Auch die Forsythienblüte in Seesen verspätet sich
Eigentlich verspätet sich der Hamburger Forsythien-Vorzeigestrauch schon länger als 30 Jahre, bereits 1985 erfolgte die Trendumkehr und seit 36 Jahren ist die Trendlinie ausgeglichen:
Eigentlich ist bereits seit 1973, also noch einmal neun Jahre früher, die Trendlinie mit Unterbrechungen ausgeglichen. Nur in den unmittelbaren Nachkriegsjahren hat sich der Blütenzeitpunkt verfrüht, also in einem Zeitraum als Hamburg wieder aufgebaut wurde und sein heutiges Großstadtgesicht erhielt. Die Wärmeinsel Hamburg hat sich entwickelt, und der Strauch bestätigte dies mit seinem Blühtermin, eine Entwicklung die nun seit einigen Jahrzehnten abgeschlossen ist.
Es wird Zeit, dass die Stagnation des Hamburger DWD-Vorzeigestrauches von den Medien zur Kenntnis genommen wird.
Die Forsythienblüte in Seesen:
Der Phänologe Georg von Petersdorff-Campen in Seesen./Kirchberg schickte uns ebenfalls seine Beobachtungsdaten der Forsythienblüte zu. Der Ortsteil Kirchberg hat 550 Einwohner und liegt südwestlich vom Harz. Bei der folgenden Grafik wieder beachten: Nach oben sind die Tage nach Neujahr aufgetragen. Je höher der Ausschlag, desto später der Blühbeginn. Eine steigende Trendlinie heißt Verspätung des Frühlingsbeginns.
Trotzdem sind Grafikunterschiede zu verzeichnen. Insbesondere der letzte Termin fällt mit nur 87 Tagen nach Jahresbeginn auf.
Der Versuch einer Deutung ist schwierig. Der 87.te Tag entspricht dem 28. März. Die warmen Frühlingstage im März 2017 begannen fünf Tage davor und haben den Blütenbeginn in Seesen stärker als in Hamburg beeinflusst wo das nahe Wasser möglicherweise stärker kühlend wirkte.
In diesem Frühling fiel die rasche Vegetationsentwicklung auf. Nach dem relativ kalten, aber nicht sehr langen Winter war nach der Weimarer Beobachtungsreihe der Laubaustrieb der Wildstachelbeere, welcher im Mittel seit 1990 am 2. März begann, noch leicht verspätet. Er erfolgte am 4. März 2017.
Danach begünstigten viel Sonnenschein und zeitweise südliche Strömungen die Vegetation. Zwar wirkt die Märzensonne im Gegensatz zu den Folgemonaten April bis September nur leicht erwärmend, aber gerade die Erwärmung des Bodens und der Pflanzenorgane durch die Sonnenstrahlen beschleunigt die Vegetationsentwicklung. Zum Ende des 2017er März, der in Deutschland gut 30% sonniger als im Langjährigen Mittel ausfiel, war ein deutlicher Vegetationsvorsprung zu verzeichnen.
Ein ähnliches Verhalten zeigte die Tierwelt. Der Start der Krötenlaiche am Bächweiher in der Ostalb war diesmal der 31. März. Bereits einen Monat zuvor machten Artikel des NABU viel zu früh aufmerksam und mahnten zur Vorsicht. Warum so früh? Da herrschten nachts noch deutliche Minusgrade.
Weshalb verspäten sich die Forsythien und andere Märzblüher?
Ein Blick auf die Temperaturentwicklung der beiden Monate Februar und März bringt uns der Erklärung näher. Zusammengefasst benennen wir sie mit Vorfrühling.
Die unter anderem auch bei WIKIPEDIA geäußerte Behauptung „…Hinzu kommt, dass die Forsythie, wenn kein ausreichender Kältereiz vorhanden ist, nicht unbedingt der Temperatur folgt. …“ lässt sich relativ leicht widerlegen (Quelle https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Forsythien-Kalender#Fr.C3.BCherer_Bl.C3.BChbeginn ). Zwar bezogen sich diese Aussagen auf Hamburg. Doch setzt man die Daten von Seesen zum Temperaturmittel des Zeitraums Februar und März (01.02. bis 31.03.) in Relation, so erkennt man den engen Zusammenhang zwischen Temperatur und Blühbeginn:
Ergebnis: Der Frühling beginnt in Deutschland etwas später. Alle Märzblüher sind verspätet. Wir führen das auf die seit gut 30 Jahren kälter werdenden Monate Januar, Februar und März zurück.
Es wird Zeit, dass die deutschen Medienvertreter endlich davon Kenntnis erhalten, die drei Wintermonate werden kälter seit 30 Jahren, ebenso der März.
Josef Kowatsch, Naturbeobachter und unabhängiger, weil unbezahlter Klimaforscher.
Stefan Kämpfe, Diplomagraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher