Wie grüne Energiepolitik Deutschland ruiniert – landschaftlich, wirtschaftlich, gesellschaftlich –
Mit ihren apokalyptischen Prognosen rechtfertigten sie unter wohlwollender medialer Begleitung jede denkbare Gängelung und Beschneidung bürgerlicher Freiheiten. Das Schüren von Ängsten und das Versprechen, die Welt vor ihrem Untergang zu bewahren, erwiesen sich als probate und erprobte Mittel des Stimmenfangs. Mit konstanten Stimmanteilen im zweistelligen Bereich wurden sie bundesweit zu Mehrheitsbeschaffern im rot-grünen Spektrum der Politik.
Das ließ die bürgerlichen Parteien nicht länger ruhen. Wenn die Grünen schon keine vorübergehende Erscheinung in der Parteienlandschaft sind, so die taktische Überlegung, gelinge schwarz-gelbe Stimmenmaximierung wohl am besten, wenn man sich das Weltbild der Ökopartei zu eigen macht. Die Liberalen als Hüter der individuellen Freiheit hatten nun auch nichts mehr gegen einen bevormundenden Staat, und die Unionschristen glaubten fortan, dass der Klimawandel nicht gott-, sondern menschengemacht ist. Wendig machten sie sich zu Erfüllungsgehilfen von Trittin & Co und seines strompreisbeschleunigenden Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Auch sie wollten nun mit einer zwischen Kernkraftphobie und CO-2-Dämonisierung eingeklemmten Energiepolitik die Stromversorgung eines hochindustrialisierten Landes von Wind und Sonne abhängig machen. Statt über dieses Abenteuer eine kontroverse politische Debatte zu führen, fügten sie sich opportunistisch dem Druck der Grünen und dem sie begleitenden Mainstream. Damit war Deutschland einig Öko-Land mit fatalen Folgen für Landschaft, Wirtschaft und Gesellschaft.
Zerstörte Natur – verschandelte Landschaften
Als unsere Städte im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges versanken, hatte wohl niemand damit gerechnet, dass skrupellose Ideologen fünfzig Jahre später die einmalig schönen, über Jahrhunderte hinweg intakt gebliebenen deutschen Landschaften zerstören. Von Ostfriesland über die Mittelgebirge bis zum Schwarzwald und zu den Alpen – Windräder wohin das Auge blickt. Über zweihundert Meter hohe, 7000 Tonnen schwere Stahlkolosse kontaminieren optisch und akustisch das freie Land, die Wälder und die Bergkämme. Riesige Solarplantagen und Monokulturen für Energiepflanzen ersetzen in ethisch geradezu perverser Weise die Nahrungsmittelproduktion und ersticken jegliche Artenvielfalt. Solardächer auf Kuhställen und Wohnhäusern verfremden Dörfer und Städte.
Gemessen an ihrem eigenen Anspruch, die Natur schützen zu wollen, hätten die Grünen eigentlich rot werden müssen (wenn sie es ohnehin nicht schon waren). Jahrelang beklagten sie das „Waldsterben“, fanden aber nichts dabei, die heimischen Wälder hektarweise für Windräder abzuholzen oder als Biomasse wie zu Zeiten der mittelalterlichen Köhlerwirtschaft zu verheizen. Großtrappen und Juchtenkäfer waren ihnen wichtig beim Bau einer ICE-Trasse und eines Tiefbahnhofs, aber hunderttausende Vögel und tausende Fledermäuse, geschreddert von den Rotorblättern der Windräder, schienen ihnen ziemlich egal zu sein.
Naturschutz als Herzensanliegen bei der Verhinderung von Infrastrukturprojekten, aber gleichzeitig bedenkenlose Naturzerstörung im Namen eines fiktiven Klimaschutzes – wie glaubwürdig ist das? Statt diesen Widerspruch aufzudecken und zu thematisieren, hüllten sich die bürgerlichen Parteien in vernehmbares Schweigen, weil sie im Zuge ihrer Ergrünung in eine argumentative Sackgasse geraten waren. Auch sie stellen nun das Land voll mit Windrädern, Sonnenkollektoren und Biogasanlagen und wollen das mit einem dichten Verkehrsnetz überzogene Land auch noch mit mehreren tausend Kilometern Stromtrassen zerschneiden. Dabei hätte man von ihnen eine größere Sensibilität für die Bewahrung der Heimat, der Natur und des kulturellen Erbes erwarten können. Wenn sich künftig im Alpenglühen die Rotoren drehen und die letzten Touristen gehen, wird man weithin sehen: auch die CSU hat den ökologischen Durchbruch geschafft.
In dem Maße, in dem die Union den Glauben an die menschengemachte Erderwärmung angenommen hat, ist die ehemalige Partei Ludwig Erhards vom Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft abgefallen. Ordnungs- und wirtschaftspolitisch orientierungslos hat sie sich in der rot-grünen Planwirtschaft des EEG verirrt. Ihren die politische Arena dominierenden Juristen scheinen sich die „Gesetze des Marktes“ nur über Paragraphen zu erschließen. Eifrig liefern sie in einer nicht für möglich gehaltenen Regelungsdichte ein Gesetzespaket nach dem anderen. Staatliche Bürokratie ersetzt den Markt. Nicht mehr die Nachfrage, sondern Zielvorgaben und Quoten wie in den Fünfjahresplänen des Sozialismus bestimmen das Angebot. Niemand scheint zu stören, dass Grünstrom ungezügelt zu einem für zwanzig Jahre gesetzlich garantierten Festpreis in Gestalt der Einspeisevergütung produziert werden kann, egal, ob ein Netzanschluss besteht, ob er gebraucht wird oder als „Wegwerfstrom“ ins Ausland verscherbelt wird. Die Differenz zum „Börsenpreis“ zahlen die Verbraucher mit der EEG-Umlage, die allen Marktregeln zuwider den Strom um so teurer macht, je mehr Grünstrom produziert wird.
Die Öko-Eiferer haben nichts dagegen, sie rechnen anders – wenn überhaupt. Sie zählen den „Zubau“ bei den das Land verschandelnden Windrädern und Sonnenkollektoren, addieren die im Schnitt nur zu 10 bis 25 Prozent erreichbare Nennleistung und erzählen, wie viel Haushalte mit Grünstrom versorgt werden können – so als ob Deutschland gerade erst am Anfang der Elektrifizierung stünde. Wind und Sonne tragen gerade einmal 1,3 und 0,7 Prozent des Primär-Energieverbrauchs in Deutschland bei. Das ist für die Regierungspropaganda eine „Erfolgsgeschichte“, für die Bürger aber ein kostspieliges Desaster.
Explodierende Strompreise
Die EU-Richtlinie von 1998 zur Energiemarktliberalisierung sollte mit niedrigen Strompreisen einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen Wettbewerb leisten. Aber grüne Ideologen haben Deutschland eine Sonderrolle zugemutet und seinen Bürgern ein Sonderopfer auferlegt. Sie machten den Strompreis zu einem politischen Preis, der zu mehr als der Hälfte aus Steuern, Abgaben und Umlagen besteht. Innerhalb von fünfzehn Jahren ist er für einen durchschnittlichen Dreipersonenhaushalt um 69 Prozent auf ein Rekordhoch gestiegen – mehr als zweieinhalb mal so schnell wie die Verbraucherpreise insgesamt.
Die von vielen geglaubte grüne Mär vom „Diktat aus der Steckdose“ sollte verschleiern, dass nicht die Energiekonzerne, sondern die Grünen und ihre Nachläufer schuld an den hohen Strompreisen sind. Sie waren es, die den teuren Grünstrom päppeln und ihm eine Chance geben wollten. Während bei den Energieversorgern die Kosten für Erzeugung, Transport und Vertrieb von 1998 bis 2013 nur um 12 Prozent stiegen, explodierten die staatlich veranlassten Belastungen des Strompreises um 243 Prozent.
Als Sprengsatz erwies sich die EEG-Umlage, die von 0,41 Cent im Jahre 2003 auf jetzt 6,24 Cent je Kilowattstunde angestiegen ist. Aus der Trittin´schen Eiskugel – so viel sollte einmal die „Förderung“ des Grünstroms die deutschen Durchschnittshaushalte monatlich kosten – ist die Altmaier´sche Eisbombe geworden, an der sich Reformator Sigmar Gabriel lange laben kann. Abgesehen davon haben sich die deutschen Haushaltsstrompreise vom EU-Durchschnitt immer weiter entfernt und liegen nun 48 Prozent darüber. Da dürfte die Bereitschaft der EU-Kommission, den Wind- und Sonnenfuror Öko-Deutschlands europaweit auszudehnen, sehr begrenzt sein.
Lange war die angstgetriebene Energiepolitik nur ein Thema ökologisch gesinnter Gutmenschen. Inzwischen aber hat sie das Portemonnaie der Normalbürger erreicht und die Politiker sind beunruhigt. In ihrer Not machen sie den nächsten Schritt in die staatliche Planwirtschaft ohne Plan. Sie greifen zu dem aus der Mangelbewirtschaftung bekannten, längst überwunden geglaubten Instrument des Preisstopps, um die von ihnen selbst angetriebenen Preise zu „bremsen“. Das ist Realsatire, getoppt nur noch dadurch, dass sie nicht mehr fähig sind, die Ursachen zu sehen und das EEG abzuschaffen. Zu sehr sind sie der Revolte der Profiteure, Lobbyisten, Länder, Landräte und „geschmierten“ Bürgermeister ausgeliefert.
Hunderttausende Betreiber von bereits bestehenden Wind-, Solar- und Biomasse-Anlagen kassieren staatlich garantiert bis 2022 über 317 Milliarden Euro, bezahlt von sämtlichen Stromverbrauchern mit der innerhalb von zwei Jahren von 14,1 auf nunmehr 23,6 Milliarden Euro gestiegenen EEG-Umlage. Sie belastet die privaten Haushalte mit 8,3 Milliarden Euro und ist zum gesetzlich legitimierten, risikolosen Griff der Grünstromprofiteure in die Taschen der Verbraucher geworden, von denen einige hunderttausend schon heute ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können. So generieren die regenerierbaren Energien „soziale Schieflagen“ und eröffnen dem staatlichen Interventionismus mit sozial gestaffelten Stromtarifen, Energiekostenzuschüssen, Erhöhung der Sozialtransfers, Mietenstopps etc. ein weiteres und weites Aktionsfeld.
Beginnende Deindustrialisierung
Alarmiert ist auch die Industrie, deren Vertreter lange Zeit staatsgläubig in der Hoffnung auf gute Geschäfte die „Große Transformation“ der konventionellen fossil-nuklearen Energiewirtschaft zur ökologisch basierten mitmachten. Man bejahte gehorsam die sogenannte „Energiewende“, aber die anfängliche Hochstimmung ist inzwischen verflogen. Langsam scheint es zu dämmern, welchen Jahrhundertschaden grüne Ideologen und ihre opportunistischen Nachahmer dem Industriestandort Deutschland bescheren. Die meisten wagen aber immer noch nicht offen zu sagen, dass der eingeschlagene Weg eine politische Dummheit war, ist und wohl auch bleiben wird.
Vor allem die hohen Energiekosten schrecken. Die Strompreise für Industriekunden haben sich seit 2000 mehr als verdoppelt und die Kostenspirale dreht sich weiter. Alle Wirtschaftssektoren tragen mit 12 Milliarden Euro etwas mehr als die Hälfte der
EEG-Umlage. Da sich die steigenden Energiekosten in der Regel in den Produkt- und Leistungspreisen – vom Brötchen bis zum Bahnticket – niederschlagen, wird den Verbrauchern doppelt Kaufkraft entzogen – über ihren Warenkorb und über ihre Stromrechnung.
Immer deutlicher zeigt sich, dass die Energiekosten, – nach dem Personal der zweitgrößte Kostenfaktor im industriellen Prozess – zu einem negativen Alleinstellungsmerkmal geworden sind, das nicht nur die energieintensiven Betriebe, sondern mittelfristig den gesamten Industriestandort Deutschland als Quelle seines Wohlstands gefährdet. Für Strom zahlt die deutsche Industrie 19 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt und mehr als doppelt so viel wie in den USA. Vor allem die Energiekostennachteile gegenüber den USA machen Deutschland für in- und ausländische Investoren zunehmend uninteressant.
Um die Arbeitsplätze zu retten, sehen sich die energiepolitischen Irrläufer in Berlin gezwungen, die von ihnen beschädigte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wenigstens teilweise zu reparieren. Wer besonders viel Energie verbraucht und/oder im internationalen Wettbewerb steht, kann auf Antrag ganz oder teilweise von der Öko-Umlage befreit werden. Somit wird im ehemaligen Musterland der Sozialen Marktwirtschaft in den Amtsstuben mit huldvoll gewährten Rabatten und nicht mehr am Markt über die Kostenstrukturen und letztlich über die Verbraucherpreise entschieden.
Die Ausnahmeregelungen für rund 2100 von insgesamt 45 000 Unternehmen sind für die EU-Kommission wettbewerbswidrige Beihilfen, für die Bundesregierung die Offenbarung ihres ordnungspolitischen Versagens. Mit der dreisten Behauptung, nicht die Grünstromsubventionen, sondern die „Privilegien“ der Industrie seien schuld an den hohen Strompreisen, versuchen die Ökos sich feige aus aus ihrer Verantwortung zu stehlen. Der Wegfall der Ausnahmeregelungen würde zwar die EEG-Umlage um 1,8 Cent pro Kilowattstunde senken, hätte aber gravierende Folgen für die Existenz von Firmen und die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Dass die Arbeitnehmer den teuren Grünstrom auch noch mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bezahlen sollen, ist den Grünen ziemlich egal. Denn Arbeitsplätze in der Industrie gehören nicht gerade zur bevorzugten Work-Life-Balance ihrer mit Staatsknete wohlversorgten Klientel.
Die grüne Energiezukunft besitzt alle Voraussetzungen für eine Deindustrialisierung Deutschlands, deren Drehbuch gerade bei den Energiekonzernen zur Aufführung gelangt. Diese waren einst Eckpfeiler des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts. Als sich aber nach tiefschürfenden geophysikalischen Erkundungen 2011 über Nacht herausstellte, dass die gleichzeitige Eintrittswahrscheinlichkeit eines Erdbebens und Tsunamis in Deutschland mit Epizentrum Baden-Württemberg am höchsten ist, wurden und werden rentabel, versorgungssicher und sauber arbeitende Kernkraftwerke per Staatsdekret entschädigungslos stillgelegt.
Obendrein lohnen sich milliardenschwere Investitionen in konventionelle Kraftwerke wegen des im Netz privilegierten Grünstroms nicht mehr – egal wie modern und energieeffizient sie sind. Den Energiekonzernen bleibt keine andere Wahl, als ihre schwach ausgelasteten Kraftwerke stillzulegen und sich aus Deutschland zurückzuziehen. Die ausbleibenden Gewinne drohen für viele Kommunen zu einem finanziellen Fiasko zu werden. Dass sich hier eine der größten Kapitalvernichtungen in der deutschen Wirtschaftsgeschichte vollzieht, scheint unsere energiepolitischen Geisterfahrer nicht zu stören.
Übrig bleiben einige systemrelevante Reservekraftwerke, die Kilowattstunden gegen Verlustausgleich produzieren müssen, wenn die Launen von Wind und Sonne die Netzstabilität gefährden. Dabei erstaunt, mit welcher Selbstverständlichkeit die Einschränkung der unternehmerischen Freiheit verordnet und hingenommen wird – wie in der Zentralverwaltungswirtschaft der ehemaligen DDR. Letzten Endes zahlen die Stromkunden allein dafür, dass die Energieversorger ihre unrentabel gewordenen Anlagen zur Vermeidung eines Blackouts nicht einmotten dürfen. Da in Deutschland Kohle im Vergleich zum umweltfreundlicheren und energieeffizienteren Gas relativ billig und als Braunkohle vor Ort verfügbar ist, wird wieder mehr Kohle verstromt und Kohlendioxid emittiert – mehr als in einem anderen Land der EU. Diesen Schildbürgerstreich bezahlen die deutschen Stromverbraucher 2014 per EEG-Umlage mit 23,6 Milliarden Euro für eine Strommenge, die an der Börse für gut zwei Milliarden Euro zu haben ist.
Energiesparen nach Wetterlage
Saubere, versorgungssichere und bezahlbare Energie sind Wunschträume einer Politik, die sich – losgelöst vom Markt – drei Energieversorgungsstrukturen leistet: eine ruinierte konventionelle, eine mit der Subventionsautomatik des EEG gepäppelte und schließlich eine im Notfall abrufbare – wenn es Nacht und windstill wird in Deutschland. Ungeachtet der damit verbundenen Kapitalvernichtung und Ressourcenverschwendung fühlen sich die grünen Ideologen berufen, ein 82-Millionen-Volk auf Energiespar-Modus zu schalten. In autoritärer Anmaßung greifen sie in alle Lebensbereiche ein, um den Bürgern beizubringen, was ihnen selbst nicht gelingt: mit dem Geld hauszuhalten und kostenbewusst zu wirtschaften. Dabei stehen die Unionsparteien in Sachen Volksbevormundung den grün-linken Parteien in nichts mehr nach.
Generell sparen die Deutschen gern, auch Energie – wenn es sich lohnt und Sinn macht. Stromsparen ist aber öko-logisch sinnlos, wenn Wind und Sonne eine Stromschwemme generieren, die ungespeichert den Börsenpreis senkt. Der stromsparende deutsche Michel hat außer einer höheren Stromrechnung davon nichts, weil er die durch seine Zurückhaltung größer gewordenen Differenz zwischen dem Börsenpreis und der fixen Einspeisevergütung der Günstromprofiteure mit der EEG-Umlage bezahlen muss. Wird der Stromüberhang ins Ausland verscherbelt, subventioniert er damit auch noch die niedrigen Strompreise der Nachbarländer.
Schlechte Karten hat der deutsche Grünstromkunde auch dann, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Da der Flatterstrom sein Angebot nicht nach der Nachfrage richtet, muss sich die Nachfrage nach dem Angebot richten, also nach der Wetterlage. An trüben, windstillen Tagen heißt das, auf Strom verzichten oder auf fossile Energieträger und – horribile dictu – auf Kernkraft ausweichen oder Strom teuer aus dem Ausland beziehen. In diesem Fall kämen dann Altmaiers Küchentipps aus der seinerzeitigen Anzeigenkampagne zum Zuge, denen zufolge man immer mit geschlossenem Topf kochen und den Backofen vor Ende der Garzeit abschalten soll. Auch Nachfolgerin Barbara Hendricks möchte da nicht nachstehen. Sie will die Erderwärmung mit warmen Pullovern in kühlen Wohnzimmern bekämpfen.
Energiesparappelle haben in Deutschland seit den Symbolfiguren eines „Kohlenklau“ in Kriegszeiten und eines „Wattfraß“ in der DDR Tradition. Immer sollten sie Großes bewirken. Diesmal sollen sie einem „Jahrhundertwerk“ zum Erfolg verhelfen, indem man den Bürgern weismacht, sie könnten auf politisch korrektem Weg das Klima schützen und neben Energie auch noch Geld sparen. Das erweist sich in vielen Fällen als Trugschluss, weil das Eingesparte durch steigende Belastungen laufend überholt wird. Aber „gegen eine Dummheit, die gerade in Mode ist, kommt keine Klugheit an“ (Theodor Fontane).
In Mode ist gerade, Bauherren nicht mehr darüber entscheiden zu lassen, wann sie welche energetischen Maßnahmen sich leisten wollen und können. Unübersehbare rigide staatlicher Vorgaben zwingen sie, Gebäude mit teils brandgefährlichen Kunststoffschichten zu verkleben, die nach Algen- und Schimmelbefall vorzeitig auf dem Sondermüll landen, wenn nicht regelmäßig (am besten elektrisch!) gelüftet wurde. Die Dämmungshysterie verteuert das Bauen und Wohnen, die Bauherren bleiben nicht selten auf ihren Kosten sitzen, die sie besser in ihre unsicher gewordene Altersversorgung investiert hätten. Steuererleichterungen und Billigkredite für Investoren einerseits und „Mietpreisbremsen“ andererseits lassen erahnen, dass sich der Wohnungsmarkt auf dem Weg zum Wohnungsamt befindet.
Energiesparen ist zu einem Akt nationaler Kasteiung geworden. Denn Energie gibt es genug. Weltweit gehen die Szenarien von reichlich vorhandenen Gas-, Öl- und Kohlevorkommen aus. Daneben gibt es, medial gerne ausgeblendet, in 33 Ländern 437 in Betrieb und 70 im Bau befindliche Kernkraftwerke. Überall werden riesige Gasvorkommen entdeckt. Aber statt sich darüber zu freuen, sind die Gestalter unserer Energiezukunft richtig erschrocken, weil sie fürchten, ein relativ umweltfreundlicher und dazu noch billiger fossiler Energieträger könnte ihre grün-romantischen Träume platzen lassen. Da in Deutschland nicht sein darf, was nicht sein soll, wird Fracking als Erschließungsmethode selbst dann nicht in Frage kommen, wenn die dabei verwendete „giftige“ Chemikalie eines Tages durch Mundwasser ersetzt würde.
Die deutsche Ökozunft zerstört lieber die nach dem Grundgesetz zu schützende Flora und Fauna (Artikel 20 a), beraubt ganze Landschaften ihrer Identität, belastet die Verbraucher mit explodierenden Strompreisen, gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, legt Kraftwerke still oder macht sie unrentabel, verteuert mit ihrem Dämmungswahn den Wohnungsbau und die Mieten, verordnet Preisstopps und überzieht immer weitere Bereiche mit planwirtschaftlichen Vorschriften. Wieder einmal soll das Volk für ein alles überwölbendes Ziel Opfer bringen. War es vor einiger Zeit die Welteroberung, ist es diesmal in bußfertiger Umkehr die Welterrettung. Das eine ging bekanntlich schief, das andere ist auf dem besten Weg dazu. Diesmal haben es grüne Ideologen innerhalb von zwölf Jahren geschafft, dass man Deutschland – in weiten Teilen jedenfalls – nicht mehr wiedererkennt.
Anthropogene Erderwärmung – ein Hirngespinst?
Weltweit dümpelt die Rettung der Welt vor sich hin. Aber nirgendwo sind die Erwartungen an die Weltklimakonferenzen höher und die Frustrationen über die Ergebnislosigkeit dieses Öko-Tourismus größer als in Deutschland. Hier hofft man auf neue Zielvorgaben für den Klimaschutz, um die Sinnhaftigkeit der Weltrettungspolitik dem heimischen Publikum plausibel zu machen. Zu gern möchte die deutsche Klimabewegung im Katastrophenchor den Ton angeben – und versagt dabei kläglich. Sie will das Klima schützen und verschmutzt auf Jahre hinaus bei einem Kohlestromanteil von 46 Prozent und CO-2-Spitzenwerten die Umwelt. Deutschland als Industrieland macht vor, was es aufstrebenden Volkswirtschaften verbieten will. Und in Sachen Schadstoffemissionen wird es ohnehin von Ländern mit Atomstrom immer mehr abgehängt.
In der deutschen Klimabewegung haben die Lichtgestalten des Weltklimarates (IPCC) und die politisierenden Professoren des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung die Meinungshoheit erlangt. Widerspruch wird nicht geduldet. Mit ihren subventionsgestützten Computersimulationen und Prophezeiungen beschreiben sie die Klimazukunft der nächsten 30 bis 50 Jahre und geben Schätzungen als Realität aus, ohne jemals dafür einstehen zu müssen. Zwar ist die Erderwärmung seit fünfzehn Jahren trotz einer gleichzeitigen Zunahme des globalen CO-2-Ausstoßes um 40 Prozent zum Stillstand gekommen, trotzig aber tönen sie: „und sie erwärmt sich doch!“ Den Klimawandel aufzuhalten, sagen sie, sei fast schon moralisch geboten, und wenn man den Klimaschutz schon nicht zum Staatsziel erhebe, müsse wenigstens ein klimapolitisches Mainstreaming geschaffen werden, das die Leute von sich aus für die Weltrettung einnehme. Gehe es weiter so wie bisher, werde bald alles noch viel schlimmer, Erde und Ozeane würden immer wärmer, die Meeresspiegel immer höher und die Naturkatastrophen immer häufiger.
Zur Untermalung des angeblich drohenden Unheils leisten unverdächtig erscheinende NGOs mit einer zeitlich und örtlich abgestimmten Agitprop-Strategie vorzügliche Arbeit. Kaum sind einige heiße Sommertage ins Land gegangen, landen Berliner Abgeordnete vor Grönland und behaupten, man habe es wegen des Klimawandels ohne Eisbrecher geschafft. Im Fernsehen erscheint ein einsamer Eisbär auf der letzten Eisscholle und zum x-ten Male kalbt ein Arktisgletscher an der gleichen Stelle. Aber auch lange Frostperioden passen in das apokalyptische Bild, weil sich „die Erderwärmung hinter dem Winter versteckt“.
Die Inszenierung einer düsteren Klimazukunft ist deutschen Politikern viel Geld wert. Müssen sie doch dem wachsenden Argwohn begegnen, sie seien auf ein ideologisches Hirngespinst hereingefallen und ihr Regierungshandeln beruhe auf einem fatalen Irrtum. Seriöse, von nährenden Subventionströgen unabhängige Naturwissenschaftler behaupten nämlich, das Klima ändere sich ohne menschliches Zutun, und das lebensnotwendige
CO-2 habe nichts oder nur wenig mit dem Anstieg der Globaltemperatur zu tun.
Für Meteorologen gilt Heraklits „alles fließt“ auch für das Wetter und damit auch für die natürlichen Schwankungen des aus dem Wettergeschehen ableitbaren Klimas. Ohnehin wundern sie sich über den Weitblick der Klimapropheten, wo sie doch selbst Mitte November oft nicht wissen, wie das Wetter an Weihnachten wird. Für Mathematiker steht fest, dass es Vorhersagen für die Entwicklung des Klimas im strengen Sinn niemals geben kann. Und Astrophysiker schließlich sehen in der aktuellen Erderwärmungs-Pause bereits den Beginn einer „kleinen Eiszeit“. Aber auch für sie wie für die Steuerschätzer gilt: „Prognosen sind, da sie die Zukunft betreffen, höchst ungewiss“ (Wolfgang Schäuble).
Energiewende in der Sackgasse – die Bürger rebellieren
Die deutsche Politik hat das Denken in Alternativen aufgegeben. Ihre Idee, sich in der Stromversorgung von den Zufallsenergien Sonne und Wind abhängig zu machen, ist in letzter Konsequenz die Umsetzung der fast schon menschenverachtenden grünen These, der Erde ginge es am besten, wenn es den Menschen mit seinem CO 2 nicht gäbe. Daher soll er sich wenigstens ökologisch korrekt verhalten, auf Wachstum verzichten und sein Leben mit Veggie-Days gestalten. Die Sonnengöttin und ihre Windgesellen können allerdings die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen, weil sie nur Teilzeitarbeit verrichten. Sie müssen sich trotz einer milliardenschweren Ökozulage vom schmutzigen Kohlestrom aushelfen lassen, der 2013 – wie schon 13 Jahre zuvor – mit 319 Millionen Tonnen CO 2 die Umwelt belastete. „Entscheidend ist, was hinten herauskommt“ (Helmut Kohl).
Da verblasst der Mythos der regenerierbaren Energien. Von Peking bis Washington kommt Häme über den enttäuschenden Klima-Musterschüler Deutschland auf. In Brüssel macht er sich unbeliebt, weil er den gemeinsamen Strommarkt behindert, die Energiepreise in die Höhe treibt, gegen Grundprinzipien des freien Wettbewerbs verstößt und
Stand-by–Manager für nicht produzierten Strom bezahlen will. In Berlin wollen die Urheber der größten Misswirtschaft im Nachkriegsdeutschland (West) ihre selbst geschaffenen Probleme beheben, verheddern sich aber im Streit um den Subventionskuchen und die Wahrung der Besitzstände. „Mehr Markt“ wollen sie haben, gleichzeitig aber die Anteile des marktfernen Grünstroms von 25 auf 40, ja sogar auf 80 Prozent erhöhen – preisgebremst und gedeckelt. „Ist´s Wahnsinn auch, so hat es doch Methode“ (Shakespeare).
Immerhin ist es den grünen Überzeugungstätern in einem einzigartigen Feldzug der Massensuggestion gelungen, in der Bevölkerung eine erstaunlich hohe Akzeptanz der mehrfach gewendeten „Energiewende“ zu erreichen. Aus der Marotte einer grünen Partei ist eine freiheitsfeindliche Staatsideologie geworden. Dafür scheint der Nährboden vorhanden gewesen zu sein und Wendehälse gab es genug. Im Pluralis majestatis heißt es heute landauf, landab: „Wenn wir die Energiewende wollen, dann…“. Soll heißen, wer A sagt, muss auch B sagen. Dass A falsch sein könnte, bedarf keiner Diskussion, weil die Politik das von ihr geschaffene Meinungsbild als Volkes Wille ausgibt.
Die grüne Konsenselite hat sich mit ihrer angstgetriebenen Energiepolitik international ins Abseits manövriert, glaubt aber in kollektiver Selbsthypnose hierzulande, die Bürger „mitnehmen“ zu können. Die Dreistigkeit der Halbwahrheiten, die Einlullungstaktik und die Brutalität des Gesetzgebers gegen das eigene Volk empören und spalten die Gesellschaft. Die einen gieren nach „Fördermitteln“, haben das Geld für Gutachter und Anwälte, setzen Gemeinderäte und Bürgermeister unter Druck, verändern das Planungsrecht und locken mit Gewerbesteuereinnahmen, Pachten, riskanten Bürgerbeteiligungen oder einfach mit Schweige- und Schmiergeld. Die anderen haben den Schaden, tragen die Lasten und Belästigungen, fühlen sich ihrer identitätsstiftenden Idylle, ihres Eigentums und damit ihrer Lebensplanung beraubt.
Es sind vor allem die Windkraftkolosse und die Monstertrassen, die die Leute gegen sie und gegeneinander aufbringen. Auf den weiten Fluren im Norden vollzog sich die Umwandlung von Bauernland in Grünstromanlagen gegen einen Batzen Bares noch relativ einfach. Seit sich die Projekte in die Mittelgebirgswälder fressen, gibt es reihenweise Probleme mit geschützten Baumarten, bedrohten Vögeln, Trinkwasserreserven und vor allem mit Menschen. In den geschlossenen Waldgebieten von Thüringen, Rheinland-Pfalz und Hessen breitet sich der Öko-Vandalismus aus, Naherholungsgebiete werden als „windhöffige“ Flächen verplant und Blickachsen touristisch interessanter Ziele mit Windrädern verstellt.
Unzählige Bürgerinitiativen haben sich gebildet und vernetzt, sammeln Unterschriften, initiieren Bürgerversammlungen und Bürgerbegehren, reichen Petitionen und Klagen ein. Es gibt erbitterte Kleinkriege, Bürger werden handgreiflich und Politiker erhalten Drohbriefe. Man hat sich zusammengefunden, um Widerstand zu leisten. Es sind keineswegs typische Staatsfeinde, die da rebellieren, aber man ahnt, dass sie es werden könnten, wenn ihre Hoffnungen auf die Einsicht „ihrer“ Abgeordneten enttäuscht werden. „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“ (Altes Testament, Hosea, Kapitel 8, Vers 7).
Diplom-Volkswirt Ivo Wolz E-Mail: ivo.wolz@arcor.de
Über den Autor
Ivo Wolz, studierte Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität München und ist Diplom-Volkswirt. Er wurde 1934 in Augsburg geboren
Erste berufliche Stationen waren wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Beratungsunternehmens und Referent in einem statistischen Landesamt,
ab 1965 Verbandsgeschäftsführer überwiegend im Bereich der Schienenfahrzeugindustrie,
bis 2011 geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Maschinentechnischen Gesellschaft.
Zwölf Jahre Stadtverordneter, Inhaber der Bürgermedaille in Gold.
Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Stellungnahmen zur Tagespolitik (u.a.: „Vom Rettungsschirm zur Notenpresse“, „Fortgeschrittener Ökowahn“).
Ivo Wolz ist Unterstützer des Vereins „Rettet den Taunuskamm“.