Berlin: Sinnlose Millionen für Diesel-Nachrüstung
Scheuer sagte, Handwerker- und Lieferfahrzeuge seien tagtäglich in den Innenstädten unterwegs. »Hier können wir mit einer Hardware-Nachrüstung viel für die Luftqualität erreichen.« Mit diesen Millionen-Steuergeldern soll angeblich der Schadstoff-Ausstoß in den Städten gesenkt werden. Die Luft in den Städten ist jedoch sauber geworden, Überschreitungen gibt es nur noch selten. Das zeigt ein Blick in Daten des Umweltbundesamtes. Die Probleme lösen sich mit dem normalen Verschwinden älterer Dieselfahrzeuge von selbst.
Bei leichten Handwerkerfahrzeugen kosten Nachrüstungen 4000 bis zu 8000 Euro pro Wagen. Bis Ende des Jahres 2020 sollen die Zuschüsse bezahlt werden. Auf dem Hamburger Parteitag hatte sich die CDU für Nachrüstungen ausgesprochen, »soweit dies technisch realisierbar« sei. Jedes neu in ein Auto eingebaute Teil muß aufwendig geprüft und zugelassen werden – bis hin zu Crash-Tests. Denn man will wissen, wie sich die schweren Teile im Auspuffstrang bei einem Crash verhalten, ob sie möglicherweise eine Gefahr für die Insassen darstellen.
Die Frage ist, wer die Garantieleistung für die Nachrüstung übernimmt. Die Autohersteller lehnen ab. Verständlicherweise, sie können nicht wissen, was eingebaut wird und wie sich die neuen Teile auf das Verhalten des Motors auswirken.
Eine Nachrüstung ist nicht so unproblematisch, wie das immer beschrieben wird. Die Nachrüst-Katalysatoren müssen in die Motorsteuerung eingreifen und selbst wiederum Daten für die Steuerung der AdBlue Einspritzung erhalten. Die AdBlue Flüssigkeit wird in der Hitze der Abgase in Ammoniak zerlegt, das wiederum die Stickoxide im SCR-Katalysator unschädlich macht. Doch diese Reaktion beginnt erst bei Temperaturen ab 220 Grad. Zu kalt darf es dem Kat nicht sein. Der muß – vereinfacht gesagt – durch eine veränderte Verbrennung beziehungsweise mit »Heizdecken« auf Temperaturen gebracht werden.
Es darf auf keinen Fall zu viel Harnstoff eingespritzt werden. Sonst könnte giftiges Ammoniak aus dem Auspuff kommen.
Ein komplizierter Prozeß, der auch aufwendig getestet werden muß, ob er in allen Betriebszuständen des Motors und zu allen Jahreszeiten einwandfrei funktioniert. Ebenso muß dabei geprüft werden, wie sich das zusätzliche Hindernis im Abgasstrang auf den Motor auswirkt. Denn damit wird gleichzeitig ein Gegendruck zum Abgasstrom aufgebaut, der wiederum das Motorverhalten beeinflußt.
Zudem friert AdBlue bei tiefen Temperaturen ein, eine Pumpe muß beim Ausschalten die AdBlue Flüssigkeit wieder zurück in den Tank pumpen, damit die Flüssigkeit in den Leitungen nicht einfriert. Der Tank wiederum muß beheizt werden. Es ist also nicht damit getan, ein weiteres Rohr in den Auspuffstrang zu schrauben, sondern es muß eine aufwendige Technik nachträglich eingebaut und dazu auch der Unterboden mit seinem Rostschutz durchbohrt werden.
Die Kosten sind hoch, der Nutzen ist mehr als fraglich.
Noch heftiger: Trotz der teuren Nachrüstung dürfen die nachgerüsteten Diesel dennoch nicht in die Innenstädte fahren. Denn ab 2020 dürfen nach dem jüngsten Skandalurteil des EuGH keine Dieselfahrzeuge mehr in die Innenstädte fahren, die mehr als 80 mg/km NOx ausstoßen. Das betrifft sogar Fahrzeuge nach der neuen Euro-6d-temp-Norm, also auch die nachträglich mit SCR-Kats ausgerüsteten Diesel. Die erreichen trotz Nachrüstung nicht die 6d-temp Werte.
Im Klartext: Die Nachrüstung ist sinnlos. Auch nachgerüstete Diesel können nach diesem EuGH-Urteil aus den Städten gesperrt werden. Sie halten die Normen nicht ein. Die Millionen für die Nachrüstung – rausgeworfenes Geld.
Sie wissen wirklich nicht mehr, was sie tun.
Nur die Hersteller von Nachrüstbausätzen können sich, so scheint es, freuen. Ihnen winken fette Aufträge. Es scheint, als hätten sich ihre früheren Spenden an den umstrittenen Abmahnverein »Deutschen Umwelthilfe e.V.« doch gelohnt.