Marokko setzt Maßstäbe – im Verschwenden von internationalen (Klimaschutz)-geldern. Aber mit dem Wohlwollen und Förderung Deutschlands und der Weltbank
Das islamische Königreich Marokko ist bisher nicht unbedingt als Silikon Valley Afrikas bekannt. Eher ist es bekannt durch seine technische wie entwicklungs-bedingte Rückständigkeit, die sich durch große Armut weiter Teile der Bevölkerung bei gleichzeitiger rigider Herrschaft des muslimischen Königshauses, derzeit von König Mohamed VI. angeführt , manifestiert. Auch dadurch immer wieder hierzulande ins Bewusstsein gebracht, weil Marokko einen erheblichen Teil seiner männlichen Jugend als „Flüchtlinge“ nach Westeuropa – vorzugsweise nach Deutschland entsorgt.
Doch zwei Güter hat Marokko im Überfluss: Riesige leere Flächen und sehr viel Sonne. Incl. des umstrittenen Gebietes Westsahara ist Marokko etwa doppelt so groß wie Deutschland und beherbergt dabei nur ca. 33 Mio Einwohner. Und helle Sonnentage gibt es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, das ganze Jahr über. Also gute Voraussetzungen um die notorische Schwäche der sog. „Erneuerbare“ Energien, nämlich die äußerst geringe Energiedichte , was gleichbedeutend ist mit riesigem Flächenbedarf um die Energie einzusammeln, nicht zu wichtig zu nehmen und darüber hinaus die Spendierlaune der klimaängstlichen Länder, voran Deutschland zu nutzen, um billiges, so gut wie geschenktes Geld für „klimafreundliche“ Investitionen ins Land zu bringen. Und deshalb hieß das Motto „Think big“.
Trotz oder wegen der damals bereits absehbaren peinlichen Pleite des Projektes Desertec begann man in Marokko 2012 das Projekt Noor (arabisch für Licht) zu entwickeln. Anders als bei Desertec und auch anders als beim spanischen Pleitekraftwerk Andasol nämlicher Bauart, baute man hier von vornherein auf – durch wirtschaftliche Argumente wenig zu beeindruckende- staatliche Geldgeber. Das war clever!
Das Projekt Noor
Wikipedia zeigt uns die erwartete Leistung , die Technik und, wenn auch nur ungefähr und sehr verwirrend, die Kosten der Anlagen. Noor soll nach Fertigstellung mal das größte Solarkraftwerk der Welt werden. Und dieser Tage wurde die erste Projektstufe Noor 1 in Betrieb genommen.
Anlage | Max. Leistung (MW) | Typ | Betriebsbeginn | Invest | |||
1 | 160 | Parabolrinnenkraftwerk | Februar 2016 | 1,04 Mrd. €[1] | |||
2 | 200 | Parabolrinnenkraftwerk | in Bau | Ca. 0,6 Mrd. €[2] | |||
3 | 160 | Solarturmkraftwerk | in Bau | Ca. 0,6 Mrd. € | |||
4 | 50 | Solarpark (Photovoltaik) | geplant | Noch in Planung |
Tabelle 1 Anzahl, geplante Leistung (peak), Betriebsart und Investitionshöhe der Projektteile von Noor in Ouarzazate. Die ZEIT berichtet über Gesamtkosten NOOR I-III von 3,5 Mrd. €. Ein Wert der durch die hier angestellten Vergleichsrechnungen sehr viel wahrscheinlicher zu sein scheint
Insgesamt sollen es also mal 3 Solarthermie-Kraftwerke mit einer Spitzenleistung von 520 MW werden. Zusätzlich ist für später noch ein PVA Kraftwerk mit 50 MW Spitzenleistung geplant. Damit erreichte das Noor-Projekt zwar nur knapp 50 % der Leistung eines einzigen modernen Kohlekraftwerks, aber immerhin, es wäre das größte Solarkraftwerk der Welt.
Der Investitionsbedarf für die ersten 3 Anlagenteile wird von der finanzierenden KfW -eher stark untertreibend (siehe Fußnote 2)- mit 2,2 Mrd. € angegeben, was ungefähr dem gut 4 fachen der Investition eines Kohlekraftwerkes gleicher Leistungsfähigkeit entspricht. Legt man die potentiell lieferbare Energie- vulgo Strom- menge zugrunde, so erhöht sich dieser Faktor auf etwa 8. Doch dazu später mehr. Bei anderen Quellen findet man einen Finanzbedarf von 3,5 Mrd €, was nach den Andasol Erfahrungen der Wahrheit wohl näher kommen dürfte.
Aber da das Geld dafür sozusagen fast geschenkt ist, wenn auch der Steuerzahler nirgends, auch nicht in Deutschland, gefragt wurde, ob er sein Geld dafür hergeben wolle, kann man es dem Betreibern – die marokkanische ACWA Power und Moroccan Agency For Solar Energy (MASEN) nicht übelnehmen, wenn sie sich aus dieser reichlich sprudelnden Geldquelle bedienen.
Deutschland –immer als Vorreiter gut- ist immerhin mit 38 % oder gut 840 Mio. € mit von der Partie. Weil, so wird das begründet: es eben um den Klimaschutz geht. Und der fängt – wenn schon die Verteidigung am Hindukusch nicht so recht geklappt hat – ab sofort in Marokko an.
Also gesagt getan. Für den guten Zweck des Klimaschutzes waren staatliche Finanziers[3] die über reichlich Steuergelder gebieten, rasch gefunden. Ein geringer Rest blieb aber offen, für den ein privater Investor gesucht wird. Bei den Garantien, welche die Staatsfinanziers zu geben imstande sind, dürfte das sicher kein großes Problem sein. Der Anschein der privaten Mitfinanzierung bleibt gewahrt
Die Technik
Bei den ersten drei Projektstufen handelt es sich um Solarthermie. Noor I besteht aus riesigen zylindrisch-parabolischen Hohlspiegeln (jeder 3 x 7 m), die der Sonne nachgeführt werden und die Strahlung auf eine mit synthetischem Trägeröl gefülltes zentrales Rohr konzentrieren. Das wird durch die Strahlung von knapp 300 auf knapp 400 ° C erhitzt. Die Spiegel sind in Vierer-Gruppen und diese wieder in 400 Reihen von je 300 m Länge angeordnet. Das synthetische Trägeröl erhitzt sowohl Wasserdampf für die Turbine als auch das Salzgemisch für den Wärmesalzspeicher. Für die Vorerwärmung des Trägeröls und zur Verhinderung, dass es bei Nacht unter seinen Gefrierpunkt von 8 ° C abkühlt, wird ein Dieselaggregat mit Heizung eingesetzt, dass ca. 19 t Diesel pro Tag verbraucht. Mit diesem Dieseleinsatz hätten übrigens rd. 23 GWh jährlich an Elektrizität erzeugt werden können.
Kosten
Schauen wir uns nun die Kosten näher an und unterstellen dabei die Investitionskosten für Noor I in Höhe von. 1.042 Mrd. €. Diese hat das damit befasste National Renewable Energy Laboratoium Marokkos NREL[4] angegeben. Bei einer Laufzeit von 25 Jahren, nur 3 % Verzinsung und 6 % Wartungskosten dürften für den erzeugten Strom dann ca. 0,13 €/kWh anfallen.
Das ist etwa 3 x mehr als bei einem Diesel- oder Kohlekraftwerk entstehen würden. Rechnet man die laufenden Betriebskosten incl. des notwendigen Personals für die Riesenanlage sowie die notwendige Abschreibung (über die garantierten 25 Jahre), hinzu dann sind es bereits 0,24 €/kWh und für die Rücklagenbildung zur Wiederbeschaffung, Unvorhergesehenes oder gar Gewinn, bleibt immer noch nichts. Damit sind wir also schon recht dicht bei den 0,30 €/kWh die das systemgleiche aber kleinere Andasol Kraftwerk seinen Kunden berechnet.
Bei Wikipedia finden wir zusammengefassten Medienberichte über die angepeilten Stromkosten. Die Autoren vermelden, dass die Kosten pro kWh nur bei 12 ct bzw. bei 18,9 $ct liegen werden. Letztere sind 17,01 €ct. Ein Wert, den das schon erwähnte NREL ermittelt hat. Rechnet man diese Werte nach, so wird schnell klar, dass sich bei diesen Meldungen mal wieder die PR Abteilungen der Projektierer (Prokon lässt grüßen) durchgesetzt haben, um die Journalisten zu Lobpreisungen zu veranlassen. Was diese auch redlich taten.
Doch sei es wie es sei, egal ob die Herstellkosten bei 24, oder 17 oder 13 oder gar 12 ct/kWh liegen, in jedem Fall ist das für den Endverbraucherpreis incl. Vertrieb etc. deutlich mehr als was Diesel- oder Gasstrom in Marokko kostet und damit mehr als der marokkanische Verbraucher zahlen kann. Deswegen werden diese Stromkosten auch vom marokkanischen Staat runter subventioniert.
Die zu liefernde Energiemenge bleibt ungewiss
Die Kosten sind von mir nach bestem Gewissen und unter Nutzung der vorhanden Daten überschlägig berechnet worden. Leider wird die Schlüsselzahl, nämlich der Menge der projektierten jährlichen Elektroenergiemenge nirgends erwähnt. Um diese zu ermitteln behelfe ich mich mit der überall genannten „Einsparung“ an CO2.
Lt. verschiedener Medien liegt diese bei ca. 240.000 t CO2 per anno. Mittels der Umrechnung von 0,34 kg CO2/KWh [5] für Steinkohle errechnen sich rd. 706 GWh pro Jahr, die das Solar-Kraftwerk zu erzeugen im Stande wäre. Doch diese Menge ergäbe bereits einen Nutzungsgrad von 50 % im Jahr. Und das hieße, dass dieses solare Kraftwerk – dass ja direkt und ausschließlich seinen Brennstoff von der Sonne bezieht, an jedem Tag den Allah in diesem Lande werden lässt, 12 h lang Volllast liefern könnte. Der zugehörige Flüssig-Salz-Speicher ist für 3 h Volllast ausgelegt, wie man den NREL Daten entnehmen kann. Auch dessen Energiefüllung müsste aber zuvor erbracht werden. Also müssen in den 12 h eines jeden Tages die volle Nennleistung plus der zu speichernden Energiefüllung erbracht werden. Eine eher unwahrscheinliche Annahme, auch wenn man die starke Sonneneinstrahlung in diesem Land berücksichtigt. Denn auch in Marokko scheint die Sonne nachts nicht, Jahreszeiten sind auch nicht unbekannt, und mag auch die Dämmerung kurz sein, sie ist jedenfalls vorhanden.
Fazit:
Marokko hat sich ein Minikraftwerk von gerade mal 160 MW (im Endausbau dann 520 MW + PVA Teil) auf einer Riesenfläche von -im Endausbau- 30 Quadratkilometern, von den meist westlichen staatlichen Kreditgebern bezahlen lassen. Das war sehr clever.
Trotzdem muss es den erzeugten Strom bezuschussen, da die Endpreise dort lediglich bei 11 bis 13 ct/KWh[6] liegen. Bei diesem Projekt liegen jedoch schon die Herstellkosten mindestens bei 13 ct/kWh, bei Einbeziehung realer Kosten würden sie etwa das Doppelte erreichen.
Noch cleverer wäre es allerdings gewesen, weil Marokko mit Sicherheit – von den Kosten, der Verfügbarkeit und der zu liefernden Strommenge her- wesentlich günstiger gefahren wäre, hätte man dort normale Kredite aufgenommen, um damit ein modernes Kraftwerk zu bauen, und seinen Strombedarf z.B. per Dieselerzeugung zu decken. Bei einem Wirkungsgrad der Stromerzeugung von 33 % hätten für die Mini-Leistung von Noor 1 gerade mal 6 Dieselmotoren des Typs Wärtsilä-Sulzer mit je 80 MW Leistung ausgereicht.
Mit dem Unterschied, dass diese Diesel –Generatoren nicht nur einen geringen Bruchteil der Solar-Investitionen gekostet hätten. Auch der Platzbedarf wäre viel, viel geringer. Zudem hätten sie schön dezentral, nahe den Verbrauchszentren aufgebaut und im Dauerbetrieb mit bis zu 90 % Nutzungsgrad betrieben werden können.
Damit wären dann auch die doppelte Anzahl der Bewohner, als die von dem Noor Projekt Versorgten, in den Genuss wirklich billigen Stroms gekommen. Der Staat Marokko hätte diesen auch nicht subventionieren müssen.
Ein Nachteil wäre aber geblieben und hätte nicht ausgeräumt werden können. Die Medien hätten darüber nicht, oder wenn, dann nur negativ berichtet.
Vielleicht war das der Grund, warum König Mohammed VI so scharf auf das Noor Projekt war. Oder er glaubt wirklich, dass sein heißes Königreich, mit Temperaturen bis zu 50 °C, dank des Klimawandels und ohne seine Gegenmaßnahmen mittels Noor, noch heißer würde? Diese Gefahr – sollte sie je bestanden haben- ist aber vielleicht jetzt gebannt. Wenn man an die Märchen aus 1001 Nacht glaubt,
[1] Siehe http://www.nrel.gov/csp/solarpaces/project_detail.cfm/projectID=270
[2] Siehe : KfW Bericht https://www.kfw.de/KfW-Konzern/Newsroom/Themen-Kompakt/Marokko/Projektbeschreibung_Ouarzazate_April2013-SgJ.pdf. Die dort genannten Werte sind aber nicht sehr glaubwürdig, weil hier unterstellt wird, dass sogar um 25 % größere Anlagen wie NOORoII um 40 % billiger gebaut werden können. Noch dazu vom selben Anlagenbauer
[3] Lt KfW beteiligen sich die Europäische Kommission, die Europäische Investitionsbank, die Französische Entwicklungsbank (Agence Française de Développement), der Clean Technology Fund, die Afrikanische Entwicklungsbank, die Moroccan Agency for Solar Energy und ein per Ausschreibung gefundener privater Investor
[4] Quelle http://www.nrel.gov/csp/solarpaces/project_detail.cfm/projectID=270. Auch der günstigere Wert von 0,27 kG CO2/KWh für Diesel ergäbe zwar eine höhere Energielieferung, würde aber die Probleme der zu hohen Produktionskosten nicht beheben.
[5] Quelle: http://volker-quaschning.de/datserv/CO2-spez/index.php
[6] Quelle http://marokko.ahk.de/fileadmin/ahk_marokko/2013_Events/2014-01-15_EI_EEn_Factsheet_Solar-_Windenergie.pdf