Die gefährliche Utopie der Klimakrieger
Die jahrzehntelange Propaganda selbsternannter Klimaschützer war überaus erfolgreich. Die Idee von der Notwendigkeit zur Dekarbonisierung ist bereits in einem nicht mehr steigerungsfähigen Ausmaß in der Politik verankert. Das Wort von der Erderwärmung als größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte wird tagtäglich durch die Medien verbreitet. Umwelt- und sonstige Interessenverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und ein großer Teil der Wirtschaft agieren in dieser Angelegenheit wie gleichgeschaltet. Selbst die Bevölkerung stimmt dem Raubzug namens Energiewende mehrheitlich zu. Ganz zu schweigen von vielen weiteren Geldverbrennungsaktionen (Elektromobilität) und einer Unmenge an Vorschriften und Gängelungen, die Freiheiten in vielerlei Hinsicht einschränken.
Stefan Rahmstorf und seine Mitkämpfer haben erreicht, was zu erreichen war. Skepsis ist an den Rand gedrängt und lebt nur noch in wenigen Online-Biotopen. Die Präsenz der Apokalypse in unser aller Phantasie kann nicht noch weiter gesteigert werden. Jedes neue Menetekel verpufft daher wirkungslos.
Die im einleitenden Zitat deutlich werdende Frustration beruht wohl eher auf dem Ausbleiben realer Effekte nach 30 Jahren Klimadebatte. Die Emissionen sinken nicht. Sie steigen auf breiter Front – im Jahr 15 der Energiewende auch wieder in Deutschland. Klimaschutz ist etabliert ohne zu funktionieren. Die Hindernisse sind nicht ein Mangel oder eine verfehlte Gestaltung politischen Handelns. Die Hürde liegt im Menschen selbst und in den Gegebenheiten, die er auf seinem Planeten vorfindet.
Die Bereitstellung von Energie in geeigneter Form ist die Grundlage unseres Wirtschaftens. Die Basis einer modernen, aufgeklärten und Prinzipien wie Freiheit und Gleichheit verpflichteten Zivilisation ist ein diskriminierungsfreier Zugang zu Energieträgern. Es sollte nicht vom individuellen Wohlstand abhängen, nicht vom Wohnort und nicht vom Zeitpunkt, ob man heizen oder kochen, etwas produzieren und seine Mobilitäts- oder Kommunikationsbedürfnisse stillen kann. Allein Kohlenwasserstoffe wie Kohle, Erdöl, Erdgas und Methanhydrat, bei deren Verbrennung prinzipbedingt Kohlendioxid entsteht, erfüllen diesen Anspruch. Nur sie können die erforderliche Vielfalt an Maschinen und Apparaten betreiben (insbesondere über den Umweg der vorgeschalteten Umwandlung chemischer Energie in Elektrizität), sind weit genug verbreitet, einfach genug transportabel und häufig genug vorhanden. An irgendeinem Punkt jeder Wertschöpfungskette wird daher immer auf sie zurückgegriffen. Aktuell etablierte Klimaschutzmaßnahmen bedeuten nur eine Verlagerung der Emissionen. Leichtbau mittels Kohlefaserverbundwerkstoffen beispielsweise verschiebt diese vom Betrieb eines Fahrzeuges hin zu dessen Herstellung. Maßnahmen, die der Effizienzsteigerung dienen, erzeugen in wettbewerblich orientierten Märkten automatisch Rebound-Effekte. Ein prägnantes Beispiel ist die zivile Verkehrsluftfahrt, in der Effizienzsteigerungen von 1-2% pro Jahr ein Wachstum der zurückgelegten Passagierkilometer (und damit der Emissionen) von 4-5% über sinkende Ticketpreise induzieren. Auch indirekte Rückkoppelungen sind hier zu nennen. Was man an Heizkosten spart, fließt eben in die nächste Urlaubsreise.
In gewissem Umfang substituierbar sind Kohlenwasserstoffe nur durch Energieträger wie Uran oder Thorium, die die Nutzung der Kernkräfte gestatten. Auch diese findet man überall auf der Welt in ausreichender Menge. Zur Verfügung steht eine erprobte Technologie allerdings nur für die stationäre Verwendung und für die Energieversorgung von Schiffen, die gegenwärtig in Deutschland nicht die erforderliche Akzeptanz besitzt.
Andere geeignete Energieträger hat unser Planet leider nicht zu bieten. Manche (etwa Ammoniak) kommen durchaus in der Natur vor, sind aber vergleichsweise selten. Natürliche Energieflüsse wie strömendes Wasser oder die Erdwärme anzuzapfen, ist nur in Regionen mit geeigneter Geographie möglich. Wind und Sonne liefern wetterabhängig unzuverlässig und ungeregelt. Man kann sie natürlich durch Energiespeicher puffern und insbesondere die Herstellung von Energieträgern wie Wasserstoff mit ihrer Hilfe gilt als Pfad zur „klimaneutralen“ Gesellschaft. Ein Irrweg.
“Energie” ist ein abstrakter physikalischer Begriff. Der Energiegehalt eines Systems steht für dessen Fähigkeit, Arbeit zu leisten. Da man Energie nicht aus dem Nichts gewinnen kann, ist dieses Potential dem System wiederum durch Arbeit zuzuführen. Auch Energiespeicher wie Pumpspeicher oder Batterien sind letztendlich Maschinen, die Arbeit leisten, um eine Energieform in eine andere zu überführen. Aus Windstrom Wasserstoff zu machen, ist nicht Energieproduktion, sondern Energieverbrauch. Bei Kohlenwasserstoffen hingegen hat die Natur den größten Teil der Arbeit bereits geleistet. Seit mindestens zwei Milliarden Jahren nutzen Algen in den Weltmeeren das Sonnenlicht, um Kohlenhydrate zu synthetisieren, aus denen durch weitere chemische und physikalische Prozesse Stoffe wie Erdöl und Erdgas hervorgegangen sind. Zwischen diese Quelle und den Nutzer einen aus Unmengen an Beton und Stahl bestehenden weiteren Umwandlungsschritt zu setzen, stellt eine Vernichtung von Werten dar, die einmal mehr Emissionen nur verlagert. Ganz wie beim Elektromobil, dessen Batterie mit Strom aus einem Gaskraftwerk geladen wird. Effizienter wäre, das Gas direkt im Motor zu verbrennen.
So also funktioniert Dekarbonisierung nicht. Es verbleibt die Biomasse als mögliche Basis für eine Transformation des Energiesystems. Aus Pflanzen hergestellte Gase und Treibstoffe, sowie Holz und Holzkohle könnten tatsächlich rein von ihrer chemischen Struktur her die Maschinen dieser Welt antreiben. Man darf sie nur nicht schneller verbrauchen, als die Pflanzen wieder nachwachsen. Denn das Problem der geringen Energieproduktivität pro genutzter Flächeneinheit ist bei Biomasse noch weit ausgeprägter als bei Wind- und Solarenergie. Selbst die Nutzung der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands, also aller vorhandenen Felder und Weiden, zur ausschließlichen Produktion von flüssigen Biotreibstoffen und Biogasen könnte den hiesigen Energiebedarf nicht decken.
Wer trotzdem wissen will, wie eine auf diese Weise dekarbonisierte Gesellschaft aussehen könnte, mag 300 Jahre in die Vergangenheit schauen. In eine Zeit, als Eisenerz noch mit Holz- statt mit Kokskohle verhüttet wurde. Man sieht Staatswesen, in denen der Reichtum einiger weniger durch die Ausbeutung vieler ermöglicht wurde, in denen Armut für die Masse der Bevölkerung ein unüberwindbares Schicksal darstellte. Die Agrarwirtschaft war der dominierende Sektor, getragen von der manuellen Arbeitskraft von Menschen und Nutztieren. Die Sklaverei in allen ihren Facetten konnte erst überwunden werden, als eine neue, überall in ausreichenden Mengen verfügbare Energiequelle für den Betrieb von Maschinen aller Art in die Menschheitsgeschichte eintrat. Man kann mit Recht einwenden, auf dieses Niveau würde eine „moderne“ dekarbonisierte Zivilisation kaum mehr herabsinken. Denn immerhin stehen heute weit fortgeschrittenere technische Systeme zur Verfügung. Aber was die Utopie der Klimakrieger mit der vorindustriellen Zeit verbindet, ist der Mangel an Entwicklungsmöglichkeiten.
Die konsequente Transformation der Energiesysteme führt zwangsläufig zu Preissteigerungen bei gleichzeitig sinkender Versorgungssicherheit. Auch eine flexibel auf steigende Bedarfe reagierende Ausweitung des Angebotes an Strom und Treibstoffen wäre kaum mehr möglich. Als Folge ergeben sich erhebliche Auswirkungen auf die individuelle Lebensgestaltung wie auch auf die Produktion von Gütern aller Art. Im Gegensatz zur Propaganda der Nachhaltigkeitspropheten ist die moderne Welt nicht mit Konsum- oder Verhaltenszwängen verbunden. Es geht nicht darum, den ganzen Tag mit dem Auto zu fahren und dabei Burger verzehren zu müssen. Der Unterschied zu vergangenen Epochen besteht in der Möglichkeit, es zu können, wenn man denn möchte. Dekarbonisierung hingegen beinhaltet die Einschränkung von Freiheit durch den Verzicht auf Optionen. Wenn der WBGU in seinem jüngsten Gutachten ein global einheitliches Emissionsbudget von zwei Tonnen Kohlendioxid pro Erdenbürger mit dem Prinzip der “Gleichheit” umschreibt, ist dies eine Perversion der Aufklärung. Denn der durch diese etablierte Grundwert “Gleichheit” meint eben nicht gleiche Einschränkungen, sondern gleiche Chancen.
Der Wohlstand eines Landes, dessen energetische Basis im wesentlichen Biomasse bildet, ergänzt durch Wind- und Wasserkraft sowie die Photovoltaik, hängt primär von den vorgefundenen geographischen und klimatischen Bedingungen ab, insbesondere von der verfügbaren Fläche fruchtbaren Ackerlandes. Und wer seinen Wohlstand mehren und die Versorgung der Bevölkerung verbessern will, ist zu einer territorialen Erweiterung gezwungen.
“Dieses ewige Gerede über den Krieg ist Narrheit und macht die Völker wahnsinnig. Was ist denn die Frage? Nur, daß wir Korn und Holz brauchen. Des Getreides wegen brauche ich Raum im Osten, des Holzes wegen brauche ich eine Kolonie, nur eine.”
So sprach Adolf Hitler am 11. August des Jahres 1939 (Quelle: Joachim C. Fest, Hitler, Propyläen-Verlag). Und obwohl dieses Zitat verdeutlicht, wie sehr er in strategischen Konzepten der Vergangenheit verhaftet war, widersprochen hat ihm damals keiner. Natürlich war es 1939 und in den Jahren zuvor schon irrsinnig, die Gewinnung von “Lebensraum im Osten” zur Überlebensfrage zu erklären. Heute würde sich erst recht der Lächerlichkeit preisgeben, wer einen Angriffskrieg für Getreide und Holz führen wollte. Obwohl schon ein gewisses Frösteln hervorruft, wie die Energiewende einerseits Phantasien über Autarkie hervorruft und andererseits desertecschen Energie-Imperialismus salonfähig macht.
In einer auf Biomasse angewiesenen Welt wäre die Hegemonie des Landbesitzes gegenüber allen anderen Konzepten des Wirtschaftens wieder etabliert. Längst überwunden geglaubte Vorstellungen über die Notwendigkeit zur Erweiterung eines Staatsgebietes könnten auf dieser Basis wieder aufkommen. Die nebenstehende Grafik stammt aus dem WBGU-Konzept zur “Großen Transformation” (Abbildung 8.2). Sie verdeutlicht die mit der angestrebten “Nachhaltigkeitskultur” einhergehende Senkung der Energieflächenproduktivität auf mittelalterliches Niveau. Die Folgen kann man sich ausmalen, in einem noch dazu weit dichter besiedelten Land mit weit höheren individuellen Energieumsätzen.
Diese Utopie der Klimakrieger mag regional begrenzt sogar durchsetzbar sein, weltweit aber sicher nicht. Zu unterschiedlich erscheinen die Interessen von Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern, ganz zu schweigen von den etwa fünfzig Staaten, die fossile Energieträger für den Export produzieren. Sollte aber die Rückkehr zu einem auf Biomasse basierendem Energiesystem tatsächlich überall durchgeführt werden, würde man dadurch reale Gefahren schaffen, die hypothetische Risiken eines Klimawandels weit übertreffen. Mögen Rahmstorf und seine Kollegen auch für den Moment die Meinung prägen können, den Bezug zum Machbaren haben sie längst verloren. Ein Gefühl für das Verantwortbare fehlte ihnen ohnehin schon immer. Am Ende ist die „Hyperenergiegesellschaft“ nicht nur die zwangsläufige Zukunft, sondern auch die attraktivere. Denn in ihr sind Gesellschaften robust gegenüber klimatischen Veränderungen. Ganz gleich, ob die vielen Warnungen alarmistischer Klimaforscher eintreffen oder nicht.
Übernommen von Science Sceptical hier