Das Problem mit permanent erzeugter grüner Angst
Das Verbreiten düsterer Prophezeiungen ist das, wovon Umweltgruppen leben, und es ist ein Markt mit vollem Wettbewerb, so dass sie übertreiben. Nahezu jede Umweltbedrohung der letzten Jahrzehnte war an einem bestimmten Punkt erheblich übertrieben. Pestizide haben nicht zu einer Krebs-Epidemie geführt, wie Rachel Carson in ihrem Buch aus dem Jahr 1962 „Silent Spring“ behauptet hatte; saurer Regen hat nicht die Wälder in Deutschland zerstört, wie es die Partei Die Grünen in den achtziger Jahren proklamiert hatte; das Ozonloch hat nicht zur Erblindung von Kaninchen und Lachsen geführt, wie Al Gore in den neunziger Jahren gewarnt hatte. Aber Vorsorgemaßnahmen gegen Pestizide, sauren Regen und Ozon-Ausdünnung haben sich als machbar erwiesen, so dass vielleicht kein zu großer Schaden entstanden ist.
Anders sieht es beim Klimawandel aus. Das Vorhaben von Präsident Obama, die CO2-Emissionen in den USA aus Stromkraftwerken bis zum Jahr 2030 um 32% unter das Niveau des Jahres 2005 zu drücken, würde die globalen Emissionen um 2% reduzieren. Bis dahin könnte dieser Plan den Daten der EIA zufolge, die von dem Statistiker Kevin Dayaratna von der Heritage Foundation analysiert worden waren, die USA bis zu einer Billion Dollar an verlorenem BIP gekostet haben. Die erforderlichen Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Weltenergie werden noch drastisch teurer sein. Daher sollten wir schon sicherstellen, dass wir das Problem nicht übertreiben.
Aber es geht nicht nur darum, dass Umweltbedrohungen die Gewohnheit haben, sich als viel weniger schlimm zu erweisen als befürchtet. Sondern es geht auch darum, dass sich die Medizin gegen diese Bedrohungen als viel schlimmer erweist als die Krankheit selbst.
Genveränderte Organismen (GMOs) sind dafür ein aktuelles Beispiel. Nach 20 Jahren und Milliarden Mahlzeiten gibt es immer noch keinen Beweis, dass Genfood der menschlichen Gesundheit abträglich ist, sondern vielmehr reichlich Beweise ihrer umweltlichen und humanitären Vorteile. Der mit Vitaminen angereicherte Gen-Reis („goldener Reis“), hätte jahrelang viele Leben retten können, aber gegen jeden Schritt zu dessen Produktion leistete Greenpeace Widerstand. Die Auberginen-Züchter in Bangladesh besprühen ihre Plantagen bis zu 140 mal während einer Saison mit Pestiziden, womit sie ihre eigene Gesundheit riskieren, weil die insektenresistente Gen-Version der Pflanze durch Umweltaktivisten heftig bekämpft wird. Die Opposition gegenüber GMOs hat mit Sicherheit bereits zahlreiche Menschenleben gefordert.
Abgesehen davon, was ist durch Genfood ersetzt worden? Bevor transgene Ernteverbesserungen eingeführt worden waren, bestand das Hauptverfahren des Züchtens neuer Varianten in der „Mutations-Züchtung“. Dabei wird die DNA einer Pflanze zufällig geteilt mittels Gammastrahlen oder chemischen Mutagenen, und zwar in der Hoffnung, dass einige der so entstandenen Monster bessere Eigenschaften oder neue Charakteristiken aufweisen. Goldene Gerste zum Beispiel, ein Favorit unter organischen Züchtern, wurde so erzeugt. Diese Methode ist nach wie vor nicht Gegenstand irgendwelcher spezieller Vorschriften, während der präzise Transfer gut bekannter Gene, der unmöglich weniger sicher sein kann, diesen Vorschriften ausgesetzt ist.
Umweltaktivisten opponieren gegenwärtig gegen neonicotinoide [?] Pestizide mit der Begründung, dass sie Bienenvölker schädigen können, obwohl selbst die EU festgestellt hat, dass die Anzahl der Honigbienen während der 20 Jahre seit deren Einführung zugenommen hat. Die Auswirkung in Europa war, dass Landwirte dazu gebracht wurden, wieder auf viel schädlichere Pyrethroid-Insektizide zurückzugreifen, welche auf den Feldern versprüht werden, was viele unbeteiligte Insekten schädigt. Und falls man den Europäern gestattet hätte, GMOs anzubauen, wären viel weniger Pestizide erforderlich. Und wieder: grüne Vorsichtsmaßnahmen lassen die Risiken zunehmen.
Kernkraft war seit Jahrzehnten Gegenstand erbitterten Widerstands der Umweltlobby wegen deren vermeintlicher Gefährlichkeit. Und doch führt Kernkraft zu weniger Todesfällen pro erzeugter Energieeinheit als selbst Wind- und Solarenergie. Verglichen mit fossilen Treibstoffen hat die Kernkraft 1,84 Millionen mehr Todesfälle verhindert als verursacht. Dies geht aus einer Studie von zwei NASA-Forschern hervor. Die Opposition gegen Kernkraft hat Menschenleben gekostet.
Genauso basiert die verbreitete Opposition gegen Schiefergas fast vollständig auf Mythen und Lügen, wie Wissenschaftskorrespondent Ronald Bailey vom Reason Magazine berichtet hat. Diese Gegnerschaft hat das Wachstum der Gasproduktion auf dem Festland in Europa und Teilen der USA substantiell verzögert. Dies bedeutete mehr Abhängigkeit von Gas offshore, von russischem Gas und Kohle – von denen alle viel höhere Sicherheitsprobleme und Umweltrisiken aufweisen. Opposition gegen Fracking hat die Umwelt geschädigt.
Kurz gesagt, die Umweltbewegung hat wiederholt den Menschen den Zugang zu sichereren Technologien verwehrt und sie gezwungen, auf schmutzigere, riskantere oder schädlichere Verfahren zurückzugreifen. Sie sind darauf spezialisiert, die Bedenken vieler Menschen gegen alles Neue auszubeuten.
Viele übertriebene frühere Behauptungen über die Gefahren des Klimawandels sind inzwischen widerlegt. Das IPCC hat explizit frühere Behauptungen aufgegeben, denen zufolge die Malaria immer schlimmer wird, dass der Golfstrom versiegen wird, dass die Eisschilde von Grönland und der Westantarktis verschwinden werden und dass eine plötzliche Methan-Freisetzung aus der Arktis wahrscheinlich ist, dass der Monsun kollabieren oder lang anhaltende Dürren immer wahrscheinlicher werden.
Auf der anderen Seite der Medaille ist inzwischen der finanzielle, humanitäre und umweltliche Preis der Dekarbonisierung der Energieversorgung viel höher als erwartet – im Gegensatz zu unseren Erfahrungen mit saurem Regen und der Ozonschicht. Trotz rückläufiger Kosten bei Solarpaneelen sind die Systemkosten der Solarenergie, einschließlich Landverbrauch Transport, Wartung und nächtlicher Ersatz sehr hoch. Die Umweltauswirkungen von Windenergie – Entwaldung, Tötung von Greifvögeln, der Abbau seltener Erden – sind viel schlimmer als erwartet. Der statistischen Übersicht der Weltenergie von BP zufolge lieferten diese beiden Energiequellen im Jahre 2014 gerade mal 1,35% der Weltenergie, was die Emissionen um sogar noch einen geringeren Prozentsatz hat zurückgehen lassen.
Luftverschmutzung in Häusern, hauptsächlich durch Kochen über Holzfeuern darin, ist der größte Verursacher umweltlicher Todesfälle. Geschätzt werden dadurch vier Millionen Menschen pro Jahr getötet, wie die nichtkommerzielle Website Science News meldet, SciDev.net. Diese Menschen mit fossil erzeugtem Strom und Gas zu versorgen ist der billigste und schnellste Weg, deren Leben zu retten. Zu argumentieren, dass das immer kleiner werdende Risiko eines gefährlichen Klimawandels in vielen Jahrzehnten etwas ist, um das man sich viel mehr Sorgen machen muss, ist unanständig und schamlos.
Mr. Ridley ist Autor von „The Rational Optimist: How Prosperity Evolves” (HarperCollins, 2010) und ein Mitglied des Britischen Oberhauses. Seine Familie achtet Land für den Kohlebergbau im nördlichen England.
The Wall Street Journal, 14 August 2015
Link: http://www.thegwpf.com/matt-ridley-the-green-scare-problem/
Übersetzt von Chris Frey EIKE