Mehr weiß als grün: Der Horror- Frühling 2018 – ein Einzelfall?

Witterungsbeobachtungen aus den 2010er Jahren in Weimar

2011 sehr kalte, aber schneelose erste Märzwoche. Tagsüber Plusgrade, doch in den Nächten oft mäßiger Frost. Am 04. und 05. Mai erfrieren bei Nachtfrösten vereinzelt junge Triebe der Walnuss und Esche.
2012 kaltes Osterfest (6. bis 9. April) mit Nachtfrösten und Schneeschauern. Am 14. Mai leichter Nachtfrost.
2014 in einem sehr trockenen, sonnigen, warmen Frühjahr verursachen Spätfröste am 17. April und 04. Mai vereinzelte Schäden.
2015 kaltes Ostern (Anfang April) mit Nachtfrösten, Schnee- und Graupelschauern. Am „Gründonnerstag“ liegt der Schnee für wenige Stunden 1 bis 2 cm hoch. In der letzten Aprildekade vereinzelt leichte Nachtfröste und im Mai einzelne Tage mit Bodenfrösten ohne größere Schäden.

Winter im Frühling – langfristig betrachtet
Auch langfristige Daten bestätigen keinen Trend zu weniger Wintereinbrüchen im Frühling. Ein gutes Indiz ist die Zahl der Schneedeckentage, welche in Potsdam durchgehend am selben Standort seit 1893 beobachtet wurde:

Abb. 1: In Potsdam im Norddeutschen Tiefland, die Stationshöhe wird mit 81 Metern angegeben, lag seit Beobachtungsbeginn (1893) im März noch häufig, im April selten und im Mai nie Schnee. Schneereichste Frühjahre waren 1909, 1970 und 2013; schneelose Frühjahre gab es immer wieder, zuletzt 2016 und 2017. Auf dem Höhepunkt der Abkühlungsphase um 1970 lag in Potsdam besonders oft Schnee. Ein Langfristtrend zu weniger Schneedeckentagen ist nicht erkennbar; eher eine unbedeutende Zunahme.


Das unterschiedliche Verhalten der Frühlingstemperaturen in Deutschland
Die von Klima-Alarmisten geäußerten Befürchtungen, es werde immer schneller wärmer, lassen sich anhand des Trendverhaltens der Frühlingsmonate in Deutschland zumindest für die vergangenen 30 Jahre nicht bestätigen. Wir verwenden die Daten des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach (DWD):

Abb. 2: Eindeutige Erwärmungstrends in den Frühlingsmonaten fehlen seit 1988. Während März und Mai minimal abkühlten, wurde der April etwas wärmer. Da keiner der Trends signifikant ist, gab es auch im Frühling insgesamt seit 30 Jahren keinen signifikanten Trend.


Einen wesentlichen Einfluss auf die Lufttemperaturen, besonders im Sommerhalbjahr, hat die Sonnenscheindauer, welche in Deutschland in den meisten Monaten während der vergangenen Jahrzehnte zunahm. Ihre Entwicklung in den Frühlingsmonaten zeigt die nächste Grafik:

Abb. 3: Während März und April seit 1988 sonniger wurden, nahm die Sonnenscheindauer im Mai ab. Im April und vor allem im Mai beeinflusst die Sonnenscheindauer die Variabilität der Lufttemperaturen signifikant; sonnige Monate sind tendenziell wärmer. Im März gilt die alte Bauern- Regel „Märzensonne, nur kurze Wonne, Märzenschein lässt nicht viel gedeih’n“. Die Entwicklung der Sonnenscheindauer erklärt also mit, warum der April wärmer und der Mai etwas kühler wurde. Im März dürfte die zunehmende Sonnenscheindauer den Temperaturrückgang zumindest etwas gebremst haben.


Als weitere Einflussgröße auf die Frühlingstemperaturen erweisen sich die Häufigkeitsverhältnisse der Großwetterlagen. Die folgende Grafik erklärt, warum der Frühling seit 1980 (ab da liegen die Daten der Objektiven Wetterlagenklassifikation des DWD vor) in Deutschland etwas wärmer geworden ist:

Abb. 4: Seit 1980 wurde der Frühling in Deutschland unter anderem auch deshalb wärmer, weil bestimmte Großwetterlagen häufiger aufgetreten sind. Sie bestimmten seit 1980 das Temperaturverhalten immerhin zu einem Drittel. Näheres zu Objektiven Wetterlagenklassifikation des DWD unter https://www.dwd.de/DE/leistungen/wetterlagenklassifikation/beschreibung.html?nn=16102&lsbId=375412


Abb. 5: Geringe Märzerwärmung seit 1980 auch wegen der Häufigkeitsabnahme der in der Höhe zyklonalen Großwetterlagen, welche auf höhenkalte Luft hinweisen. Zur Erwärmung hoch reichender Kaltluft reicht die Kraft der Märzensonne nicht aus; besonders dann nicht, wenn Schnee liegt, so wie zeitweise auch im März 2018.


Interessant ist die Temperaturentwicklung des Frühlings auf dem Land, im Unterschied zur Stadt. Die etwa 2000 Messstationen des Deutschen Wetterdienstes sind quer über die Republik verteilt, die meisten in ausgesprochenen Wärmeinseln der Städte und Gemeinden, bei einsamen Klöstern oder gar in der freien Landschaft gibt es leider keine mehr. Dass es in der Stadt wärmer ist als auf dem Land, kann jeder mit dem Autothermometer feststellen.
Im Folgenden betrachten wir den ersten Frühlingsmonat einer städtischen Station mit einer ländlichen. Und zwar unsere Hauptstadt Berlin, in der vor allem nach der Wende viel gebaut wurde mit dem kleinen Teilort Dittersdorf bei Amtsberg am Fuße des Erzgebirges. Wie uns der Stationsleiter dort versicherte, habe sich die Bebauung seines Wohnortes sehr in Grenzen gehalten.
Die nächste Grafik zeigt die Erhebungen der Messstation in Berlin-Tempelhof. Die Station liegt am Flughafen, der aber seit 10 Jahren den Betrieb eingestellt hat, das bedeutet, in den letzten 10 Jahren ist wegen des eingestellten Flugbetriebes ein Faktor der zunehmenden Wärmeinselerwärmung entfallen. Deshalb war auch 1990 der wärmste Märzmonat und nicht 2017 wie beim DWD-Schnitt. Die Grafiken umfassen den Zeitraum des Monates März von 1988 bis 2017.
Zunächst die Märzentwicklung in der Wärmeinsel Berlin-Tempelhof:

Abb. 6: Ohne den kalten März 2018 zeigt die Temperaturgrafik für die letzten 30 Jahr einen unbedeutenden Anstieg. Der Durchschnitt von Berlin ist im März etwas höher wie für DWD-Deutschland, siehe nächste Grafik.


Als Nächstes die Märzentwicklung von Amtsberg im Vergleich zu DWD–Deutschland-Mittel (bis 2017):

Abb. 7: Auf dem Lande sind die Temperaturen etwas niedriger als beim DWD. Auffallend sind aber die Trendlinien. In den letzten 30 Jahren bis 2017 zeigt der Deutschlandschnitt eine leichte unbedeutende Abkühlung, während die armen Amtsberger die Abkühlung deutlich spüren.


Gesamtergebnis:

  1. Am wärmsten und wie erwartet ist der März in der Großstadt Berlin, gefolgt vom Deutschlandschnitt und dann das ländliche Amtsberg.
  2. Die Trendlinie zeigt bei Berlin noch eine leichte Erwärmung von 1988 bis 2017, beim Deutschlandschnitt eine leichte Märzabkühlung und in Amtsberg eine deutliche Abkühlung.

In der freien Natur Deutschland und in kleinen ländlichen Gemeinden, das sind über 85% der Gesamtfläche Deutschlands wurde der Monat März von 1988 bis 2017 kälter. Und der kalte März 2018 bestätigt diesen Abkühlungstrend des ersten Vorfrühlingsmonates eindeutig. Das zeigen wir anhand einer weiteren ländlichen Station in der Oberlausitz. (Märztemperatur von 2018 geschätzt):

Abb. 8: Der März zeigt außerhalb der Städte und anderer von Menschen geschaffenen Wärmeinseln eine deutliche Abkühlung. Das hat natürlich Auswirkungen auf erste Frühlingsblüher wie Huflattich, Märzveilchen, Forsythien und Anemonen. Auch die Krötenwanderung hat 2018 noch nicht eingesetzt. Die Tümpel sind noch teilweise zugefroren.


Das Langfristverhalten der Frühlingstemperaturen am Beispiel von Potsdam

Abb. 9a und 9b: Langfristige Frühlingserwärmung wegen höherer Sonnenscheindauer, ein wenig auch wegen höherer AMO-Werte (oben). Der Zusammenhang zwischen AMO und Lufttemperaturen ist aber im Sommer/Herbst deutlich enger. Man achte auf die enge Verzahnung der unteren und mittleren Trendkurve (Sonnenscheindauer und Temperatur). Seit 1881 (unten) nahm in Mitteleuropa die Häufigkeit der Großwetterlagen nach HESS/BREZOWSKY mit südlichem Strömungsanteil im Frühling zu, die der mit nördlichem Strömungsanteil ab. Eine mögliche Ursache könnte die Erwärmung des zentralen Nordatlantiks sein. Man hüte sich aber davor, diese Trends in die Zukunft zu extrapolieren!


Das Vegetationsverhalten (Phänologie) im Frühling- Verfrühung oder Verspätung?
Bis zum Redaktionsschluss lag der Blühtermin der Forsythie in Hamburg, mitten in der Stadt an der Alster, noch nicht vor. Es handelt sich um dem Vorzeigestrauch des Deutschen Wetterdienstes. Wir greifen deshalb auf den Zeitraum 1988 bis 2017 zurück. Wird 2018 den Trend bestätigen? Auf der y-Achse sind die Tage ab Neujahr aufgetragen.

Abb. 10: Die Forsythienblüte in Hamburg hat sich seit 1988 deutlich verspätet. Für die Medien und die Vertreter der Erwärmungskirche: Steigende Trendlinie heißt Verspätung. Letztes Jahr war die Erstblüte am 23. März, also 82 Tage ab Neujahr. Die Trendlinie zeigt für dieses Jahr in Richtung April. Damit wäre der diesjährige kalte März nur eine erwartete Trendlinienbestätigung und keinesfalls eine Ausnahme.


Ein anderer „Zeigerstrauch“ mit etwas früherem Termin ist die Wilde Stachelbeere, deren Laubaustrieb erfasst wird. Eigene Beobachtungsergebnisse aus Weimar liegen seit 1990 vor und ergeben folgendes Bild:

Abb. 11: Leichte Verspätung des Laubaustriebs der Wildstachelbeere in Weimar seit 1990.


Die nächste Grafik verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen der Temperatur des vorangehenden Winters und dem Stachelbeeraustrieb in Weimar. Wegen der seitdem etwas kälter gewordenen Winter wird die leichte Verspätung des Austriebs erklärbar:

Abb. 12: Die Wintertemperaturen beeinflussen den Termin des Stachelbeer-Austriebs signifikant.


Nun gibt es aber auch phänologische Phasen, welche sich in den vergangenen etwa drei Jahrzehnten leicht verfrüht haben- man erinnere sich an den etwas wärmer gewordenen April aus der Abbildung 2. Hier seien die Verhältnisse für den Beginn des Vollfrühlings (erste Apfelblüten) gezeigt, für welchen das Temperaturmittel von Januar bis April maßgeblich ist:

Abb. 13a und 13b: Leichte Verfrühung der Apfelblüte in Weimar seit 1990 (oben). Für den Beginn des Vollfrühlings sind die Temperaturverhältnisse von Januar bis April verantwortlich.


Wegen des kalten Februars und Märzen 2018 deutet sich eine relativ späte Apfelblüte in diesem Jahr an.
Ergebnis: Die Forsythie als Vorzeigestrauch des Deutschen Wetterdienstes mitten in Hamburg zeigt, wohin die Frühlingsreise momentan geht, allerdings darf man Trends nicht in die Zukunft extrapolieren, ein Fehler, den Erwärmungsgläubige immer wieder begehen. Die Beobachtungsergebnisse in Weimar zeigen keinen besorgniserregenden Verfrühungstrend und bestätigen im Großen und Ganzen die Messergebnisse der Temperaturen, welche seit dem „Kleinen Klimaoptimum“ (um 1990) eher wieder leicht gesunken sind, ohne freilich das tiefe Niveau der Kaltphasen vor 1900 oder um 1970 erreicht zu haben.
Ein letzter Blick auf den (bislang) viel zu kalten Frühling 2018
Ob die enorm harten Spätfröste zwischen Ende Februar und Mitte März (zeitweise mit Luftmassen aus Nordsibirien) größere Vegetationsschäden verursacht haben, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. Der Blick in so manchen Vorgarten lässt aber nichts Gutes erahnen:

Abb. 14: Fast völlig erfrorene Christrosen in einem Weimarer Vorgarten, aufgenommen am 26. März 2018. Noch Mitte Februar standen diese eigentlich winterharten Gewächse in voller Blüte, aber die enormen Spätfröste, zeitweise gefolgt von intensivem Sonnenschein, verkrafteten sie nicht. Verschont blieben die von einer dünnen Schneedecke geschützten Osterglocken im Hintergrund, welche aber in normalen Frühjahren zu dieser Zeit längst blühten. Foto: Stefan Kämpfe


Ostern fällt in diesem bislang so schlechten Frühling auf einen zeitigen, jedoch nicht den frühesten möglichen Termin. Die Landschaft sieht trist, trostlos und grau aus, und Richtung Osterfest drohen gebietsweise sogar wieder Schneefälle. „Doch an Blumen fehlt’s im Revier…“- diese Zeile wurde vor etwa 200 Jahren von keinem Geringeren als Johann Wolfgang von Goethe im „Osterspaziergang“ gedichtet. Wie sich doch die Zeiten gleichen, besorgniserregende Erwärmung im Frühling? Mitnichten!
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher
Josef Kowatsch, unabhängiger Natur- und Klimaforscher