Nachgerechnet: Der „Beitrag“ von China und Indien zum Paris-Abkommen ist wertlos

Ein weiteres allgemeines Argument, welches in der Rede von Trump auf den Punkt gebracht, aber auch schon lange vorher geltend gemacht wurde lautet, dass selbst bei Erfüllung der Versprechungen der Deal nutzlos ist. Diesem Standpunkt zufolge tun China, Indien und Co. noch nicht einmal so, als ob sie der Scharade des Versuchs folgen, Emissionen zu reduzieren. Deren Emissionsziele entsprechen dem, was zu erwarten ist, falls deren Ökonomien und Energiesysteme so fortgeführt werden wie derzeit. Mit anderen Worten, ihr „Ziel“ ist äquivalent mit gar nichts tun. Was aber das Urkomischste überhaupt ist: das INDC* von Pakistan stellt einfach fest, dass die Emissionen des Landes irgendwann ihren Höhepunkt erreichen.

[*INDC = Intended Nationally Determined Contribution, also beabsichtigte nationale Beiträge zum Klimaschutz. Quelle]

(Befürworter des Abkommens begegnen diesem Argument normalerweise, indem sie sich die Ohren zuhalten und unablässig schreien „ICH HÖRE NICHTS!“)

In diesem Beitrag werfe ich einen raschen Blick auf historische Emissions- und Wirtschaftsdaten aus China und Indien. Wie in anderen Beiträgen stammen die Daten zu Emissionen aus BP Energy Review und die Daten zum BIP-Wachstum von der Weltbank. In diesem Dropbox folder finden sich sowohl die Daten als auch meine Berechnungen.

Die TL;DR-Version [?] lautet, dass beide Länder tatsächlich Versprechungen abgegeben haben, denen zufolge sie einfach weiter ihrer bisherigen ökonomischen und Energie-Trajektorie folgen. Es gibt keinerlei zusätzliche Dekarbonisierung ihrer Ökonomien im Vergleich zu dem, was sie bereits während der Jahre 1990, 1995 usw. getan haben. Im letzten Abschnitt befasse ich mich mit den Implikationen dieser Tatsache auf Klimaverhandlungen.

Indien versprach, die CO2-Intensität seines BIP um 1,6% bis 1,7% pro Jahr zu reduzieren – also um genau die Rate seit der ökonomischen Liberalisierung des Landes

Indiens unabhängigem und national bestimmtem Beitrag (INDC) zufolge „beabsichtigt das Land, die Emissions-Intensität seines BIP bis zum Jahr 2030 um 33% bis 35% zu reduzieren, verglichen mit dem Niveau im Jahre 2005“ (hier). Eine Reduktion um 33% innerhalb von 25 Jahren ist äquivalent zu einer Reduktion von 1,6% pro Jahr, bei 35% etwa 1,7% pro Jahr. Praktisch bedeutet das, dass falls das BIP konstant bleibt, die Emissionen eines jeden Jahres um 1,6% oder 1,7% unter denen des Vorjahres liegen. Oder anders gesagt, würde das BIP um 1,6% bis 1,7% pro Jahr wachsen, würden die Emissionen konstant bleiben. Alle Prozentzahlen in diesem Beitrag sind additiv und keine Mittelwerte.

Bis Anfang der neunziger Jahre war das Wirtschaftswachstum in Indien relativ schwach. Die vielleicht verblüffendste Tatsache ist, dass etwa ab dem Jahr 1993 nicht nur das wirtschaftliche Wachstum nach oben sprang, sondern auch die Zunahme der CO2-Emissionen konsistent hinter der Rate des BIP zurückblieb. Zuvor sind sie gleichlaufend gewachsen:

Indiens Dekarbonisierungsrate seit dem Jahr 2000 beträgt 1,65% pro Jahr, was in etwa die gleiche Rate ist wie während der Jahre 1993 oder 1994. Natürlich ist das indische BIP viel schneller gestiegen, so dass die Emissionen zugenommen haben.

China versprach, die CO2-Intensität seines BIP um 3,6% bis 4,1% pro Jahr zu kürzen – etwas langsamer als die historische Gangart.

Bis zum Jahr 2030 will China seine „CO2-Emissionen pro Einheit BIP um 60% bis 65% verglichen mit dem Niveau des Jahres 2005 reduzieren“ (hier). Diese Ziele sind jeweils äquivalent zu jährlichen Abnahmeraten zwischen 3,6% und 4,1%.

In China sind die Dinge etwas komplizierter. Während das BIP des Landes sehr stabil war, wiesen dessen Emissionen (und damit die Dekarbonisierungsrate) wilde Fluktuationen auf.

Während des gesamten Zeitraumes 1979 bis 2016 betrug die Dekarbonisierungsrate von China 4,2% pro Jahr. Allerdings war es wie in allen ehemals kommunistischen Ländern in den Anfangsjahren zu einer sehr schnellen Dekarbonisierung gekommen, was zurückzuführen ist auf den Ruin oder die Neuausrichtung Energie-intensiver Industrien (z. B. Stahl). Es könnte also unfair sein, des aktuelle Ziel mit der Dekarbonisierungsrate der achtziger Jahre zu vergleichen. In jedem Falle beträgt die Rate seit dem Jahr 1990 ebenfalls 4% pro Jahr – auf der hohen Seite des Paris-Zieles des Landes.

Was ist mit den anderen Zielen? Installation von so vielen Solarpaneelen und so weiter

Etwas über „Klima-Maßnahmen“ zu lesen bedeutet, dass man mit einer Flutwelle irrelevanter Nebensächlichkeiten überschwemmt wird:

Indien installierte 20 MW Solar

Oslo hat soeben Autos im Stadtzentrum verboten

Windenergie-Erzeugung in Deutschland betrug gestern um 3 Uhr früh bis zu 50% des Gesamtenergie-Outputs (was die Frage aufwirft, wie es im übrigen Jahr ist)

Usw.

Warum nenne ich all das nebensächlich? Weil die Auswirkungen davon bereits im Ziel der Emissions-Intensität enthalten sind, jedenfalls bis zu dem Ausmaß, mit dem Emissionen reduziert werden. Falls die Installation von Windturbinen tatsächlich die Emissionen pro Einheit des BIP verringert, wird dieser Effekt aus der Dekarbonisierungsrate des Landes hervorgehen. Es mag „offensichtlich“ daherkommen, dass Windturbinen Emissionen reduzieren, aber wenn man näher hinschaut, ist dies alles andere als offensichtlich. Monate oder Jahre lang mögen sie nicht am Netz sein; falls doch, können sie häufig ausfallen; sie benötigen Energie für die Herstellung, Errichtung und Wartung; sie können die thermische Erzeugung weniger effizient machen, weil Kraftwerke gebraucht werden, um deren Output rasch hoch und herunter zu regeln. Falls sie den Strom zu teuer erzeugen, werden sie wohl den Verbraucher dazu bringen, zu Diesel oder Gas zu wechseln [so das überhaupt gestattet ist, Anm. d. Übers.] Und natürlich dürften sie das wirtschaftliche Wachstum verlangsamen.

(Dies ist ein weiterer Grund, warum die Implementierung von fünfzig verschiedenen politischen Klima-Maßnahmen eine Dummheit ist: selbst falls diese Maßnahmen Auswirkungen zeitigen dergestalt, dass sie die Dekarbonisierungsrate zunehmen lassen – man weiß nicht, welche dieser Maßnahmen dazu geführt hat).

China hat versprochen, 800 bis 1000 GW erneuerbare Stromerzeugungs-Kapazität bis zum Jahr 2030 zu installieren. Eine hohe Zahl, aber sie ist äquivalent zu dem Versprechen, 100 Diät-Getränke bereit zu stellen, ohne zu versprechen, das man auch an Gewicht verliert.

Klimawissenschaftler müssen gründlicher mit Chinesen und Indern reden

Klima-Aktivisten und -Unterhändler, darunter viele Wissenschaftler, sind wahnhaft besessen von den USA und von den Republikanern im Besonderen.

Man versuche einmal, sich näher mit diesem Beispiel der Klima-Kommunikation zu befassen. Erstens ist es mathematisch absurd: Selbst wenn die ganze Welt bereits im Jahre 1979 mit einer schnelleren Dekarboniserungsrate aufgewartet hätte, würde der Unterschied zur heutigen Temperatur weniger als 0,1°C betragen. Falls wir exklusiv nur über die USA reden würden, würde dieser Temperaturunterschied gerade mal 0,01°C oder 0,02°C betragen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich ein solcher Unterschied auf Waldbrände auswirkt.

Aber noch mehr auf den Punkt gebracht: es gibt keinerlei Beweis, dass es zwischen einer Regierung aus Demokraten oder einer solchen aus Republikanern irgendeinen Unterschied hinsichtlich CO2-Emissionen gibt! Dies ist so, egal ob man nun auf die USA als Ganzes unter verschiedenen Regierungen schaut, oder ob man verschiedene Staaten mit den USA vergleicht.

Kurz gesagt, es scheint, als hätten es die Klima-Unterhändler nicht vermocht, die Staatslenker von Indien und China von der Dringlichkeit der globalen Erwärmung zu überzeugen. Ich für meinen Teil bin der Ansicht, dass die größte Gefahr von Klimaverhandlungen die Kommunikation mit ahnungslosen Wissenschaftlern ist.

Link: https://wattsupwiththat.com/2017/12/19/do-the-math-the-contribution-of-china-and-india-to-the-paris-agreement-is-worthless/

Übersetzt von Chris Frey EIKE