Die Energiewende zerstört ein zuverlässiges System

Die deutsche „Energiewende“ zerstört ein Versorgungssystem, das Strom liefert, der preiswert und jederzeit verfügbar ist. Sie verteuert den Strom auf unverantwortliche Weise und setzt Unternehmen wie Privathaushalte unnötig der Gefahr plötzlicher Stromausfälle aus (hier). Aber sie wirkt zerstörend nicht nur in Deutschland, sondern fügt auch Nachbarstaaten Schaden zu. Ein Beispiel dafür sind die Schweiz und Österreich. Beide Alpenländer haben viele kleine Flüsse, deren Strömung, deren starkes Gefälle sie für die Stromerzeugung ausnutzen. Diese kleinen Laufwasser-Kraftwerke tragen dort wesentlich zur Stromversorgung bei. Ihre Erzeugungskosten für Strom liegen bei verbraucherfreundlichen 5 Cent je Kilowattstunde. Es macht also Sinn, ein solches Wasserkraftwerk zu betreiben. Bisher, denn nun wird diese umweltfreundliche Stromerzeugung durch Deutschlands „Energiewende“ mit dem Aus bedroht.
Das Verhökern an der Strombörse
Auf diese weitere Energiewende-Folge macht die Stromverbraucher-Schutzvereinigung NAEB*) aufmerksam. Um zu verstehen, warum diesen Kraftwerken in Österreich und der Schweiz das Aus droht, ist der Hintergrund zu erklären: Der wesentliche gesetzliche Bestandteil der Energiewende ist bekanntlich das interventionistische Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es zwingt dazu, den Strom aus Wind, Sonnenschein und „Biogas“ (landläufig Ökostrom genannt) mit Vorrang abzunehmen und ins Stromnetz einzuspeisen. Erst danach darf Strom der herkömmlichen Dampf- und Gaskraftwerke verbraucht werden und ins Netz fließen. Diesen Ökostrom müssen die Netzbetreiber mit lukrativen, im EEG festgelegten Sätzen vergüten. Die Vergütung ist im Durchschnitt vier- bis fünfmal höher als die Erzeugungskosten der Dampf- und Gaskraftwerke. Außerdem pflegt das Ökostrom-Angebot unberechenbar zu schwanken. Weht zuviel Wind, scheint zuviel Sonne, und ist der Strombedarf zugleich geringer als der jeweilige Bedarf, würde ein solches Überangebot an diesem teuren Ökostrom keine Abnehmer finden. Daher wurde festgelegt, den Strom zu jedem Preis, also weit unter dem Gestehungspreis und unter den Erzeugerpreisen der Dampfkraftwerke an der Strombörse zu verhökern.
Was den Ökostrom-Erzeuger vom Bäcker unterscheidet
Zur weiteren Hintergrund-Erläuterung ist in der NAEB-Mitteilung zu lesen: „Inzwischen wird mit jeder neuen Ökostromanlage bei Starkwind und Sonnenschein immer häufiger mehr Ökostrom erzeugt als in Deutschland gebraucht wird. Da Strom wirtschaftlich nicht speicherbar ist, wird er in diesem Fall verschenkt oder es wird sogar eine Zuzahlung an den Abnehmer geleistet, um das Netz nicht zu überlasten. Gelingt auch dies nicht, müssen Anlagen abgeschaltet werden. Den Betreiber stört das nicht. Er bekommt nach dem EEG auch eine Vergütung für den nicht gebrauchten und nicht gelieferten Strom. Ein Bäcker, der zu viele Brötchen gebacken hat, bleibt dagegen ohne Entschädigung auf den restlichen Brötchen sitzen.“
Die größte Dumping-Aktion der Welt
Ich zitiere zur Erklärung aus der Mitteilung weiter: „Die als Vermarktung propagierte Entsorgung des unbrauchbaren Ökostroms ist typisches Dumping. Sie ist die größte Dumping-Aktion in der Welt. Wir, als Stromkunden, müssen dafür jährlich über 20 Milliarden Euro (250 Euro pro Einwohner) als EEG Umlage bezahlen. Dumping soll den Wettbewerb schwächen bis zur Vernichtung. Dieser Prozess läuft zurzeit. Die Dampfstromerzeuger müssen in die niedrigen Dumpingpreise des Ökostroms einsteigen. Der mittlere Strompreis an der Börse ist dadurch von 5 Cent pro Kilowattstunde auf 3 Cent pro Kilowattstunde in den letzten Jahren gefallen. Für den Verbraucher müssten die fallenden Börsenpreise zu geringeren Stromkosten führen, so behaupten es immer wieder die Grünen mit Trittin an der Spitze. Doch das Gegenteil ist der Fall. Je weniger für den Ökostrom an der Börse gezahlt wird, umso höher ist die EEG-Umlage, die ja der Stromkunde als Dumping-Kosten bezahlen muss. Es ist schon eine Unverfrorenheit der Grünen-Politiker, den vielen Mitbürgern, die die Zusammenhänge nicht überschauen, die Mär aufzubinden, die günstigen Börsenstrompreise würden nicht an den Verbraucher weitergegeben.“
Die programmierte Insolvenz
Und weiter: „Die Dampf- und Gaskraftwerke versuchen, durch Personalabbau und geringere Wartung bei diesem Preisverfall wenigstens noch die Betriebskosten zu verdienen. Doch das kann nicht lange gutgehen. Die Kraftwerke müssen bei verringerter Wartung häufiger ausfallen. Rücklagen für große Reparaturen oder gar einen erforderlichen Neubau können nicht gemacht werden. Kurz: Die Insolvenz der konventionellen Steinkohle- und Gaskraftwerke ist durch das unsinnige EEG programmiert. Nur die Braunkohlekraftwerke können bei den derzeitigen Preisen überleben.“
Der Schaden in Österreich und der Schweiz
„Im Strombereich ist Deutschland keine Insel“, heißt es in der NAEB-Mitteilung weiter. „Wir sind in das Europäische Verbundnetz eingegliedert. Damit gelangt der Dumping-Ökostrom auch in unsere Nachbarländer. Die Kraftwerke dort müssen sich ebenso wie in Deutschland mit nicht kostendeckenden Strompreisen herumschlagen. Große Probleme haben die Laufwasserkraftwerke in der Schweiz und in Österreich. Sie haben hohe Wartungskosten wegen der starken Korrosion in den immer nassen Anlagen. Trotz Personalabbau bleiben sie in der Verlustzone wegen der in den letzten Jahren gefallenen Börsenpreise. Sie müssen ihre Arbeit einstellen, obwohl diese Stromerzeugung kaum die Umwelt belastet und die Erzeugerpreise nur ein Drittel der Ökostrompreise ausmachen. Damit geben die Alpenländer eine wichtige Stromerzeugung auf, die übrigens auch Strom nach Deutschland schicken sollen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Unfreundliche Auseinandersetzungen mit unseren Nachbarländern sind durch die deutsche ideologisch begründete Energiepolitik programmiert. Vielleicht werden sich alle Nachbarländer gegen das deutsche Stromnetz abschotten. Querregler, die Überschüsse an Ökostrom nicht mehr durchlassen, bauen bereits die Niederlande und Polen.“ So weit NAEB.
Auch Pumpspeicherwerke in Deutschland geraten in Not
Aber die Energiewende bringt nicht nur Laufwasserkraftwerke in den Alpenländern in betriebswirtschaftliche Not, sondern auch Pumpspeicher-Kraftwerke in Deutschland. Sie speichern Wasser, das sie in ein großes Becken oberhalb des Kraftwerks gepumpt haben, und nutzen das Gefälle aus, um mit dem herunterströmenden Wasser Turbinen mit Stromgeneratoren anzutreiben. Das Wasser im Becken dient als indirekter Stromspeicher. Die potentielle Energie des gespeicherten Wassers wird zur kinetischen Energie, wenn es für die Umwandlung in elektrische Energie gebraucht wird. Hochgepumpt wird das Wasser mit Strom, wenn er im Überangebot (zum Beispiel nachts) vorhanden ist, heruntergelassen, wenn ein Spitzenbedarf an Strom zu decken ist. Diese Kraftwerke ermöglichen also einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Sie sichern die Stabilität des Stromnetzes und die Zuverlässigkeit der Stromversorgung. Derzeit und wohl auf noch lange Zeit sind sie die einzige Möglichkeit, Strom großtechnisch (indirekt) zu speichern und ihn abzurufen, wenn der Bedarf hochschnellt.
Ein Gutachten sieht trübe
Aber weil immer mehr Ökostrom auf den Markt kommt, rentieren sich die Pumpspeicher-Kraftwerke kaum noch. Dabei sind sie für den unzuverlässigen, flatterhaftigen Ökostrom noch nötiger als vor der „Energiewende“. Wie die FAZ im August berichtet hat**), „beklagen die großen Speicherbetreiber, dass sie genau wegen der Energiewende kaum noch etwas an ihren Wasserkraftbatterien verdienen“. Die FAZ verweist auch auf ein Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium. Dies komme zu dem Schluss, dass Pumpspeicher zwar wichtig, auf Sicht aber nicht wirtschaftlich zu betreiben seien. Die wirtschaftliche Situation für neue Pumpspeicherkraftwerke sei „mittel- und langfristig mit großen Unwägbarkeiten behaftet“. Bestehende Anlagen dürften geringe Renditen erzielen. Sogar eine „vorübergehende Stilllegung von Anlagen“ sei möglich, stellten die Gutachter fest.
Ungenügende Deckungsbeiträge in Schweizer und österreichischen Werken
Verglichen werden im Gutachten nach dem FAZ-Bericht auch Pumpspeicherkraftwerke in Österreich und der Schweiz. Dort hätten sie ein ungleich größeres Volumen und eine ungleich höhere Bedeutung. Die geringsten Deckungsbeiträge habe man für die Schweiz errechnet, die höchsten, aber ebenfalls ungenügenden, für Anlagen in Österreich. Das Ergebnis sei ernüchternd: „Die ermittelten Deckungsbeiträge dürften in der Regel nicht zur Refinanzierung von Neuinvestitionen in Pumpspeicherkraftwerke ausreichen.“ Neubauprojekte für Pumpspeicher in Deutschland, so die FAZ weiter, seien inzwischen begraben, nicht nur wegen des Widerstands von Naturschützern und Anwohnern, die keine Bergkuppen zu Speicherseen umfunktioniert sehen wollten.
Vattenfall bedauert inzwischen sein Engagement in Deutschland
In der Branche sei man sich sicher, der (auch in Deutschland tätige) schwedische Stromerzeuger Vattenfall werde die vor Jahren getroffene Modernisierungsentscheidung für das Kraftwerk in Wendefurth heute wohl kaum noch einmal treffen. Da werde auch die zeitweise Befreiung von Netzkosten nicht helfen. Vattenfall ist nach FAZ-Angaben mit einer Kapazität von etwa 3000 Megawatt der größte deutsche Pumpspeicherbetreiber mit Anlagen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Inzwischen leide er an seinem Engagement. Wegen der Stilllegung seiner Kernkraftwerke hat Vattenfall die Bundesregierung verklagt – vor einem Schiedsgericht in New York. Der Konzern fordert von Deutschland 4,7 Milliarden Euro als Entschädigung (siehe hier).
„Energiewende“ wie „Blitzkrieg“
Vermutlich wird das Wort „Energiewende“ in den angelsächsischen Sprachschatz eingehen wie das Wort „Blitzkrieg“. Oder ist es vielleicht schon. Der Vergleich verführt zu einer ironischen Wortspielerei: Die Energiewende mit dem Ausstieg aus der Kernkraftnutzung für die Stromgewinnung kam mit der eigenmächtigen Verkündung durch Kanzlerin Merkel wie ein Blitz aus heiterem Himmel. So mancher im Ausland amüsiert sich über diese deutsche Verrücktheit. Aber die Stromverbraucher in Deutschland sind not amused. Deutschland schadet sich selbst. Die Vorstellung, dass die deutschen Politiker die ruinöse Wirkung nicht erkennen oder erkennen wollen, dass sie also absichtlich geschieht, fällt schwer.
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*) Wenn Sie dies lesen, sollten Sie wissen, dass ich dieser Schutzvereinigung als Beiratsmitglied angehöre. Der Originaltext der Mitteilung hier. Alle NAEB-Mitteilungen hier   und hier. Kontakt aufnehmen können Sie hier. Der Vortrag des NAEB-Vorsitzenden Heinrich Duepmann „So funktioniert unser Stromnetz – Zusatzkosten der Energiewende“ hier – auch andere seiner Vorträge. Die NAEB-Homepage hier. Info-Prospekt hier und hier. Falls Sie Mitglied werden wollen hier.
Der Beitrag von Dr. K.P. Krauses Blog übernommen hier