„Weinzierls Nachfolger im BUND sind eiskalte Technokraten“ Interview mit Enoch zu Guttenberg, Mitbegründer des BUND
Peter Schmidt: Sie waren Mitbegründer des BUND. Sie sind 2012 ausgetreten wegen der billigenden Haltung des BUND zur Umweltzerstörung durch Windkraft. Meine Heimat Rheinhessen ist inzwischen fast unbewohnbar gemacht durch Wind“parks“, man fühlt sich in einer Mondlandschaft gestrandet. Hatten Sie den Eindruck, dass Teile der Mitgliedschaft Ihre Ablehnung nachvollziehen konnte?
Enoch zu Guttenberg: Seit meinem Austritt – Mai 2012 – aus dem BUND, dem ich vor allem in den ersten politisch schweren Jahren nach dessen Gründung als Vorstandsmitglied und als Sprecher seines wissenschaftlichen Beirats dienen durfte, bekomme ich ununterbro-chen zustimmende Briefe von verzweifelten und frustrierten BUND-Mitgliedern. Es lassen sich aus diesen Korrespondenzen im Wesentlichen drei Gruppen herausfiltern:
Etwa 60% der genannten Personen, oft Kreisvorsitzende oder andere Verantwortungsträger auf mittlerer Ebene des Verbandes, sind zutiefst erschüttert und enttäuscht von der derzeitigen zerstörerischen und destruktiven Politik ihrer Führung. Dennoch versuchen diese aber innerhalb des Verbandes und innerhalb Ihrer direkten Verantwortungsbereiche so viel wie möglich vor Ort zu verhindern und nach der alten Natur- und Umweltphilosophie zu handeln, wie diese von Männern wie Hubert Weinzierl oder Bernhard Grzimek und von Konrad Lorenz vertreten und vorgelebt wurde. Diese BUND-Mitglieder hoffen dezidiert auf eine baldige personelle Veränderung in der Vorstandschaft des Verbandes, und damit auf ein Zurück im BUND zu einem dringend notwendigen klassischen Natur- und Umweltschutz.
Eine zweite Gruppe versucht, sich deutschlandweit neu zu formieren und ist zurzeit noch in den verschiedensten Bürgerinitiativen engagiert, vor allem dort, wo durch Wind- und Photovoltaik“parks“ Landschafts- und Naturschutzgebiete sowie Naturparks für immer zerstört werden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann neben dem äußerst verdienstvoll agierenden Dachverband der Windkraft-Gegner „VERNUNFTKRAFT“ auf Bundesebene ein neuer Natur- und Umweltschutzverband gegründet wird, der das Zeug dazu hat, die verantwortungslosen und korrumpierten Technokraten des BUND zu entlarven und deren verlogenes Handwerk zu legen.
Die dritte Gruppe schließlich hat den BUND bereits verlassen und fürs Erste den Glauben an einen redlichen Natur-, Umwelt- und Tierschutz in Deutschland verloren. Diese Menschen müssen dringend aufgefangen und für ein neues Engagement um unser aller Heimat willen gewonnen werden.
Peter Schmidt: In der Öffentlichkeit wird den Gegnern der Windkraft gerne verunglimpfend unterstellt, Opfer einer „Lobby“ zu sein. Diese „Haltet den Dieb“-Methode funktioniert erstklassig, obwohl die Umweltbewegung selbst einer der mächtigsten Lobbyisten weltweit ist und Billionen an Subventionen und Spenden eintreibt. Können Sie diese Lobby-Arbeit am Beispiel des BUND anschaulich beschreiben?
Enoch zu Guttenberg: Erst einmal ist es richtig, dass WIR, die Gegner der Windkraft-Großindustrialisierung unserer Kulturlandschaften, uns gleich mehreren Lobbys verpflichtet fühlen und uns denen sogar gerne als „Opfer“ erlegen, beziehungsweise verpflichtet fühlen.
Unsere erste Lobby sind unsere Kinder und Enkel! Sie haben ein Recht darauf, Ihre jeweilige Heimat noch an einem identifikationsstiftenden Landschaftsbild und nicht an der Menge der Windparks in ehemaligen Wäldern und verwüsteten Kulturlandschaften zu erkennen. Unsere Sorge in diesem Zusammenhang gilt auch der Landbevölkerung, die einfach diesen Riesenmonstern ausgesetzt wird, ohne dass sich einer der Verantwortungsträger um deren Gesundheit und den damit verbundenen Stressfaktoren schert. Ganz abgesehen davon, dass auch die Stadtbevölkerung um unzählige Naherholungsgebiete zur unanständigen Bereicherung einiger Weniger kalt enteignet wird.
Unsere zweite Lobby sind die von ihren offiziell bestellten Schützern zum Tod verurteilten höchstgefährdeten Arten, sind die von ihren offiziell bestellten Schützern verkauften deutschen Kulturlandschaften, ist die von ihren offiziell bestellten Schützern verratene Natur.
Unsere dritte Lobby sind die unzähligen gutwilligen Menschen, die immer noch glauben, der Natur, der Umwelt, der Zukunft und vor allem ihrem Geldbeutel etwas Gutes zu tun, wenn sie in Wind-, beziehungsweise Bürgerräder investieren. Die Diskussion um die katastrophalen und irreversiblen Schäden, die eine Großindustrialisierung durch Windräder in unseren Wäldern und ländlichen Räumen anrichtet, ist langsam in der Öffentlichkeit angelangt.
Dass aber gut 70 % aller deutschen Windräder unwirtschaftlich sind und die meisten investierenden Bürger kaltblütig betrogen und über die Tische gezogen werden, ist jetzt erstmalig den Medien zu entnehmen gewesen. Im Übrigen konnten diese Zahlen von den Windrad-Bauern und -Betreibern bis jetzt nicht dementiert werden, da dies das Zahlenmaterial des eigenen Dachverbandes ist und ungewollt an die Öffentlichkeit gelangte.
Schließlich, wie von Ihnen angedeutet, wird den Windrad-Gegnern pauschal vorgeworfen, von der Atomlobby angeheuert worden zu sein. Das ist die infamste Unterstellung, die uns ehemaligen Mitstreitern des BUND UMWELT UND NATURSCHUTZ DEUTSCHLAND noch dazu von den einmal mit uns verbundenen Verantwortungsträgern des BUND zugemutet wird.
Auf die Frage nach der Lobbyarbeit der großen Umweltverbände kann ich nur feststellen: Jeder Cent, jeder Euro, jede Million, die von den Verbänden für die genannten Lobbys, also für den Natur- und Artenschutz, für den Landschaftserhalt und damit für das Wohl der Menschen eingetrieben wird, ist dringend notwendiges und richtig eingesetztes Geld. Alles Geld aber, das von den Verbänden angenommen wird, um stillzuhalten im Angesicht der größten Naturverheerungen der Nachkriegszeit und alles Geld, was von den Verbänden so-gar selbst in großem Stil in die Hand genommen wird, um am großen Windrad-Kuchen teil-zuhaben, sind schmutzigste Judassilberlinge.
Peter Schmidt: Die Tierschutzlobby entwickelt sich immer weiter in Richtung einer fanati-schen Religionsgemeinschaft, der jeder Bezug zur Wirklichkeit abhanden gekommen ist. Inzwischen wird die Frage des Bürgerrechts für Tiere diskutiert, andererseits schaut man skrupellos zu, wie hundertausende Tiere von Windmühlen geschreddert werden. Haben Sie ein Erklärungsmuster für dieses Verhalten?
Enoch zu Guttenberg: Tierschutz ist, wie Natur- und Umweltschutz auch, einer der wichtigsten Einrichtungen und Gegengewichte zu den unbestreitbaren Gefahren, die mit einer Industrie- und Wachstumsgesellschaft einhergehen. So wie vor kurzem Wachstumswahn und spätkapitalistische Marktwirtschaft ohne funktionierende Kontrollmechanismen die zivilisierte Welt um das Haar zum Kollabieren brachten, so schadet fanatisierter Tierschutz in der Regel gerade den Tieren und ideologisierter Natur-und Umweltschutz gerade der Natur. Ein furchtbarer Circulus vitiosus, dessen Wurzeln immer noch fest in unserer jüngeren Ver-gangenheit verankert sind.
Peter Schmidt: Offensichtlich ist, dass der religiöse Tierschützer große Unterschiede macht. Katze, Hund, Pferd, Kuh und das süße Bambi rufen feuchte Augen hervor, Fledermäuse und Käfer haben zwar ein Lebensrecht, wenn es um die Verhinderung von Baumaßnahmen geht, aber kein Lebensrecht mehr, wenn der Windpark kommt. Ganz abgesehen von den Milliarden und Abermilliarden Tieren, Ratten, Nager, Insekten, die im Zuge des Getreideanbaus ihr Leben lassen. Wie fanatisiert muss man sein, um all dies nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen?
Enoch zu Guttenberg: Diese Frage sollten erfahrene Psychologen den Führern der genannten Verbände stellen.
Peter Schmidt: Gab es ein Schlüsselerlebnis, bei dem Ihnen bewusst wurde, dass der von Ihnen mitgegründete Naturschutzverband sich von einer integren Schutzgemeinschaft in eine ideologisierte Sekte verwandelt hat? Ist es als schleichender Prozess zu sehen, oder gab es ein prägendes Ereignis, das diese Wende bewirkte?
Enoch zu Guttenberg: Ich würde nicht so weit gehen, den BUND oder dessen bayrischen Bruder, den BN, oder einen anderen großen Umweltverband als eine Sekte zu bezeichnen. Dafür sind in all diesen Schutzgemeinschaften noch viel zu viel hochanständige und hochmotivierte Mitglieder, die auf den diversesten Gebieten Fabelhaftes leisten und die unser aller hohen Respekt verdienen.
Hinzu kommt, dass viele Naturschützer sich einfach noch nicht eingestehen wollen oder vielleicht tatsächlich noch nicht erkennen können, dass die von uns allen fast hergebetete Energiewende sich in eine furchtbare Natur und Leben fressende Hydra verwandelt hat. Die eigentliche Katastrophe für den BN, wie den BUND waren das Ausscheiden des Nestors und Doyens des deutschen und europäischen Naturschutzes – Hubert Weinzierl – und der damit verbundene Führungswechsel in beiden genannten Verbänden.
Weinzierl war und ist ein ebenso sensibler, künstlerischer, wie leidenschaftlicher Naturschützer und Umweltpolitiker, der immer die Zeichen der Zeit früh genug erkannte und auch jetzt wieder vor der zerstörerischen Gewalt der gerufenen und nicht mehr zu bändigenden Geister dieser Energiewende warnt. Goethes Hexenmeister lässt grüssen! Weinzierls Nachfolger sind eiskalte Technokraten, gleichzeitig aber verblendete und machtbesessene Ideologen. Diese sind verantwortlich für den schleichenden Wandlungsprozess des BUND von einem der renommiertesten Umweltschutzverbände der Welt zu einem unser Land endgültig industrialisierenden Weltverbesserungsverein.
Peter Schmidt: Was wäre das Leben ohne Hoffnung, wie Hölderlin meinte. Gibt es aus Ihrer Sicht optimistische Ausblicke?
Enoch zu Guttenberg: Legte man der Frage nach optimistischen Ausblicken nur die ge-schichtlichen Erfahrungen gerade der letzten 100 Jahre zugrunde, müsste man mit einem klaren Nein antworten. Gäbe es aber im tiefsten unserer Seelen nicht wenigstens den heißen Wunsch von Hoffnung auf Hoffnung, hätten zum Beispiel Hubert Weinzierl und Bernhard Grzimek nicht mit – und in – unserem Bund gekämpft. Ich persönlich halte es mit der hinrei-ßenden Martin Luther-Überlieferung:
Ein Schüler Martin Luthers begegnet dem Reformator, wäh-rend dieser ein Apfelbäumchen pflanzt. Der Schüler fragt den Meister, was dieser wohl tue, wenn er wüsste, dass morgen die Welt untergehe. Martin Luther antwortet gelassen: „Ap-felbäumchen weiter pflanzen….“
Zuerst erschienen im Blog des Deutschen Arbeitgeber-Verbandes hier