Deutschlands „Energiewende“: unhaltbare Subventionen und ein instabiles System

Als Europas größte Wirtschaftsmacht hat sich Deutschland auch den größten Reduktionen von Kohlendioxid verschrieben mittels eines Programms mit dem Namen „Energiewende“ [ or, in English, also called energy change, shift, or transformation]*. Die Energiewende wurde im Jahre 2000 auf den Weg gebracht unter Merkels Vorgänger, der jedem grüne Energie erzeugenden Unternehmen Subventionen angeboten hatte.
[*Das Wort „Energiewende“ steht so auch im Original. Die vom Autor des Artikels angebotene Übersetzung des Begriffs ins Englische wollte ich den deutschen Lesern nicht vorenthalten. Den in UK und anderswo üblichen Begriff „Energy Transition“ habe ich nicht im Artikel gefunden. Im weiteren Verlauf des Artikels taucht im Original weiterhin ausschließlich der Terminus „Energiewende“ auf. – Anm. d. Übers.]
Während sich die EU verpflichtet hat, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 40% zu reduzieren, war es das Ziel Deutschlands, diese Marke schon ein Jahrzehnt früher zu erreichen – was im Frühstadium des Programms auch erreichbar aussah. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands gingen die Emissionen im Zuge der Modernisierung ostdeutscher Firmen augenblicklich zurück. Allerdings hat das Programm alles in allem zu steigenden Kosten und auch Emissionen geführt, die das Programm doch eigentlich beschneiden sollte.
Vor einigen Monaten berichtete Bloomberg, dass infolge des gestiegenen Kohleverbrauchs „Deutschlands Emissionen sogar gestiegen sind, obwohl die Erzeugung von flatterhaftem Wind- und Solarstrom während des letzten Jahrzehnts um das Fünffache zugenommen hat“. Darum also Merkels potentielle Empörung auf der globalen Bühne, hatte sie sich doch als Führerin hinsichtlich der Reduktion von Emissionen ins Rampenlicht gestellt.
Am 3. Dezember stimmte Merkels Kabinett einem Paket zu, dem zufolge Deutschlands optimistisches – aber unrealistisches – Ziel für Maßnahmen zur Beschneidung von Emissionen mittels weiterer Subventionen erreicht werden soll. Zur gleichen Zeit hatten sich 190 Regierungen zwei Wochen lang in Lima getroffen, wo man nach 30 Überstunden einen Kompromiss erzeugt hat, den Umweltgruppen als „von schwach nach schwächer gehend“ ansehen. Hinsichtlich des deutschen „Klimaschutz-Paketes“ hat Umweltministerin Barbara Hendricks eingeräumt: „Falls keine zusätzlichen Schritte unternommen werden, würde Deutschland seine Ziele um fünf bis acht Prozentpunkte verfehlen“ [Rückübersetzung aus dem Englischen].
Die Ergebnisse der Beschlüsse in Deutschland werden die Betreiber von Kohlekraftwerken zwingen, die Emissionen um mindestens 22 Millionen Tonnen zu reduzieren – äquivalent zur Schließung von acht derartigen Kraftwerken. Die Financial Times (FT) glaubt, dass der Plan „zu Spannungsabfällen in deutschen Wohnungen führen wird“.
Mit dem Ziel, bis zum Jahr 2050 80% der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken, ist Deutschland aggressiv einem grünen Traum nachgejagt mit unhaltbaren Subventionen, die ein instabiles System erschaffen haben, das von der FT am 25. November beschrieben wurde als „eine Lektion, wie man im Bereich Energiepolitik zu viel zu schnell tun kann“.
 
Was für Lektionen sind das also? Was sollten die USA und andere Länder aus Deutschlands generösem Subventionsprogramm und der rapiden Entwicklung und Integration erneuerbarer Energie in großem Maßstab in das Energiesystem lernen? Diese Fragen sollten sich die Gesetzgeber in den USA selbst vorlegen, wenn sie über eine Ausweitung des Steuersystems nachdenken, das eine rückwirkende Ausweitung der inzwischen ausgelaufenen Steuerbegünstigungen für Windenergie enthält.
Glücklicherweise sind die Antworten leicht zu finden. Die Firma Finadvice, eine in der Schweiz ansässige Beratungsfirma für Stromversorger und Betreiber von Erneuerbaren, hat eine erschöpfende Studie durchgeführt mit dem Titel [übersetzt] Entwicklung und Integration erneuerbarer Energie – Lektionen, die man von Deutschland lernen kann. Die einführenden Kommentare zu der Studie enthalten u. A. das folgende Statement: „Die Autoren dieses Weißbuches legen Wert auf die Feststellung, dass sie Erneuerbare als Teil des Energie-Portfolios in vollem Umfang unterstützen … einige der Autoren haben direkte eigenkapitalnahe Interessen an Erneuerbare-Projekten“. Der Standpunkt der Autoren ist eine wichtige Erwägung [consideration], vor allem hinsichtlich ihrer Ergebnisse. Sie wollen, dass das deutsche Experiment funktioniert, und doch leiten sie ihre Executive Summary mit den Worten ein:
„Während des vorigen Jahrzehnts haben wohlmeinende politische Entscheidungsträger in Deutschland und anderen europäischen Ländern politische Maßnahmen bzgl. erneuerbarer Energie in Kraft gesetzt mit generösen Subventionen, die sich inzwischen selbst allmählich als unhaltbar erwiesen haben, was zu ausgeprägten, unbeabsichtigten Konsequenzen für alle industriellen Interessengruppen geführt hat. Während diese Maßnahmen einen eindrucksvollen Aufschwung von Ressourcen erneuerbarer Energie zeitigten, haben sie auch eindeutig ein Ungleichgewicht in den Energiemärkten erzeugt, was zu einer bedeutenden Steigerung der Energiepreise für die meisten Verbraucher sowie zu Wertevernichtung für alle Interessengruppen geführt hat: Verbraucher, Unternehmen erneuerbarer Energie, Stromversorger, Finanzinstitutionen und Investoren“.
Nach der Lektüre des gesamten 80 Seiten starken Weißbuches war ich von drei eindeutigen Beobachtungen betroffen. Das deutsche Experiment hat die Energiekosten für Haushalte und Industrie steigen lassen, die Subventionen sind unhaltbar, und als Folge ist die Energieversorgung ohne Eingriffe von außen instabil.

Kosten

 
Uns hier in den USA wird andauernd weisgemacht, dass erneuerbare Energie hinsichtlich der Kosten gleichauf liegt mit traditionellen Energiequellen wie Kohle und Erdgas. Und doch zeigt die Studie eindeutig, dass das deutsche Experiment zu „bedeutenden Energiekosten-Steigerungen für die meisten Verbraucher“ geführt hat – welche „ultimativ an die Stromverbraucher weitergegeben werden“. Die deutschen Preissteigerungen bis zu 50% sind hausgemacht und nicht den Märkten geschuldet – und zwar durch Vorschriften, nicht durch Erzeugungskosten. Die hohen Preise treffen die Armen unverhältnismäßig, was zu einem neuen Terminus geführt hat: „Energiearmut“.
Die höheren Kosten schmerzen – nicht nur in den Brieftaschen. Die Autoren verweisen auf einen Bericht der International Energy Agency: „Es ist zu erwarten, dass die Europäische Union während der nächsten beiden Jahrzehnte bis zu einem Drittel ihres Anteils am globalen Energiemarkt wegen der hohen Energiepreise verlieren wird“.
Subventionen und Instabilität sind bedeutende Faktoren hinsichtlich der hohen Preise in Deutschland.

Subventionen

Um Deutschlands grüne Ziele zu erreichen, wurden Einspeisetarife (FIT) eingeführt als ein Mechanismus, der es ermöglicht, „eine Technologie voranzubringen, die noch nicht kommerziell erfolgreich ist“. FITs sind „Anreize zur Ausweitung der Erzeugung erneuerbarer Energie“. Hinsichtlich der FITs stellt der Bericht fest: „Diese Subvention ist sozialisiert und wird hauptsächlich durch ortsansässige Verbraucher finanziert“. Und weiter: „Wegen ihrer Großzügigkeit haben sich die FITs als fähig erwiesen, den Anteil erneuerbarer Energie rasch zunehmen zu lassen“.
Die deutschen Original-FITs „hatten kein Limit hinsichtlich der Quantität der zu installierenden Erneuerbaren“ und „führten zu einem unhaltbaren Wachstum der Erneuerbaren“. Als Folge mussten Deutschland und andere EU-Länder „wegen der sehr hohen Kosten ihrer Unterstützungsmaßnahmen für Erneuerbare“ihr Programm modifizieren und ggf. aussetzen“.
Deutschland hat auch begonnen, „Abgaben für Selbsterzeuger“ einzuführen für Haushalte und Industrien, die ihren eigenen Strom erzeugen – typischerweise mittels Solarpaneelen auf dem Dach, um „sicherzustellen, dass die Kosten der Netzbetreibung von allen Verbrauchen gezahlt werden und nicht nur von jenen ohne Solarpaneele auf dem Dach“. Diese Abgaben verringern die Kosten einsparenden Anreize für teure Solar-Installationen.
Abschnitt vier in dem Bericht mit dem Titel [übersetzt] „Unbeabsichtigte Konsequenzen der deutschen Politik bzgl. Erneuerbarer“ kommt zu dem Ergebnis: „Haushalts-Hindernisse, Überversorgung und Verzerrung von Energiepreisen, geschäftsspezifische operationelle Durchführung, Marktökonomie (d. h. Deutschland schlägt vor, alle Unterstützungen für Biogas zu streichen), Schulden und Rückschläge für die Verbraucher in Gestalt weiter steigender Preise sind alles Faktoren, die der Einführung einer Flut von Vorschriften geschuldet sind. Auch über das Jahr 2014 hinaus werden diese Faktoren während der nächsten Jahre bestimmend sein“.

Stabilität

Hoffentlich verstehen die meisten Menschen – vor allem meine Leser – dass die flatterhafte und unberechenbare Natur von Wind- und Solarenergie bedeutet, dass jedes Mal, wenn wir das Licht anknipsen, jedes Kilowatt Stromkapazität auch dann zur Verfügung stehen muss, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Aber woran die Meisten von uns nicht denken und was der Bericht beleuchtet ist, dass wegen der Bevorzugung der Erneuerbaren – das heißt, dass wenn Strom aus Erneuerbaren erzeugt wird, müssen Versorgungsunternehmen diesen kaufen und verbrauchen anstatt auf verfügbaren Kohle-, Erdgas- oder Kernkraftstrom zurückzugreifen – die traditionellen Kraftwerke ineffizient und unökonomisch arbeiten. „Grundlastfähige Kraftwerke sind darauf ausgelegt, auf kontinuierlicher Grundlage zu arbeiten … sie wurden errichtet, um mit ihrer höchsten Effizienz 24 Stunden pro Tag und sieben Tage in der Woche zu funktionieren“. Jetzt arbeiten diese Kraftwerke wegen der Erneuerbaren nur zu einem Bruchteil der Zeit – obwohl die Kosten für Betreibung und Wartung konstant hoch bleiben. „Der Effekt von weniger Betriebsstunden muss kompensiert werden durch höhere Preise während dieser Stunden“.
Vor der großflächigen Integration erneuerbarer haben die Kraftwerke das Meiste verdient, wenn die Nachfrage hoch war – zur Tagesmitte (was auch die Zeit mit der am meisten erzeugten Solarenergie ist). Das Ergebnis beeinflusst die Kostenerholung. „Es gibt weniger Stunden, in denen die konventionellen Kraftwerke mehr verdienen als die marginalen Kosten, da sie weniger Stunden in Betrieb sind als ursprünglich geplant und in vielen Fällen nur Backup-Energie zur Verfügung stellen“.
 
Übersetzt bedeutet dies finanzielle Schwierigkeiten für die Versorger, die zu niedrigeren Aktienkursen und Kredit-Ratings geführt haben. (Man beachte: Aktien von Versorgern machen oftmals einen großen Teil der Pensionsfonds aus). Viele Kraftwerke werden vorzeitig geschlossen – was bedeutet, dass die ursprünglichen Investitionen nie zurück geflossen sind.
Weil der reduzierte Verbrauch die Kraftwerke daran hindert, ihre vollen Kosten zu decken, obwohl sie 24/7 verfügbar sein müssen, trachten die Betreiber dieser Kraftwerke danach, Subventionen in Form von „Kapazitäts-Zahlungen“ zu erhalten. Der Bericht erklärt, dass dies für ein wegen „ökonomischer Probleme“ von der Schließung bedrohtes Kraftwerk gilt. Allerdings wird „dieses Kraftwerk per Verordnung“ am Laufen gehalten wegen dessen Bedeutung zur „Erhaltung der System-Stabilität“. Die Fixkosten des Betreibers werden in diesem Falle ausgeglichen.
——————————————————————
Jeder, der diese Studie mit dem Titel [original] Development and Integration of Renewable Energy liest, wird zu der Schlussfolgerung kommen, dass die Bereitstellung effizienter, effektiver und ökonomischer Energie viel mehr erfordert als die Märchenerzähler der Erneuerbaren die Verbraucher glauben machen wollen. Ein Solarpaneel auf das Dach pappen enthält viel mehr als lediglich die Installation. Das deutsche Experiment beweist, dass Schmetterlinge, Regenbögen und Koboldstaub die Welt keineswegs mit Energie versorgen – Kohle, Erdgas und Kernkraft sind allesamt wichtige Teile des Energie-Portfolios.
Warum bloß hat Merkel Deutschlands Hinwendung zu einem energie- und wirtschaftlichen Selbstmord fortgesetzt? Das ist alles Bestandteil der globalen Schande [shaming], die auf Klima-Gipfeltreffen wie jüngst in Lima zu Ende gegangen stattfindet.
Wenn doch bloß die US-Gesetzgeber diese Studie lesen würden, bevor sie für mehr Subventionen für erneuerbare Energie stimmen, aber, zum Kuckuck, sie lesen nicht einmal die Rechnung – weshalb Rufe von gebildeten Auftraggebern so wichtig sind. Ich bin optimistisch. Vielleicht können wir aus dem deutschen Experiment lernen, was sie selbst noch nicht gelernt haben.
Link: http://www.cfact.org/2014/12/16/germanys-energy-transformation-unsustainable-subsidies-and-an-unstable-system/
Übersetzt von Chris Frey EIKE