Dank an Raul Grijalva, den Killer eines Narrativs

Mit diesem Beitrag möchte ich Raul Grijalva (Demokrat aus Arizona) meinen herzlichen Dank ausdrücken. Wie die meisten Leser wissen, hat Repräsentant Grijalva eine „Untersuchung“ gegen mich angestrengt (hier), der auf seinem Glauben basiert, dass ich Forschung und Öffentlichkeitsarbeit leiste als Konsequenz von Zahlungen von Unternehmen fossiler Energie über dunkle Kanäle. Lächerlich, ich weiß.

Ich danke dem Repräsentanten Grijalva nicht für die Bloßstellung in den Medien (z. B. NPR, NYT) und auch nicht für den plötzlichen Einbruch* beim Verkauf meiner Bücher (z. B. THB, TCF, D&CC) und noch nicht einmal für die vielen Fan-E-Mails von den äußeren Rändern der Klimadebatte. Nein, ich danke dem Repräsentanten Grijalva dafür, dass er mehr als nötig dafür getan hat, um ein Narrativ zu killen.

[*Pielke benutzt das Wort „bump“. Das kann „plötzlicher Einbruch“ {meine Übersetzung} aber auch „Beule“ oder „Erhebung“ bedeuten. Mir hat sich nicht erschlossen, ob der Verkauf nun eingebrochen oder in die Höhe geschnellt ist. Meistens passiert ja gerade bei Negativ-Schlagzeilen Letzteres. Anm. d. Übers.]

Seit über einem Jahrzehnt haben führende Elemente von Wissenschaft und Medien ein Narrativ propagiert, dem zufolge Konservative dumm und/oder böse sind und allein dafür verantwortlich sind, die Wissenschaft pathologisch politisiert zu haben. Wirklichkeit, so heißt es, hat eine liberale Verzerrung. Es zeigt sich, dass Bedenken hinsichtlich der „Politisierung der Wissenschaft“ selbst Gegenstand von Politisierung sind.

Im Jahre 2003 habe ich hierzu geschrieben:

Die Politisierung der Wissenschaft ist ein Problem unabhängig von der Ideologie derjenigen, die diese Politisierung zu verantworten haben. Unser wissenschaftliches Vorhaben ist zu wichtig, um vermeintliche Bedenken über die Politisierung der Wissenschaft lediglich zu einer weiteren Waffe im Partisanenkrieg werden zu lassen.

Und im Jahre 2005:

Es ist klar, dass es viele Menschen gibt, die Bedenken hinsichtlich der Politisierung der Wissenschaft als politischen Knüppel verwendet haben, um unter der Bush-Administration an Boden zu gewinnen. Klar ist auch, dass es viele andere, mit der Bush-Administration in Einklang stehende Menschen gibt, die genau das Gegenteil tun wollen. Meine Frage lautet, wo sind die Analysten (einschließlich Reporter), die sich um die Politisierung der Wissenschaft kümmern ohne Rücksicht auf mögliche Vorteile, die heutigen politischen Partisanenkämpfen verschafft werden sollen?

Vor einem Jahrzehnt war das Gesicht des „Krieges der Republikaner gegen die Wissenschaft“ ein Journalist namens Chris Mooney, ein damals 20-jähriger Irgendwer, der den Zeitgeist* in einem Buch mit gleichem Titel eingefangen hatte. Im Jahre 2005 habe ich eine detaillierte Kritik an „Krieg gegen die Wissenschaft“ verfasst (hier). Ich denke, diese Kritik ist auch heute noch gültig.

[*Das Wort „Zeitgeist“ steht so klein geschrieben im Original.]

 

Mooney seinerseits ließ seinem Buch „Krieg gegen die Wissenschaft“ ein weiteres bizarres Buch über Eugenik folgen, in dem er behauptet, dass die Konservativen der USA irgendwie genetisch minderwertig waren (hier). Mooney verwandelte seine Rolle beim Schlechtmachen der Republikaner in einen Platz im Direktoren-Gremium der American Geophysical Union (ich scherze nicht) als ein „Experte“ im Bereich wissenschaftliche Kommunikation, angeheuert von der National Science Foundation, um durch das Land zu reisen und junge Wissenschaftler zu trainieren (ich scherze immer noch nicht) sowie ultimativ als ein Reporter für die Washington Post (hier). Keine schlechte Laufbahn für einen englischen Major, der sich an Eugenik versucht hat.

Diese Kritik richtet sich nicht so sehr gegen Mooney, den ich einmal getroffen habe und der ein netter Mensch zu sein schien, sondern hauptsächlich gegen die Macht eines Narrativs. Ein Narrativ, das so vollständig akzeptiert und von bedeutenden Teilen der Wissenschaft und der Medien immer neu belebt worden ist. Mooney hat dieses Narrativ übernommen und ist darauf herumgeritten. Eines Tages wird er hoffentlich zurückblicken auf diese Ära und sich fragen „Was zum Teufel haben wir uns damals gedacht?“

In einem Artikel in The New Republic haben Erik Nisbet und Kelly Garrett (hier) dem Narrativ „Krieg gegen die Wissenschaft“ einen Willkommenstrunk gereicht und gleichzeitig einen Hinweis darauf geliefert, dass das Narrativ vielleicht, nur vielleicht, an seinem Ausverkaufs-Datum angelangt ist:

Politischer Journalismus behandelt Wissenschaft zu oft wie eine politische Angelegenheit, die von Nicht-Experten in vom Fernsehen übertragenen Partisanen-Theatern debattiert wird. Diese Art Abdeckung wissenschaftlicher Themen durch die Medien verschleiert oftmals die aktuellen wissenschaftlichen Beweise und Übereinstimmungen und vertieft unglücklicherweise nur die Polarisierung, indem sowohl Konservativen als auch Liberalen Partisanen-Queues zur Verfügung gestellt werden.

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass eine derartig intensive und polarisierende Medien-Aufmerksamkeit das öffentliche Vertrauen in die wissenschaftliche Gemeinschaft unterdrückt, und zwar für Liberale und Konservative gleichermaßen.

Die zweite Lektion ist, dass die wissenschaftlichen Kommunikatoren, die auf die Konservativen zielen und diese als irgendwie einheitlich defizitär ansehen, wenn es um das Verständnis wissenschaftlicher Dinge geht, das Augenmerk auf einen Zusammenprall von Ideologien lenken und sich damit von der Kommunikation entfernen, die ideologische Gräben hinsichtlich wissenschaftlicher Themen überbrückt – und ja, wir sind sicher, dass derartige Gräben überbrückt werden können.

Die Dämonisierung eines Drittels der Bevölkerung in wissenschaftspolitischen Debatten, indem man behauptet, dass sie ein unüberwindliches psychologisches Defizit aufweisen, tut nichts zum Erreichen einer Lösung der Herausforderungen einer effektiven wissenschaftlichen Kommunikation – und repräsentiert unglücklicherweise nur unsere menschlichen Verzerrungen bei der Arbeit.

Nisbet und Garrett berichten über Forschungen, die eine solide empirische Basis für die Zurückweisung der Politisierung der Politisierung der Wissenschaft liefern als Weg, wissenschaftlich oder journalistisch zu arbeiten. Das ist weder akkurat noch effektiv. Unter den Gelehrten, die auf diesem Gebiet exzellente Arbeit leisten, sind Dominique Brossard, Brendan Nyhan, Dan Kahan. Dietram Scheufele und Matt Nisbet. Aber trotz all dieser guten empirischen, historischen und politischen Forschung hat das Narrativ „Krieg gegen die Wissenschaft“ immer noch tiefe Wurzeln und feurige Anhänger.

Was mich zurückführt zu Raul Grijalva. In seiner „Untersuchung“ gegen mich – als jemand, der möglicherweise viele seiner politischen Ansichten teilt einschließlich beim Thema Klima – hat der Repräsentant Grijalva eingeräumt, dass er meine begutachtete Forschung nicht mag (und logischerweise die Zustandsbeschreibungen des IPCC). Es ist schwierig, einen unter den Republikanern einheitlichen „Krieg gegen die Wissenschaft“ aufrecht zu erhalten mit dieser Art höheren Unsinns, der hier an den Tag gelegt wird. Natürlich hat Mooney in seiner Kolumne in der Washington Post eingeräumt, dass das Vorgehen des Repräsentanten Grijalva eine „Hexenjagd“ ist. Möglicherweise etwas irgendwie Minderbemitteltes in seinem Partisanen-Gehirn.

Dabei habe ich oftmals geschrieben, dass es einen „Krieg gegen die Wissenschaft“ weder seitens der Republikaner noch der Demokraten gibt (hier). Allerdings gibt es sehr viel Politik. Politik kann durchgeführt werden auf vielfältige Weise, die zum allgemeinen Interesse beitragen oder auch auf pathologische Weise. Die wissenschaftliche Gemeinde hat seit einem Jahrzehnt Letzteres gemacht. Es ist an der Zeit, sich über die giftige Partisanenschaft der jüngsten Wissenschafts-Kriege zu erheben. Komischerweise hilft uns des Repräsentanten Grijalvas Überreaktion, auf diesem Weg voranzukommen.

Link: http://rogerpielkejr.blogspot.co.uk/2015/03/a-thank-you-to-rep-raul-grijalva.html

Übersetzt von Chris Frey EIKE