Bemerkungen zur April-Kältewelle in Mitteleuropa
Während des vergangenen Winters lag der hemisphärische Kältepol wie auch während der Vorwinter im kanadisch-grönländischen Sektor der Arktis. Auffällig dabei war, dass die jahreszeitlich bedingte Abschwächung desselben verzögert war. Selbst derzeit werden über der nördlichen Hudson-Bay im 850-hPa-Niveau immer noch großräumig Temperaturwerte unter -25°C angetroffen. Immer wieder erfolgten daraus Kaltluftvorstöße über Nordskandinavien hinweg bis nach Russland. In Nordskandinavien dürfte es also eines der kältesten Frühjahre jemals gegeben haben, aber weil das dem Establishment nicht passt, hört man davon nichts.
Der Kältepol ist aber immerhin kleiner geworden. Und dennoch, schon zu Anfang des Monats, als noch niemand etwas Böses ahnte, hatte sich der Autor Sorgen gemacht, ob nicht ein solcher Kaltluftvorstoß direkt nach Mitteleuropa erfolgen könnte. Das ist im April natürlich völlig normal, und es war keine Frage, OB es dazu kommt, sondern WANN. Es war aber klar, dass ein solcher Kaltluftausbruch nach Mitteleuropa in diesem Jahr besonders intensiv ausfallen würde. Infolge des bis dahin recht warmen Frühjahres war die Natur viel weiter mit dem Austrieb als in anderen Jahren. Frostschäden waren also unvermeidlich. Im Garten des Autors hatte die Apfelblüte bereits eingesetzt, besondere Schäden konnte er aber nicht feststellen (Temperatur in seinem Garten am Morgen des 21. April 2017 etwa -3°C bis -4°C). Anders sah es beim Walnussbaum aus. Auch der hatte bereits ausgetrieben samt der Pollenträger, aber ausnahmslos alle grünen Spitzen hingen am nächsten Tag schwarz und schlaff herab. Das war diesmal das dritte Jahr nacheinander, dass dieser Baum abgefroren ist.
Die Wetterlage vom 20. bis 23. April 2017
Bild 1 zeigt die Wetterlage vom 23. April, 00 Uhr UTC (02 Uhr MESZ; Quelle). Der zugehörige 500-hPa-Trog (links) ist stark ausgeprägt, im 850-hPa-Niveau (rechts) zeigen sich Temperaturwerte unter -10°C. Der Trogvorstoß erfolgte direkt von Norden her über Skandinavien hinweg. Die Kaltluft konnte also den kürzestmöglichen Weg nehmen und hat sich daher auf dem Weg nach Süden kaum erwärmt. Außerdem lag in Skandinavien noch recht viel Schnee, wie Bild 2 zeigt:
Bild 2: Schneebedeckung Nordeuropa vom 23. April 2017. Quelle.
Rekordwerte – wirklich?
Kurz gesagt: Ja und nein! (Wenn es in der Wissenschaft doch nur so eindeutige „Ja“- und „Nein“-Antworten gäbe, wie es uns die Alarmisten immer vorgaukeln!). Zunächst einmal: In der mittleren Troposphäre war der Höhepunkt des Kaltluftvorstoßes am 23. April schon überschritten. Aber erst der nachfolgende Hochkeil brachte verbreitet Aufklaren und fast Windstille, so dass die Ausstrahlung erst in der Nacht zum 23. April die Temperatur in Bodennähe auf das Niveau von Rekordwerten sinken ließ (wo war eigentlich der CO2-Deckel, von dem Politik und Medien immer schwafeln?). Für einen 23. April mögen es Rekordwerte gewesen sein, aber das ist völlig unerheblich. Zu erinnern ist hier an einen von der Wetterlage her ähnlichen Kaltluftvorstoß von Norden her – aber erst um den 10. Mai – also genau pünktlich zu den Eisheiligen. Schauplatz ist das Jahr 1978, als zwei Wochen später im Frühjahr (!) ähnliche Absolutwerte der Temperatur wie dieses Jahr im April aufgetreten waren. Der Erinnerung des Autors nach war aber damals das Frühjahr ziemlich kalt ausgefallen, so dass die Natur etwa auf dem Stand dieses Jahres gewesen sein dürfte. Aber: Es geht sogar noch kälter!
Bild 3 zeigt die Wetterlage vom 11. Mai 1978, 00 Uhr UTC. Diese Karten waren jedoch nur bei Wetterzentrale.de verfügbar, daher die ganz andere Darstellung. Man erkennt aber auch hier das Muster: Ein mit hochreichend kalter arktischer Luft angefülltes Höhentief zog genau über Deutschland hinweg, also etwas weiter westlich als der diesjährige Trog. Über Berlin wurde am 11. Mai 1978 im 850-hPa-Niveau eine Temperatur von -12,3°C gemessen – und das war ein absoluter, weder davor noch danach je wieder erreichter Rekord. In der Re-Analyse erscheint der Temperaturgegensatz zwischen der Trogkaltluft und der umgebenden wärmeren Luft verwischt, so dass die -10°C-Isotherme nicht ganz bis nach Ostdeutschland reicht.
Der beschriebene Vorgang ist natürlich Wetter – und nicht Klima. Auffällig war, dass in den medialen Wetterberichten, also am Wochenende um den 16. April, in keiner Weise auf den drohenden Frost hingewiesen worden ist. Es hieß nur, es „wird kälter“. Dem Autor ist in diesem Zusammenhang ein Blog aufgefallen, auf dem bereits eine Woche im Voraus auf diesen Kaltluftvorstoß hingewiesen worden war. Der Beitrag zeichnete sich wie alle Beiträge auf diesem Blog durch eine eindrucksvolle Zusammenstellung aller relevanten Karten und Graphiken aus. Der Beitrag steht hier. (Der Autor empfiehlt, immer mal wieder auf dem Blog vorbeizuschauen (https://wobleibtdieglobaleerwaermung.wordpress.com/).
Fazit: Es war sicher sehr kalt, aber es war sicher keine Rekordkälte. Und genauso normal oder anomal wie die Hitze im Jahre 1968 (!), als um diese Zeit im April bereits Heiße Tage mit Maxima über 30°C aufgetreten waren.
Im Übrigen: Eigentlich hätte doch die Klimaille in Politik und Medien laut jubeln müssen über die Kälte! Schließlich soll doch die Wärme die große Katastrophe sein…
Aktualisierung vom 27.4.2017:
Dem beschriebenen Kaltluftvorstoß von Norden her über Skandinavien hinweg folgte gleich noch ein zweiter, diesmal aber mehr aus Nordwest über die Nordsee hinweg. Infolge des maritimen Einflusses war es nicht ganz so kalt, aber für Nachtfrost in klaren Nächten in Norddeutschland hat es wieder gereicht.
Anders war die Lage diesmal in Süddeutschland. Dieser neue Kaltluftausbruch stieß auf schon recht warme Luft über Südosteuropa. Diese Wetterlage führt oft zur Entwicklung der so genannten Vb-Tiefs (hier steht eine gute Erklärung, was das ist), was im Frühjahr durchaus vorkommt. In diesem Falle kam zwar die Kaltluft, wie gesagt, über die Nordsee, doch war deren Ursprungsgebiet der gleiche extrem kalte Kaltluftkörper über Nordeuropa.
Die entsprechende Wetterlage zeigt Bild 4. Es bildete sich eine sehr markante, von Südwest nach Nordost verlaufende Luftmassengrenze, wobei dynamische Hebungsantriebe in Süddeutschland für lang anhaltende Aufgleitprozesse sorgten, d. h. die warme Mittelmeerluft glitt auf die Kaltluft auf. Ein eigenständiges Tiefdruckgebiet löste sich jedoch diesmal nicht ab, so dass der Prozess mehrere Tage lang über Süddeutschland stationär verharrte. Dabei sank die Schneefallgrenze schließlich unter 500 m, was bei dem schon recht weit fortgeschrittenen Pflanzenaustrieb zu erheblichem Schneebruch führte.
Wie die numerischen Rechnungen zeigen (Stand: 29.4.2017) ziehen die nächsten Wettersysteme von Westen und Südwesten heran. Nach kurzer Pause dürfte sich also das niederschlagsreiche Wetter fortsetzen, wenngleich jedoch auf einem deutlich höheren Temperaturniveau. Auch im westlichen Deutschland, das im Frühjahr von den ganzen Niederschlagsvorgängen außen vor gelassen wurde, dürfte es dann ergiebiger regnen.
Zum Schluss noch zwei Bilder aus dem Garten des Autors am Morgen des 28. April 2017. Es sah dort recht marode aus, aber weder der Frost noch der nachfolgende Schnee richteten Schäden an. Der blühende Apfelbaum auf dem Bild links hat den ganzen Vorgang ohne erkennbare Schäden überstanden.
Schlussbemerkung: Wie unter dem o. g. Link erläutert, ist dieser Typ Wetterlage häufig mit erheblichen Niederschlagsmengen verbunden. Im Garten des Autors waren es während der drei Tage fast 70 Liter pro Quadratmeter, was aber eher am unteren Ende der aufgetretenen Mengen liegen dürfte. Der Schneebruch ist zwar ein Ärgernis, aber hätte die Schneefallgrenze deutlich höher gelegen, hätte es mit Sicherheit trotz der durch das bislang trockene Frühjahr niedrigen Wasserstände zu erheblichem Hochwasser mit einer deutlich höheren Schadensbilanz geführt.
Dipl.-Met. Hans-Dieter Schmidt