CERN CLOUD-Experiment: Industrielle Revolution reduzierte die Wolkenbedeckung. Auch kosmische Strahlen haben Einfluss

Diesen beiden Studien zufolge (1, 2) zeigen neue Ergebnisse des CLOUD-Experiments (3) am CERN (4), dass das vorindustrielle Klima durch mehr Bewölkung gekennzeichnet war als bisher gedacht. CLOUD zeigt, dass von Bäumen emittierte organische Dämpfe vielfältige Aerosol-Partikel in die Atmosphäre freisetzen beim Fehlen von schwefliger Säure*. Zuvor hatte man gedacht, dass schweflige Säure – zum größten Teil aus fossilen Treibstoffen – für die Bildung von Partikeln erforderlich war. CLOUD zeigt nun, dass diese sog. biogenen Dämpfe auch der Schlüssel sind für das Wachstum neu gebildeter Partikel bis hin zu Größen, wo sie als Kondensationskerne für Wolken dienen können.

[*Es gibt ,schweflige Säure‘ und ,Schwefelsäure‘. Ich weiß nicht, welche hier gemeint ist. Ich bleibe erst mal bei ,schwefliger Säure, weil das ,sulfuric‘ wie ein Adjektiv daherkommt. Anm. d. Übers.]

Diese Ergebnisse sind die bislang wichtigsten Ergebnisse des CLOUD-Experimentes am CERN“, sagte CLOUD-Sprecher Jasper Kirkby. „Wenn die Bildung und das Wachstum reiner biogener Aerosol-Partikel in Klimamodelle eingehen, sollte dies unser Verständnis bzgl. des Einflusses menschlicher Aktivitäten auf Wolken und Klima verbessern“.

Das IPCC betrachtet die Zunahme von Aerosolen und Wolken seit präindustriellen Zeiten als eine der größten Unsicherheits-Quellen des Klimawandels (5). CLOUD zielt darauf ab zu verstehen, wie sich neue Aerosol-Partikel bilden und in der Atmosphäre wachsen sowie deren Auswirkungen auf Wolken und Klima.

CLOUD zeigt auch, dass Ionen aus der kosmischen Strahlung die Entstehungsrate reiner biogener Partikel erheblich verstärken – um einen Faktor 10 bis 100 verglichen mit Partikeln ohne Ionen. Dies zeigt, dass kosmische Strahlen eine viel wichtigere Rolle bei der Bildung von Aerosolen und Wolken in vorindustriellen Zeiten gespielt haben als in der heutigen verschmutzten Atmosphäre.

Eine gleichzeitig in Science veröffentlichte Studie (Bianchi 2016; Science, doi 10.1126/ science.aad5456(link is external) beschreibt eine Beobachtung [Messung?] reiner organischer Aerosolbildung am Observatorium auf dem Jungfraujoch durch den gleichen Mechanismus, der auch vom CLOUD gezeigt wird. Die Messungen haben CLOUD nicht direkt involviert, aber die meisten Autoren sind auch Mitglied des CLOUD-Teams.

Die Beobachtung reiner organischer Kernbildung auf dem Jungfraujoch ist sehr befriedigend“, sagte Kirkby. „Es bestätigt, dass der gleiche Prozess, wie er vom CLOUD entdeckt wurde, auch in der Atmosphäre stattfindet“.

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Anmerkungen

1. Kirkby, J., et al. Ion-induced nucleation of pure biogenic particles. Nature, doi 10.1038/nature 17953(link is external) (2016).

2. Tröstl, J., et al. The role of low-volatility organic compounds in initial particle growth in the atmosphere. Nature, doi 10.1038/nature18271(link is external) (2016).

3. Das CLOUD-Experiment besteht aus einer großen, mit Instrumenten ausgestatteten Kammer, in der die Atmosphäre präzise simuliert werden kann, und Bildung und Wachstum von Aerosol-Partikeln sowie die damit entstehenden Wolken können unter präzise überwachten atmosphärischen Bedingungen untersucht werden. Unerwünschte Beimengungen können deutlich unter die Marke von 1 ppt [part per trillion] gedrückt werden. Beim CLOUD-Experiment wurde ein Strahl vom Proton-Synchroton am CERN verwendet, um kosmische Strahlen zu simulieren – Partikel, die die Erde aus dem Weltraum bombardieren.

Die experimentelle Zusammenarbeit umfasst 21 Institute: Aerodyne Research, California Institute of Technology, Carnegie Mellon University, CERN, Finnish Meteorological Institute, Goethe University Frankfurt, Helsinki Institute of Physics, Karlsruhe Institute of Technology, Lebedev Physical Institute, Leibniz Institute for Tropospheric Research, Paul Scherrer Institute, Stockholm University, Tofwerk, University of Beira Interior, University of Eastern Finland, University of Helsinki, University of Innsbruck, University of Leeds, University of Lisbon, University of Manchester und University of Vienna.

4. CERN, the European Organization for Nuclear Research, is the world’s leading laboratory for particle physics. Its headquarters are in Geneva. Its Member States are: Austria, Belgium, Bulgaria, Czech Republic, Denmark, Finland, France, Germany, Greece, Hungary, Israel, Italy, Netherlands, Norway, Poland, Portugal, Slovakia, Spain, Sweden, Switzerland and United Kingdom. Romania is a Candidate for Accession. Cyprus and Serbia are Associate Member States in the pre-stage to Membership. Pakistan and Turkey are Associate Member States. European Union, India, Japan, JINR, Russian Federation, UNESCO and United States of America have Observer status.

5.Boucher, O. et al. in Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Working Group I Contribution to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (eds. Stocker, T.F. et al.) 571–658 (Cambridge Univ. Press, 2013).

[Diese ganzen Namen lasse ich aus Zeitgründen mal unübersetzt! Anm. d. Übers.]

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Unterstützende Informationen für Presseinformationen bzgl. Nature-Veröffentlichungen durch das CLOUD-Team

Kirkby, J. et al. Ion-induced nucleation of pure biogenic particles. Nature, doi 10.1038/nature17953 (2016).
Tröstl, J. et al. The role of low-volatility organic compounds in initial particle growth in the atmosphere. Nature, doi 10.1038/nature18271 (2016).

Hintergrund des CLOUD-Experimentes am CERN: CLOUD untersucht, wie sich neue Aerosol-Partikel in der Atmosphäre bilden und auf Größen wachsen, bei der sie Wolken und Klima modifizieren. Mittels eines Partikel-Strahls vom Proton-Synchroton am CERN untersucht das CLOUD-Experiment auch, ob diese Prozesse durch Ionisierung durch kosmische Strahlung beeinflusst wird. Atmosphärische Aerosol-Partikel kühlen das Klima, weil sie das Sonnenlicht reflektieren und weil sich mehr, aber kleinere Wolkentröpfchen bilden, welche die Wolken heller machen und ihre Lebensdauer verlängern. Abkühlung durch verstärkte Freisetzung von Aerosol-Partikeln aus menschlichen Aktivitäten hat einen Teil der Erwärmung durch Treibhausgase [so es die überhaupt gibt, Anm. d. Übers.] kompensiert. Um die Stärke der Abkühlung zu bestimmen, bedarf es Kenntnissen über die Aerosol-Verhältnisse in der präindustriellen Atmosphäre. Unglücklicherweise kann man dies nicht direkt messen, weil es in der heutigen Atmosphäre fast keine Gebiete mehr gibt, die perfekt frei von Verschmutzung sind [ach? Aerosole nannte man in vorindustrieller Zeit Aerosole und heute Verschmutzung? Anm. d. Übers.]. Darum muss die präindustrielle Atmosphäre mit Klimamodellen simuliert werden, die auf sorgfältigen Messungen der zugrunde liegenden mikrophysikalischen Prozesse beruhen, über die man durch Laborexperimente Kenntnis erlangt. CLOUD bringt fundamentale Experimente unter einen Hut, wobei die Klimamodellierung eine einzelne Bemühung in internationaler Zusammenarbeit ist.

Was hat CLOUD untersucht? CLOUD hat die Bildung neuer atmosphärischer Partikel untersucht in einer eigens dafür konstruierten Kammer, in der Laborbedingungen von Temperatur, Feuchtigkeit und Konzentrationen kondensierender und Keime bildender Dämpfe extrem gut kontrolliert werden. Im gegenwärtigen Experiment haben wir die Bildung und das Wachstum von Partikeln gemessen ausschließlich aus organischen Dämpfen, die von Bäumen emittiert werden ( so genannte biogene Dämpfe). Im Mittelpunkt stand dabei Alpha-Pinene, welches Kiefernwäldern den charakteristischen angenehmen Geruch verleiht. Alpha-Pinene oxidiert sehr schnell, wenn es Ozon ausgesetzt ist, was Dämpfe erzeugt mit extrem geringer Volatilität, aber in nur sehr geringen Konzentrationen von etwa ein Molekül pro Billion Luftmolekülen.

Was ist das Besondere am CLOUD-Experiment? Mit dem Know-How vom CERN konnten in der CLOUD-Kammer viel geringere Konzentrationen unerwünschter Beimengungen erreicht werden als bei allen Experimenten zuvor. Dies gestattete es uns, Partikelbildung und -wachstum aus biogenen Dämpfen zu messen, bei vollständig fehlender kontaminierender Dämpfe wie Schwefliger Säure. Das Kollektiv hat eigens Instrumente zur Messung der Dämpfe, der Ionen und Aerosol-Partikel entwickelt bei ultrageringen Konzentrationen in der Luft, entsprechend der CLOUD-Kammer. Wir messen, wie diese Dämpfe und Ionen molekulare Cluster bilden und welche Dämpfe das folgende Wachstum der Partikel kontrollieren. Eine besondere Eigenschaft von CLOUD ist dessen Fähigkeit, Partikelbildung zu messen, die von der Ionisierung durch kosmische Strahlung verstärkt wird, simuliert durch einen Pion-Strahl – oder mit allen Auswirkungen der Ionisierung, die vollständig unterdrückt werden mit einem internen elektrischen Feld.

Was hat CLOUD entdeckt? Es hat entdeckt, dass oxidierte biogene Dämpfe reichlich Partikel in der Atmosphäre erzeugen beim Fehlen von schwefliger Säure. Zuvor hatte man geglaubt, dass schweflige Säure – hauptsächlich aus Schwefeldioxid, emittiert durch fossile Treibstoffe [ach? Aus Vulkanen kommt gar nichts davon? Anm. d. Übers.] – war zur Partikelbildung erforderlich. Wir entdeckten, dass Ionen aus kosmischer Strahlung die Produktionsrate reiner [pure] biogener Partikel erheblich verstärkt – um einen Faktor 10 bis 100 verglichen mit Partikeln ohne Ionen, wenn die Konzentrationen gering sind. Wir zeigen auch, dass oxidierte biogene Dämpfe das Partikel-Wachstum in nicht verschmutzter Umgebung kontrollieren. Das beginnt, unmittelbar nachdem sich die ersten paar Moleküle zusammengetan haben und weiter wachsen bis zu Größen über 50 bis 100 nm, wo die Partikel zur Bildung von Wolkentröpfchen führen können. Die Wachstumsrate beschleunigt sich, wenn die Partikel an Größe zunehmen, wenn biogene Dämpfe höherer Volatilität daran teilhaben können. Wir erklären dies quantitativ mittels eines Modells organischer Kondensation.

Warum ist dies wichtig für unser Verständnis von Klima? Ionen-induzierte Bildung purer biogener Partikel kann wichtige Konsequenzen haben für unverfälschte Klimate [?], bietet sich hier doch ein bislang unbekannter Prozess, bei dem die Natur Partikel entstehen lässt ohne Verschmutzung. Und haben sich embryonische Partikel erst einmal gebildet, sorgen damit zusammenhängende, aber reichlichere oxidierte biogene Dämpfe für eine Beschleunigung des Wachstums der Partikel. Rapides Wachstum der neuen Partikel, während sie immer noch klein und sehr mobil sind impliziert, dass ein größerer Teil eine Koagulation mit zuvor schon existierenden größeren Partikeln vermeidet und eventuell Größenordnungen erreicht, bei der sie Wolkentröpfchen und damit das Klima beeinflussen können. Rein biogene Bildung und Wachstum könnte den grundlegenden Aerosol-Status der makellosen vorindustriellen Atmosphäre angehoben haben und so den vermuteten anthropogenen Strahlungsantrieb durch verstärke Aerosol-Wolken-Albedo im Zuge der industriellen Periode reduziert haben. Ionen-induzierte biogene Partikelbildung kann auch neues Licht werfen auf die schon lange im Raum stehende Frage nach einem physikalischen Mechanismus für die Sonnen-Klima-Variabilität in dem unverfälschten vorindustriellen Klima.

Eine gleichzeitig in Science veröffentlichte Studie (Bianchi 2016) berichtet von Messungen auf dem Jungfraujoch purer organischer Partikelbildung in der freien Troposphäre, was die Relevanz der CLOUD-Messungen der Atmosphäre bestätigt.

Link: https://wattsupwiththat.com/2016/05/25/cerns-cloud-experiment-results-suggests-industrial-revolution-reduced-cloud-cover-cosmic-rays-have-an-impact-too/

Übersetzt von Chris Frey EIKE