Peer Review erneut gescheitert – wegen korrumpierter Temperaturdaten von einer einzelnen Station
Diese Analyse, diese Woche veröffentlicht in dem Journal PLOS Medicine, ist ein erster Schritt, eine Verbindung von Temperatur und dem Risiko von Malaria in Afrika herzustellen.
Tse Tse sind blutsaugende Insekten, welche Trypanosome Pathogens übertragen, den Erreger von Malaria in Afrika südlich der Sahara. Wird diese Krankheit nicht behandelt, hat sie fatale Folgen: Parasiten dieser Art verursachen auch animal African trypanosomiasis (AAT) in Tieren. Jüngsten globalen Schätzungen zufolge tötet AAT etwa eine Million Vieh pro Jahr.
Die Studie basiert auf erweiterten Feld- und Labormessungen der Dichte von Fliegen in den neunziger Jahren und nahezu kontinuierlichen Klimadaten seit 1975. Seit den neunziger Jahren hat die Menge von Tse Tse-Fliegen bei Tieren im Park von über 50 Fliegen pro Tier auf weniger als 1 Fliege pro 10 Messungen im Jahre 2017 abgenommen. Seit 1975 sind die mittleren täglichen Temperaturen um fast 1°C gestiegen und um etwa 2°C im wärmsten Monat November.
Forscher der Liverpool School of Tropical Medicine (LSTM), des South African Centre of Excellence for Epidemiological Modelling and Analysis (SACEMA) an der Stellenbosch University, und am Natural Resources Institute an der University of Greenwich haben ein mathematisches Modell entwickelt, welches zeigte, dass die jüngste Zunahme der Temperatur für die gleichzeitige Abnahme der Tse Tse-Fliegen ursächlich sein könnte. Die Ergebnisse bewiesen jedenfalls, dass es in Örtlichkeiten wie dem Zambezi Valley in Zimbabwe bald zu heiß werden könnte für das Überleben von Tse Tse-Populationen.
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[Zu diesem Thema geht es noch länger weiter, es folgt auch ein Abstract aus der erwähnten Studie. Da es in dem Beitrag um etwas ganz anderes geht, wie auch schon der Titel sagt, werden diese Abschnitte hier übersprungen. Der Autor begründet nämlich, warum diese Studie von A bis Z auf einer falschen Grundlage beruht, womit wir wieder beim Thema wären.– Der Übersetzer]
Meine Analyse
Ein Modell der Anfälligkeit von Insekten-Populationen ist nur so gut wie die Temperaturdaten, auf denen das Modell beruht. Wie es scheint, hat man lediglich eine einzige Quelle von Temperaturdaten herangezogen, die einzige, die sie verfügbar hatten. Sie stammen von der Rekomitjie Research Station.
Interessanterweise wurde dieses aussagekräftige Photo von Eurekalert der Presseerklärung hinzugefügt. Dabei handelt es sich um die Wetterstation, mittels welcher Klima-Aufzeichnungen an der Rekomitjie Research Station in Zimbabwe durchgeführt wurden. Das Photo:
Die Arbeit über Insekten an der Station während der letzten 59 Jahre haben langfristige Datensätze erzeugt, und zwar sowohl hinsichtlich der Insekten-Vielfalt als auch Klimawandel. Die Forschungsstation befindet sich inmitten eines Schutzgebietes, und es gab seit 1958 keinerlei landwirtschaftliche Aktivitäten in der Umgebung. Im Jahre 1984 wurde das Gebiet von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
In der oben gezeigten Größe könnte man nun einige wichtige Details hinsichtlich der Wetterstation selbst übersehen – habe ich aber nicht. Hier folgt eine Vergrößerung:
Merken Sie etwas? Ich schon! Ich habe jahrelang Wetterstationen auf der ganzen Welt begutachtet und vielfach Probleme gefunden, welche zu einem Temperatur-Bias führen. Diese hier weist mindestens vier grundlegende bias-relevante Dinge auf, welche allesamt in die gleiche Richtung gehen: es werden höhere Temperaturen gemessen als sie sein sollten, vor allem hinsichtlich der nächtlichen Tiefsttemperatur.
Folgendes ist zu bemerken:
1) Ein Metalldach ist kein Standard. Es sieht so aus, als hätte man das gleiche Dachmaterial verwendet wir für die Dächer der Gebäude im Hintergrund. Wetterhütten sollen definitionsgemäß ein hölzernes, weiß gestrichenes Dach haben. Ich denke, dass sich dieses Metalldach in der direkten Sonne viel stärker aufheizt als ein definitonsgemäßes Dach.
2) Die Hütte steht viel zu tief über dem Boden. Während ich dies nicht mittels einer direkten Nachmessung quantifizieren kann, scheint es, als ob der Boden der Wetterhütte etwa 1 Meter über dem Boden liegt. Standardmäßig sollte der Boden aber um 1,5 bis 2 Meter über dem Boden liegen. Falls meine Beobachtungen stimmen, dürfte dieser Umstand sowohl die tägliche Höchst- als auch die nächtliche Tiefsttemperatur zum Wärmeren hin verzerren.
3) Um die Hütte ist ein metallenes Schutzgitter gezogen, um das Vieh vom Betreten der Messstelle abzuhalten. Diese Metallstruktur agiert wie eine Wärmesenke, was die Minimum-Temperatur zum Wärmeren hin verzerrt, weil die Wärme nächstens nur verzögert wieder abgegeben wird.
Wir wissen nicht, ab wann diese Änderungen in die Aufzeichnungen eingehen, aber es ist für mich eindeutig, dass diese drei sichtlichen Abweichungen vom Standard höchstwahrscheinlich eine Warm-Verzerrung der von dieser Station gemessenen Temperaturen zur Folge haben.
4) Aber Moment, da ist noch etwas:
Die Ansicht der Station bei Google Earth sagt ebenfalls so Einiges hinsichtlich einer Warm-Verzerrung der Temperatur. Es ist allgemein bekannt, dass eine Wetterstation ohne ungehinderter Umströmung des Nachts zu hohe Temperaturen misst. Ebenso ist bekannt, dass Bäume rund um die Station die Wärmeabstrahlung behindern und dieselbe von den Blättern zurück zum Boden reflektiert wird.
Wie man in dem Photo von Google Earth erkennt, ist die Station umgeben von Bäumen und Strukturen, zusätzlich zu dem Metall-Schutzgitter. Hier folgt eine Luftansicht mit eingedruckten Ringen von 100, 30 und 10 Meter Entfernung um die Hütte. Damit soll die Graphik vergleichbar sein mit den Ergebnissen einer Studie zum Thema Temperatur-Bias von Leroy 2010 (1). Dieser Aufstellungsstandard ist von der WMO akzeptiert:
Wie man sieht, gibt es so einige Hindernisse innerhalb des 100-Meter-Kreises und auch noch mehrere innerhalb des 30-Meter-Kreises. Das Schutzgitter liegt innerhalb des 10-Meter-Kreises, und dem Photo nach scheint es weniger als 3 Meter von der Hütte entfernt zu sein. Den Spezifikationen von Leroy 2010 zufolge würde dies die Station zu einer der Klasse 5-Station machen mit einer Temperatur-Unsicherheit bis zu 5°C in den Aufzeichnungen:
Und so sieht der Temperatur-Plot der Rekomitjie Research Station aus (Abbildung 1 aus der Studie):
Wie man in dieser Abbildung aus der Studie von Lord et al. (2) erkennt, beträgt die Bandbreite der Temperaturanomalie von 1965 bis heute etwa 1,5°C, was immer noch geringer ist bei einer Station der Klasse 4 mit 2°C oder Berücksichtigung des Schutzgitters, welches die Station zu einer solchen der Klasse 5 macht mit einer Unsicherheit von 5°C.
Infolge dieser Probleme bei der Platzierung der Station ist diese Unsicherheit viel größer als das Temperatur-Signal, egal wie man es auch dreht und wendet. Die Behauptungen aufgrund der Daten dieser Station sind daher bedeutungslos.
Ich mache im Einzelnen nicht die Autoren oder die Begutachter dafür verantwortlich, dieses Problem nicht erkannt zu haben, weil es sich bei ihnen nicht um Klimatologen oder Meteorologen handelt, sondern um Doktoren und Entomologen, welche einfach nicht wissen, welch große Rolle diese Art von Problemen spielt.
Allerdings kann ich sie für Folgendes verantwortlich machen, und zwar aus ihrer eigenen Presseerklärung:
Die Studie basiert auf erweiterten Feld- und Labormessungen der Dichte von Fliegen in den neunziger Jahren und nahezu kontinuierlichen Klimadaten seit 1975. Seit den neunziger Jahren hat die Menge von Tse Tse-Fliegen bei Tieren im Park von über 50 Fliegen pro Tier auf weniger als 1 Fliege pro 10 Messungen im Jahre 2017. Seit 1975 sind die mittleren täglichen Temperaturen um fast 1°C gestiegen und um etwa 2°C im wärmsten Monat November.
Alles schön und gut, wenn sie denn tatsächlich gute Klimadaten gehabt hätten (hatten sie nicht), aber dann gibt es da noch das hier unter dem Titel A Brief History of Tsetse Control Methods in Zimbabwe and Possible Effects of Climate Change on Their Distribution:
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[Hier folgt ein weiterer Auszug aus der Insekten-Studie, die hier nicht übersetzt wird. Der Autor selbst fasst deren Ergebnisse so zusammen, und das ist auch seine zentrale Aussage:]
Mit den in der Studie angesprochenen geringen Todesraten durch Insektizide und den stetig sinkenden Kosten der Kontrolle durch Insektizide mit „beeindruckenden Ergebnissen“ (Hargrove et al., 2012 (5); Torr et al., 2011; Torr et al., 2007; Hargrove et al., 20038 (4)) fragt man sich, ob der Rückgang der Tse Tse-Fliegen überhaupt irgendwie mit „Klimawandel“ zusammenhängt.
Ich an deren Stelle würde diese Studie zurückziehen, da sie durch die unsicheren Temperaturdaten allein in keiner Weise gestützt wird. Ich glaube, dass sie darauf aus waren zu zeigen, dass „Klimawandel“ überhaupt ein Faktor war, doch haben sie sich nicht die Mühe gemacht, die Daten-Unsicherheit zu berücksichtigen und auch nicht die wirklichen Auswirkungen von Kontrollmaßnahmen.
References:
- Leroy, M., 2010: Siting Classification for Surface Observing Stations on Land, Climate, and Upper-air Observations JMA/WMO Workshop on Quality Management in Surface, Tokyo, Japan 27-30 July 2010 http://www.jma.go.jp/jma/en/Activities/qmws_2010/CountryReport/CS202_Leroy.pdf
- Jennifer S. Lord et al., Climate change and African trypanosomiasis vector populations in Zimbabwe’s Zambezi Valley: A mathematical modelling study https://journals.plos.org/plosmedicine/article?id=10.1371/journal.pmed.1002675
- Rory Pilossof A Brief History of Tsetse Control Methods in Zimbabwe and Possible Effects of Climate Change on Their Distribution International Journal of African Development v.4 n.1 Fall 2016 https://scholarworks.wmich.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1089&context=ijad
- Hargrove, Torr, & Kindness, 2003 Insecticide-treated cattle against tsetse
(Diptera: Glossinidae): What governs success? Bulletin of Entomological Research,
93(3), 203-217. - Hargrove, J. W., Ouifki, R., Kajunguri, D., Vale, G. A. & Torr, S. J. (2012). Modeling the
control of trypanosomiasis using trypanocides or insecticide-treated livestock. PLoS
Neglected Tropical Diseases, 6(5).
Übersetzt von Chris Frey EIKE