häufung von Südwestlagen, während sich in anderen Perioden mehrere Jahre lang im Sommer Nordwest-, im Winter Nordostlagen häufen?

Überspitzt: Warum gab es in der „Kleinen Eiszeit“ so häufig Nordostlagen (nur diese advehieren die Kälte, die zum Zufrieren der Themse in London führt). Und warum gab es während der letzten Jahre so viele Südwestlagen, und zwar sommers wie winters?

Damit lässt sich jetzt die Frage nach Warm- oder Kaltzeiten anders und besser formulieren: Wovon ist es abhängig, dass verstärkt Südwestlagen bzw. Nord- oder Ostlagen auftreten? Hat die Anzahl von Südwestlagen während der letzten Jahre ein Maximum erreicht und dieses Maximum vielleicht überschritten?

Derzeit geistert durch die einschlägigen Wetter-Sites ja die Möglichkeit einer Aufspaltung des Polarwirbels, ein so genanntes „Major Warming“. Mehr dazu hier. Ein solcher Vorgang hat fast immer starke Wintereinbrüche bei uns zur Folge. Frage: Gibt es zu Eiszeiten viel häufiger und ausgeprägter solche Aufspaltungen (splittings) des Polarwirbels? Wenn ja, warum? Und warum gab es während der letzten Jahre kaum einmal eine solche? Im Februar 2018 war es kurzzeitig dazu gekommen. Wird es, wenngleich vielleicht auch nicht aktuell, in absehbarer Zukunft häufiger dazu kommen?

Wovon ist das abhängig? Vielleicht von der Sonnenaktivität? Und gibt es anhaltend kaltes Winterwetter auch bei einem ungestörten Polarwirbel?

Man sieht schon, „kälter“ oder „wärmer“ sind nur die Auswirkungen von Vorgängen, die kaum einmal zur Sprache kommen. Aber Synoptik war weiland schon bei meinen Kommilitonen sehr unbeliebt.

Und so schließt sich auch der Kreis zu der unsäglichen Behauptung eines Herrn Latif aus dem Jahr 2000, der am 1. April von sich gab: „Richtige Winter mit Frost und Schnee wie noch vor 20 Jahren wird es in unseren Breiten nicht mehr geben“. Quelle. Er meinte es ernst!

„Übersetzt“ mit dem oben Gesagten meinte er also: „Richtig kalte Nordost-Wetterlagen wird es bei uns nicht mehr geben“.

Nicht einmal Scharlatane würden das ausschließen. Und doch ist dieser Herr in allen einschlägigen Medien immer noch präsent!

Fazit: Wenn es einen Wechsel gibt zwischen häufigen und selteneren Südwestlagen im Winter – egal von was dieser Wechsel abhängig ist – so wird es nach dem Maximum der Südwestlagen der vergangenen Jahre auch wieder ein Minimum geben.

Aber ist nicht genau dieser Wechsel bei uns „normal“? Wäre es nicht drastisch ungewöhnlicher, wenn es bei unserem Wetter auf einmal überhaupt keine Extreme mehr gibt? Der Autor fände dies extrem! Sie auch?




Jahr 2018 in Deutschland – das sonnigste und wärmste, aber nicht das nieder­schlags­ärmste seit Aufzeich­nungsbeginn

Wie außergewöhnlich war die Witterung des Jahres 2018?

Abbildung 1: In Nürnberg existieren zwei DWD-Stationen, eine ländliche im Ortsteil Netzstall und eine stärker UHI- beeinflusste am Flughafen. Trotz des Warmjahres 2018 zeigt die ländliche Station seit 30 Jahren keinen; die am Flughafen hingegen einen deutlichen Erwärmungstrend.

Vegetationsverfrühung durch mehr Wärme – mit einer Ausnahme

Abbildung 2: Wegen etwas kälterer Winter verzögerte sich der Erstfrühling in Weimar um 6 Tage. Die meisten anderen phänologischen Jahreszeiten haben sich zwar verfrüht; beim Vollfrühling (erste Apfelblüten) ist die Verfrühung aber kaum erkennbar.

Die Sonne bringt es an Tag – mehr Sonnenschein bedeutet mehr Wärme Einen wesentlichen Einfluss auf die Lufttemperaturen, besonders im Sommerhalbjahr, hat die Sonnenscheindauer, welche in Deutschland zuverlässig flächendeckend erst seit 1951 registriert wird. Aber auch im Jahresmittel wirkt eine höhere Sonnenscheindauer merklich erwärmend:

Abbildung 3: Mehr Sonnenschein bedeutet mehr Wärme. Das „Rennen“ um das sonnigste Jahr könnte sich erst am letzten Dezembertag zwischen dem Rekordinhaber Jahr 2003 mit 2014 Sonnenstunden und dem „Herausforderer“ 2018 entscheiden, der zwischen 2010 und 2020 Sonnenstunden erreichen wird. Wegen der sehr unterschiedlichen Größen musste in Index-Werte umgerechnet werden; die jeweils drei erstplatzierten Jahreswerte sind markiert.

Eindeutiger sind die Verhältnisse in Potsdam, wo Sonnenscheindaten schon seit 1893 vorliegen und 2018 mit etwa 2250 Stunden deutlich vor 2003 (2085 Stunden) auf Platz 1 liegt:

Abbildung 4: In Potsdam und im gesamten Nordosten Deutschlands war 2018 das mit Abstand sonnenscheinreichste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn; Darstellungsweise ähnlich wie in Abbildung 3.

Über die Auslöser der stärkeren Besonnung und Bestrahlung lässt sich nur mutmaßen. Neben geänderten Großwetterlagenhäufigkeiten, einer geänderten Landnutzung (weniger Verdunstung durch mehr Versiegelungen der Böden und Meliorationsmaßnahmen) kommen auch die Sonnenaktivität selbst, Änderungen bei den Wolkenarten durch den Luftverkehr und ab Ende der 1980er Jahre die erfolgreichen Maßnahmen zur Luftreinhaltung (Filter, Katalysatoren) in Betracht.

Jahresniederschlagsverhältnisse – 2018 erzielte keinen Negativrekord

Abbildung 5: Im Ranking der niederschlagsärmsten Jahre seit 1881 wird 2018 aller Voraussicht nach nur den undankbaren vierten Platz belegen.

Wärme 2018 – Dank günstiger Großwetterlagenverteilung? Noch liegen nicht alle Daten zu den Großwetterlagenhäufigkeiten des Jahres 2018 vor, doch die häufigen Westwetterlagen im Januar und Dezember, die häufigen Hochdruck- und Ostwetterlagen zwischen April und Juli und die vielen Südlagen im Spätsommer/Herbst trugen ganz wesentlich zur Wärme dieses Jahres bei.

2018 – zirkulations- und windschwach?

Abbildung 6: Sinkende Windgeschwindigkeiten (pink) im Zeitraum 1997 bis 2018. Da es (leider) kein DWD-Mittel für die Windgeschwindigkeit gibt, wurde dieses aus den Daten von 25 Stationen in Nord- und Mitteldeutschland berechnet. Gleichzeitig nahm die Anzahl der Tage mit unbestimmter Anströmrichtung (grau) zu; sie wird 2018 mit mindestens 91 Tagen den zweithöchsten Wert seit Beginn der Objektiven Wetterlagenklassifikation (1980) erreichen; nur 2014 waren sie noch häufiger.

Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher




Blackout in Deutschland (Teil 2) – der Tag als ich die Mauer beleuchtete

Dialysepatienten konnten nicht mehr versorgt werden, Frauen bekamen die Kinder zu Hause ohne ärztlichen Beistand. Tausende Menschen strandeten irgendwo und überlebten – wenn sie Glück hatten – unter jämmerlichen Bedingungen in Bahnhöfen und Turnhallen. Als die Ventilatoren ausfielen, erstickten hunderttausende Hühner in den Legebatterien, Kühe und Schweine krepierten zu tausenden in den Ställen. Die öffentliche Kommunikation brach zusammen. Die Schäden gingen in die Milliarden und es dauerte Jahre, bis sich die Wirtschaft von dem Schock erholt hatte. Die Ursachen waren simpel: ein Schneesturm, ein unausgewogener Energiemix und ein weitgehendes Versagen des staatlichen Katastrophenschutzes.

Was war passiert? Es gab kurz nach Weihnachten einen länger andauernden Schneesturm, verbunden mit einem Temperatursturz. Man könnte es auch ein sibirisches Tiefdruckgebiet nennen. Damals schob man allerdings die Wetterkapriolen noch nicht auf den Klimawandel. Durch die extremen Witterungsbedingungen fielen sämtliche Kohlekraftwerke in Mitteldeutschland aus, da ihnen die Kohle auf den Transportbändern und in den Waggons festfror. Gas- und Ölkraftwerke waren vorher auf Beschluss der Politik geschlossen worden, um die wertvollen Devisen zu sparen. Die DDR hatte keinen vernünftigen Energiemix, das Rückgrat der Stromproduktion war Braunkohle. Im Resultat gab es in der DDR nur noch ein einziges funktionierendes Kraftwerk, das den totalen Blackout verhinderte – das Kernkraftwerk Greifswald mit seinen drei Reaktor-Blöcken. Um Strom für die Hauptstadt zur Verfügung zu stellen, mussten allerdings großflächige Blackouts tagelang in Kauf genommen werden – ganze Landstriche waren tagelang ohne Strom.

In meinem Roman „Wohn-Haft“ beschreibe ich, wie ich damals den Blackout im AKW Greifswald erlebte. Hier ein Auszug:

„Wer geht schon gern zur Nachtschicht? Insbesondere, wenn es bald Silvester ist. In den Wohnungen der Neubaublocks hängen die Leute schon die Girlanden für die Feiern auf, der mühsam ergatterte und aufgesparte „Rotkäppchen“-Sekt wird kaltgestellt. Auch Bier steht kalt auf den Balkonen. Und es ist kalt. Es schneit und ein bissiger Nordost treibt die Flocken vor sich her. Daran ist man hier in Greifswald nicht gewöhnt, hier herrscht normalerweise eher mildes Wetter. Der Abend lässt sich düster an, ein eisiger Wind heult um die Hausecken der Plattenbauten und pfeift durch die undichten Fenster.

Auf zur Nachtschicht ins größte KKW der DDR!

Meine Schicht geht von sieben Uhr abends bis sieben Uhr früh. Als ich die Wohnung um fünf Uhr nachmittags verlasse, dunkelt es bereits. Ich küsse meine Frau flüchtig und trotte missmutig los. Sie wird zur Party mit den Eltern, dem Bruder und der Schwägerin gehen. Und sicher wird es später ein Umzug von Nachbar zu Nachbar, um sich gegenseitig Glück zu wünschen und ordentlich anzustoßen. Ich darf erst morgen früh einen heben. Auf zur Nachtschicht ins größte KKW der DDR!

Wenn ich so die Straße zum Südbahnhof entlang gehe, habe ich das untrügliche Gefühl, dass hinter den Gardinen die normalen Leute sich über mich lustig machen. Seht sie an, die Lubmin-Malocher! Gehen zur Nachtschicht am Silvester für sieben Mark! So blöd möchte ich auch mal sein. Ich empfinde die Ungerechtigkeit dieser selbstgebastelten Anschuldigung schmerzhaft. Schließlich sorgen ich und meine Kollegen durch den Verzicht dafür, dass die Anderen feiern können. Wenigstens ein bisschen Anerkennung dürfte schon sein. Aber es ist eben so, die Schichtarbeit hat einen schlechten Ruf.

Am Südbahnhof steht schon eine ganze Truppe von Leuten aus meiner Schicht im Schneesturm und friert. Es ist zugig hier und es gibt keine Möglichkeit, Schutz vor dem beißenden Schneewind zu finden. Es wird nicht viel gesprochen. Nur eine Gruppe Schlosser ist ziemlich laut, die werden doch nicht schon einen getrunken haben? Der Zug müsste langsam kommen. Es liegt allerhand Schnee auf den Schienen, und es wird ständig mehr. Die Leute meckern, einige drohen damit, nach Hause zugehen. Vier Mann gehen los. Wir fahren mit meinem Auto, sagt der Blockleiter Schäfig im Vorbeigehen zu mir. Ich nicke abwesend. Mir graut schon vor dem mitternächtlichen Festessen. Das wird – wie jedes Jahr wieder – ein herrlicher Grund sein, sich zu beschweren und ein bisschen Frust über den verpatzten Feiertag abzulassen. Zu fett, zu schwer, schmeckt nicht. Und natürlich werden sie zu mir kommen, dem Schichtchef. Als ob ich gekocht hätte! Und ich werde – wie immer – nichts machen können.

Und dann werden gegen drei noch ein paar angesoffene Gewerkschafts- und Parteibonzen ins Werk kommen, um der diensttuenden Schicht zum Jahreswechsel zu gratulieren. Ein Grund mehr zum Meckern für die Mannschaft. Der Parteisekretär schwankend auf der Leitwarte. Und draußen wird sein Fahrer warten, um ihn zum Besäufnis zurückzukarren. Ein einziges Ärgernis, diese Silvester-Nachtschicht.

„Die Flasche bleibt draußen“

Aber erst einmal muss der Zug kommen. Schon eine dreiviertel Stunde Verspätung. Nichts zu sehen, schon gar nicht durch den stärker werdenden Schneesturm. Endlich kommt der Zug, mühsam pflügt sich die Diesellok mit den Doppelstockwagen durch den Schnee auf den Schienen. Wenn das mal gut geht, denke ich und steige ein. Drinnen ist es angenehm warm. Die Leute setzen sich in Gruppen zusammen und schwatzen. Einige Fanatiker spielen Karten wie auf jeder Fahrt. Wider Erwarten kämpft sich der Zug bis Lubmin durch. Ich habe entdeckt, dass bei den Schlossern eine Schnapsflasche kreist. Das werde ich ihnen nicht durchgehen lassen.

Beim Aussteigen greife ich mir den Schlossermeister und sage zu ihm, Die Flasche bleibt draußen. Und deine Leute kettest du an der Werkstatt-Heizung fest, bis sie wieder nüchtern sind. Wehe, wenn sie was anfassen, außer einer Schneeschippe! Ich schicke euch alle nach Hause und dann machen sie euch die Hölle heiß. Ich schaue zu, wie sie die Schnapsflasche maulend im Auto eines Kollegen auf dem Parkplatz deponieren. Die Autos hier sind unter einem halben Meter Schnee verschwunden. Ich lasse die Taschen einiger einschlägig Verdächtiger durch die Posten am Werkseingang filzen. Das hat mir noch gefehlt, Besoffene im KKW auf Schicht. Dann gehe ich in mein Büro und übernehme den Dienst.

Gott sei Dank, stabiler Normalbetrieb. Die Leute werden auf Eisbildung im Kühlwasser-Einlaufkanal achten und die Außenanlagen ständig beräumen, so dass die Betriebsfeuerwehr im Einsatzfall freie Fahrt hat. Ich verabschiede mich von meinem Vorgänger, Schöne Silvesterfeier wünsche ich dir, Günter. Und feiere schön mit deiner hübschen Frau. Der Kollege nickt und gibt mir grinsend die Hand. Er weiß um die Freuden des Schichtchefs in solchen Nächten.

Die Schicht hat ihren normalen Lauf genommen. Ich habe auf dem Schichtrapport die Aufgaben verteilt. Meine 18 Ingenieure sind mit der strikten Weisung auseinander gegangen, in dieser Nacht das KKW schneesturmfest zu machen. Auf meinem Kontrollgang habe ich mich heute ausschließlich den Außenanlagen gewidmet. Der Schneesturm ist noch heftiger geworden, der Wind zerrt an meiner Wattejacke, es bilden sich Schneewehen. Der Außenanlagen-Schichtleiter hat zusätzliche Leute von den Schlossern abgezogen, um sie mit Traktoren und Schaufeln Schnee räumen zu lassen. Gut so, der Sturm wird ihnen die Wodkareste aus dem Schädel blasen, denke ich.

„Weiter traue ich mich nicht mit dem Moskwitsch“

Um elf Uhr nachts rufe ich den Schichtfahrer an. Heinz, fahr mal ein Stück in Richtung Greifswald und schau dir die Straße an. Sei aber vorsichtig, damit du nicht steckenbleibst. Funk mich an! In der Zwischenzeit meldet der Dispatcher Schwierigkeiten im Landesnetz. Die Lastverteilung hat eine Einsatzstufe ausgerufen. Die Frequenz ist schlecht, der Strombedarf ist in der Silvesternacht hoch, und das Großkraftwerk Boxberg ist vom Netz gegangen, weil ihnen die Kohle auf den Bändern festgefroren ist. Die Lage scheint sich zuzuspitzen. Der Fahrer meldet sich per Funk. Pass auf Manni, ich bin in Vierow. Der Wind pfeift hier mit zehn Nummern. Es schneit wie verrückt. Weiter traue ich mich nicht mit dem Moskwitsch. Ich drehe um, die Straße verweht mehr und mehr, in einer Stunde kommt hier keiner mehr durch. Natürlich kein Räumdienst in Sicht. Ich komme zurück.

Nach kurzem Überlegen rufe ich den Dispatcher an. Trommle die Schichtleitung nach dem Essen um zwei Uhr in meinem Büro zusammen. Wir machen einen außerordentlichen Rapport, die Situation sieht böse aus. Dann rufe ich beim Werkdirektor an, um ihm die Lage zu schildern. Der Direktor meldet sich, im Hintergrund Partylärm. Dr. Zischer klingt angesäuselt. Na klar, es ist Silvester. Ich habe Respekt vor Zischer, das ist nicht so ein hohler Parteibonze. Zischer kennt die Leute und verhält sich anständig seinen Mitarbeitern gegenüber, ohne jede Herablassung. Er hört sich die Lage an und meint, Keine Panik, übertreiben Sie nicht. Morgen früh schicke ich mit der Frühschicht Zusatzkräfte zum Schneeräumen raus. Und jetzt machen Sie weiter wie bisher, Ihre eingeleiteten Maßnahmen sind in Ordnung.

Es gibt den erwarteten Ärger mit dem Festessen. Diesmal haben die Leute sogar sehr gute Gründe zum Meckern. Das zähe Schweinesteak schwimmt in einem viertel Liter flüssigen Fettes mit ein paar glasigen Zwiebelflusen und ist zerbraten wie eine Schuhsohle. Dazu gibt’s fetttriefende Bratkartoffeln und sauren Weißkrautsalat aus dem Plastiksack. Hinterher ein Tüteneis, der Magen könnte sich einem umdrehen. Ich nehme frustriert meinen Teller und zwei kräftige wütende Schlosser und marschiere mit ihnen zur Struck-Küche, wo sie den Fraß zurechtrühren.

Die Struck-Küche ist ein großer Flachbau, in dem normalerweise dreitausend Menschen verköstigt werden. Eigentlich sollte sie am Silvester geschlossen sein und nur eine Minimannschaft für die Schicht kochen. Das Essen wird dann von hier mit Kübeln in die Schichtkantinen geliefert. Wider Erwarten ist der Struck aber von einer ganzen Meute Bauarbeiter besetzt. Sie sitzen an den Tischen und saufen. Offensichtlich sind sie aus ihren Unterkunftsbaracken im Leuna-Lager hierher geflüchtet, um ein bisschen Silvester feiern zu können.

Ein Kofferradio grölt Musik von den Puhdys

Jetzt sitzen sie hier herum, spielen Skat, ein Kofferradio grölt Musik von den Puhdys, und ein paar stark Alkoholisierte grölen mit. Hier aufzuräumen, ist hoffnungslos. Selbst mit der Mannschaft des Betriebsschutzes hätte man keine Chance gegen diese Übermacht. Also lasse ich sie sitzen. Es ist nicht mein Verantwortungsbereich, der Struck befindet sich außerhalb des Zaunes des technologischen Sicherungsbereiches. Ich weiß, dass die Bauarbeiter hier rumsitzen, weil sie bei dem Schneesturm nicht bis in die Kneipe nach Vierow durchkommen. Wo sollen sie auch hin. Trotzdem wäre es besser, sie in ihren Baracken im Leuna-Lager zu wissen.

Zwei dicke Köche sitzen im Personal-Aufenthaltsraum beim Bier und qualmen um die Wette. Ihre Teller mit den Essensresten stehen noch da. Sie haben sich zur Feier des Tages halbblutige Rumpsteaks mit Rosenkohl gegönnt. Kaum sehen sie mich, fängt der Dickere an zu zetern, Bringen Sie die Bauluden aus dem Struck heraus. Wir haben geschlossen! Die weigern sich, in ihre Unterkünfte zu gehen. Die haben Schnaps mitgebracht, das ist hier verboten. Er blickt erschrocken auf die Bierflaschen vor sich auf dem Tisch. Ich ignoriere das Gezeter und sage ganz freundlich, Ich bin der Schichtleiter der Nachtschicht. Habt ihr unser tolles Festessen gekocht? Der dicke Koch nickt misstrauisch.

Ich entferne das Pergamentpapier von meinem Teller und stelle ihn auf den Tisch. Das Essen auf dem Plastikteller, jetzt halb kalt, sieht zum Fürchten aus. Die beiden Hünen von Schlosser bauen sich drohend mit verschränkten Armen vor den Köchen auf. Ich schiebe den Teller zu dem Dicken. Essensage ich leise. Der Dicke weicht zurück und fuchtelt mit den Armen. Wir haben schon gegessen. Ich sehe ihn kühl an und wiederhole, Essen!, während die beiden Schlosser vorrücken. Der zweite Koch rückt mit seinem Stuhl von dem schmuddeligen Tisch mit den Bierflaschen ab. Der Dicke will ebenfalls zurückweichen, aber sein Stuhl kann nicht weg, weil einer der Schlosser seine riesige Hand auf die Lehne gedrückt hält. Der andere Schlosser nimmt das Besteck von einem der beiden Teller mit den Essensresten der Köche und drückt es dem Dicken in die Hand. Essen!, sagt nun er nachdrücklich. Der Dicke fängt an zu jammern. Das ist Körperverletzung …

Genau, sage ich, die Schlosser nicken begeistert. Und jetzt isst du den Teller schön leer. Du kannst ihn ja mit deinem Kumpel teilen. Und dann kannst du Anzeige gegen mich erstatten, wegen Körperverletzung. Ich fürchte nur, dass die Jungs vom Betriebsschutz heute auch die Ehre hatten, eure Kochkünste zu genießen. Also viel Spaß bei der Anzeige. Ich heiße Manni Gerstenschloss. Aufmunternd rüttelt die große Schlosserhand den Stuhl. Ächzend und schwitzend säbelt der Dicke am Steak herum, kostet und verzieht angewidert das Gesicht. Wieder wird der Stuhl aufmunternd gerüttelt. Der Dicke isst. Er kaut auf der Schuhsohle herum, schimpft und jammert.

Die beiden hünenhaften Schlosser erzielen ihre Wirkung durch bloße Anwesenheit. Meine beiden Mittäter und ich warten nicht, bis die ganze Portion heruntergewürgt wurde. Wir verlassen die Köche. Ich sage im Gehen zu dem einen Dicken, der gerade einen Erstickungsanfall hat und würgt, Pass auf, in 10 Minuten machen wir eine Lautsprecher-Durchsage, dass ein außerplanmäßiger Zug nach Vierow abfährt. Dann werden die Bauarbeiter zum Bahnhof rennen. Wenn sie raus sind, könnt ihr euren Laden dichtmachen. 

Der Schneesturm fegt mit 11 Windstärken über Norddeutschland

Auf dem ganzen Weg zurück lachen wir uns scheckig. Hast du gesehen, wie der Fettsack sich vor seinem eigenen Fraß geekelt hat? Die „Erziehungsmaßnahme“ spricht sich blitzschnell herum. Die C-Schicht lacht sich halbtot, heute gibt es keine Beschwerde mehr über das Festessen. Die Blockwarte 1 macht die Lautsprecherdurchsage mit der nicht existierenden Zugabfahrt. Die Bauarbeiter fallen drauf rein und rennen im Schweinsgalopp durch den Schneesturm zum Betriebsbahnhof, um in die geliebte Kneipe fahren zu können. Als sie merken, dass sie gefoppt wurden, trommeln sie vergeblich gegen die fest verschlossenen Eisentore des Struckbaus. Schließlich ziehen sie murrend in ihre Baracken ab.

Bei dem außerplanmäßigen Rapport um zwei geht die „tägliche Dressur der Raubtiere“, wie ich meine Schicht-Besprechungen nenne, ziemlich friedlich vonstatten. Die üblichen Meckereien entfallen, allen ist der Ernst der Lage bewusst. Inzwischen ist die Netzfrequenz bei 48,7 Hertz, man kann das sogar am Geräusch der laufenden Turbinen hören. Der Schneesturm fegt mit 11 Windstärken über Norddeutschland. Der Lastverteiler hat die ersten Flächenabschaltungen gemeldet. Die C-Schicht erzeugt jetzt die Hälfte der gesamten Elektroenergieproduktion der DDR.

Wir wissen mit verhaltenem Stolz, dass nur ein Kernkraftwerk völlig unabhängig von solchem Wetter Strom produzieren kann. Den Kohlebuden friert die Kohle ein und den Gaskraftwerken geht das Gas aus. Ganze Landstriche haben jetzt keinen Strom mehr. Die Leute sitzen noch gemütlich beim Kerzenschein. Aber die Gemütlichkeit hält nicht lange an. Die Heizungen in den Plattenbauten funktionieren nicht mehr, weil die Umwälzpumpen stehenbleiben. Es wird arschkalt in den Wohnungen. In den Hühner- Konzentrationslagern verrecken zigtausende Hühner, weil die Lüftungsanlagen ausgefallen sind. In den Krankenhäusern laufen die Notstromdiesel, wie lange werden die Dieselvorräte reichen?

Mütter können die Babynahrung nicht mehr erwärmen. Tiefkühltruhen tauen auf und die eingelagerten Lebensmittel gehen zum Teufel. Fernseher gehen nicht mehr. Und wer kein Kofferradio hat, bekommt keine Informationen mehr. Dann hört das Leitungswasser auf zu fließen. Die Toiletten können nicht mehr gespült werden. Die meisten Leute haben gar nicht geahnt, was alles ohne Strom nicht funktioniert.

Nach einigen Stunden leeren sich die Batterien des Telefonnetzes und es hört auf, zu funktionieren. In der Schichtbesprechung diskutieren wir den Fall, dass die Ablösung am Morgen nicht durchkommt, obwohl die meisten nicht daran glauben. Das gab es noch nie! Ich aber will kein Risiko eingehen. Wir müssen das Kraftwerk auch sicher fahren können, auch wenn tagelang keine Ablösung kommtSo ein Quatsch, sagt Hein Blökow, der Schichtleiter vom zweiten Kreislauf. Die Ingenieure nicken zustimmend, aber sie sind auch irgendwie besorgt. Ihre Familien sind in Greifswald von der Stromversorgung abhängig.

Am Abend bricht das Telefonnetz endgültig zusammen.

Ich lege fest, wie es von jetzt ab weitergeht. Wir halten unsere Routine aufrecht. Ich möchte, dass alles so normal wie möglich abläuft. Zu den normalen Zeiten werden wir alle acht Stunden unseren Schichtrapport durchführen. Reduziert in euren Bereichen die Mannschaft auf Mindestbesetzung. Jeder, der darüber hinaus vor Ort ist, soll sich eine Ecke zum Pennen suchen und versuchen, etwas Schlaf zu bekommen. Ich brauche auch in drei Tagen noch ein funktionsfähiges Kollektiv! Wir können es uns nicht leisten, dass uns jemand am Steuerpult einschläft. Die Leute sollen sich gegenseitig ablösen. Das mit dem Schlafen gilt besonders für das Blockwarten-Personal, aber auch für euch. Ich werde das persönlich kontrollieren. Die Leute sollen sich auch etwas hinlegen, wenn sie nicht schlafen können. Dann ruhen sie sich wenigstens ein bisschen aus. Und jetzt erwarte ich eure Vorschläge, wie wir hier in der Anlage mit dem Schneesturm umgehen…

Die Skeptiker sind kleinlauter geworden. Die C-Schicht ist schon mehr als 24 Stunden im Einsatz und keine Ablösung ist in Sicht. Wir haben drei Rapporte durchgeführt. Am Abend bricht das Telefonnetz endgültig zusammen. Es bleibt nur noch das rote Telefon zur Einsatzleitung in Greifswald. Ich bin ganz froh darüber, endlich unbehelligt von Anrufen aus SED-Kreisleitungen, von Bezirkssekretären, dem Ministerium und anderen Wichtigtuern meine Arbeit machen zu können. Die Lage im Land muss katastrophal sein. Großflächige Stromabschaltungen überall. Die Netz-Frequenz ist schlecht, Freileitungen fallen aus, weil sie das Eis nicht mehr tragen können.

Die Bonzen sind mir ganz schön auf die Nerven gegangen, ganz besonders die mit dem anmaßenden Ton. Als könnte ich den Strom in die Bezirkshauptstadt leiten. Mein Verantwortungsbereich endet am Leistungsschalter zur Freileitung. Wo der Lastverteiler in Schwerin seine Erzeugung hinleitet, kann ich nicht beeinflussen. Auch nicht, wenn mir ein Parteibonze sonst was androht. Ich weiß ja nicht, dass auf höchste Anordnung aller Strom nach Berlin geleitet werden muss. Der Schneesturm fängt an, Schwierigkeiten bei den Außenanlagen des Kraftwerks zu machen. Kanäle frieren zu, Rohrleitungen frieren ein. Auf dem Einlaufkanal treiben Eisschollen zu den Grobrechen. Die müssen unbedingt freigehalten werden. Mit Vehemenz muss ich dafür sorgen, dass die Straßen für die Feuerwehr geräumt werden. Alle Schlosser sind draußen im Einsatz. Aber sie müssen ständig kontrolliert werden, sonst hängen sie in der Kantine rum.

Die Kantine hat schon um Hilfe gerufen. Das Brot geht zu Ende. Ich diskutiere mit dem Leiter des Betriebsschutzes. Wir einigen uns, nach viel anfänglichem Zögern und Winden. Der Betriebsschutzmann ist verunsichert, weil er kein Telefon hat, um sich rückzuversichern. Aber ich bin bestimmend und so fügt er sich. Seine Leute sind auch hungrig und müde. Einige Posten sind schon unbesetzt. Sie schicken ein Team mit Rucksäcken los, das mit einem Betriebsschutzmann in die verschiedenen Verkaufsstellen der riesigen Baustelle einbricht, um Brot und andere Grundnahrungsmittel einzusammeln und der Kantine zur Verfügung zu stellen. Die Beute ist umfangreich und sehr ermutigend, es besteht keine Hungersnotgefahr. Brot mit Spiegeleiern wird in der Kantine zum Renner. Nudeln haben sie auch jede Menge und Tomatensoße aus der Dose. Endlich gibt es mal Essen nicht aus dem Kübel.

Die Männer sind vom Ehrgeiz gepackt

Block 2 musste die Leistung einsenken. Sie fahren nur noch die Hälfte, 200 Megawatt fehlen. Das ist so viel, wie ein paar große Städte verbrauchen würden. Eine Kühlwasserpumpe hat mit rotglühendem Lager des Elektromotors den Geist aufgegeben. Ich verfluche den Konstrukteur, der die Pumpen im Freien aufgestellt hat, voll dem Wind und dem Wetter ausgesetzt. Jetzt sind die Schlosser und Elektriker dabei, in eisigem Schneesturm den riesigen Motor abzumontieren. Ich packe selbst mit an. Ein anderes Team demontiert einen Motor im Block 4, der sowieso nicht gebraucht wird, um ihn an die Stelle des kaputten Motors im Block 2 einzubauen. Die Männer sind vom Ehrgeiz gepackt. Sie schaffen die Reparatur unter extrem schlechten Bedingungen, bei Dunkelheit und eisigem Schneesturm in der Hälfte der normalen Reparaturzeit. Der Hauptlastverteiler höchstselbst bedankt sich beim Dispatcher, als sie nach fünf Stunden die Leistung wieder hochfahren können. Selbst in Berlin sind einige Lichter ausgegangen. Ich ahne immer noch nicht, dass wir den Strom für die Berliner Mauer produzieren.

Ich passe auf, dass mich niemand beobachtet, ich aber alle im Auge habe. Ich bin überall. Ich versuche mitzuhelfen, gebe Ratschläge, meckere und fauche auch mal jemand an. Ich bin jetzt seit 36 Stunden auf den Beinen und spüre keine Müdigkeit. Ich reite hier voll auf Adrenalin, denke ich. Meine Strategie geht einigermaßen auf. Die Leute lösen sich gegenseitig ab, in jeder Ecke liegt irgendwer rum, der schläft oder döst. Die Jungs auf den Leitwarten sind einigermaßen fit und werden kannenweise mit Kaffee zugeschüttet. Die Anlage läuft mit voller Leistung gerade aus. Nur nichts anfassen!

Ich habe alle Routinetests ausgesetzt, alle nicht unmittelbar notwendigen Reparaturen gestoppt. Nach einem heftigen Streit mit dem Leiter der Inbetriebsetzung des Blockes 4 wurden auch die Inbetriebsetzungsarbeiten gestoppt und das Personal weitestgehend zur Verstärkung des Personals der Betriebsblöcke herangezogen. Der Block 4 würde eben in einigen Monaten ein paar Tage später ans Netz gehen. Aber der Inbetriebsetzungsleiter bleibt sauer, weil ich, ohne ihn zu fragen, den Kühlwasserpumpenmotor geklaut habe.

Als ich in die Kantine komme, sitzt dort der Blockleiter Wolfhard Schäfig mit ein paar Maschinisten beim Kaffee. Spiegeleier mit Brot und eine Kanne Kaffee, in der der Löffel steht, rufe ich der Kantinenmieze zu und setze mich. Wir schwatzen über die Energiesituation im Lande und sind stolz darauf, das einzige Kraftwerk zu sein, das mit voller Leistung am Netz ist. Ich erzähle ihnen, dass der Minister persönlich über das Telefon der Einsatzleitung angerufen hat und seinen Dank an die Genossinnen und Genossen Werktätigen im Volkseigenen Kombinat Bruno Leuschner ausgesprochen hat. Schäfig grinst. Dann betrifft dieser Dank ganze acht Leute von unserer Schicht. Die andern sind alle Nichtgenossinnen und Nichtgenossen. Aber mal was ganz anderes, Manni. Wir haben kein Geld mehr. Die Meisten nehmen nur kleine Beträge mit auf Schicht. Jetzt ist das bisschen Geld alle und wir müssen uns doch was zum Essen kaufen können. Die Kantine rückt ohne Geld nichts raus.

Auch gleich Zahnbürsten und Zahnpasta besorgen

Ich bin so in Fahrt, dass ich sofort eine Lösung weiß. Geht zum Dispatcher. Ich habe eine große Rolle Kinokarten. Weiß der Kuckuck, wofür die mal waren. Der Dispatcher wird meinen Stempel draufdrücken und dann ist die Karte in der Kantine zwei Mark wert. Jeder kriegt pro Schicht zwei Karten. Kaffee gibt’s ab sofort umsonst. Ich erkläre der Kantinenmieze die Regelung und gehe zum Dispatcher, um ihn einzuweisen. Blockleiter Schäfig isst mit Genuss meine Spiegeleier, die ich völlig vergessen habe. Dabei hat die Kantinenmieze die mit besonderer Hingabe gebraten. Ich sitze beim Dispatcher. Wir stempeln die rosa Abreißkarten und witzeln umher. Dies ist das Geld der autonomen Republik Lubmin, kichere ich, der Zweimarkschein. Der Dispatcher feixt, Übrigens, du sollst zur Kollegin Raum auf die Blockwarte 2 kommen. Es ist dringend, meint sie. Ich marschiere los. Was die wohl will?

Auf der Blockwarte 2 herrscht ruhiger Normalbetrieb. Der Blockleiter schlummert hinter der Tafel auf einer Sanitätsliege. Die Kollegin Angela Raum, lizenziere Reaktorfahrerin, vertritt ihn. Eine hochqualifizierte Frau, die in Moskau Kernphysik studiert hat. Hier hat sie die Reaktorfahrer-Lizenz erworben. Ich weiß nicht, was davon schwieriger war. Wenn sie nur nicht so unattraktiv wäre. Sie macht sich zurecht wie eine Siebzigjährige. Wenn sie lacht, hält sie sich die Hand vor den Mund und wird rot. Männer machen einen Riesenbogen um sie.

Der Leitstandsfahrer schreibt seine Runde und der Elektriker stuft den Generator, um die Blindleistung zu regeln. Es gibt erhebliche Schwankungen im Netz, wahrscheinlich klatschen irgendwo die Freileitungen durch den Sturm zusammen. Die Frequenz ist miserabel, aber dagegen können wir hier nichts tun. Nicht genug Leistung im Landesnetz. Nachdem die Kollegin Raum ihren Lagebericht beendet hat, zieht sie mich in eine Ecke der Leitwarte.

Mit hochrotem Kopf stammelt sie herum. Peinlich, delikat, Diskretion. Ich versuche, lässig zu grinsen. Na red‘ schon, ich behalte es für mich. Wir Frauen sind schon mehr als zwei Tage hier. Damit haben wir nicht gerechnet. Wir sind nicht richtig ausgestattet. Ach du Scheiße, wie konnte ich das vergessen. Die Hälfte der Mannschaft sind Frauen. Die brauchen bestimmte Sachen! Danke, Angela, bitte hilf mir damit. Stelle eine Bedarfsliste zusammen, vergiss aber keine Kollegin zu fragen. Wir schicken jemanden los, um die Sachen aus den Verkaufsstellen herbeizuschaffen. Die können auch gleich Zahnbürsten und Zahnpasta besorgen, ich hab einen furchtbaren Geschmack im Mund.

Angela Raum ist erleichtert, druckst aber immer noch. Da ist noch was. Wir brauchen etwas, das du nicht in den Verkaufsstellen findest. Ich habe meine Anti-Baby-Pillen nicht dabei. Die anderen wohl auch nicht. Ich bin perplex. Angela Raum nimmt die Pille? Wozu denn das? Wer in aller Welt sollte sich denn an ihr vergreifen? … Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Ich schäme mich meiner arroganten Gedanken, sie ist eine patente Person. Angela, setz es mit auf die Liste. Ich kümmere mich darum. Ich bin in einer Stunde wieder hier.

„Deine Augen sehen aus wie die Rücklichter vom Trabbi“

Ich habe mit der diensthabenden Krankenschwester im Verwaltungsgebäude gesprochen. Wow, die ist vielleicht hübsch. Schlank, schmales Gesicht, riesige braune Rehaugen und ein paar Sommersprossen. Dazu der schneeweiß gebügelte Kittel mit genau einem Knopf zu viel offen. Ich habe gar nicht gewusst, dass sie hier ist. Sie heißt Sabine und duzt mich vertrauensvoll. Sie kann die gewünschten Arzneimittel aus der Handapotheke der Ambulanz besorgen. Sie lädt mich sogar zum Kaffee ein und drückt mir zum Abschied eine kleine Flasche Augentropfen in die Hand. Schau mal in den Spiegel, deine Augen sehen aus wie die Rücklichter vom Trabbi. Dabei lächelt sie so charmant, dass ich im Schneetreiben auf dem Weg zurück ein Liedchen pfeife. Stimmt, ich habe gar nicht gemerkt, wie meine Augen brennen. Zufrieden sehe ich den Schlossermeister mit dem Traktor und der Schneefräse am Feuerwehrgebäude vorbeirattern. Die Fräse bläst eine Schneefahne gegen den Wind, der den Schnee sofort auf die Straße zurücktreibt. Der Sturm ist eher noch schlimmer geworden. 11 Windstärken, Gnade Gott denen, die jetzt auf See sind.

Meine Frau und meine kleine Tochter fallen mir ein. Ob sie zu Hause Strom haben? Wohl kaum. Sicher ist die Bude kalt. Aber sie können ja zu den Schwiegereltern gehen. Die wohnen nur ein paar hundert Meter entfernt. Die haben noch Ofenheizung. Der hässliche ungeliebte Kachelofen entpuppt sich nun als großer Vorteil. Was bin ich doch für ein lausiger Vater und noch lausigerer Ehemann! Das ist nicht gerade meine Stärke, denke ich seufzend, und dazu politisch noch ein oberlausiger Mitläufer. Warum mache ich diese Scheiße bloß?

Der dritte Tag ist angebrochen. Die C-Schicht ist irgendwie auf Rekordjagd, im Heldentaumel. Wer fährt die längste Schicht der Welt? Ich muss einige besonders schneidige Möchtegern-Helden ausbremsen. Jetzt dürfen erst recht keine Risiken eingegangen werden. Erfolg macht unvorsichtig. Trotz der Ablöseroutine ist die Mannschaft ausgelaugt und übermüdet. Nichts anfassen, lautet die Devise. Die Situation im Landesnetz ist immer noch katastrophal. Das Gerücht geht um, dass bei einer Sitzung des Zentralkomitees der Partei in Berlin das Licht ausgefallen sei.

Die Einsatzleitung in Greifswald meckert am roten Telefon über die Sturheit der DDR-Militärführung, die die Armee mit dem Argument in den Kasernen lässt, dass sie für den Ernstfall des Angriffs der BRD auf die DDR voll einsatzbereit sein müsse. Der Werkleiter soll geäußert haben, was nützt denen ihre Einsatzbereitschaft, wenn sie in ihren Kasernen eingeschneit sind. Aber aus Berlin kommt nichts. Der Generalsekretär ist auf Staatsbesuch in Afrika. Dort ist es heiß, kein Schneesturm in Sicht. Die Hiobsbotschaften aus dem Norden häufen sich. Im Westfernsehen zeigen sie erste Todesopfer.

Das DDR-Fernsehen schweigt sich aus und verbreitet weiterhin optimistische Erfolgsmeldungen. Endlich steigt der Verteidigungsminister Hoffmann in einen Zug und bricht in Richtung Bezirk Rostock auf. Als der Zug dann anhält, schaut der Genosse Minister aus dem Fenster rechts und links auf die senkrechten Wände von bis zu sechs Meter hohen Schneewehen, durch die die Soldaten extra für ihn und seinen Zug eine Gasse geschippt haben. Das zeigt Wirkung. Seither reagiert das Zentralkomitee auf die Hiobsbotschaften aus dem Norden nicht mehr mit Schuldzuweisungen, sondern mit purem Aktionismus.

Keine Antwort, nur Jaulen und Rauschen

Der Genosse Honecker kommt planmäßig aus Afrika zurück. Die Soldaten der Nationalen Volksarmee werden endlich eingesetzt. Auch Fahrzeuge, sogar Hubschrauber sollen zum Einsatz kommen. Ich spreche über das rote Telefon mit dem Leiter der Einsatzleitung. Es ist das einzige Telefon, das noch funktioniert. Es spricht der Parteisekretär, der Genosse Röders. Ich kann den strammen Bonzen nicht leiden, der hat immer nur den großen Rand und selten Ahnung. Jetzt verspricht er mir Himmel und Hölle, völlig unreale Dinge. In zwei Stunden soll ein Buskonvoi mit einer Ablöseschicht und jeder Menge Einsatzkräfte aus Greifswald in Richtung Lubmin aufbrechen. Vornweg zwei Schneepflüge, dann ein Einsatzfahrzeug mit Funk und jede Menge Personal. Die wollen die Inbetriebsetzung des Blockes 4 wieder aufnehmen.

Ich flehe ihn an, die Leute zu Hause zu lassen. Die Ablöseschicht gerne, aber hunderte von Menschen können hier weder untergebracht noch versorgt werden. Das lass mal unsere Sorge sein! faucht Röders mich an. Der Genosse Direktor Zischer führt den Konvoi persönlich an, er sitzt selbst im Einsatzfahrzeug. Ich versuche, das Einsatzfahrzeug über Funk zu erreichen. Ich muss den Genossen „höchstselbst“ Zischer warnen. Aus dem Lautsprecher tönt nur Jaulen und Heulen. Ich spreche ins Mikrofon, alle Regeln der Funkordnung außer Acht lassend. Hier spricht der Schichtleiter im KKW, Gerstenschloss. Herr Direktor Zischer, wenn Sie mich hören, bitte kehren Sie mit dem Konvoi um. Schicken Sie bitte nur Schichtpersonal hier heraus! Wir können andere Leute nicht gebrauchen. Wir können Sie auch nicht versorgen. Wir können Sie nicht unterbringen. Bitte drehen Sie mit dem Konvoi um! Aus dem Lautsprecher kommt keine Antwort, nur Jaulen und Rauschen.

Direktor Zischer hat mich nicht gehört. Trotzdem ist der Konvoi umgedreht. Die Schneepflüge sind selbst in den Schneemassen steckengeblieben. Nach langer Odyssee ist der Konvoi wieder in Schönwalde eingetroffen, und sie haben die Frauen nach Hause geschickt. Die Männer warten in der Schülergaststätte auf weitere Verwendung durch die Einsatzleitung. Inzwischen saufen sie große Mengen Bier. Unglücklicherweise ist trotz des Schneesturms ein Bus aus der entgegengesetzten Richtung, aus Wolgast, im Kraftwerk angekommen.

Die meisten Insassen sind Frauen aus der Verwaltung, auch einige Männer der Kaderabteilung und der Materialwirtschaft. Sie machen mir das Leben zur Hölle. Sie sind nicht bereit, beim Schneeräumen zu helfen, aber verlangen ständig irgendwelche Betreuungsleistungen. Die Frauen machen sich berechtigte Sorgen um ihre Familien, um ihre Kinder. Sie wollen nach einigen Stunden wieder nach Hause, aber der Busfahrer weigert sich klugerweise und fährt nicht zurück. Er hat Angst, mit einem Bus voller Leute einzuschneien. Ich rede den Leuten gut zu. Sie sollen in ihren warmen Büros bleiben und abwarten.

Endlich meldet sich die Einsatzleitung. Sie schicken Hubschrauber der NVA mit Ablösung für die Schicht. Auf dem Rückweg soll Personal ausgeflogen werden, ich soll eine Dringlichkeitsliste machen. Aber erst einmal brauchen wir einen Hubschrauber-Landeplatz. Die Einsatzleitung hat die erforderliche Größe durchgegeben. Ich messe mit großen Schritten auf dem Parkplatz ab. Alles zu klein. Entweder es stehen Autos umher, oder die Peitschenmaste der Beleuchtung stehen im Weg. Ich rufe über Funk den Schlossermeister mit seinem Trecker herbei. Bring ein langes Stahlseil mit! Mit dem Traktor legen wir mit Hilfe des Seils drei Lichtmasten flach. Jetzt ist der Platz groß genug. Der Wachführer des Betriebsschutzes kommt mit einer Leuchtpistole. Er soll „grün“ schießen, wenn der Hubschrauber kommt. Der Pilot weiß dann, wo er landen kann. Ich schüttele nur den Kopf. Jetzt wollen die Krieg spielen?

Jetzt sehen wir die große Mi 8 heranschweben

Der Schneesturm heult lauter als der anfliegende Hubschrauber. Durch das Schneetreiben ist er nicht zu sehen, wir hören ihn zuerst … Der Wachführer klappt den Lauf der Leuchtpistole herunter und schiebt eine große grüne Leuchtpatrone hinein. Dann hebt er die Pistole über den Kopf und drückt ab. Es klickt metallisch. Nichts passiert. Der Wachführer ist verdutzt, dann spannt er den Hahn erneut und drückt nochmal ab. Wieder nichts. Der Schlagbolzen ist in dem eisigen Sturm eingefroren. Jetzt sehen wir die große Mi 8 unter ungeheurem Rotorhämmern heranschweben. Sie wird vom Sturm geschüttelt und setzt zur Landung an, ohne auf die Leuchtkugel zu warten. Der Wachführer fuchtelt mit der Leuchtpistole umher und untersucht, warum das verdammte Ding nicht funktioniert. In diesem Moment löst sich der Schuss und die Leuchtkugel geht haarscharf am Cockpit vorbei. Ich denke, Jetzt hätte der Idiot doch beinahe den Hubschrauber abgeschossen! und drehe mich weg, damit der Wachführer mich nicht lachen sieht. Der starrt völlig entgeistert auf die Waffe, während der Hubschrauber mit fürchterlichem Turbinengeheul sanft aufsetzt.

Die Tür geht auf und das grinsende Gesicht von Günter erscheint. Lange nicht gesehen! Ich bringe dir ein paar Leute zur Ablösung mit. Kannst du uns brauchen? Ich habe die Worte mehr abgelesen als verstanden und nicke ihm fröhlich zu. Ungefähr 20 Leute der B-Schicht springen aus der Maschine. Der Betriebsschutz regelt das Einsteigen der Leute aus dem Tagesdienst nach der Dringlichkeitsliste. Ein Mitarbeiter der Verwaltung geht an der Schlange vorbei und steigt ein. Er steht nicht auf der Liste. Aber niemand, der seinen Gesichtsausdruck gesehen hat, wagt es, ihn aufzuhalten. Er schaut drein, als könnte er jemand erwürgen. Ist wohl in Panik.

Nach ein paar Stunden sind alle Kollegen der Ablöseschicht eingeflogen und die C-Schicht kann nach 78 Stunden Dienst nach Hause abfliegen. Mit der letzten Truppe fliege auch ich aus. Ich bin noch nie in einem Hubschrauber geflogen. Fühlt sich an wie ein Aufzug, denke ich, als unter mir das KKW immer kleiner wird. Jetzt spüre ich eine ungeheure bleierne Müdigkeit. Der Schneesturm schüttelt die Mi. Als ich zu Hause ankomme, ist die Wohnung eiskalt und leer. Frau und Tochter sind bei den Schwiegereltern im Warmen. Die Heizungen frieren ein, denke ich und lege mich ins Bett. Unter mehreren Zudecken schlafe ich fast 24 Stunden durch. Ich habe in der längsten Schicht meines Lebens kein Auge zugetan. Nach ein paar Tagen hat sich die Wettersituation entspannt. Das Landesnetz der DDR hat wieder Strom und es geht an die Beseitigung der Schäden. Wochenlang wird Schnee geschippt.

Letztendlich wird nichts bezahlt

Die Frage der Bezahlung der Überstunden der C-Schicht tritt auf. Das sind immerhin je 70 Stunden für 150 Leute, ein Batzen Geld. Abgeltung durch Freizeit ist durch die notorische Personalknappheit sowieso nicht möglich. Die Werkleitung eiert herum, Höhere Gewalt, Aufbau des Sozialismus, Geldgier …Letztendlich wird nichts bezahlt. Wieder einmal beweist sich die Unredlichkeit und Kleinlichkeit des Systems.

Schon im Februar rächt sich dieser Geiz. Wieder ist es die C-Schicht, die beim nächsten Schneesturm im Kraftwerk einschneit. Ich wage es, beim ersten Telefongespräch mit der Einsatzleitung den Werkleiter auf das Problem der Bezahlung hinzuweisen. Dafür werde ich angebrüllt und als Erpresser beschimpft, erhalte aber die Zusage, dass meinen Leuten diesmal die Überstunden bezahlt werden. Wieder ist es das Kernkraftwerk Greifswald, das den Totalzusammenbruch des DDR-Stromnetzes verhindert. Nach der Ablösung der C-Schicht ist die Einsatzleitung so von den Witterungsunbilden verunsichert, dass sie die C-Schicht nicht ausfliegen lassen. Wir werden unter erbärmlichen Bedingungen im Leuna-Lager kaserniert, um uns für die Rückablösung bereitzuhalten. Und wieder werden der Schichtmannschaft Teile unseres verdienten Lohns vorenthalten, indem die Zeit der Kasernierung nicht auf die Überstunden angerechnet wird.

Nach ein paar Monaten werden fünf Kollegen der C-Schicht als Aktivisten der Sozialistischen Arbeit ausgezeichnet. Neben einer Medaille erhalten sie wie zum Hohn 50 Mark in bar. Ich werde von der Werkleitung sogar als Verdienter Aktivist ausgezeichnet. Ich bekomme 600 Mark und eine Blechmedaille. Immerhin genug Geld, um eine ordentliche Party zu schmeißen. Die C-Schicht kauft ein paar Fässer Bier und brät zwei Schweine am Spieß. Ein Discjockey macht Musik, die Schichtmitarbeiter bringen ihre Familien mit – die Schweinefete ist geboren. Von jetzt ab wird die C-Schicht jedes Jahr einmal eine Schweinefete abhalten.

Die Schichtmitglieder rücken näher zusammen, die Leistungen des Kollektivs werden noch besser. Bald bildet sich die C-Schicht etwas darauf ein, die beste Schicht im Kraftwerk zu sein. Vielleicht stimmt es ja auch ein bisschen, jedenfalls gewinnen sie regelmäßig den Schichtwettbewerb, was ihnen den erbitterten Neid aller anderen Schichten einträgt. Es dauert nicht lange, bis auch andere Schichten es uns nachtun und auch Schweinefeten abhalten. Aber keine nachgemachte Schweinefete ist so zünftig wie die der C-Schicht.

Ich habe immer noch nicht geschnallt, dass ich der größte Idiot der DDR bin. Ich habe zweimal dafür gesorgt, dass die Berliner Mauer nicht im Dunkeln steht“.

Hier der Link zu einer Sendung des NDR zum Schneewinter 1978/1979 mit einem Interview des Autors dieses Beitrages, Manfred Haferburg. 

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem spannenden Roman Wohn-Haft“, der bei KUUUK nun endlich auch als Taschenbuch erschienen ist.

Der Beitrag erschien zuerst bei ACHGUT hier