Was ist ein „normales“ Klima?
Al Gores Märchenfilm Eine Unbequeme Wahrheit behauptete, dass die globale Temperatur „genau richtig“ sei. Das ist ähnlich der Firma Goldilock, die über Porridge sagte „nicht zu heiß, nicht zu kalt, sondern gerade richtig“. Der Film hat den Oscar mehr als verdient, weil es ein in Hollywood produzierter Märchenfilm war, dem Land unbegrenzter Phantasie. Das große Gorakel erklärt: wir müssen diesen Normalzustand erhalten, weil das böse Hexen-CO2 diesen bedroht. Auf welchem Schloss auch immer er derzeit residiert, er diktiert, den Status Quo zu erhalten, so dass er seinen „normalen“ Lifestyle* weiterleben kann einschließlich der Profite aus dem Verkauf seines Märchens. Mit diebischer Freude bezieht er sich auf Menschen der Vergangenheit wie Arrhenius, Callendar oder Roger Revelle, wobei er bequemerweise die Tatsache ignoriert, dass sie alle in anderen „Normalzuständen“ lebten. Er ignoriert auch die „normalen“ Bedingungen seiner Vorfahren während der Eiszeit.
[*An sich mag ich diesen Begriff, der sich leider auch im Deutschen breit macht, überhaupt nicht. Aber weil ich nicht sicher bin, ob die Übersetzungen „Lebensstil“ oder „Lebensweise“ hier den Nagel auf den Kopf treffen, übernehme ich den Begriff mal. Anm. d. Übers.]
Gore möchte sein „Normal“ erhalten sehen durch die Reduktion der CO2-Menge in der Atmosphäre auf ein vorindustrielles Niveau. Das IPCC sagt, dass die Menge damals 270 ppm betragen hatte. Das ist zwar nicht korrekt, aber nehmen wir einmal an, dass es stimmt, um die Konsequenzen bei Erreichen dieses Niveaus zu betrachten. Nehmen wir also an, dass das IPCC recht hat und dass nahezu die gesamte Zunahme der globalen Temperaturen vom Höhepunkt der Kleinen Eiszeit [dem CO2 geschuldet] ist*, vor allem seit 1950. Dem IPCC zufolge liegt das gegenwärtige Niveau bei 400 ppm, so dass vermutlich das Erreichen des vorindustriellen Niveaus eine Reduktion um 130 ppm erforderlich macht. Dem IPCC und dem Nobelpreis-Gewinner Al Gore zufolge bestimmt das CO2-Niveau die Temperatur, so dass eine solche Reduktion eine Rückkehr zu den Bedingungen während der Kleinen Eiszeit nach sich ziehen würde. Eine Vielzahl von Quellen spezifiziert diese Bedingungen, besonders The Little Ice Age von Jean Grove sowie Links bei CO2Science.org und das Nongovernmental International Panel on Climate Change (NIPCC).
[*Der Satz lautet im Original: Assume also that the IPCC is correct and that virtually all the increase in global temperatures from the nadir of the Little Ice Age, especially since 1950. M. E. ist das kein Satz, weil das Prädikat fehlt. Ich habe meine Vorstellung des ganzen Satzes in eckigen Klammern hinzugefügt. Anm. d. Übers.]
Das IPCC und Gore betrachten nur die Temperatur-Implikationen von CO2, aber es ist unabdingbar für das Pflanzenleben, welches wiederum das Sauerstoff-Niveau bestimmt, das für alle Lebensformen unabdingbar ist. Wie viel Vegetation würde verloren gehen bei einer Reduktion um 130 ppm? Es ist lediglich die Berechnung eines Computermodells, aber das Abstract [einer Studie von] Donohue et al. erklärt:
Satellitenbeobachtungen zeigen ein Ergrünen des Planeten während der letzten Jahrzehnte. Die Rolle des „CO2-Düngungs-Effektes“ – also die gesteigerte Photosynthese infolge des zunehmenden CO2-Niveaus – muss aber noch untersucht werden. Die direkte Auswirkung des CO2-Effektes auf die Vegetation sollte sich am deutlichsten in warmen, ariden Umgebungen zeigen, wo Wasser das dominante Limit des Pflanzenwachstums ist. Mittels der Gas-Austausch-Theorie [gas exchange theory?] sagen wir voraus, dass die Zunahme des atmosphärischen CO2-Gehaltes im Zeitraum von 1982 bis 2010 zu einer Zunahme um 5% bis 10% der Bedeckung mit grünen Pflanzen in warmen, ariden Umgebungen geführt hat. Satellitenbeobachtungen, analysiert um die Effekte variierender Niederschläge zu entfernen, zeigen, dass die Bedeckung dieser Umgebungen um 11% zugenommen hat. Unsere Ergebnisse bestätigen, dass der vermutete CO2-Düngungseffekt stattfindet zusammen mit fortgesetzten anthropogenen Störungen des Kohlenstoff-Zyklus‘, und dass der Düngungseffekt inzwischen zu einem signifikanten Prozess auf dem Festland geworden ist.
Nimmt man erneut an, dass die IPCC-Zahlen korrekt sind, führte eine Zunahme des CO2-Gehaltes um 14% zu einer Zunahme der Vegetation um 11%. Welche Auswirkung würde eine Reduktion um 130 ppm haben? Wie würde der Einfluss reduzierter CO2-Düngung und zurückgehender Temperatur zusammen aussehen? Grove und Andere zeigten die Auswirkung sinkender Temperaturen, nicht CO2.
Als in den siebziger Jahren Konsens hinsichtlich einer globalen Abkühlung bestanden hatte, fertigte Martin Perry Studien über den Einfluss von Abkühlung im Verlauf der Kleinen Eiszeit (Abbildung 1):
Abbildung 1
Abbildung 1 zeigt den Landkreis [county] Berwickshire in der Borders-Region in UK mit einer hohen Prozentzahl von Land, dass der Kultivierung während dieser Zeit verloren gegangen war. Was war normal für die Menschen, die während dieser Zeit gelebt haben? Die Antwort lautet, was immer sie erlebt haben.
Die WMO hat die Normalperiode von 30 Jahren eingeführt mit der Begründung, dem Problem abzuhelfen, was normal ist oder um Mittelwerte für Planungen und andere Anwendungen zur Verfügung zu stellen. Sie erklären:
„Die Standard-Klima-Normalwerte unterstützen viele Klima-Serviceleister und Anwendungen einschließlich Klimatologien. Sie komprimieren auch die Referenzperiode für die Evaluierung von Anomalien der Klimavariabilität und -änderung“.
Ein Problem taucht auf, wenn man historische Aufzeichnungen wie z. B. für den Zeitraum von 1781 bis 1810 mit den modernen Normalzeiträumen vergleicht. Welchen modernen Zeitraum würde man heranziehen, 1931 bis 1960 oder den jüngsten 1981 bis 2010? William Wright führte über dieses Problem eine Studie durch, in der er…
„…für einen dualen Normalstandard plädierte. CCI-MG konkurriert mit der Schlussfolgerung, dass es die Notwendigkeit häufiger Aktualisierungen bei der Berechnung der Normalwerte für Klima-Applikationen gibt (Vorhersage und Belange der Klimatologie). Dies basiert auf der Notwendigkeit, grundlegende Planungsentscheidungen auf die Grundlage mittlerer und extremer Klimabedingungen zu stellen bei nicht stationären Klimabedingungen“.
Und da haben wir den Kopf des Nagels: „nicht stationäre Klimabedingungen“.
Dann gibt es da noch das Problem der endemischen Adjustierungen all der „offiziellen“ Daten. Die NOAA sagt:
„Viele Änderungen und Zusätze wurden den Normalwerten von 1981 bis 2010 hinzugefügt. Monatliche Temperatur- und Niederschlags-Normalwerte basieren auf zugrunde liegenden Datenwerten, die einer zusätzlichen Qualitätskontrolle unterzogen worden sind. Monatliche Temperaturen wurden ebenfalls standardisiert, um den Auswirkungen von Stationsverlagerungen, Änderungen der Instrumentation usw. Rechnung zu tragen“.
Vermutlich bedeutet dies, dass man die Ergebnisse nicht mit jenen früherer „Normalwerte“ vergleichen kann.
Die NOAA informiert uns darüber, dass
„Normalwerte eine große Zusammenstellung von Datenprodukten sind, die den User viele Tools zum Verständnis typischer Klimabedingungen zur Verfügung zu stellen. Und zwar für tausende Orten in den gesamten USA“.
Nein, das tun sie nicht! Es sind lediglich 30-Jahres-Mittelwerte, die nichts zum Verständnis typischer Klimabedingungen an irgendeiner Stelle beitragen. Da sich die 30-jährigen Mittelwerte ändern im Zuge von Verfahren, die in Zeiträumen länger als 30 Jahre ablaufen, sagen sie uns einfach nur etwas über das Klima während jenes Zeitraumes. Das Problem illustriert die Auslassung der Milankovitch-Mechanismen seitens des IPCC. Wie berichtet, hat Prof. Lindzen im jüngsten APS-Workshop erklärt:
Die IPCC-Schätzung des anthropogenen Einflusses lautet etwa 2 W/m² im AR 5, und das ist viel weniger als der Milankovitch-Effekt von 100 W/m² auf 65°N, siehe Edvardson et al.
Abbildung 2 zeigt die 100 W/m²-Variabilität auf 65°N, berechnet von Berger 1978 und diskutiert in meinem Beitrag Important But Little Known “Earth “ scientists.”
Abbildung 2: Variationen der Einstrahlung (einfallende Solarstrahlung) auf 65°N.
Quelle: Berger 1978. Langzeitliche Variationen der täglichen Einstrahlung und quaternäre [quaternary?] klimatische Änderungen. J. Atmos. Sci. 35: 2362–2367.
Ein IPCC-Modellierer sagte mir einmal, dass man Milankovitch ausgelassen hätte, weil man den zeitlichen Maßstab als ungeeignet angesehen hatte.
Offensichtlich stellen die Menschen Planungen und Management-Entscheidungen auf die Grundlage dieser „Normalwerte“. NOAA berichtet:
Zusätzlich zu den Wetter- und Klima-Vergleichen werden Normalwerte in scheinbar zahllosen Anwendungen in einer ganzen Palette von Bereichen verwendet. Darunter sind: Vorschriften von Energieunternehmen, Energie-Lastvorhersagen, Ernteauswahl und Pflanzzeiten, die Planung von Konstruktionen, das Design von Gebäuden und viele andere.
Sie nehmen an, dass all diese Bedingungen fortbestehen. Das erinnert mich an eine Präsentation von Michael Schlesinger auf einer Konferenz in Edmonton zur Zukunft des Klimas in der kanadischen Prärie. Ein Bürokrat sagte, man plane die Aufforstung in Teilen des südlichen Alberta, und Ihre Daten zeigen, dass diese Gebiete in 50 Jahren Wüste sind. Wie genau ist diese Vorhersage? Schlesinger erwiderte etwa 50%. Der Bürokrat sagte: „Mein Minister verlangt 98%“.
Das ist heute kein bisschen besser. Abbildung 3 ist eine Karte der Genauigkeit der Niederschlagsvorhersage für 12 Monate in Kanada. Sie liegt in 95% des Gebietes von Kanada unter 40%, wenn man es mit dem 30-jährigen Normalwert 1981 bis 2010 vergleicht.
Abbildung 3
Ich habe es so verstanden, dass man einen Zeitraum von 30 Jahren gewählt hat, weil 30 Jahre eine statistisch signifikante Größe (n) für eine Testreihe für irgendeine Bevölkerung (N) ist. Der Zeitraum ist für Klimaverteilungen wertlos, und die Ursachen, die zu diesen Klimaverteilungen führen, erstrecken sich über viel längere Zeitperioden. Die NOAA räumt dies auch ein, wenn sie schreibt:
Tatsächlich war es so: als die weit verbreitete Praxis der Berechnung von Normalwerten in den dreißiger Jahren begonnen hatte, lautete die allgemein akzeptierte Auffassung des Klimas, dass zugrunde liegende langfristige Mittelwerte der Klima-Zeitreihen konstant wären.
Dieser Gedanke setzte sich durch und wurde zur fundamentalen Auffassung der Öffentlichkeit, dass das Klima konstant ist, was die gegenwärtige Änderung als etwa Anomales erscheinen ließ. Auch wurde die 30-jährige Normalperiode zum Mittelwert für die Wetterleute in Radio und Fernsehen. Die NOAA bestätigt diese Übernahme.
Meteorologen und Klimatologen verwenden Normalwerte regelmäßig für die Übertragung jüngster Klimabedingungen in einen historischen Zusammenhang. Die NOAA-Normalwerte sieht man allgemein bei lokalen Wetternachrichten als Vergleich zu den täglichen Wetterbedingungen.
Wenn Medien-Meteorologen sagen, dass eine Wettervariable heute über dem Normalwert liegt, gilt das üblicherweise nur für den 30-jährigen Mittelwert, nicht aber für die Gesamtdauer der Aufzeichnung an der Station. Dies engt die Bandbreite erheblich ein und erzeugt ein verzerrtes Bild davon, wie stark das Klima variiert. Dies wiederum verstärkt die Effektivität der Behauptungen von Gore und Anderen, dass das gegenwärtige Wetter anomal ist. Der Klima-„Normalwert“ ist jetzt genauso verzerrt wie Goldilocks Gores „Normalwert“. Bei Porridge und Märchen mag es ja funktionieren, aber für das aktuelle Klima funktioniert es nicht. Die Behauptung, dass das Normale anomal ist, ist wirklich eine Absurdität.
Link: http://wattsupwiththat.com/2015/03/17/what-is-a-normal-climate/
Übersetzt von Chris Frey EIKE