Auch in den USA: Ist der Wärmeinseleffekt (WI) nachweisbar?
Nach längerer Suche fand sich eine nahezu WI- freie Station, die Fisher- Station im Harvard Forest/Prospect Hill Tract bei Petersham/ Massachusetts westlich von Boston, 342 Meter hoch gelegen. Die Monatsmittelwerte der Lufttemperatur sind leider erst seit März 2001 verfügbar; Näheres dazu unter http://harvardforest.fas.harvard.edu:8080/exist/apps/datasets/showData.html?id=hf001 . Ein Foto zeigt die augenscheinlich wärmeinselarme Stationslage ein paar hundert Meter vom Waldrand entfernt (Quelle harvard.edu):
Es bot sich nun an, die Monats- und Jahreswerte dieser „Forststation“ mit NOAA- Wetterstationen der Umgebung (auch in der CDC- Stationsliste geführt), zu vergleichen. Dies konnte leider nur für die 14 Jahre von 2002 bis 2015 geschehen; zu kurz für abschließende Aussagen. Die erste Grafik zeigt den Jahresgang der Temperaturen im Vergleich zu einer an einem Flughafen gelegenen Kleinstadt- Station:
Weil Scranton um 1,33 Breitengrade südlicher und gut 50 Meter tiefer liegt, wurde nun als Nächstes eine Reduktion der Scranton- Monatswerte vorgenommen, welche pro Breitengrad nordwärts eine Temperaturabnahme um 0,7 K und je 100 Meter Höhe um 0,65 K annimmt. Die Korrekturwerte wurden bewusst sehr reichlich bemessen, um Irrtümer auszuschließen. Die Grafik 2 veranschaulicht nun die monatsweisen Differenzen Scranton (bereinigt) minus Harvard Forest:
Nun scheint ein Rückblick auf die Berliner Untersuchungsergebnisse angebracht zu sein. Man erkennt gewisse Ähnlichkeiten beim jahreszeitlichen Gang der Differenzen zwischen den städtischen und ruralen Stationen (Grafik 3):
Eine Vergleichsstation ist zu wenig, daher wurde die Station Pittsburgh (WMO- ID 72520, 40°31’N, 80°13’W, 361 Meter Höhe) einbezogen. Sie war im Untersuchungszeitraum um 2,8 K wärmer als die Forststation; bereinigt blieben sogar knappe 1,3 K Differenz (Pittsburgh hat gut 300.000 Einwohner). Die nächste Abbildung verdeutlicht die wegen der Kürze des Betrachtungszeitraumes nicht signifikanten Trends der Jahresmittelwerte von Pittsburgh, Scranton und Harvard Forest:
In unmittelbarer Nähe der Forststation fand sich noch Worcester (WMO- ID 72510, 306 m Höhe, etwa 181.000 Einwohner), dessen Werte leider erst seit April 2010 vorliegen. Hier bestand eine Differenz von knapp 1,1 K, was höhenbereinigt immerhin noch für einen Temperaturunterschied von knapp 0,6 K zwischen Worcester und der Forststation reichte.
Zusammenfassung
Auch im Appalachenraum deuten sich merkliche WI- Effekte zwischen städtischen und ländlichen Gebieten an, die aktuell in der Größenordnung von 0,5 bis 1 Kelvin liegen. Dabei befinden sich die WMO- CDC- Vergleichs- Stationen nicht einmal im Zentrum der Städte. Auch wenn es hierzu weiterer Untersuchungen mit mehr und längerfristigen Stationsdaten bedarf, so lässt sich doch sagen, dass die konventionellen Land- Stationen der gemäßigten Breiten (Nordhalbkugel) WI- Effekte von mindestens 0,5 K enthalten, was einen stärkeren Temperaturanstieg vortäuscht, als reell vorhanden.
Stefan Kämpfe, Diplom- Agraringenieur, unabhängiger Natur- und Klimaforscher