IPCC-Autor: Abruptes Schmelzen antarktischer Gletscher ,erheblich überschätzt‘
Bild rechts: Riesige Tafeleisberge werden von treibenden Eisschollen in der Antarktis umflossen. Bild: M. Helmich / pixelio.de
Dr. Andrew Shepherd, ein IPCC-Autor, der am Centre for Polar Observation and Modelling arbeitet, sagte, dass die UOB-Studie Berechnungen verwendete, die anscheinend Veränderungen des Schneefalls übersehen hatten. Er merkte an, dass die „neuen Schätzungen des berechneten Eisverlustes viel zu hoch sind, einfach weil die Gletscher in diesem Bereich gar nicht so schnell gewachsen sind“.
Mittels „Satellitenbildern fanden die UOB-Forscher heraus, dass die Südliche Antarktische Halbinsel bis zum Jahre 2009 keine Anzeichen einer Änderung zeigte“. Aber den Autoren der Studie zufolge begannen die Gletscher jenes Gebietes im Jahre 2009, Eis mit einer Rate von 55 Billionen Litern pro Jahr in die Ozeane zu verlieren. Das Forschungsteam glaubt nicht, dass diese plötzliche Änderung durch Schneefall oder Lufttemperaturen erklärt werden kann, sondern vielmehr durch rapide Verluste durch die „sich erwärmenden Ozeane“ an den Küsten.
Der Leiter der Studie Dr. Bert Wouters sagte, dass stärkere westliche Winde rings um den Kontinent wärmeres Wasser „aus dem Südlichen Ozean polwärts treiben“. Er glaubt, dass diese westlichen Winde wegen der globalen Erwärmung und Abbau von Ozon stärker geworden sind, obwohl die Lufttemperaturen in ganz Antarktika seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen kaum gesunken oder gestiegen sind. Er übersieht auch, wie Schneefall zu Größe und Masse jedweden Gletschers beiträgt ebenso wie geologische Kräfte, die von oben nicht erkennbar sind.
Die Region mit dem größten Eisverlust in der UOB-Studie ist „Schauplatz kontinentaler und ozeanischer Bögen [?] und des anomalen Marie Byrd Seamount [ein untermeerischer Berg]. Die einzige vulkanische Aktivität durch Subduktion aufgrund der Plattentektonik bildet die South Sandwich Islands und die South Shetland Islands. Der Kontinent wird durch große Grabenbruch-Strukturen geteilt, die eine der weltgrößten alkalischen Vulkangebiete geschaffen haben“. Mit anderen Worten, es handelt sich um eines der tektonisch aktivsten Gebiete der Erde.
Antarktika als Ganzes enthält 25 bekannte aktive Vulkane, und die meisten davon befinden sich in der Westantarktis. Da der ganze Kontinent vollständig von Eis bedeckt ist außer kurzfristig in manchen küstennahen Gebieten während des Sommers, schmelzen diese Vulkane die Gletscher von unten, wodurch Kanäle, Seen und Süßwasserströme entstehen, die irgendwann in den Ozean fließen und die Strömungen erwärmen, die langsam von den massiven Eisschilden weg fließen.
Eine andere, auf Radaranalysen basierende Studie hat ebenfalls gezeigt, dass ein riesiges subglaziales Wassersystem unter einem der größten Gletscher der Westantarktis liegt. Dieses subglaziale Wassersystem agiert wie ein Förderband, welches den Gletscher näher an den Ozean transportiert, wo der „Kampf“ zwischen Ozean und Meereis beginnt. Unglücklicherweise für die Forscher ist eine Radaranalyse ein manueller und zeitaufwändiger Job, der außerordentlich viel Computerleistung benötigt, um diese subglazialen Süßwasser-Systeme akkurat zu modellieren.
Dr. Sheperd, der seinen Zweifeln an den Ergebnissen der UOB-Studie Ausdruck verliehen hat, war Mitautor des Vierten IPCC-Zustandsberichtes. Gegenwärtig erforscht er die Stabilität des Larsen-B-Schelfeises in der Antarktis.
Die UOB-Studie unter Leitung von Dr. Bert Wouters wurden im Magazin Science veröffentlicht.
Übersetzt von Chris Frey EIKE