Cem Özdemir versucht sich in Energie
Voller Text des Videos
Sprecher: Kritiker sagen: Dann geht in Deutschland entweder das Licht aus, oder der Strom wird viel teurer. Sehen Sie das auch so?
C. Özdemir: Ach wissen Sie, wir kennen die Argumente. Die Argumente sind ja nicht ganz neu. Im Spitzenlastbereich, also nicht im Normallastbereich. Dann wenn der Energieverbrauch am Höchsten in Deutschland ist, ungefähr mittags zwischen 11 und 12, verbrauchen wir ungefähr 80 Gigabyte. Wir produzieren aber ungefähr 140 Gigabyte. Das heißt, das anderthalb-Fache dessen haben wir immer noch übrig, was wir brauchen. Selbst wenn wir die sieben ältesten Meiler abschalten würden, hätten wir immer noch mehr Strom als wir selbst im Spitzenlastbereich gebrauchen.
Ein Hinweis sei angemerkt: Herr Özdemir sagt im Video wirklich Gigabyte anstelle Gigawatt zur elektrischen Leistung.
Damit wollte er vielleicht ausdrücken, dass die Kenntnis von ein paar modernen (aber nicht verstandenen) Fachausdrücken für Politiker mindestens so weit zum Verständnis eines landesweiten Energiesystems ausreicht, um weichenstellende Entscheidungen (zu dessen Zerstörung) einleiten zu dürfen.
Das Interview wurde Anfang 2011 aufgezeichnet. Zur Rezension muss man deshalb die damals bekannten Daten des Jahres 2010, teilweise eventuell vom Jahr 2011 betrachten.
Dazu die Energieganglinien Deutschlands im Jahr 2012 (leider kann man bei Agora kein früheres Datum aufrufen).
Das mit den 80 Gigawatt Spitzenbedarf stimmt so im Ansatz und dürfte im Jahr 2010 nicht wesentlich abgewichen haben.
Wie Herr Özdemir allerdings darauf kommt, dass 140 Gigawatt produziert würden, bleibt ein Rätsel. Bestimmt hat Herr Özdemir auch dabei wieder eines seiner auswendig gelernten, technischen Fremdwörter verwechselt und die installierte Leistung gemeint.
Die installierte Nettoleistung im Jahr 2010 betrug ca. 155 MW. Die der konventionellen Kraftwerke betrug davon 98,2 GW und Ökoenergie hatte die Anschlussleistung von ca. 57 GW
Da Herr Özdemir im Video behauptet: … Das heißt, das anderthalb-Fache dessen haben wir immer noch übrig, was wir brauchen …,
zeigt es, dass er die Problematik zwischen installierter Leistung und wirklich verfügbarer Energie auch nicht verstanden hat.
Die „Erneuerbaren Energien“ haben immer noch die dumme Eigenschaft, dass ihre wirklich lieferbare Energie für verblüffend lange Zeit fast auf Null sinken kann [1].
Bei Solar akzeptieren es schon immer mehr der „Energiefachpersonen“, weil es einfach zu offensichtlich ist, dass die Sonne nachts nicht scheint. Beim Wind gilt es als strittig [2] [1]. Schließlich kann man niemanden zwingen, die Ganglinie im Agora-Viewer anzusehen und willigste „Energieforscher“ integrieren dann halt schnell einmal ganz Europa ins deutsche Stromsystem [3].
Nach dem Agorameter, welches die Energieflüsse von Deutschland zeigt, „verschwindet“ jedenfalls auch der Windstrom recht regelmäßig und dann müssen die konventionellen Erzeuger die gesamte Energie liefern, da sonst das Netz zusammenbricht, oder afrikanische (Stromausfall-)Verhältnisse auch bei uns eintreten.
Nimmt man an, dass von den konventionellen Kraftwerken kurzfristig immer 90 % der installierten Leistung verfügbar ist, und zählt man Biomasse zur sicheren Grundlast, dann betrug der Worst-Case „Energieüberhang“:
Im Jahr 2010:
„Energieüberhang“ +18 % (ohne Biomasse +10 %, zusätzlich ohne Kernkraftwerke -6 %)
Im Jahr 2011:
„Energieüberhang“ +4 % (ohne Biomasse -4 %, zusätzlich ohne Kernkraftwerke -10 %)
Das ist wirklich nicht viel und es ist bestimmt nichts „Übriges“ dabei, im Jahr 2011 war es sogar eher zu niedrig. Besser geeignet ist es als Beispiel, wie eine sachgerechte Planung früher für unser Energiesystem zuständiger Fachpersonen durch Politiker, die irgendwelche Fachbegriffe wie manche Schüler (falls dieser Vergleich diskriminierend sein sollte, einfach nicht lesen) auswendig lernen, zerstört werden darf.
Nicht einmal auf den genannten Zeitraum für die Spitzenlast kann man sich beim GRÜNEN Energiefachmann verlassen. Im Winter verschieben sich naturgemäß die Spitzenlastzeiten. Und zwar in Zeiten, zu denen das (im Winter sowieso „mickrige“ Solarangebot – und das vom Wind manchmal auch – nicht vorhanden sind.
Quellen
[1] EIKE 11.01.2017: Der Wind weht überhaupt nicht immer irgendwo: Ein Nachtrag zum Märchen von der Wind-Grundlastfähigkeit
[3] KLIMARETTER.INFO, 20. Juli 2017: Europa kann Windstrom glätten