Das ZDF zu Tschernobyl
Der ZDF-Bericht wäre anders ausgefallen, hätte man solche Informationsquellen genutzt. Statt dessen wurden nur die Ansichten eines russischen „Grünen“, Alexei Jablokow, und des Korrespondenten Winand Wernicke verbreitet. In der Sendung um 14.00 Uhr kam noch eine ganz obskure Person aus der alternativen Strahlenszene zu Wort, Prof. Lengfelder. Wieso stützt sich ein öffentlicher Sender nur auf Scharlatane und Laien, während Wissenschaftler, welche in der Tradition von nunmehr 100 Jahren ernsthafter Strahlenforschung stehen, nicht berücksichtigt werden?
- Videoauszug der ZDF heute Sendung vom 26.4.16 zu den Opfern von Tschernobyl
- ♦ Es gab in 25 Jahren über 1 Million Tote
- ♦ Es gab über 2 Millionen Fehlgeburten
- ♦ Unter den Folgen leiden Mensch und Natur bis heute
- ♦ Auf dem Reaktorgelände kann man sich nur einige Stunden lang aufhalten
Zu 1) Die Zahl von 1 Million Todesopfern:
Das wären dann fast so viele, wie die 1,25 Millionen Verkehrstoten der ganzen Welt pro Jahr. Wer gegenüber Zahlenangaben grundsätzlich misstrauisch ist, wird sagen: Auch diese 1,25 Millionen sind nicht plausibel. In Deutschland leben 1,1 % der Menschheit, also rund 1 %, und wir hatten 2015 fast 3.500 Verkehrstote. In der Welt müssten es dann weniger als das Hundertfache sein, da es in den meisten Ländern nicht so viele Autos gibt, also unter 350.000. Aber die Zahl 1,25 Millionen stammt von der Weltgesundheitsorganisation und lässt sich erklären. Anderswo fährt man rücksichtsloser. Iran z.B. hat etwa so viele Einwohner wie Deutschland, weit weniger Autos, aber 5 – 6mal mehr Verkehrstote pro Jahr.
Wollte man also vorzeitige Todesfälle vermeiden, müsste man die Verkehrssicherheit in der Welt auf unseren Stand bringen und nicht etwa Kernkraftwerke abschalten, selbst wenn das mit der Million stimmen würde.
Aber die Million ist völliger Unsinn. Alle Zahlen über 60 von Todesopfern wurden auf zweifelhafteste Weise berechnet, oft auch einfach nur behauptet. Berechnungen beruhen auf dem Konzept der Kollektivdosis. Eine Einwirkung könne noch so gering sein, wenn man sie mit einer entsprechend hohen Zahl von Personen multipliziert, wäre das Ergebnis wieder das gleiche.
Lässt sich solch eine einfache Vorstellung auf biologische Systeme anwenden? Wohl kaum. Jemand verliert 5 l, also 5.000 ml Blut und ist damit tot. 1.000 Personen verlieren je 5 ml, also gibt es unter den 1.000 genau einen Todesfall? Natürlich nicht. Bei Strahlen ist die Einwirkung auf die Zellen unspezifisch, das heißt, die Wirkung unterscheidet sich nicht von der Wirkung anderer Einflüsse, die sehr viel häufiger sind. Wie bei kleinen Wunden kann man davon ausgehen, dass alles repariert wird.
Aber selbst die unwahrscheinliche Vorstellung, dass kleinste Dosen noch eine Wirkung haben (LNT – linear no threshold) und nur mit einer genügend hohen Zahl von Betroffenen multipliziert werden müssen, führt nicht zu der Million Tschernobyl-Opfern. Im äußersten Fall, wenn man voraussetzt, dass jede messbare Dosis, auch wenn sie weit unter dem natürlichen Strahlenniveau liegt, noch eine Wirkung hat, ist das Ergebnis: 30.000 Tote.
Das „Chernobyl Forum“ von 2003 bis 2005, an dem u.a. WHO und UNSCEAR teilnahmen, berechnete mittels des Kollektivdosis-Konzepts 4.000 Todesfälle. Der Unterschied zu dem Wert 30.000 rührt daher, dass keine Personen einbezogen wurden, deren Dosen gegenüber dem natürlichen Strahlenpegel ganz geringfügig waren.
Man liest immer wieder: Wirkungen bis zu kleinsten Dosen sind erwiesen. Das geht gar nicht. Schon bei der relativ hohen Dosis von 100 mSv liefert die Rechnung 5 Krebsfälle pro 1.000 Personen. Da aber leider 200 bis 300 Menschen von 1.000 sowieso Krebs bekommen, sind die angeblichen 5 zusätzlichen darunter nicht zu entdecken.
Alle seriösen Arbeiten weisen darauf hin, dass diese hypothetischen Fälle gar nicht existieren müssen, es spräche viel dafür, dass die wirkliche Zahl Null ist.
Wie kommen aber nun Jablokow, wie auch Greenpeace, IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War) und andere zu ihren extrem hohen Opferzahlen? Indem sie eben nicht von einer linearen Dosis-Wirkungs-Beziehung ausgehen, sondern, völlig aus der Luft gegriffen, eine verstärkte Wirkung gerade bei kleinen Dosen behaupten.
Zu 2) Fehlgeburten
Nach Jablokow gab es über 2 Millionen Fehlgeburten mehr durch Tschernobyl. Diese Zahl ist offensichtlich frei erfunden. Fehlgeburten werden nirgends vollständig erfasst.
Zu 3) Unter den Folgen leiden Mensch und Natur noch immer?
Am stärksten betroffen waren die Einwohner der bald nach dem Unglück evakuierten Gebiete. Deren Lebensdosis kann einige 100 mSv betragen. Nun sind unterhalb einer Schockdosis von 100 mSv keine biologischen Wirkungen nachweisbar. Einige 100 mSv, gestreckt über das ganze Leben, können daher keine Wirkung hervorbringen. Nur die künstlich erzeugte Angst macht Menschen krank. Da man Tieren und Pflanzen nichts vorlügen kann, zeigt die Natur heute keine Schäden mehr.
Zu 4) Aufenthalt auf dem Reaktorgelände
Nach Herrn Wernicke kann man sich nur einige Stunden auf dem Reaktorgelände aufhalten. Das gilt aber nur für ihn, vielleicht war er in Eile und musste noch von einem anderen Ort Unzutreffendes berichten. Die Strahlung war jedenfalls kein Grund, den Besuch zu verkürzen. Ich habe mich im Jahr 2014 mit einer kleinen Gruppe von 5 Leuten 7 Stunden im Sperrgebiet aufgehalten. Einer von uns kam aus USA.
Unser Aufenthalt brachte uns weniger Dosis als der Flug Amsterdam – Kiew. Allerdings gibt es kleine Stellen mit höherer Dosis. Hätten wir die 7 Stunden auf dem Gelände eines ehemaligen Kindergartens zugebracht, wäre unsere Dosis 35 µSv (Mikrosievert) gewesen, also etwas mehr, als unser Mitreisender ab Houston auf seinem Dosimeter durch den Flug hatte.
Abb. 1 Dosis in µS verschiedener Aktivitäten
Den absoluten Spitzenwert von 12 µSv pro Stunde fanden wir in einem Moospolster. Würde dort ein Käfer ständig leben, hätte er eine Jahresdosis von 105 mSv. Auf 1 Jahr verteilt ist das nicht schlimm, denn nur, wenn diese Dosis innerhalb kurzer Zeit einwirkt, können sich bei Säugetieren geringe biologische Effekte zeigen. Insekten vertragen mehr.
Die Behauptung, im Sperrgebiet von Tschernobyl könnte man sich nur ein paar Stunden aufhalten, zeugt von grenzenloser Unkenntnis oder grenzenloser Unehrlichkeit. Schließlich leben dort längst wieder Menschen.
O tempora, o mores! (Was für Zeiten, was für Sitten!) klagte Cicero im alten Rom. Dort lief einer namens Catilina herum, richtete großen Schaden für die Allgemeinheit an, konnte sich aber frei bewegen und Volksreden halten. Ein Staatsmann, eben Cicero, sorgte jedoch dafür, dass Catilina erledigt wurde. Wer dagegen bei uns Schaden anrichtet, sinnlos Angst erzeugt, unsere Stromversorgung ruinieren will, hat die „Staatsmänner“ hinter sich.
Man sagt manchmal: „Zustände wie im alten Rom“. Nein, schlimmer.